Herz-Jesu-Kirche (Oranienburg)

Kirchengebäude in Oranienburg, Landkreis Oberhavel, Brandenburg

Die Katholische Kirche Herz Jesu ist ein römisch-katholisches Gotteshaus in Oranienburg und wurde im Jahr 1895 eingeweiht. Sie ist dem Herz Jesu gewidmet und steht unter Denkmalschutz.[2] Die Pfarrkirche gehört zum Erzbistum Berlin.

Herz-Jesu-Kirche
Kirche von Norden gesehen (2014)
Kirche von Norden gesehen (2014)

Kirche von Norden gesehen (2014)

Baujahr: 1894/95
Einweihung: 13. (oder 15.) September 1895
Baumeister: Wilhelm Daßler
Bauherr: Pfarrer Johannes Leopold Panske
Platz: 800[1]
Lage: 52° 44′ 49,2″ N, 13° 14′ 19,7″ OKoordinaten: 52° 44′ 49,2″ N, 13° 14′ 19,7″ O
Anschrift: Augustin-Sandtner-Straße 3
Oranienburg
Brandenburg, Deutschland
Zweck: römisch-katholisch; Gottesdienst
Gemeinde: Herz Jesu Oranienburg
Landeskirche: Erzbistum Berlin
Webseite: herzjesu-oranienburg.de

Lage Bearbeiten

Das Kirchengebäude trägt die Adresse Augustin-Sandtner-Straße 3 in Oranienburg. Sie steht fast in der Mitte der von der Augustin-Sandtner-Straße und von der Emil-Polesky-Straße (östlich und südlich) umgrenzten Fläche. Das zugehörige Pfarramt und das Gemeindehaus tragen die gleiche Adresse, sie stehen nordöstlich vom Gotteshaus im rechten Winkel zueinander.[3]

Geschichte Bearbeiten

Seit der Reformation gab es in Oranienburg kein katholisches Gotteshaus und keine größere katholische Gemeinde mehr. Erst 1893 führte der aus Reinickendorf bei Berlin stammende Pfarrer Johann Leopold Panske vor einem improvisierten Altar in einer Gaststätte wieder Sonntagsmessen für Katholiken im Ort durch.[4][5] Die mit der Industrialisierung von Oranienburg schnell gewachsene Bevölkerung bildete auch wieder eine katholische Gemeinde. Sie brachte durch Spenden von Katholiken aus dem In- und Ausland das Geld zum Kauf eines Baugeländes auf (damalige Adresse Berliner Straße 42). Sie gewann den im Ort ansässigen Baumeister Wilhelm Daßler für die Ausarbeitung der Baupläne und die Bauleitung für ein eigenes Gotteshaus.[5] Schon am 29. April 1894 vollzog Pfarrer Panske die Grundsteinlegung der Herz-Jesu-Kirche unter Beteiligung der Oranienburger Katholiken und vieler katholischer Vereine Berlins sowie im Beisein von Vertretern der Stadtverwaltung. Der Bau der Kirche dauerte 18 Monate und so nahm der fürstbischöfliche Delegat Prälat Joseph Jahnel am 15. September 1895 die Benediktion (Einweihung) vor.[1][6]

Die Katholiken gehörten zur Reinickendorfer Pfarrei St. Marien,[7] Zum 1. November 1910 wurde die Pfarrei Oranienburg durch den Breslauer Fürstbischof Georg von Kopp kirchenrechtlich errichtet und erhielt das Patronat Herz Jesu.[8][5]

Die beiden Weltkriege hat das Kirchengebäude weitestgehend unbeschadet überstanden.[5] Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich in der Umgebung der damaligen deutschen Hauptstadt Heimatvertriebene aus Schlesien, dem Sudetenland und Ostpreußen an, die überwiegend dem katholischen Glauben angehörten, die Gemeinde wuchs wieder.[5] In den Jahren 1960 bis 1962 ließ die Gemeinde, dem Zeitgeist folgend, die reichhaltigen Wand- und Deckenmalereien in ihrer Pfarrkirche durch eine schlichte Ausmalung ersetzen.[5]

Nach der Wende wurden 1995 der gesamte Innen- und Altarbereich des Kirchengebäudes umfassend renoviert und auch teilweise neu gestaltet.[5] Seit den 1990er Jahren kamen spätausgesiedelte katholische Russlanddeutsche, deutsche Katholiken aus anderen Bundesländern sowie polnische Bürger und Geflüchtete aus Afrika nach Oranienburg. Sie wurden Glieder der katholischen Gemeinde Herz Jesu. Im Jahr 2020 gehörten so rund 1860 Katholiken zur Pfarrei.[5]

Im Jahr 2020 wurden seitens des Bonifatiuswerks des Erzbistums finanzielle Zuschüsse verteilt, wovon die Kirchengemeinde Herz Jesu 9.500 Euro „für die bauliche Instandsetzung der Pfarrkirche“ erhielt.[9]

Architektur Bearbeiten

Außen Bearbeiten

 
Ostansicht der Herz-Jesu-Kirche

Das gesamte unverputzte Kirchengebäude ist in neoromanischer Backsteinbauweise errichtet und mit Verblendungen sparsam geschmückt. Es verfügt über einen Westturm mit quadratischem Grundriss, die Apsis auf der Ostseite ist halbrund und mit einem (halben) Runddach versehen. Das Pultdach des Kirchenschiffes ist mit Schiefer gedeckt.[1] Die fünf Fenster auf jeder Seite des Hauptschiffs sind als Rundbogen ausgeführt und etwas asymmetrisch über die Länge des Schiffes eingebaut.

