Helma Steinbach

Mitbegründerin des Konsum-, Bau- und Sparvereins Produktion eGmbH, Hamburg, und Gewerkschafterin

Franziska Wilhelmine „Helma“ Steinbach (* 1. Dezember 1847 in Hamburg; † 7. Juli 1918 in Glüsing bei Lauenburg/Elbe) war eine deutsche Mitbegründerin der „Pro“ (Konsum-, Bau- und Sparverein „Produktion“) eGmbH, Hamburg und Gewerkschafterin.

Helma Steinbach
Aufsichtsrat der Produktion von 1908, links Helma Steinbach
Gedenkplakette für Helma Steinbach in der Arbeitersiedlung in Wedel
Helma Steinbach Haus in Hamburg, Legienstr. 45
Gedenktafel am Helma Steinbach Haus – 14. Dezember 2017 angebracht
Straßenschild Helma-Steinbach-Weg in Hamburg-Horn

Leben und Wirken Bearbeiten

Helma Steinbach war Mitbegründerin der „Pro“ (Konsum-, Bau- und Sparverein „Produktion“) eGmbH, Hamburg, dessen Aufsichtsrat sie als einzige Frau bis zu ihrem Tod angehörte. Sie war über 30 Jahre mit dem Sozialdemokraten und Genossenschafter Adolph von Elm politisch verbunden und befreundet, mit dem sie in einer Lebenspartnerschaft lebte. Steinbach war 10 Jahre älter als von Elm und eine Tochter einer verarmten Kaufmannsfamilie. Eine vermutlich aus finanziellen Gründen geschlossene Ehe löste sie schon bald wieder auf. Helma Steinbach verdiente ihren Lebensunterhalt als Wirtschafterin, Näherin, Schneiderin, Plätterin und Vorleserin. Die Fabrikarbeiter ließen sich in vielen Betrieben aus Büchern und Zeitungen vorlesen, um sich politisch und allgemein zu bilden. Bei dieser Tätigkeit lernte Helma Steinbach den späteren Gewerkschaftsfunktionär und Reichstagsabgeordneten Adolf von Elm kennen. Helma Steinbach war eine wichtige Referentin in der Frauenagitation, galt als eine der wichtigsten und erfolgreichsten Rednerinnen. Sie war in verschiedensten Gewerkschaften tätig und hat selbst einen „Reichsverband der Plätterinnen“ gegründet. In Hamburg hat sie versucht, einen Streik der Plätterinnen zu organisieren, was ihr teilweise gelang, z. B. in dem holsteinischen Vorort Stellingen.[1] In Wedel-Schulau organisierte Helma Steinbach um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert die Arbeitnehmerinnen der Schulauer Zuckerfabrik, die unter schlechtesten Arbeitsbedingungen und geringsten Löhnen ein menschenunwürdiges Arbeitsleben führten und erkämpfte mit ihnen bessere Arbeitsbedingungen und Löhne. Im Rahmen der Reichstagswahlen am 16. Juni 1903 sprach die Sozialdemokratin Helma Steinbach zur Mai-Kundgebung im Hotel zum Roland vor etwa 50 Personen.[2] Helma Steinbach ist es mit zu verdanken, dass die Gewerkschaften die Widerstände gegen die Aufnahme von Frauen aufgaben.[3] In die Pressekommission der Hamburger Parteizeitung der SPD Hamburger Echo, eine Art Aufsichtsrat der Druckerei und Verlagsanstalt, wurde sie mit von Elm gewählt.[4] Sie hatte großes kulturelles Interesse und gründet 1893 zusammen mit Adolf von Elm und Heinrich Kaufmann die Freie Volksbühne.

