Hochtemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle

Brennstoffzelle für mobile und stationäre Anwendungen - Arbeitet üblicherweise im Temperaturbereich zwischen 120°C und 200°C

Die Hochtemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (HT-PEMFC, englisch High Temperature Polymer Electrolyte Membrane fuel cell, auch High Temperature Proton Exchange Membrane fuel cell ‚Hochtemperatur-Protonenaustauschmembran-Brennstoffzelle‘) ist ein Typ der PEM-Brennstoffzelle, der bei Temperaturen zwischen 120 °C und 200 °C betrieben werden kann.[1] HT-PEM-Brennstoffzellen werden üblicherweise für stationäre und mobile Anwendungen verwendet. Die HT-PEM-Brennstoffzelle wird zumeist mit Wasserstoff-haltigem Gas, wie Reformatgas, welches beispielsweise aus der Reformierung von Methanol, Ethanol, Erdgas oder LPG gebildet wird, betrieben.

Prinzip Bearbeiten

Die HT-PEM-Brennstoffzelle wurde im Jahr 1995 entwickelt, um PEM-Brennstoffzellen bei einer höheren Zelltemperatur zu betreiben, mit dem Ziel, eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen im Brennstoff-Gas zu erreichen.[2] Damit gehört die HT-PEM-Brennstoffzellen-Technologie zu den jüngsten Brennstoffzellen-Typen. HT-PEM-Brennstoffzellensysteme werden seit Beginn des 21. Jahrhunderts von mehreren Unternehmen produziert.

 
Mit Phosphorsäure dotierte PBI-Membran für eine HT-PEM Brennstoffzelle

Die Membran besteht aus einem säure- und temperaturbeständigen Polymer, welches die Fähigkeit besitzt, Säure zu absorbieren, wobei die Säure als Elektrolyt fungiert.[3] Üblicherweise wird Polybenzimidazol (PBI) als Membran verwendet und Phosphorsäure als Elektrolyt.[4] Die HT-PEM-Brennstoffzellentechnologie ist der Phosphorsäurebrennstoffzelle (PAFC) ähnlich, unterscheidet sich jedoch darin, dass bei der HT-PEMFC eine Polymermembran als Elektrolytträger verwendet wird, wodurch mobile Anwendungen für die HT-PEMFC möglich sind.

Während die konventionelle PEM-Brennstoffzelle – auch Niedertemperatur-Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (NT-PEMFC, engl. LT-PEMFC) – mit Wasserstoff hoher Reinheit (je nach PEM-Brennstoffzellensystem-Hersteller mind. 99,9 % geforderte Reinheit) betrieben werden muss, weist die HT-PEM-Brennstoffzelle eine deutlich geringere Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen bzw. Katalysatorgiften auf und wird deshalb üblicherweise mit Reformatgas mit einer Wasserstoff-Konzentration zwischen 50 und 75 % betrieben.

Aufgrund der geringen Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen und aufgrund der protonenleitenden Membran wird die Membran-Elektroden-Einheit (MEA) der HT-PEM Brennstoffzelle als der einzige Brennstoffzellen-MEA-Typ kommerziell auch zur elektrochemischem Wasserstoff-Abtrennung verwendet, um aus verunreinigten oder stark verdünnten wasserstoffhaltigen Gasen effizient hochreinen Wasserstoff abzutrennen.[5]

Im Gegensatz zur NT-PEM-Brennstoffzelle, welche auf Kohlenmonoxid-Konzentrationen von wenigen Millionstel empfindlich ist, werden HT-PEM-Brennstoffzellen bei Kohlenmonoxid-Konzentrationen bis zu etwa 3 Vol.-% betrieben.[6] Um bei Betrieb mit Kohlenmonoxid-haltigem Reformatgas eine Emission von Kohlenmonoxid zu vermeiden oder weitgehend zu vermindern, wird in HT-PEM-Brennstoffzellensystemen üblicherweise das Kohlenmonoxid aus dem Abgas beispielsweise katalytisch zu Kohlenstoffdioxid oxidiert. HT-PEM-Brennstoffzellen werden gewöhnlich bei einer Zelltemperatur von 150 bis 180 °C betrieben.