Ein vierseitiger, mit Kupfer gedeckter, geknickter Spitzhelm schließt den Kirchturm (Portalturm) ab. Auf der Spitze ist eine Turmkugel angeordnet, die von einem metallenen großen Kreuz bekrönt ist.

Am Kirchturm sind auf allen vier Seiten hohe gemauerte Rundbögen gestaltet, in denen ein Okulus, darunter zwei parallele Schallöffnungen und noch darunter zwei kleinere parallele Rundfenster eingearbeitet sind. Dahinter befindet sich die Glockenstube mit dem Geläut.[10]

Die Saalkirche verfügt über zwei Eingänge: der westliche befindet sich direkt am Turm und ein zweiter ist auf der Südseite des Kirchenschiffes eingebaut. Beide sind mit kleinen übergiebelten Vorbauten geschützt. Zwei fast gleich große zweiflügelige hölzerne Türen führen ins Innere. In beide Flügeltüren sind je zwei Glasfenster in Form von hohen Zwiebeltürmen eingesetzt.[11]

 
Blick Richtung Altar

Innen Bearbeiten

Der gesamte Kirchenraum ist nicht in Seitenschiffe gegliedert, auch hindern weder Säulen noch andere Einbauten den freien Blick der Gläubigen auf den Altar. Von der Decke hängen mehrere durchsichtige Glaskugelleuchten herab und beleuchten den Kirchenraum gleichmäßig.[12]

Beiderseits der halbrunden Apsis befinden sich zwei nach außen vorgewölbte kleine Nebenräume, einer ist die Sakristei, der andere dient zur Vorbereitung auf die Gottesdienste.

Ausstattung Bearbeiten

Wand- und Deckengestaltung Bearbeiten

Bis zum Jahr 1960 schmückten reichhaltige Decken- und Wandmalereien nach Entwürfen des Kirchenmalers Gottfried Schiller aus Stuttgart die Wände des Gotteshauses. Die Ausführungen stammten vom Kunstmaler Devantier.[4] Seit der Purifizierung sind alle Wände und die waagerecht eingebaute Decke weiß gestrichen und zu den Seitenwänden leicht gekehlt.

Altarnische Bearbeiten

 
Altarapsis

Der Altarbereich liegt hinter dem Triumphbogen und bildet eine Halbrundapsis, in der ein schlichter Altartisch steht. An der Wand dahinter hängt mittig ein geschnitztes Kruzifix, rechts und links daneben sind zwei kleinere Halbrundfenster in das Mauerwerk eingefügt. In den Hauptraum ragen zwei übereinander angeordnete gerundete Podien.[12]

Bänke, Empore und sonstiges Bearbeiten

Auf einfachen verbundenen Kirchenbänken aus hellem Naturholz haben rund 800 Kirchenbesucher Platz. Die Gänge und der Altarbereich sind mit schrittdämpfenden Materialien vollflächig belegt. Die Wände sind einfarbig hell, alle Fenster sind unbunt und lassen viel Tageslicht in den Andachtsraum.[12]

Vor den beiden Halbrundnischen im Triumphbogen stehen auf einer Seite ein Taufbecken und auf der anderen Seite größere Leuchter samt Blumenschalen. Seitlich vor der Ecke zur Apsis ist der Ambo aufgestellt.[12]

Zwischen den Fenstern des Hauptraumes hängen Darstellungen des Kreuzwegs in 12 Tafeln.[12]

 
Orgelspieltisch

Orgel Bearbeiten

Auf der Empore befindet sich eine einmanualige Orgel der Firma Sauer Frankfurt(Oder), erbaut 1978 (Opus 2078).

 
KZ-Gedenkstätte

KZ-Gedenkstätte Bearbeiten

1984 entstand nach einer Pilgerfahrt von DDR-Bürgern nach Rom auf Veranlassung des damaligen Papstes Johannes Paul II. an der inneren Stirnwand des Kirchenraums eine Gedenkstätte für die Opfer des KZ Sachsenhausen, die 1987 eingeweiht wurde. Sie befindet sich unter der Orgelempore zwischen dem Mittelgang und der Fensterseite. Es ist eine rechteckige senkrecht angebrachte große weiße Platte, auf welcher in schwacher grauer Schrift die Ermordeten erwähnt werden, auch durch kleine plastische Kreuze symbolisiert. Den Blickpunkt der Tafel bildet eine farbige Pietà auf einem „Kreuzarm“ des aus roten Versalien aus SACHSEN und HAUSEN senkrecht und waagerecht gebildeten Wort-Kreuzes. Ein Schriftband oben und seitwärts trägt die Inschriften: „Da war Krieg und grosse Not.“ Am unteren Tafelrand heißt es „Liebet eure Feinde“.[12]

