Der Injektivitätsradius ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Differentialgeometrie, genauer eine Invariante riemannscher Mannigfaltigkeiten. Seine Bedeutung liegt darin, dass sich Punkte, deren Abstand geringer als der Injektivitätsradius ist, stets durch eine eindeutige kürzeste Verbindung verbinden lassen.

Definition Bearbeiten

Sei   eine riemannsche Mannigfaltigkeit. Mit   werde der Schnittort von   bezeichnet. Dann wird der Injektivätsradius am Punkt   durch

 

definiert, wobei   den riemannschen Abstand auf   bezeichnet.

Der Injektivätsradius   der riemannschen Mannigfaltigkeit   ist dann durch

 

definiert. Der Name Injektivätsradius erklärt sich dadurch, dass die Exponentialabbildung   genau dann injektiv auf dem geodätischen Ball   ist, wenn   gilt.

Äquivalent kann man den Injektivätsradius am Punkt   also auch definieren als das größte  , für das

 

ein Diffeomorphismus ist.[1] (Es genügt auch nur zu verlangen, dass   auf   definiert und injektiv ist.)

Beispiele Bearbeiten

  • Sei   die Einheitssphäre. Der Injektivitätsradius an jedem Punkt   ist  , denn die Exponentialabbildung   bildet die offene Kreisscheibe vom Radius   diffeomorph auf das Komplement des zu   antipodalen Punktes ab.
  • Sei   der flache Torus, den man aus einem Einheitsquadrat durch Identifikation gegenüberliegender Seiten erhält. Dann ist der Injektivitätsradius an jedem Punkt   gleich  , denn die Exponentialabbildung ist injektiv auf dem Inneren eines Quadrates mit Mittelpunkt   und Kantenlänge  .

Abschätzungen des Injektivitätsradius Bearbeiten

  • Abschätzung bei  -gepinchter positiver Krümmung (Klingenberg-Sakai[2]): Sei   eine vollständige, einfach zusammenhängende riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung  , dann ist  .
  • Verbesserungen im gerade-dimensionalen Fall: Falls   eine gerade-dimensionale, vollständige riemannsche Mannigfaltigkeit mit Schnittkrümmung   ist, dann gilt   und falls   zusätzlich orientierbar ist, sogar  .

Beschränkte Geometrie Bearbeiten

Riemannsche Mannigfaltigkeiten mit positivem Injektivitätsradius und beschränkter Schnittkrümmung werden als Mannigfaltigkeiten beschränkter Geometrie bezeichnet.

Auf vollständigen riemannschen Mannigfaltigkeiten   hängt der Injektivitätsradius am Punkt   stetig von   ab. Insbesondere haben alle kompakten riemannschen Mannigfaltigkeiten beschränkte Geometrie.

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Peter Petersen: Riemannian geometry. Second edition. Graduate Texts in Mathematics, 171. Springer, New York, 2006. ISBN 978-0387-29246-5 (Section 9.2)
  2. Klingenberg, W.; Sakai, T.: Injectivity radius estimate for 1/4-pinched manifolds. Arch. Math. (Basel) 34 (1980), no. 4, 371–376.