Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung

Die Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung (GSV) ist ein deutscher Lobbyverband der Straßenbauindustrie. Nach eigenen Angaben besteht das Ziel der GSV darin, sich für die Umsetzung der im aktuellen Bundesverkehrswegeplan aufgeführten deutschlandweit 700 Ortsumgehungen mit einem Volumen von 11,5 Mrd. Euro bis 2015 einzusetzen.[2] Des Weiteren setzt sich die GSV für das Schließen von Lücken im Autobahnnetz ein.

Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.
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Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 1980
Sitz München, Deutschland[1]
Zweck umweltgerechte Verkehrskonzepte und deren Umsetzung
Vorsitz Karl Wiebel
Geschäftsführung Klaus H.R. Wild
Mitglieder etwa 120
Website www.gsv-verkehrundumwelt.de

Geschichte Bearbeiten

Der Verein wurde 1980 in Bonn gegründet.[3] Dort ist er im Vereinsregister AG Bonn unter der Nr.20VR4589 eingetragen. Die Geschäftsstelle befindet sich in München. [4] Seit Gründung des Vereins hatte dieser mehrere Vorsitzende, die ihre beruflichen Wurzeln in leitenden Funktionen des öffentlichen Straßen- und Verkehrswegebaus hatten und haben. Nahezu zeitgleich mit der GSV wurde deren Fördergemeinschaft (FSV) gegründet, deren Ziel die Finanzierung des Projektbetreuungsaufwands der GSV ist.

Vereinsarbeit Bearbeiten

1998 berichtete Panorama (ARD) über die GSV[5], 2003 auch die Westfälische Rundschau und der Spiegel[6]. Nach diesen Berichten betreute die GSV seinerzeit 150 Projekte und zählten zu den damaligen 220 Mitgliedern Politiker (vom Gemeinderat bis zum Bundestagspolitiker), Städte und Gemeinden sowie Bürgerinitiativen.


Laut eigener Aussage der Gesellschaft betreut die GSV regelmäßig rund 100 Projekte, vornehmlich aus dem Bundesverkehrswegeplan. Für die Betreuung dieser Projekte sind fünf Landesbeauftragte zuständig, deren Gebiete folgende Bundesländer umfassen:

·      Hessen und Niedersachsen

·      Bayern, Sachsen und Thüringen

·      Baden-Württemberg

·      Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt

·      Nordrhein-Westfalen, Saarland und Rheinland-Pfalz

Zu den rund 120 Mitgliedern der GSV (2023) zählen aktive und ehemalige kommunale Mandatsträger, Kommunen und Bürgerinitiativen. Mitglieder der GSV erhalten kostenfreie Beratung zu den Möglichkeiten, ihre Interessen wirkungsvoll zu vertreten.

Nach der Wahl von MDirig. a. D. Karl Wiebel zum Vorsitzenden im Oktober 2021 wurde das Spektrum der unterstützten Projekte gezielt um Verkehrsprojekte außerhalb des Bundesverkehrswegeplans (u. a. Radwege, Parkplätze, Lärmschutz) ausgedehnt. Dies zeigt sich auch in der überarbeiteten Satzung vom Mai 2023.


Nach den medialen Wellen, die GSV-Aktivitäten um die Jahrhundertwende geschlagen hatten (u. a. durch stark kritisierte Äußerungen des seinerzeitigen Vorsitzenden), ist die GSV seither aus der kritischen öffentlichen Wahrnehmung weitgehendverschwunden.


Mangels Nachfrage und aus Kostengründen wurde die Herausgabe der Zeitschrift Verkehr + Umwelt 2013 eingestellt. Die Information der Mitglieder und Interessierter erfolgt nunmehr über die Homepage der Gesellschaft www.gsv-verkehrundumwelt.de

Finanzierung Bearbeiten

Die eigentliche Finanzierung erfolgt über die Fördergemeinschaft für umweltgerechte Straßen- und Verkehrsplanung (FSV), zu der 150 Mitglieder zählen. Hier zahlen Unternehmen der Bauwirtschaft und Baustoffindustrie (wie etwa STRABAG und HeidelbergerCement AG) ebenso ein wie die großen Automobilkonzerne und Zulieferer (beispielsweise Volkswagen und 3M). Zusätzlich erhält die GSV Mitgliedsbeiträge und ist als gemeinnützig eingetragener Verein Empfänger von Bußgeldern[3]. Der Jahresetat der GSV lag 2008 bei 75.000 Euro[4]. Der Aufforderung von Lobbycontrol und anderen Verbänden, die Finanzierung offenzulegen, ist die GSV bisher nur scheibchenweise[3] nachgekommen. Auf ihrer Website schreibt die GSV, sie sei wirtschaftlich unabhängig.

Vorstandsmitglieder der Fördergemeinschaft Bearbeiten

  • Rolf Crone (Vorsitz)
  • Renè Kühn, Dozent und Kommunalberatung
  • Klaus H.R. Wild, geschäftsführendes Vorstandsmitglied
  • Peter Fuss
  • Volker Kock
  • Willi Johannes

GSV-unterstützte Bürgerinitiativen Bearbeiten

Der Spiegel berichtete, dass die GSV Bürgerinitiativen pro Straßenbau nicht nur unterstützt, sondern teilweise auch deren Gründung initiiert; so geschehen beispielsweise bei der „Bürgerinitiative umweltfreundliche Autobahn A73“ oder der „Bürgeraktion pro Ostumgehung“ Celle.