1890 war sie Delegierte auf dem SPD-Parteitag in Halle. Von fünf weiblichen Delegierten ergriffen nur Emma Ihrer und Helma Steinbach das Wort.[5]

Eine lebendige Charakterisierung des Paares Steinbach – von Elm findet sich in der Biografie von Paul Frölich, des späteren Kommunisten, der auch der Hamburger Sozialdemokratie entstammte. „Großen Respekt flößte Adolph von Elm ein. (...) Wohl war er Reformist, aber er hatte einen kämpferischen Geist und war vollkommen mit der Arbeiterklasse verwachsen, eine starke, geschlossene Persönlichkeit. Jedes Wort, das er sagte, war durchdacht, frei von jeder Phrase, und ließ doch die Leidenschaft dahinter spüren. Er war ein großer Organisator. Die Hamburger Konsumgenossenschaft 'Produktion' ist vor allem sein Werk. Ein sonderbares Widerspiel zu ihm war seine Frau, Helma Steinbach. Sie machte einen verschrobenen Eindruck, war exaltiert und aggressiv wie eine Suffragette. Das Genossenschaftswesen verfocht sie nicht mit dem nüchternen Utilitarismus des gewöhnlichen Propagandisten, sondern leidenschaftlich als das Ideal einer Menschheitserneuerung. Gustav Stengele verfolgte sie mit giftigem Hass und schüttete in seinen Wochenplaudereien (in der SPD-Zeitung 'Hamburger Echo') oft seine ganze Galle über sie aus. Das bewirkte zunächst, dass sie für mich 'erledigt' war. Doch bei verschiedenen Gelegenheiten merkte ich dann, dass die verschrobene Alte, die so oft das Lachen herausforderte, eine echte, der Sache und ihren eigenen Utopien tief ergebene Kämpferin war, dass sie eine hohe geistige Kultur und künstlerisches Empfinden besaß. Ich habe sehr bedauert, dass Alter und politische Anschauungen enger persönliche Beziehungen zu diesem prächtigen Paar verhinderten.“[6]

Ehrungen Bearbeiten

 
Erinnerungsstein für Helma Steinbach auf dem Friedhof Ohlsdorf im Garten der Frauen
 
Wandbild in Hamburg-Ottensen – Gründer des Konsum-, Bau- und Sparvereins Produktion 1899: Helma Steinbach, Adolph von Elm und Raphael Ernst May. Finanziert von der Heinrich-Stegemann-Kunststiftung.

1951 war der „PRO-Block“ in Barmbek an der Schleidenstraße noch zum „Helma-Steinbach-Hof“ benannt worden. Die Umbenennung konnte sich jedoch bei den Bewohnern und im Stadtteil nie richtig durchsetzen.[7] Sie ist Namensgeberin des Helma-Steinbach-Weg in Hamburg-Horn.[8][9] In unmittelbarer Nähe des Helma-Steinbach-Weg wurde 2014 das Helma-Steinbach-Haus an der Legienstraße 45 eröffnet. Das Helma-Steinbach-Haus ist Teil des Quartiersprojektes LeNa-Lebendige Nachbarschaft, ein Wohn- und Unterstützungskonzept das ein lebenslanges Wohnen in der vertrauten Umgebung verwirklichen möchte.

Am 14. Dezember 2017 wurde eine Gedenktafel zu Ehren der Namensgeberin des „Helma Steinbach Hauses“ in der Legienstraße in Horn von der Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt, SAGA-Vorstand Wilfried Wendel und Stefan Henze, Leiter der Geschäftsstelle Hamm eingeweiht. Sie befindet sich neben dem Haupteingang des Gebäudes und ist von der Straße aus sichtbar. So können sich Mieter, Besucher aber auch Passanten über die Bedeutung des Lebenswerks von Helma Steinbach informieren.[10]

Anlässlich ihres 100. Todestages gedenkt die Gewerkschaft ver.di-Hamburg mit einer Veranstaltung der großen Gewerkschafterin und Kämpferin für die Genossenschaftsidee. „Helma Steinbach setzte sich zudem unermüdlich für arbeitende Frauen ein. So brachte sie auf dem ersten Gewerkschaftskongress nach dem Sozialistengesetz eine Resolution ein, die die Gewerkschaften verpflichtete, auch die Frauen in ihrem Berufszweig aufzunehmen“.[11]