Die niedrige Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen ermöglicht die Verwendung von Brennstoffen wie Methanol, Ethanol, Erdgas, LPG, DME, synthetisches Benzin, Ammoniak und vielen weiteren Brennstoffen, welche in einem Reformer zu wasserstoff-haltigem Gas reformiert werden können (beispielsweise mit CO2, CO oder N2 als Verunreinigung). Dadurch kann im Gegensatz zur NT-PEMFC das Systemdesign einfach gehalten werden, da keine aufwändigen Reinigungsprozesse zum Aufreinigen des Reformatgases nötig sind.[7]

Stärken Bearbeiten

  • Kein Wassermanagement zur Befeuchtung der Membran nötig im Gegensatz zur NT-PEM-Brennstoffzelle.[8]
  • Die Abwärme des Brennstoffzellen-Stacks mit einer Temperatur von 130 bis 180 °C kann für eine Kraft-Wärme-Kopplung (engl. combined heat and power, CHP) genutzt werden im Gegensatz zur NT-PEMFC und DMFC, bei welcher die Abwärmetemperatur des Stacks mit weniger als 80 °C zu gering für eine effiziente Nutzung ist.[9][10]
  • Eine einfache Kühlung des Stacks ist möglich aufgrund der höheren Stacktemperatur im Vergleich zur NT-PEM-Brennstoffzelle (Wärmeaustauscherflächen, Kühlleistung).[11]
  • Verschiedene Brennstoffe, welche in einem Reformer zu wasserstoff-reichem Gas reformiert werden können, können verwendet werden (z. B. Methanol, Ethanol, Propanol, Bio-Butanol, Bio-Glycerin, Methan, Ethan, Propan, Butan, OME, Benzin, Ammoniak).[12][13][14]
  • Der Einsatz von Kunststoff-Komponenten und Elastomer-Dichtungen im Stack ist möglich im Gegensatz zur SOFC-Brennstoffzelle.
  • Sowohl pure Brennstoffe als auch Wasser-Brennstoff-Mischungen sind anwendbar (abhängig vom Brennstoffzellen-Systemdesign).
  • Der Einsatz von regenerativen Brennstoffen ist möglich.
  • Wasserstoff mit geringer Reinheit kann als Brennstoff verwendet werden. Wasserstoff mit geringer Reinheit ist kostengünstiger als hochreiner Wasserstoff, der für wasserstoffbetriebene NT-PEM-Brennstoffzellen verwendet wird.
  • Die Möglichkeit der Verwendung von kostengünstigen Brennstoffen (beispielsweise Methanol) ermöglicht geringere Brennstoffkosten pro Kilowattstunde im Vergleich zu Brennstoffen wie Wasserstoff (z. B. bei wasserstoffbetriebenen NT-PEM-Brennstoffzellen) oder Diesel (z. B. bei Generatoren). Siehe als Beispiel die Brennstoffkosten im Artikel RMFC.
  • Ein einfaches Systemdesign ist möglich: beispielsweise ist im Gegensatz zu einem Reformer-Brennstoffzellensystem mit NT-PEM-Brennstoffzelle keine Reinigungsstufe zur Aufreinigung des Reformatgases für ein Reformer-Brennstoffzellensystem mit HT-PEM Brennstoffzelle nötig.[15]
  • Kein Crossover von Brennstoff durch die Membran (beispielsweise im Gegensatz zur Direktmethanolbrennstoffzelle oder zur Direktethanolbrennstoffzelle)[16]
  • Kalte Lagertemperaturen unter 0 °C sind nicht problematisch für die HT-PEM-Brennstoffzellen-Membran im Vergleich manchen anderen Brennstoffzellentypen (z. B. DMFC oder NT-PEMFC), bei denen die Membran durch Bildung von Wasserkristallen zerstört werden kann.

