Historisches Kaufhaus (Starnberg)

zweigeschossiger Putzbau, traufseitig mit vorstehendem Satteldach, originale Schaufenster und Ladeneingang mit Vortreppe, um 1860, mit transferierter klassizistischer Ladenausstattung aus der Zeit um 1805.

Das Kaufhaus Biller wurde 1804 gegründet. Seit 1857 befindet es sich in einem mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Gebäude in der Hauptstraße 25 der bayerischen Kreisstadt Starnberg. Die Ausstattung im Ladeninneren des historischen Kaufhauses erfuhr seither kaum Veränderungen.

Kaufhaus Biller Starnberg

Geschichte Bearbeiten

1857 erwarb der Gemischtwarenhändler Johann Baptist Biller das Anwesen an der heutigen Hauptstraße 25 in Starnberg. Damit war es ihm möglich, mit einem von seinem Vater bereits 1804 im Jägerhuber-Haus (heute Josef-Jägerhuber-Straße 1) gegründeten Geschäft zu expandieren. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr die Kreisstadt am Starnberger See durch das 1851 in Dienst gestellte Dampfschiff Maximilian und die 1854 eröffnete Bahnstrecke München–Starnberg starken Besucherzuwachs.

Um 1860 entstand das Wohn- und Geschäftshaus in dessen heute noch vorhandener Form. Seine Lage im Zentrum von Starnberg und seine exklusive Ausstattung waren geradezu prädestiniert für eine vornehme Kundschaft. Schließlich hatten sich nahe der Kreisstadt Starnberg hochrangige Mitglieder des Hauses Wittelsbach angesiedelt, wie 1831 Prinz Karl von Bayern mit Bau der Villa Almeida, 1834 Herzog Max in Bayern mit Erwerb der Schlösser Possenhofen und Garatshausen, schließlich sogar 1850 König Max II. von Bayern selbst mit dem Ankauf der Roseninsel und einer wenig später erfolgten Planung für eine neue Sommerresidenz im Lenné-Park bei Feldafing.

Mit dem Bau von Sommerhäusern am Starnberger See folgten Adel und Großbürgertum. Der Bedarf für eine gut sortierte Warenhandlung war damit vorhanden. Biller näherte sich damit dem Charakter eines Hoflieferanten.

1934/35 war mit Bau der Olympiastraße zwischen München und Garmisch-Partenkirchen eine Verbreiterung der Hauptstraße in Starnberg geplant. Das Kaufhaus Biller sollte diesem Projekt weichen. Die damalige Geschäftsinhaberin Berta Biller blieb unerschrocken. Mit Unterstützung eines Münchner Anwalts gelang ihr die Verzögerung des drohenden Zwangsverkaufs ihres Anwesens. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs machte die Ausbaupläne dann vollends zunichte.

Das Kaufhaus Biller blieb bis zur Schließung im Jahr 2013 im Familienbesitz. Es bot weitgehend alle Waren des täglichen Bedarfs. Die letzte Inhaberin und Urgroßnichte Johann Baptist Billers, Gertrud „Trudi“ Weiß (geb. Roiderer), starb im April 2021. Derzeit ist die weitere Nutzung des historischen Kaufhauses unklar. Der Denkmalschutz erstreckt sich auf das Haus und die Ladeneinrichtung.

Herausragende Ladeneinrichtung Bearbeiten

Der Laden verfügt über originale Schaufenster aus der Bauzeit. Über einen Treppenpodest gelangt man zur Eingangstüre, die genau wie die seitlichen Schaufenster mit eisernen Fensterläden gesichert werden kann. Die qualitätsvolle Einrichtung stammt ursprünglich aus dem 1804 gegründeten Geschäft in der Josef-Jägerhuber-Straße 1 und kann in die Zeit um 1830 bis 1840 datiert werden. Sie ist aus Kirschbaum gefertigt und mit Pilastern gegliedert, die mit schmalen Spiegeln hinterlegt sind. Bemerkenswert sind neben der damals sehr fortschrittlichen Konstruktion mit Schiebeelementen die dunkel abgesetzten Zierelemente mit Akanthus, Palmetten- und Rosettenmotiven in Entsprechung zu höfischen Möbeln.

Die im oberen Bereich der Schränke angebrachten Vitrinen dienten offenbar zur Präsentation von Stoffballen. Bis heute vorhanden sind auch die Emailleschilder im unteren Bereich der Warenschränke, die ebenfalls auf Textilien als Schwerpunkt des ursprünglichen Sortiments verweisen: „Kurzwaaren“, „Unterleibchen“, „Corsettstangen“… Daneben werden auch damals luxuriöse Genussmittel wie Kaffee und (Trink)-Schokolade aufgeführt sowie exotische Gewürze wie Zimt und Muskat, ebenso Mandeln, Lorbeerblätter und „Senfmehl“ für den Bedarf der feinen Küche. Auch damit zeigt sich eine vornehme Kundschaft als Zielgruppe des Kaufhauses Biller. Zum Sortiment gehörten aber auch „Nachtlichter“ und „Waschblau“, was die Datierung vor der Jahrhundertmitte des 19. Jahrhunderts bestätigt. Dieses Bleichmittel für weiße Wäsche kam um 1840 in den Handel. Das Kaufhaus Biller bot jedoch stets bedarfsgerecht noch eine Reihe weiterer Waren an, wie etwa Angelschnüre, Schießpulver, ja sogar Weihrauch. Diese wurden in den Nebenräumen bereitgehalten.

Ab Mitte des 20. Jahrhunderts war auch eine große Auswahl an Schnittmuster-Bögen im Sortiment. Eine Fülle verschiedenster Originalwaren und Gegenstände hat sich bis heute im Laden erhalten.

Sporadische Veranstaltungen Bearbeiten

Neben sporadischen kulturellen Veranstaltungen seit dem Tod der letzten Besitzerin, Trudi Weiß, öffnete das Kaufhaus Biller zum Tag des offenen Denkmals im September 2022.

Zukunft Bearbeiten

Die Zukunft von Gebäude, Ladeneinrichtung und historischem Sortiment ist derzeit aufgrund eines anstehenden Verkaufs offen.

Literatur Bearbeiten

  • Judith Baumgartner, Manfred Grimm, Astrid Amelungse-Kurth: In Starnberg daheim, in der Welt erfolgreich. (Band 2 des Doppelbandes 7) Firmenporträts zur Starnberger Stadtgeschichte. Starnberg 2011.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Kaufhaus Biller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 59′ 51,3″ N, 11° 20′ 24,6″ O