Hagemann-Ester

chemische Verbindung

Der Hagemann-Ester ist ein Carbonsäureester, der neben der Esterfunktion auch über eine Ketonfunktion verfügt. Die Verbindung eignet sich als Zwischenprodukt zur Herstellung diverser Naturstoffe, beispielsweise mehrerer Terpene.

Strukturformel
Strukturformel des Hagemann-Esters
Allgemeines
Name Hagemann-Ester
Andere Namen
  • Ethyl-2-methyl-4-oxo-2-cyclohexen-1-carboxylat (IUPAC)
  • 2-Methyl-4-oxo-2-cyclohexencarbonsäureethylester
Summenformel C10H14O3
Kurzbeschreibung

dunkelgelbe, klare Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 487-51-4
EG-Nummer 207-657-4
ECHA-InfoCard 100.006.962
PubChem 79020
ChemSpider 71353
Wikidata Q5638586
Eigenschaften
Molare Masse 182,22 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,078 g·cm−3 bei 27 °C[1]

Siedepunkt

268–272 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Geschichte Bearbeiten

Die erste Publikation zu der Verbindung stammt aus dem Jahr 1893 mit Ergebnissen aus Carl Hagemanns Doktorarbeit.[2] Hergestellt wurde sie damals aus Ethylacetoacetat durch Umsetzung mit Diiodmethan und Natriummethanolat. 1894 klärte Emil Knoevenagel die Struktur eindeutig auf. Später wurden weitere Synthesen entwickelt und die Bezeichnung Hagemann-Ester kam auf.[3]

Herstellung Bearbeiten

 
Ethylacetoacetat ist Edukt verschiedener Synthesen für den Hagemann-Ester

In der ursprünglichen Methode nach Hagemann werden zwei Äquivalente Ethylacetoacetat und ein Äquivalent Diiodmethan mit Natriummethanolat umgesetzt. Dadurch entsteht zunächst Methylenbisacetessigester, der zum Hagemann-Ester cyclisiert.[4]

In der Methode nach Knoevenagel werden unter Katalyse von Piperidin zwei Moleküle Ethylacetoacetat mit Formaldehyd kondensiert.[4]

In der Methode nach Newman und Lloyd werden 2-Methoxy-1,3-butadien und Ethyl-2-butinoat in einer Diels-Alder-Reaktion umgesetzt und das Reaktionsprodukt zum Hagemann-Ester hydrolysiert.[4]

In der Methode nach Mannich und Fourneau wird in situ aus Diethylmethyl-(3-oxobutyl)ammoniumiodid das Methylvinylketon gewonnen, welches mit Ethylacetoacetat ein Addukt bildet, das wiederum mit Natriumethanolat cyclisiert wird.[4]

Heute ist der Hagemann-Ester kommerziell erhältlich und wird oft nach der Methode von Knoevenagel hergestellt.[3]

Reaktionen Bearbeiten

Der Hagemann-Ester kann in vielfältigen Reaktionen zu anderen relevanten Verbindungen umgesetzt werden. Verschiedene Reaktionen zur selektiven Alkylierung sind bekannt.[4] Durch Umsetzungen mit Basen und Alkylhalogeniden ergeben sich je nach Reaktionsbedingungen in Position 1 oder 3 substituierte Derivate. Mit Lithiumdimethylcuprat entsteht eine 2,2-Dimethylverbindung. Der Ester und seine Derivate können verseift und decarboxyliert werden. Der Ester kann außerdem zu einem gesättigten Keton hydriert werden. Auch verschiedene Diene für Diels-Alder-Reaktionen, sowie Benzolderivate, Bi- und Tricyclen lassen sich aus Hagemanns Ester herstellen.[3] Verbindungen, die aus dem Hagemann-Ester hergestellt werden können, sind Vermiculin, Pinene, sowie Steroidderivate.[4][5][6]

Abgeleitete Verbindung Bearbeiten

Analog zur Herstellungsmethode nach Mannich kann aus Isopropylacetoacetat und Methylvinylketon ein 1-Isopropylderivat des Hagemann-Esters hergestellt werden. Dieses kann zu Piperiton, Menthol und Thymol umgesetzt werden.[3]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f Datenblatt 2-Methyl-4-oxo-2-cyclohexencarbonsäure-ethylester bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 29. Februar 2024 (PDF).
  2. C. Th. L. Hagemann: Ueber die Einwirkung von Methylenjodid auf Natracetessigäther. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 26, Nr. 1, 1893, S. 876–890, doi:10.1002/cber.189302601181.
  3. a b c d Fritz Eiden: Carl Hagemann ...ein Mensch von großer Güte, ein richtiger Chemiker... In: Chemie in unserer Zeit. Band 41, Nr. 4, August 2007, S. 316–323, doi:10.1002/ciuz.200700411.
  4. a b c d e f Gian Piero Pollini, Simonetta Benetti, Carmela De Risi, Vinicio Zanirato: Hagemann's ester: a timeless building block for natural product synthesis. In: Tetrahedron. Band 66, Nr. 15, April 2010, S. 2775–2802, doi:10.1016/j.tet.2010.01.078.
  5. Yoshiyasu Fukuyama, Curtis L. Kirkemo, James D. White: A novel synthesis of (.+-.)-vermiculine. In: Journal of the American Chemical Society. Band 99, Nr. 2, Januar 1977, S. 646–647, doi:10.1021/ja00444a073.
  6. Mullapponmannil Thomas Thomas, Alex G. Fallis: The total synthesis of (+-)-.alpha.- and (+-)-.beta.-pinene. A general route to bicyclic mono- and sesquiterpenes. In: Journal of the American Chemical Society. Band 98, Nr. 5, März 1976, S. 1227–1231, doi:10.1021/ja00421a029.