Schwächen Bearbeiten

  • Längere Start-Zeit nötig im Vergleich zu Niedertemperatur-Brennstoffzellen (Zeit zum Heizen von Stack und Reformer). Deshalb ist die Hybridisierung mit einer Batterie in vielen Anwendungsfällen notwendig.
  • Eine System-Komponente zum Aufheizen des Stacks beim Start ist nötig im Vergleich zu NT-PEM- und DMFC-Systemen.
  • Aufgrund einer etwas schlechteren UI-Kennlinie der HT-PEM-Brennstoffzelle als bei der NT-PEM Brennstoffzelle sind mehr Zellen nötig, um hohe Leistung oder einen der NT-PEM Brennstoffzelle ähnlich hohen elektrischen Wirkungsgrad zu erreichen (z. B. für el. System-Wirkungsgrad über 45 %): Höhere Stack-Kosten, höheres Stack-Volumen und höheres Stack-Gewicht im Vergleich zur NT-PEMFC. Technologien zur Erreichung einer besseren UI-Kennlinie der HT-PEMFC befinden sich in der Grundlagenforschung.
  • Der Platingehalt in der Membran-Elektroden-Einheit (MEA) ist mit ca. 8–14 g Pt pro kW zwar geringer als in manchen anderen Brennstoffzellentypen (z. B. DMFC), jedoch höher als in der NT-PEM-Brennstoffzelle: Platin-Recycling gegebenenfalls in Erwägung zu ziehen. Die Entwicklung von platin-freien Elektroden für HT-PEM-Brennstoffzellen befindet sich in der Grundlagenforschung.[17]
  • Wenn organische Brennstoffe verwendet werden, werden Kohlenstoffdioxid und gegebenenfalls Spuren von Kohlenmonoxid emittiert (Konzentration abhängig vom Systemdesign, üblicherweise CO-Konzentration bei weitem niedriger als im Abgas von Verbrennungsmotoren)
  • Manche System-Komponenten müssen höheren Temperaturen standhalten als in NT-PEM-Brennstoffzellen und DMFC, was die Auswahl der verwendbaren Materialien einschränkt (z. B. Polymere mit Beständigkeit bis 120–180 °C).

Anwendungen Bearbeiten

HT-PEM-Brennstoffzellensysteme werden für stationäre und mobile Anwendungen eingesetzt.[18] Bis dato wurden vor allem mit Erdgas, Ethanol, Methanol sowie mit Propan/Butan betriebene Systeme, welche eine HT-PEM-Brennstoffzelle enthalten, entwickelt. Aktuell ist kommerziell unter Verwendung der HT-PEM Technologie von Unternehmen vor allem das mit Methanol betriebene Reformer-Methanol-Brennstoffzellen System im Fokus und wird beispielsweise als Ersatz von Generatoren (z. B. Off-Grid-Anwendungen, Backup Power, unterbrechungsfreie Stromversorgung (Notstromversorgung), Auxiliary Power Unit) und als Reichweitenverlängerer (Range Extender) von Elektrofahrzeugen (z. B. Sportwagen RG Nathalie) angeboten. Üblicherweise wird das HT-PEM-Brennstoffzellensystem mit einer Batterie hybridisiert betrieben.

Hersteller von Brennstoffzellensystemen, die die Verwendung von HT-PEM-Technologie angeben, sind zum Beispiel:

  • Blue World Technologies ApS (Aalborg, Dänemark)
  • SerEnergy A/S (ebenfalls Aalborg, Dänemark)
  • Siqens GmbH (München, Deutschland)