Auch die Karbener Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt“ an der B 3 hatte Kontakte zur GSV.[5] Kurz vor ihrem angekündigten Beitritt in die GSV kam aber diese Lobbyverbindung in die Presse und die Bürgerinitiative versuchte sich eiligst von ihr zu distanzieren.

In Oberfranken macht die GSV Lobbyarbeit für die sogenannte „Fichtelgebirgsautobahn“ (B 303).[6]

In Obing unterstützt sie die Bürgerinitiative „L(i)ebenswertes Obing“, die sich für eine Ortsumfahrung starkmacht.

Der Verein „Ja zur A 94 e. V.“ weist auf seiner Homepage auf die GSV hin.[7]

Die Lobbyarbeit der im April 2013 in Landshut gegründeten „Initiative Pro B15 neu“, welche selbst keine Mitgliedsbeiträge erhebt, wird über die GSV finanziert.[8][9]

Nach eigenen Aussagen stand die GSV auch der Bürgerinitiative VEO (VerkehrsEntlastungOberau) „von Beginn an [...] unterstützend zur Seite [...]“ und „konnte dabei wertvolle Hinweise für zielführende Aktionen geben“ zur Umsetzung der Ortsumgehung Oberau (B 2).[10]

Auch die Bürgerinitiative Pro Umfahrung Winden im Elztal wurde unterstützt.[11] Die Zusammenarbeit mit ihr wurde als „vertrauensvoll und freundlich“ charakterisiert.[12]

GSV-befürwortete Vorhaben Bearbeiten

Die GSV befürwortet unter anderem folgende Bauvorhaben:

GSV-Vertreter Bearbeiten

Personen, die in der GSV die Funktion von Landesbeauftragten innehaben, waren in ihrer aktiven Berufszeit als Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung und als Mandatsträger tätig. Auf die daraus resultierenden guten Kontakte zur öffentlichen Hand wurde in der Vergangenheit von Kritikern immer wieder hingewiesen.[19]

Aktueller Vorsitzender der Gesellschaft ist Ministerialdirigent. a. D. Karl Wiebel, der bis Februar 2019 Abteilungsleiter Straßen- und Brückenbau im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr war. Weitere Vorstandsmitglieder der GSV sind trotz der öffentlichen Aufforderung[20] verschiedener Verbände bisher nicht bekannt.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. GSV Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V: So erreichen Sie uns (Memento vom 7. Januar 2016 im Internet Archive). Online auf gsv-verkehrundumwelt.de. Abgerufen am 7. Januar 2016.
  2. Dr. Anton Hofreiter, Mitglied des Deutschen Bundestages: Hintergrundinformation (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive). 4. September 2007. PDF. Online auf www.toni-hofreiter.de. Abgerufen am 10. Januar 2016.
  3. a b Asphaltlobby GSV: Ein ganz normaler Verein? (Memento vom 16. Juli 2011 im Internet Archive) (Klima-Lügendetektor 29. April 2009)
  4. Lobbyismus gut getarnt (Deutschlandfunk, 22. November 2008)
  5. Bürgerinitiative „Nordumgehung Jetzt“ hatte Kontakte zur GSV (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  6. Die BI gegen die Fichtelgebirgsautobahn informiert über die GSV
  7. „Ja zur A 94 e. V.“: Links, online auf www.ja-zur-a94.de, abgerufen am 8. Oktober 2017.
  8. BR: Ein "Bürgerinitiative" der Straßenbau-Lobby, Audio-Beitrag von Heiner Müller, BR Bayernchronik Samstag, 6. September 2014 um 11:05 Uhr, 6. September 2014. (Memento vom 3. November 2014 im Internet Archive)
  9. Pro B15 neu: "Die Initiative - Finanzierung der Initiative". Online auf www.pro-b15neu.de. Abgerufen am 12. September 2014.
  10. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Ortsumgehung Oberau ( B 2 ) auf der Zielgeraden. (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 2. September 2015, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  11. Bürgerinitiative Pro Umfahrung Winden im Elztal: Artikel von Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V., online auf www.pro-umfahrung-winden.de, abgerufen am 10. Oktober 2017.
  12. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Freude und Erleichterung bei der Bürgerinitiative „Pro Umfahrung Winden im Elztal“ - Bundesverkehrsminister gibt Mittel frei (Memento vom 27. Februar 2018 im Internet Archive), 26. August 2015, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 10. Oktober 2017.
  13. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Ortsumgehung Oberau (B 2) auf der Zielgeraden. (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 2. September 2015, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  14. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Breites Bündnis für den Ausbau der B 11 (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 5. Juni 2015, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  15. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Erster Schritt für die Westtangente Rosenheim. (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 13. Oktober 2015, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  16. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Neues zur B 15 (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 22. März 2016, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  17. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: Weihmichl (B 299): Ortsumgehung zwingend. (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 6. November 2014, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  18. Gesellschaft zur Förderung umweltgerechter Straßen- und Verkehrsplanung e. V.: A94-Infoveranstaltung für die Bürgermeister im Inntal27 (Memento vom 23. September 2017 im Internet Archive), 27. November 2014, online auf gsv-verkehrundumwelt.de, abgerufen am 23. September 2017.
  19. „Bürgerinitiativen für mehr Straßen - Asphaltlobby finanziert eigene Unterstützerszene“ (Panorama vom 19. November 1998)
  20. Versteckspiel der Asphaltlobby muss beendet werden (Memento vom 20. März 2014 im Internet Archive) (gemeinsame Presseerklärung von Lobbycontrol, der Aktionsgemeinschaft Verkehr Nordhessen und des VCD-Landesverband Elbe-Saale)