In der Geometrie wurde der Begriff Geometrisch endliche Gruppe ursprünglich in der 2- und 3- dimensionalen hyperbolischen Geometrie verwendet als Bezeichnung für diskrete Gruppen von Isometrien, die einen konvexen Polyeder mit endlich vielen Seiten als Fundamentalbereich besitzen. In der höher-dimensionalen hyperbolischen Geometrie werden allgemeinere Definitionen verwendet, die im Fall von Isometriegruppen des 2- oder 3-dimensionalen Raumes zur ursprünglichen Definition äquivalent, in höheren Dimensionen aber allgemeiner sind.

Jede endlich erzeugte diskrete Gruppe von Isometrien der hyperbolischen Ebene ist geometrisch endlich. In höheren Dimensionen sind Gitter und konvex-kokompakte Gruppen Beispiele geometrisch endlicher Gruppen.

Isometriegruppen des 3-dimensionalen hyperbolischen Raumes (Kleinsche Gruppen) Bearbeiten

Eine Kleinsche Gruppe heißt geometrisch endlich, wenn sie eine der folgenden äquivalenten[1] Bedingungen erfüllt.

  • Für jedes   hat die  -Umgebung des konvexen Kerns endliches Volumen.
  • Für ein   hat die  -Umgebung des konvexen Kerns endliches Volumen.
  • Der dicke Teil des konvexen Kerns ist kompakt.
  • Für hinreichend kleine   ist das Komplement des  -kuspidalen Teils im konvexen Kern kompakt.
  • Jeder Punkt der Limesmenge ist ein konischer Grenzpunkt oder ein beschränkter parabolischer Fixpunkt.
  • Jeder Punkt der Limesmenge ist ein horosphärischer Grenzpunkt oder ein beschränkter parabolischer Fixpunkt.
  • Jedes Dirichlet-Polyeder ist endlich.
  • Es gibt ein endliches Dirichlet-Polyeder.
  • Die Kleinsche Mannigfaltigkeit   ist die Vereinigung eines kompakten Unterraums mit einer endlichen Menge von Standard-Spitzen.

Geometrisch endliche hyperbolische Metriken auf einer gegebenen 3-Mannigfaltigkeit werden durch ihre konformen Ränder (d. h. die Quotienten der Diskontinuitätsbereiche in der Sphäre im Unendlichen) eindeutig bestimmt.[2]

Isometriegruppen höher-dimensionaler hyperbolischer Räume und von Hadamard-Mannigfaltigkeiten Bearbeiten

Allgemeiner heißt eine diskrete Gruppe von Isometrien einer Hadamard-Mannigfaltigkeit   geometrisch endlich, wenn sie eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt.[3]

  •   ist die Vereinigung eines kompakten Unterraums mit einer endlichen Menge von Standard-Spitzen.[4]
  • Jeder Punkt der Limesmenge ist ein konischer Limespunkt oder ein beschränkter parabolischer Fixpunkt.
  • Der dicke Teil des konvexen Kerns ist kompakt.
  • Es gibt eine obere Schranke für die Ordnung endlicher Untergruppen und für ein   hat die  -Umgebung des konvexen Kerns endliches Volumen.

Für   ist jede endlich erzeugte diskrete Gruppe von Isometrien der hyperbolischen Ebene geometrisch endlich und hat einen endlichen Fundamentalpolyeder, d. h. einen (nicht notwendig kompakten) Fundamentalbereich, der ein Polyeder mit endlich vielen Seiten ist.[5]

Für   muss eine geometrisch endliche Gruppe   nicht notwendig ein endliches Fundamentalpolyeder besitzen. Zum Beispiel gibt es geometrisch endliche Gruppen mit unendlich vielen Spitzen.[6]

Hyperbolische Gruppen und Konvergenzgruppen Bearbeiten

Für eine auf einem kompakten, metrischen Raum   wirkende Konvergenzgruppe   definiert man geometrische Endlichkeit wie folgt: Jeder Punkt aus   ist ein konischer Limespunkt oder ein beschränkter parabolischer Fixpunkt. Hierbei sind die Begriffe „konischer Limespunkt“ und „beschränkter parabolischer Fixpunkt“ intrinsisch definiert. Ein konischer Limespunkt ist ein Punkt  , zu dem es eine Folge unterschiedlicher Elemente   und Punkte   gibt mit   und   konvergiert gleichmäßig auf Kompakta gegen die Abbildung, die konstant   ist. Ein beschränkter parabolischer Fixpunkt ist ein Punkt  , dessen Stabilisator parabolisch ist (d. h. unendlich, lässt einen Punkt von   fest und enthält keine loxodromischen Elemente) und für den der Quotient   kompakt ist.

Diese Definition kann insbesondere auf hyperbolische Gruppen angewandt werden, denn diese wirken als Konvergenzgruppen auf ihrem Rand im Unendlichen.

Beispiele geometrisch endlicher Kleinscher Gruppen Bearbeiten

Konformer Rand Bearbeiten

Der Isomorphismussatz von Marden reduziert die Untersuchung des Modulraums geometrisch endlicher hyperbolischer Metriken auf einer 3-Mannigfaltigkeit   mit inkompressiblem Rand   auf die Untersuchung des Modulraums konformer Strukturen auf  . (Jeder geometrisch endlichen Gruppe   entspricht die Riemannsche Fläche  , wobei   der Diskontinuitãtsbereich ist. Dies verallgemeinert den Uniformisierungssatz von Bers für quasifuchssche Gruppen.)

Die einer geometrisch endlichen Gruppe   entsprechende Riemannsche Fläche   wird als ihr konformer Rand bezeichnet.

Literatur Bearbeiten

  • Matsuzaki, Katsuhiko; Taniguchi, Masahiko: Hyperbolic manifolds and Kleinian groups. Oxford Mathematical Monographs. Oxford Science Publications. The Clarendon Press, Oxford University Press, New York, 1998. ISBN 0-19-850062-9
  • Bowditch, B. H.: Geometrical finiteness for hyperbolic groups. J. Funct. Anal. 113 (1993), no. 2, 245–317.
  • Bowditch, B. H.: Geometrical finiteness with variable negative curvature. Duke Math. J. 77 (1995), no. 1, 229–274.
  • Bowditch, B. H.: Relatively hyperbolic groups. Internat. J. Algebra Comput. 22 (2012), no. 3, 1250016, 66 pp.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Für den Beweis der Äquivalenz siehe Theorem 3.7 in Matsuzaki-Taniguchi (op.cit.).
  2. Lipman Bers: Uniformization, moduli, and Kleinian groups. Bull. London Math. Soc. 4 (1972), 257–300.
  3. Für den Beweis der Äquivalenz siehe Bowditch (1993).
  4.   bezeichnet den Diskontinuitätsbereich von  .
  5. Greenberg, Leon: Fundamental polygons for Fuchsian groups. J. Analyse Math. 18 1967 99–105
  6. M. Kapovich, L. Potyagailo: On the absence of Ahlfors‘ finiteness theorem for Kleinian in dimension three, Top. Appl. 40, 83–91, 1991.