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Samuel Simon Araya: High temperature PEM fuel cells – degradation & durability : dissertation submitted to the Faculty of Engineering and Science at Aalborg University in partial fulfillment of the requirements for the degree of Doctor of Philosophy. Aalborg University, Department of Energy Technology, Aalborg 2012, ISBN 978-87-92846-14-3.
  2. Samuel Simon Araya, Fan Zhou, Vincenzo Liso, Simon Lennart Sahlin, Jakob Rabjerg Vang, Sobi Thomas, Xin Gao, Christian Jeppesen, Søren Knudsen Kær: A comprehensive review of PBI-based high temperature PEM fuel cells. In: International Journal of Hydrogen Energy. Band 41, Nr. 46, 2016, S. 21310–21344, doi:10.1016/j.ijhydene.2016.09.024 (englisch).
  3. Thomas J. Schmidt: Durability and Degradation in High-Temperature Polymer Electrolyte Fuel Cells. In: ECS Transactions. Band 1, Nr. 8, 2019, ISSN 1938-6737, S. 19–31, doi:10.1149/1.2214541 (englisch).
  4. S. Yu, L. Xiao, B. C. Benicewicz: Durability Studies of PBI-based High Temperature PEMFCs. In: Fuel Cells. Band 8, Nr. 3–4, 2008, ISSN 1615-6854, S. 165–174, doi:10.1002/fuce.200800024 (englisch).
  5. Protonenleitende Membran. BASF, abgerufen am 9. Juli 2021.
  6. S. H. Eberhardt, T. Lochner, F. N. Büchi, T. J. Schmidt: Correlating Electrolyte Inventory and Lifetime of HT-PEFC by Accelerated Stress Testing. In: Journal of The Electrochemical Society. Band 162, Nr. 12, 2015, ISSN 0013-4651, S. F1367–F1372, doi:10.1149/2.0591512jes (englisch).
  7. Marta Boaventura: The influence of impurities in high temperature polymer electrolyte membrane fuel cells performance. In: International Journal of Hydrogen Energy. Band 41, Nr. 43, 2016, ISSN 0360-3199, S. 19771–19780, doi:10.1016/j.ijhydene.2016.06.201 (englisch).
  8. Vamsikrishna Bandlamudi: The effect of flow field design on the degradation mechanisms and long term stability of HT-PEM fuel cell. 2018 (Online [abgerufen am 1. Juli 2021]).
  9. Alexandros Arsalis, Mads P. Nielsen, Søren K. Kær: Modeling and off-design performance of a 1kWe HT-PEMFC (high temperature-proton exchange membrane fuel cell)-based residential micro-CHP (combined-heat-and-power) system for Danish single-family households. In: Energy. Band 36, Nr. 2, Februar 2011, S. 993–1002, doi:10.1016/j.energy.2010.12.009.
  10. Behzad Najafi: Long-term performance analysis of an HT-PEM fuel cell based micro-CHP system: Operational strategies. In: Applied Energy. Band 147, 2015, ISSN 0306-2619, S. 582–592, doi:10.1016/j.apenergy.2015.03.043 (englisch).
  11. Mounir Nasri, Dave Dickinson: Thermal management of fuel cell-driven vehicles using HT-PEM and hydrogen storage. In: 2014 Ninth International Conference on Ecological Vehicles and Renewable Energies (EVER). März 2014, S. 1–6, doi:10.1109/EVER.2014.6844107.
  12. Comparatative analysis on various reformers supplied with different fuels and integrated with high temperature PEM fuel cells. In: Chemical Engineering Science. Band 154, 2. November 2016, ISSN 0009-2509, S. 90–99, doi:10.1016/j.ces.2016.06.065.
  13. Vincenzo Palma, Concetta Ruocco, Marta Cortese, Marco Martino: Bioalcohol Reforming: An Overview of the Recent Advances for the Enhancement of Catalyst Stability. In: Catalysts. Band 10, Nr. 6, 2020, S. 665, doi:10.3390/catal10060665 (Online [abgerufen am 13. Juli 2021]).
  14. Giovanni Cinti, Vincenzo Liso, Simon Lennart Sahlin, Samuel Simon Araya: System Design and Modeling of a High Temperature PEM Fuel Cell Operated with Ammonia as a Fuel. In: Energies. Band 13, Nr. 18, 2020, S. 4689, doi:10.3390/en13184689 (Online [abgerufen am 13. Juli 2021]).
  15. Sobi Thomas: Operational strategies for longer durability of HT-PEM fuel cells operating on reformed methanol. Aalborg Universitetsforlag, 2017, ISBN 978-87-7210-119-4 (englisch, Online).
  16. Samuel Simon Araya, Vincenzo Liso, Xiaoti Cui, Na Li, Jimin Zhu: A Review of The Methanol Economy: The Fuel Cell Route. In: Energies. Band 13, Nr. 3, 2020, S. 596, doi:10.3390/en13030596 (Online [abgerufen am 16. Juli 2021]).
  17. Rizwan Haider, Yichan Wen, Zi-Feng Ma, David P. Wilkinson, Lei Zhang, Xianxia Yuan, Shuqin Song, Jiujun Zhang: High temperature proton exchange membrane fuel cells: progress in advanced materials and key technologies. In: Chemical Society Reviews. Band 50, Nr. 2, 2021, ISSN 1460-4744, S. 1138–1187, doi:10.1039/D0CS00296H (englisch).
  18. Stylianos Neophytides, Maria K. Daletou, Nikolaos Athanasopoulos, Nora Gourdoupi, Emory De Castro, Max Schautz: High Temperature PEM Fuel Cell Stacks with Advent TPS Meas. In: E3S Web of Conferences. Band 16, 2017, ISSN 2267-1242, S. 10002, doi:10.1051/e3sconf/20171610002 (englisch, Online).