Gleichmäßig konvexer Raum

mathematische spezielle Klasse normierter Räume

Gleichmäßig konvexe Räume sind eine in der Mathematik betrachtete spezielle Klasse normierter Räume. Diese Räume wurden 1936 von James A. Clarkson mittels einer geometrischen Eigenschaft der Einheitskugel eingeführt. Die gleichmäßig konvexen Banachräume sind reflexiv und haben eine für die Approximationstheorie wichtige Eigenschaft.

Motivation und Definition Bearbeiten

 
Der Mittelpunkt zwischen   und   liegt im Falle der euklidischen Norm im Innern, im Falle der Summennorm nicht.

Da die Einheitskugel   eines normierten Raums   konvex ist, liegt der Mittelpunkt   zwischen zwei Vektoren   und   der Einheitskugel wieder in der Einheitskugel. Wir untersuchen den Abstand eines solchen Mittelpunktes vom Rand der Einheitskugel.

Betrachtet man auf dem   die euklidische Norm, so ist die Einheitskugel der Einheitskreis in der Ebene. Bildet man den Mittelpunkt zweier Randpunkte, so liegt dieser Mittelpunkt umso weiter im Inneren des Kreises, je weiter die beiden Randpunkte voneinander entfernt sind.

Betrachtet man hingegen auf dem   die durch   definierte Summennorm, so ist die 'Einheitskugel' ein Quadrat. Es gilt für   offenbar  ,  ,   und  . Obwohl die beiden Randpunkte   und   sehr weit voneinander entfernt sind, liegt deren Mittelpunkt dennoch auf dem Rand der Einheitskugel.

Es ist also eine besondere geometrische Eigenschaft, dass zwei Vektoren der Einheitskugel einander nahe sein müssen, wenn deren Mittelpunkt nahe am Rand liegt. Daher definiert man:

Ein normierter Raum   heißt gleichmäßig konvex, wenn es zu jedem   ein   gibt, so dass folgendes gilt: Sind   mit  ,   und  , so folgt  .[1]

Dies ist eine Eigenschaft der Norm. Geht man zu einer äquivalenten Norm über, so kann diese Eigenschaft verlorengehen, wie die beiden eingangs betrachteten Beispiele zeigen.

Beispiele Bearbeiten

  • J. A. Clarkson hat diese Eigenschaft für die Banachräume Lp[0,1] ,  , nachgewiesen (Satz von Clarkson).[2] Ein einfacherer Beweis ergab sich als Konsequenz der 1956 bewiesenen Hanner-Ungleichungen durch Olof Hanner. Diese Aussage ist 1950 von E. J. McShane wesentlich verallgemeinert worden. Ist   ein gleichmäßig konvexer Raum,   ein beliebiges positives Maß,  , so ist auch   gleichmäßig konvex. Dabei ist   der Banachraum der Äquivalenzklassen messbarer Funktionen   mit Werten in  , so dass  .
  • 1967 hat C. A. McCarthy die gleichmäßige Konvexität für die Schatten-Klassen mit   nachgewiesen.[3]

Satz von Milman Bearbeiten

David Milman hat eine folgende wichtige Eigenschaft gleichmäßig konvexer Räume bewiesen:

Satz von Milman[4]: Gleichmäßig konvexe Banachräume sind reflexiv.

Dieses Resultat ist unabhängig von Milman auch von Billy James Pettis (1913–1979) gefunden worden[5], weshalb man manchmal auch vom Satz von Milman-Pettis spricht. Die Klasse der gleichmäßig konvexen Räume ist echt kleiner als die Klasse der reflexiven Räume, denn es gibt reflexive Banachräume, die nicht isomorph zu gleichmäßig konvexen Räumen sind.[6]

Man kann sogar zeigen, dass gleichmäßig konvexe Banachräume die Banach-Saks-Eigenschaft haben (ein Satz von S. Kakutani), und dass Banachräume mit Banach-Saks-Eigenschaft reflexiv sind (ein Satz von T. Nishiura and D. Waterman).

Der Approximationssatz Bearbeiten

Die folgenden Aussagen, die auch als Approximationssatz bezeichnet werden, zeigen die Bedeutung der gleichmäßig konvexen Räume für die Approximationstheorie. Viele Approximationsprobleme lassen sich so umformulieren, dass in einer konvexen Menge (z. B. in einem Unterraum) ein Vektor zu finden ist, der zu einem gegebenen Vektor kürzesten Abstand hat. Es gelten folgende Aussagen für einen reellen normierten Raum  ,   und eine abgeschlossene und konvexe Teilmenge  :

  • Eindeutigkeit: Ist   strikt konvex, so gibt es höchstens ein   mit  .
  • Existenz: Ist   ein gleichmäßig konvexer Banachraum, so gibt es ein (nach obigem eindeutig bestimmtes)   mit  . (Dazu beachte man, dass gleichmäßig konvexe Räume strikt konvex sind.)
  • Stetigkeitsaspekt: Ist   ein gleichmäßig konvexer Banachraum und   ein in   abgeschlossener normierter Teilraum, so ist die Proximumsabbildung  , die jedem   das (zuvor beschriebene)   zuordnet, stetig.[7]

Konvexitätsmodul Bearbeiten

Man setzt für eine Zahl  

 

und nennt die dadurch definierte Funktion   den Konvexitätsmodul von  . Für gleichmäßig konvexe Räume gilt definitionsgemäß   für alle  , und man kann zeigen, dass der Konvexitätsmodul eine monotone Funktion ist, sogar die Abbildung   ist monoton. Ein Satz von M. I. Kadec stellt eine notwendige Bedingung für die unbedingte Konvergenz von Reihen in gleichmäßig konvexen Räumen dar:

Ist   eine Folge in einem gleichmäßig konvexen Raum   mit   für alle   und ist die Reihe   unbedingt konvergent, so gilt  .[8]

Weitere Raumklassen Bearbeiten

Die hier besprochene gleichmäßige Konvexitätsbedingung ist die stärkste unter mehreren Konvexitätsbedingungen, die zu jeweils anderen Raumklassen führen. Insbesondere ergibt sich, dass gleichmäßig konvexe Räume strikt konvex und stark konvex sind und die Radon-Riesz-Eigenschaft haben.

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Friedrich Hirzebruch, Winfried Scharlau: Einführung in die Funktionalanalysis. 1971, ISBN 3-86025-429-4, Definition 16.1
  2. James A. Clarkson: Uniformly convex spaces. Transactions of the American Mathematical Society, Band 40, 1936, Seite 396–414.
  3. C. A. McCarthy, Cp, Israel Journal of Mathematics (1967), Band 5, Seiten 249–271.
  4. D. Milman: On some criteria for the regularity of spaces of type (B). Comptes Rendus (Doklady) de l'Académie des Sciences de l'URSS, Band 20, 1938, Seiten 243–246.
  5. B. J. Pettis: A proof that every uniformly convex space is reflexive. Duke Math. J., Band 5, 1939, Seiten 249–253.
  6. Mahlon M. Day: Reflexive Banach spaces not isomorphic to uniformly convex spaces. Bulletin of the American Mathematical Society, Band 47, Nr. 4, 1941, Seiten 313–317.
  7. Arnold Schönhage: Approximationstheorie. 1971, S. 15
  8. Joseph Diestel: Sequences and Series in Banach Spaces. 1984, ISBN 0-387-90859-5, Kapitel VIII, Theorem 2