Gaubschat Fahrzeugwerke

Ehemaliger deutscher Autobushersteller

Die Gaubschat Fahrzeugwerke GmbH wurde 1904 in Rixdorf (ab 1912: Neukölln) von Fritz Gaubschat gegründet. Das Unternehmen an der Karl-Marx-Straße 269–273[1] war vor allem für die Produktion von Omnibuszügen bekannt.

Gaubschat Fahrzeugwerke
Rechtsform GmbH
Gründung 1904
Auflösung 1975
Auflösungsgrund Konkurs
Sitz Berlin-Neukölln
Branche Nutzfahrzeughersteller
Stand: 14. August 2017

Geschichte Bearbeiten

1904–1945 Bearbeiten

Nach seiner Gründung produzierte Gaubschat vornehmlich Pferdewagen und ab 1922 Omnibusaufbauten auf Fahrgestelle verschiedener Hersteller, unter anderem der Daimler-Motoren-Gesellschaft.[1] 1937 präsentierte das Unternehmen den ersten Omnibuszug. Dieses Fahrzeug bestand aus einem Omnibus und einem zwangsgelenkten Anhänger, der stets der Spur der Hinterachse des Busses folgte. Die Rechte für den Bau dieses Fahrzeugs erwarben die Gaubschat Fahrzeugwerke von einem italienischen Hersteller. Der Omnibuszug erhielt schnell den Namen „D-Zug der Landstraße“ und wurde zum wichtigsten Produkt von Gaubschat. Gaubschat belieferte unter anderem die Deutsche Reichsbahn mit diesen Omnibuszügen.[2] Das größte Modell war 22 m lang.

Zweiter Weltkrieg Bearbeiten

Während des Zweiten Weltkriegs erhielten die Gaubschat Fahrzeugwerke vermehrt Rüstungsaufträge. Unter anderem stellten sie Aufbauten für Gaswagen mit dicht schließender Flügeltür am Heck her, die anschließend in einer Werkstatt des Reichssicherheitshauptamtes für ihren Zweck umgerüstet wurden.[3] In diesen verharmlosend bezeichneten „Sonder-Fahrzeugen“ ermordeten Einheiten der SS eine unbekannte Anzahl Menschen, in drei Fahrzeugen ab Dezember 1941 allein 97.000 Juden.[4][5]

Gaubschat produzierte nicht nur auf dem eigentlichen Firmengelände (damals: Willi-Walter-Straße 32–38), vielmehr hatte die Firma Betriebsstätten auf dem ganzen Gebiet des Britzer Hafens,[6] in der Lahnstraße und hatte auch ein Holzwerk in der Kreuzberger Brandenburgstraße (heute: Lobeckstraße).[7] Die Firma setzte Kriegsgefangene ein, das Kriegsgefangenenlager befand sich westlich der „Blauen Brücke“ am Teltowkanal.[8] Außerdem beschäftigte Gaubschat ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und betrieb in Neukölln mindestens zwölf Zwangsarbeiterlager.[9] Im Sommer 1942 waren Dutzende sowjetischer Zwangsarbeiter der Firma schwerkrank und arbeitsunfähig, sodass sie in das „Rückkehrersammellager“ Blankenfelde-Nord kamen, wo das Arbeitsamt nicht mehr einsetzbare „Ostarbeiter“ für den Abtransport in den Osten sammelte.[10]

1946–1975 Bearbeiten

Nach dem Krieg wurden bei Gaubschat unter anderem Straßenbahnwagen repariert. Ab 1950 wurden in Neukölln wieder Omnibuszüge hergestellt. 1952/1953 bestellte die Deutsche Bundesbahn 100 Omnibuszüge. Bereits zu diesem Zeitpunkt war allerdings absehbar, dass das Geschäft mit den Omnibuszügen keine Zukunft haben würde. Deshalb stellte Gaubschat 1953 auf der IAA einen 17 m langen Gelenkbus vor. In den folgenden Jahren erweiterten die Gaubschat Fahrzeugwerke ihr Sortiment um zweiachsige Eindeck-Linienbusse und Doppeldeckerbusse. In den 1950er Jahren führte die enge Partnerschaft mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) zu einer zunehmenden Abhängigkeit von den Aufträgen der BVG. In den folgenden Jahren bekam Gaubschat immer weniger Aufträge, sodass 1975 nur noch 95 von ehemals 1000 Angestellten bei Gaubschat arbeiteten. 1975 starb Helmut Gaubschat, der Sohn des Firmengründers. Infolgedessen und wegen der schlechten finanziellen Lage musste das Unternehmen 1975 Konkurs anmelden.[1]

2019 Bearbeiten

Markeninhaber für die Traditionsmarke ist seit März 2019 das Verkehrsunternehmen Wartburgmobil.[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Gaubschat Fahrzeugwerke GmbH. In: omnibusarchiv.de. 10. Mai 2007, abgerufen am 15. September 2018.
  2. Thomas Nosske: Reichsbahn-Kraftomnibus-Verkehr. Abgerufen am 14. August 2017.
  3. Arolsen Archives: Gaswageneinsatz. Dokumentation aus der Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg, o. J., abgerufen am 13. August 2022.
  4. Benedikt Erenz: Mythos, Hitler, Spiel und Spaß. In: Die Zeit, 17. Juli 1987, online, abgerufen am 13. August 2022.
  5. Mathias Beer: Die Entwicklung der Gaswagen beim Mord an den Juden. In: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.): Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 35, Nr. 3, 1987, S. 403–417 (ifz-muenchen.de [PDF]).
  6. Landesarchiv Berlin, A Rep. 005-07, Nr. 941
  7. Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover, NDS 721 Hannover Acc. 97/99 Nr. 10, Strafsache gegen den ehemaligen SS-Sturmbannführer der Reserve der Waffen-SS Friedrich Pradel aus Barsinghausen, geb. am 16.4.1901, Harry Wentritt aus Selbitz, geb. am 5.10.1903, Walter Rauff u. a. wegen Beihilfe zum Mord
  8. Bernhard Bremberger: Gaubschat – Werners Skizzen und Notizen. In: Frieder Böhne, Bernhard Bremberger, Matthias Heisig (Hrsg.): „Da müsst ihr euch ’mal drum kümmern“. Werner Gutsche (1923–2012) und Neukölln. Spuren, Erinnerungen, Anregungen. Metropol, Berlin 2016, S. 228 f.
  9. Bernhard Bremberger: Mobile Gaskammern und Zwangsarbeit. Aus der Geschichte der Neuköllner Fahrzeugfirma Gaubschat. In: Bernhard Bremberger, Cord Pagenstecher, Gisela Wenzel (Hrsg.): Zwangsarbeit in Berlin. Archivrecherchen, Nachweissuche und Entschädigung. Metropol, Berlin 2008, S. 241–248.
  10. Bernhard Bremberger: Die Geschichte des Lagers Blankenfelde-Nord - ein Forschungsbericht zur aktuellen Quellenlage. In: Bernt Roder, Petra Zwaka (Hrsg.): Das ehemalige Zwangsarbeiterlager Blankenfelde-Nord. Historische Befunde * Spuren * Gedenkperspektiven. Dokumentation der Tagung am 6.+7. Sept. 2021. Wir machen Druck, Berlin 2023, S. 39 f. (berlin.de).
  11. Marken – Registerauskunft. DPMAregister, abgerufen am 26. August 2023.