In der Arbeitersiedlung „Helma Steinbach“ am Galgenberg/Milchstr. des Kraftwerkes Schulau in Wedel, enthüllte der damalige Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer im Juni 1930 (Altona gehörte noch nicht zu Hamburg) eine Gedenkplakette, entworfen von Prof. Henneberger, zu Ehren von Helma Steinbach, der Vorkämpferin für die Staatsbürgerrechte der Frauen in Deutschland.[12]

Zu ihrem Gedenken wurde im Garten der Frauen des Friedhofs Ohlsdorf ein Erinnerungsstein in die Erinnerungsspirale gesetzt.[13]

Schriften Bearbeiten

  • Helma Steinbach: Gefährliche Strömungen in der Genossenschaftsbewegung. In: Sozialistische Monatshefte. Heft 4 1902, S. 288–293; Abruf am 14. Juni 2008 [1]
  • Helma Steinbach: Weitere Veröffentlichungen in Sozialistische Monatshefte [2] Suchen unter Helma Steinbach

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Kirsten Haake: Helma Steinbach 1847–1918 – Eine Vorkämpferin für Gewerkschaft, Genossenschaft und Partei, Biografie, Verlag: Books on Demand, Norderstedt 2018, ISBN 978-3-7528-2318-9
  • Gisela Notz: Frauenkalender und Postkartenset 2019: Helma Steinbach (1847 – 1918) Pionierin der Genossenschaftsbewegung, ISBN 978-3-945959-30-5.
  • Steinbach, Helma. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 1. Christians, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1364-8, S. 304–305.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Heinrich Bürger: Die Hamburger Gewerkschaften und deren Kämpfe von 1865 bis 1890, Hamburg 1899, S. 521ff.
  2. http://spd-net-sh.de/pi/wedel/index.php?mod=content&menu=180500&page_id=9246 SPD Schleswig-Holstein
  3. Burchard Bösche: Adolph von Elm - Der ungekrönte König von Hamburg. Heinrich-Kaufmann-Stiftung, Hamburg 2015, ISBN 978-3-7347-6357-1, S. 60–67.
  4. Ferdinand Vieth 1869-1946, Leben und Wirken eines Genossenschafters in Selbstzeugnissen und Beiträgen, Herausgeber: Heinrich-Kaufmann-Stiftung, Norderstedt 2018, S. 25, ISBN 978-3-7460-5925-9
  5. http://library.fes.de/parteitage/index-pt-1890.html Friedrich-Ebert-Stiftung: Protokoll des Parteitages vom 12. bis 18. Oktober 1890, S. 233, abgerufen am 20. Oktober 2016
  6. Paul Frölich: Im radikalen Lager, Politische Autobiographie 1890–1921, Berlin 2013, S. 88, ISBN 978-3-86163-147-7
  7. Vom PRO-Block zum Schleidenhof - Geschichte(n) eines außergewöhnlichen Wohnblocks, Dokumentation einer Ausstellung der Geschichtswerkstatt Barmbek, Oktober 2018
  8. Helma-Steinbach-Weg. In: Rita Bake: Wer steckt dahinter? Nach Frauen benannte Straßen, Plätze und Brücken in Hamburg. Hrsg.: Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg, 4. aktualisierte und erweiterte Auflage. Hamburg 2005, Abruf am 12. April 2008, online als PDF-Datei verfügbar (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hamburg.de
  9. Hamburg Stadtwiki (seit 2013 nicht mehr erreichbar) (Memento vom 22. Oktober 2008 im Internet Archive)
  10. Presseerklärung der SAGA-GWG vom 14. Dezember 2017
  11. ver.di Hamburg: Erinnern an Helma Steinbach. In: Hamburg.verdi.de. 12. Juli 2018, abgerufen am 12. Juli 2018.
  12. http://spd-net-sh.de/pi/wedel/index.php?mod=content&menu=180500&page_id=9246 SPD Schleswig-Holstein
  13. Garten der Frauen, Abruf am 12. April 2011.