Georg Bartisch (* 1535 in Gräfenhain bei Königsbrück; † 1606 oder Januar 1607[1] in Dresden) war ein deutscher Wundarzt und Ophthalmologe. Zwischen 1568 und 1583 bereiste „Georg Bartisch von Koniges Burck“ (Georg Bartisch von Königsbrück) vor allem Sachsen, Schlesien und Böhmen, wo ihm über 107 erfolgreiche Behandlungen, für die er wie andere Wundärzte auch unter anderem mit Reklamezetteln[2] geworben hatte, behördliche Zeugnisse ausgestellt wurden.[3] Von Bartisch stammt ein umfangreiches Lehrbuch der Augenheilkunde (Augendienst) für Laien und Ärzte.

Georg Bartisch
Bartisch-Gedenkstein in Gräfenhain

Leben und Wirken Bearbeiten

Er wurde in Gräfenhain im Kurfürstentum Sachsen in der Nähe von Dresden als Sohn des in Königsbrück tätigen Wundarztes gleichen Namens geboren. In armen Verhältnissen aufgewachsen, begann er im Alter von zwölf Jahren die Bader- und Wundarztlehre. Lehrzeugnisse belegen, dass Bartisch zwei Jahre bei Matthäus Fuchs in Wittenberg und ab 1563 bei A. Mayscheider in Schönwaldt bei Brünn in der Lehre war und sich ohne akademische Ausbildung zu einem bedeutenden Okulisten (bzw. „Starstecher“[4]), Steinschneider (Schnittarzt) und Wundarzt entwickelte.

Als kurfürstlich-sächsischer Hofoculist schrieb der des Lateinischen nicht mächtige, aber wohl von einem theologisch und altsprachlich bzw. humanistisch bewanderten Mitverfasser unterstützte Bartisch 1583 in Dresden das Werk Ophthalmoduleia, das ist Augendienst – das erste umfangreiche deutschsprachige Lehrbuch der Augenheilkunde, welches erstmals die Augenheilkunde in deutscher Sprache und als selbstständiges Fach[5] behandelt, und das er seinem Kurfürsten August von Sachsen widmete, für das er jedoch zunächst keinen Verleger fand und es auf eigene Kosten drucken ließ.[6][7] In diesem Buch teilt er die Stare, deren operative Therapie nur einen der Schwerpunkte von Bartischs Handbuch der Augenheilkunde darstellt, nach ihrer Farbe in weiße, blaue, grüne, graue, gelbe und schwarze Stare ein.[8]

Bartisch publizierte erstmals die operative Entfernung (Exstirpation oder Enukleation) eines Augapfels zur Behandlung einer schweren Form der Protrusio bulbi. Er hatte dazu eigene Instrumente entwickelt, welche später von Wilhelm Fabry (Fabricius Hildanus, Fabry von Hilden) noch verbessert wurden.[9]

Mit seinen Abbildungen stellte der Augendienst von Bartisch erstmals die Augenheilkunde mit zum Text unlösbar verbundenem Bildmaterial als integrativen Bestandteil dar (Holzschnitte, von H.H. – vermutlich Hans Hewamaul,[10] nach aquarellierten Zeichnungen aus der Hand von Bartisch).[11]

Weniger bekannt ist Bartischs urologisches Werk.[12] In einem von dem Berliner Urologen Otto Mankiewicz als „Kunstbuch“[13] ediertem, von dem Breslauer Augenarzt Hermann Cohn[14] aufgefundenen Manuskript von 1575 sammelte er das gesamte damalige Wissen zur Behandlung des Blasensteins. Das ebenfalls mit Abbildungen ausgestattete Werk zeugt von Bartischs hohem fachlichen Verständnis und von seinen Fähigkeiten als Operateur. Er steht in einer Reihe mit Ambroise Paré (1510–1590), Pierre Franco, Jacques Guillemeau[15] (1550–1613), Fabry von Hilden (1560–1634) und anderen namhaften zeitgenössischen Chirurgen.

Bartischs Handschrift über den Steinschnitt blieb weitgehend unbekannt, bis sie 1893 Cohn zufällig in Dresden entdeckte und durch Mankiewicz 1905 herausbringen ließ. Sie ist die älteste umfangreiche deutsche Quelle über den Steinschnitt. Aus der Schrift spricht Bartischs große Erfahrung, die er in 28 Jahren Arbeit als Steinschneider gewonnen hatte. Etwa 450 Patienten soll er erfolgreich am Blasenstein operiert haben.[16]

Als Nachfolger Georg Bartischs wirkte sein Sohn Tobias.[17]

Veröffentlichungen Bearbeiten

  • Ophthalmodouleia.[18] Das ist Augendienst. Newer und wolgegründter Bericht von ursachen und erkenttnüs aller Gebrechen, Schäden und Mängel der Augen und des Gesichtes, wie man solchen anfenglich mit gebürlichen Mitteln begegnen, vorkommen und wehren, Auch wie man alle solche Gebresten künstlich durch Artzney, Instrument und Handgrieffe curiren, wircken und vertreiben sol. […]. Dresden (Matthes Stöckel) 1583 (1584 bei Sigmund Feyerabend in Frankfurt am Main herausgegeben) (Digitalisat); 2. Auflage, Georg Scheuer, Nürnberg 1686 (Digitalisat)
  • Warhafftige, eigentliche vnd ausführliche Beschreibung der vielfeltigen Krafft, Tugend, Wirckung vnd Nutzbarkeit des edlen hochnutzlichen vnd furtrefflichen Confects oder Latwergen des grossen Theriacks Andromachi ... Dresden 1602 (Digitalisat)