Diese Gedenkstätte wird auch zu Veranstaltungen für die Opfer der NS-Herrschaft genutzt. So wurde aus Anlass des zehnjährigen Bestehens der Gedenkanlage auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers (2006 eingeweiht) in der Herz-Jesu-Kirche eine Eucharistie-Feier durchgeführt.[13]

Gemeinde Bearbeiten

Zur Gemeinde gehören außer der Pfarrkirche in Oranienburg die Kapelle St. Johannes der Täufer sowie die 1955 benedizierte Filialkirche St. Petrus in Leegebruch.[14]

In der Kirchengemeinde sind unter anderem die Kolpingfamilie, ein Seniorenkreis, die Gruppe Bibel teilen, die Schönstatt-Müttergruppe, ein Familienkreis, Ministranten sowie eine Jugendgruppe aktiv. Auch ein Kirchenchor und eine Kirchenband tragen zum Gemeindeleben bei.[15] Mit der Caritas-Einrichtung „St. Johannesberg“, in der Menschen mit Behinderung in einem Wohnheim, einer Schule und einer Werkstatt leben, lernen und arbeiten, bestehen enge Beziehungen.

Dem Pfarrbereich ist auch ein eigener Friedhof zugeordnet: der Herz Jesu-Friedhof in der Kitzbüheler Straße.[16]

Seit dem 4. April 2019 bilden die drei Pfarreien Herz Jesu (Oranienburg), St. Theresia (Birkenwerder) und Zu den Heiligen Schutzengeln in Hennigsdorf den pastoralen Raum Hennigsdorf-Oranienburg-Birkenwerder. Im Einzugsbereich leben 5.070 Katholiken, an acht Gottesdienstorten finden Gottesdienste statt.[17]

Pfarrer (Auswahl) Bearbeiten

  • Johann Leopold Panske, 1887–1908[18]
  • Bruno Scheidtweiler, 2/1908 – 10/1908
  • Wilhelm Scholz, 1908–1920
  • Joseph Hirschberg, 1920–1952
  • Raymund Bugla, 1952–1968
  • Josef Alker, 1968–1983
  • Alfons Bunk, 1983–2004
  • Hanns-Peter Müller, seit 2004

Literatur Bearbeiten

  • Festschrift der Katholischen Pfarrgemeinde „Herz Jesu Oranienburg“ zum 100jährigen Bestehen ihrer Pfarrkirche 1895–1995. Oranienburg 1995. Zitiert in: Bibliographie des Diözesanarchivs.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Herz-Jesu-Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Kommentare Bearbeiten

  1. a b c Pfarrkirche Herz Jesu Oranienburg, abgerufen am 8. März 2021.
  2. Kulturdenkmal-ID-Nummer 09165774.
  3. Oranienburger Amtsblatt Juni 2012 (pdf), abgerufen am 29. Januar 2021.
  4. a b Stefan Förster: Innenansicht der Kirche im Originalzustand und weitere Geschichtshinweise, abgerufen am 29. Januar 2021.
  5. a b c d e f g h Herz-Jesu-Kirche in Oranienburg wird 125 Jahre alt. Auf www.moz.de; abgerufen am 29. Januar 2020.
  6. Kommentar: Nach dem Pfarrbrief 3/2020 (Seite 9) soll die Kirchweihe am 13. September 1895 stattgefunden haben. Pfarrbrief online. Abruf am 7. März 2021.
  7. Unter Kirchenbauforschung findet sich eine Darstellung des Missionsgebietes der katholischen Pfarrei Reinickendorf, in welchem Oranienburg im Zentrum zu sehen ist. auf kirchenbauforschung.info, abgerufen am 30. Januar 2021.
  8. Herz-Jesu-Kirche auf oranienburg.de/Rathaus-Service; abgerufen am 28. Januar 2021.
  9. 350.000 Euro für das Erzbistum Berlin. Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken fördert im Jahr 2020 Projekte in der deutschen, nordeuropäischen und baltischen Diaspora mit insgesamt 13,5 Millionen Euro.
  10. Christliche Gemeinden in & um Oranienburg stellen sich vor. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  11. Außenansichten der Herz-Jesu-Kirche mit den zwei Portalen. Abruf am 30. Januar 2021.
  12. a b c d e f Außen und Innenansichten der Kirche, abgerufen am 29. Januar 2021.
  13. 10 Jahre Gedenkstein für inhaftierte Geistliche in Sachsenhausen, abgerufen am 23. Februar 2021.
  14. Infos zur Filialkirche St. Petrus, abgerufen am 28. Januar 2021.
  15. Gruppen und Kreise der Herz-Jesu-Kirche, abgerufen am 28. Januar 2021.
  16. wir begleiten Sie
  17. Die pastoralen Räume stehen fest. Nun auch Brandenburg vollständig entschieden, abgerufen am 23. Februar 2021.
  18. Johann Leopold Panske, Theologe, Schriftsteller, geboren 15. November 1854 in Sluppi/ Westpreußen; auf deutschestextarchiv.de.