Heinrich Wilhelm David Heman

jüdischer Pädagoge, Konvertit zum Christentum, evangelischer Missionar

Heinrich Wilhelm David Heman (* 1. Mai 1793 in Kindenheim; † 4. Juli 1873 in Basel) war ein deutscher evangelischer Pädagoge und Missionar, sowie bekannter Konvertit vom Judentum zum christlichen Glauben.

Leben und Wirken Bearbeiten

Er wurde geboren als Israel David[1] und war der Sohn eines strenggläubigen, jüdischen Ehepaares im pfälzischen Kindenheim. Der Vater übte dort den Beruf des Schächters aus, die Familie lebte in bescheidenen finanziellen Verhältnissen.[2]

David bildete sich autodidaktisch und arbeitete drei Jahre lang als Privatlehrer, bevor er 1819 am bayerischen Schullehrerseminar zu Speyer erfolgreich die Prüfung ablegte und in der Folge sein Lehrerdiplom erhielt. Voraussetzung dafür war die Anstellung an einer „wohleingerichteten, ständigen Schule“, weshalb er sich um die Stelle des Lehrers an der jüdischen Schule in Grünstadt beworben hatte.[3]

 
Der Freund Heinrich Dittmar, Schulrektor in Grünstadt

Israel David fungierte ab 1820 als jüdischer Lehrer in Grünstadt. 1824 kam der Pestalozzi-Schüler Heinrich Dittmar hierher und übernahm die Stelle des Subrektors, ab 1827 des Rektors der örtlichen Lateinschule. Dittmar war ein frommer Pietist und wollte für seine biblischen Studien das Alte Testament in seiner Ursprache lesen. David strebte seinerseits danach, Griechisch zu lernen und in das Neue Testament eingeführt zu werden. So freundeten sich beide an, kamen in regen Gedankenaustausch und unterrichteten sich gegenseitig. Etwa ab 1832 trat Wilhelm Stern, Direktor des Lehrerseminars Karlsruhe in diese Freundschaft ein und besuchte beide Männer öfter in Grünstadt. Auch er war ein Pestalozzi-Schüler und frommer evangelischer Christ.[4]

In Israel David reifte der Entschluss, zum evangelischen Glauben zu konvertieren. Am 23. Juni 1833 ließ er sich, mit Ehefrau und drei Kindern, in Grünstadt taufen. Er legte sich „Heman“ (der Gläubige) als Familiennamen zu, den bisherigen Familiennamen „David“ trug er nun als Vornamen.[5] Die weiteren angenommenen Vornamen Heinrich und Wilhelm stammen offenbar von den Freunden Heinrich Dittmar und Wilhelm Stern, die vermutlich auch als Taufpaten fungierten. Der Übertritt Hemans zum Christentum wurde damals sehr bekannt und löste heftige Kontroversen aus. Er verlor seine Lehrerstelle, Verwandte bzw. Freunde versuchten, ihn von dem Entschluss abzubringen, und seine Mutter sagte sich öffentlich von ihm los.

Heinrich Dittmar stellte den Freund als Privatlehrer der Mathematik an seiner Lateinschule an; er und seine Kollegen finanzierten das Gehalt. Schließlich erhielt Heman eine staatliche Anstellung als Reallehrer der Lateinschule Grünstadt und der oberste bayerische Schulmann, Friedrich Thiersch, lobte seine Leistungen 1838 ausdrücklich.[6]

Da bei Heinrich Wilhelm David Heman das theologische Interesse überwog und er auch andere Israeliten für den christlichen Glauben gewinnen wollte, folgte er 1844 dem Angebot, in Basel ein Missionshaus für konvertierte Juden zu leiten.[7] Dieses Institut, genannt „Proselytenhaus“, hatte der evangelische Verein der Freunde Israels 1842 dort neu gegründet.[8] Heman stand der Einrichtung 29 Jahre lang, bis zu seinem Tod im Jahre 1873, vor und unternahm zugleich auch missionarische Reisen nach Deutschland und in der Schweiz.

Sein Sohn, der evangelische Pfarrer und spätere Professor der Theologie, Carl Friedrich Heman (1839–1919), folgte ihm 1874 in der Leitung des Proselytenhauses nach.

Literatur Bearbeiten

  • Franz Delitzsch: Saat auf Hoffnung: Zeitschrift für die Mission der Kirche in Israel, Organ des Evangelisch-Lutherischen Zentral-Vereins für Mission unter Israel, Band 13, Erlangen, 1876, S. 126–129; (Digitalscan)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Franz Josef Heyen, Karl Heinz Debus: Aufklärung, Gleichstellung, Reform und Selbstbesinnung, Band 4 von: Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945, Selbstverlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 1974, S. 332; (Ausschnittscan 1), (Ausschnittscan 2)
  2. J. F. A. de Le Roi: Die evangelische Christenheit und die Juden in der Zeit der Herrschaft christlicher Lebensanschauungen unter den Völkern, Band 2: Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, das europäische Festland während des 19. Jahrhunderts, Verlag H. Reuther, 1891, S. 276; (Ausschnittscan)
  3. Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945, Band 20, Teil 2, Selbstverlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 1982, S. 590; (Ausschnittscan 1), (Ausschnittscan 2)
  4. E. Kehr: Pädagogische Blätter für Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstalten, Band 2, Gotha 1873, S. 258; (Digitalscan)
  5. Evangelische Kirchen-Zeitung: Organ der Evangelisch-Lutherischen innerhalb der Preußischen Landeskirche, Berlin 1866, Spalte 949 des Jahrgangs; (Digitalscan)
  6. Friedrich Thiersch: Ueber den gegenwärtigen Zustand des öffentlichen Unterrichts in den westlichen Staaten von Deutschland, in Holland, Frankreich und Belgien, Band 1, Cotta, Stuttgart 1838, S. 62; (Digitalscan aus der Quelle)
  7. Calwer Missionsblatt, 17. Jahrgang, 1844, Anhang zu Nr. 24; (Digitalscan)
  8. Bonaventura Mayer: Die Juden unserer Zeit: einer gedrängte Darstellung ihrer religiösen und politischen Verhältnisse in den drei alten Erdtheilen, Regensburg, 1842, S. 50; (Digitalscan)