Editionen Bearbeiten

Augendienst

  • Augen-Dienst […]. Georg Scheurer, Sulzbach 1686 (Neuausgabe ohne die Testimonia und den 16., die Arzneimittelzubereitung enthaltenden, Teil).
  • Ophthalmodouleiam. (Dresden 1583). Dawsons, London 1966. (Facsim-repr.)
  • Ophtalmodouleia das ist Augendienst 1583. Faksimile-Druck. Medicina Rara, Stuttgart 1977.
  • Richard Toellner: Georg Bartisch von Königsbrück, Augendienst. Nachdruck der ersten deutschsprachigen umfassenden Augenheilkunde aus dem Jahr 1583 mit Begleitheft Georg Bartisch (1535–1606). Bürger, Okulist, Schnitt- und Wundarzt zu Dresden und sein Werk „Ophthalmodouleia das ist Augendienst“. Edition »libri rari« Th. Schäfer, Hannover 1983, ISBN 3-88746-071-5.

Kunstbuch

  • Otto Mankiewicz: Kunstbuch, „derinnen ist der gantze gründliche volkommene rechte gewisse bericht und erweisung unnd Lehr des Hartenn Beissenden Schmertzhafftigem Peinlichen Blasenn Steines. Verfasset unnd beschrieben Durch Georgium Bartisch vonn Koenigsbrück. Im Altenn Dreßden 1575“. Berlin 1904.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Holger G. Dietrich, Hermann Hausmann, Jürgen Konert: Georg Bartisch (1535–1606) – Kurfürstlich sächsischer Schnitt- und Wundarzt in der Zeit der Renaissance. In: Dirk Schultheiss, Friedrich H. Moll (Hrsg.): Die Geschichte der Urologie in Dresden. Springer, Heidelberg 2009, S. 1–12, hier: S. 11.
  2. Eugen Holländer: Marktschreizeittel von Georg Bartisch. Reklame durch die Kanzel. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band 42, 1917, S. 1369 f.
  3. Richard Toellner: Georg Bartisch (1535–1606). Bürger, Okulist, Schnitt- und Wundarzt zu Dresden und sein Werk „Ophthalmodouleia das ist Augendienst“. Beiheft zu: Richard Toellner (Hrsg.): Georg Bartisch von Königsbrück, Augendienst. Nachdruck der ersten deutschsprachigen umfassenden Augenheilkunde aus dem Jahr 1583. Edition »libri rari« Th. Schäfer, Hannover 1983, ISBN 3-88746-071-5, S. 3.
  4. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 23.
  5. Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildung und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 136.
  6. Richard Toellner: Georg Bartisch von Königsbrück, Augendienst. Nachdruck der ersten deutschsprachigen umfassenden Augenheilkunde aus dem Jahr 1583 mit Begleitheft Georg Bartisch (1535–1606). Bürger, Okulist, Schnitt- und Wundarzt zu Dresden und sein Werk „Ophthalmodouleia das ist Augendienst“. Edition »libri rari« Th. Schäfer, Hannover 1983, ISBN 3-88746-071-5.
  7. Wolfgang Straub: The first german textbook of ophthalmology „Augendienst“ by G(eorge) Bartisch, 1583. In: Documenta Ophthalmologia. Band 68, 1988, S. 105–114.
  8. C. Heinrich: Die Lehre vom Star bei Georg Bartisch (1535–1606). Jena 1916 (= Jenaer med.-hist. Beiträge. Heft 6).
  9. Richard Toellner (1983), S. 5.
  10. G. K. Nagler: Der Monogrammist HH. In: Die Monogrammisten […]. Band 3, München 1863, S. 373 f.
  11. Richard Toellner (1983), S. 8 f.
  12. Holger G. Dietrich, Hermann Hausmann, Jürgen Konert: Georg Bartisch (1535–1606) – Kurfürstlich sächsischer Schnitt- und Wundarzt in der Zeit der Renaissance. In: Dirk Schultheiss, Friedrich H. Moll (Hrsg.): Die Geschichte der Urologie in Dresden. Springer, Heidelberg 2009, S. 1–12.
  13. Otto Mankiewicz: Kunstbuch, „derinnen ist der gantze gründliche volkommene rechte gewisse bericht und erweisung unnd Lehr des Hartenn Beissenden Schmertzhafftigem Peinlichen Blasenn Steines. Verfasset unnd beschrieben Durch Georgium Bartisch vonn Koenigsbrück. Im Altenn Dreßden 1575“. Berlin 1904.
  14. Hermann Cohn: Georg Bartisch, ein Starstecher des Mittelalters. In: Deutsche Revue. Band 18, Nr. 3, 1893, S. 214 ff.
  15. Jacques Guillemeau: Traté des maladies de l’œil, qui sont en nombre de cent treize, auquelles suiect. Paris 1585.
  16. Otto Mankiewicz. Kunstbuch derinnen ist der gantze gründliche volkommene rechte gewisse bericht und erweisung unnd Lehr des Hartenn Reissenden Schmertz hafftigenn Peinlichen Blasenn Steins verfasset unnd beschriebenn durch Georgium Bartisch vonn Königsbrück. Im Altennn Dreßden. 1575. Oskar Coblentz, Berlin 1904 (Digitalisat)
  17. Eduard Zeiss: Einige biographische Nachrichten über Georg Bartisch und seinen Sohn und Nachfolger Tobias Bartisch. In: Deutsche Klinik. 1866, Nr. 29 und 30.
  18. eigentlich „Augendienerei“.