Fayoum Light Railway

Eisenbahnstrecke in Ägypten

Die Fayoum Light Railways Company (FLR) wurde am 17. Februar 1899 von einer Gruppe von koptischen Investoren gegründet, um ein Netz von Schmalspurbahnen mit einer Spurweite von 750 mm in der Gegend um Fayoum in Ägypten zu bauen und zu betreiben.[3][4]

Fayoum Light Railway
Aktie der Fayoum Light Railways Company
vom 1. Oktober 1899[1]
Aktie der Fayoum Light Railways Company
vom 1. Oktober 1899[1]
Strecke der Fayoum Light Railway
Streckenverlauf der Fayoum Light Railway
im Baedeker von 1908[2]
Streckenlänge:168 km
Spurweite:750 mm (Schmalspur)
von Kairo (Normalspur)
0 Al-Fayyūm
nach Scheich Hassan
nach al-Rôda
1,6 Quhafa
4,0 Guinedi
5,5 Ruschdi
6,5 Chaled Bey
8,3 Hauwâret
11,0 Bahr-Seila
13,0 Dimischkine
15,0 Basch-Kateb
17,3 Al-Lahun
von Beni Suef (Normalspur)
0 Al-Fayyūm
nach Scheich Hassan
nach al-Lahun
4,3 Mandaret-al-Fayyūm
               
               
7,2 Al-Idwah
               
nach Kairo
10,1
0
Mittertaris
nach Tâmîja
3 Kafr Koleib
5 Sela
7 Sersina
10 Kafr Hassan
12 Forkos
1,5 Robijat
von Tâmîja
15 Al-Rôda
0 Al-Fayyūm
nach Scheich Hassan
nach Al-Lahun
4,3 Mandaret-al-Fayyūm
               
               
7,2 Al-Idwah
               
nach Kairo
10,1
0
Mittertaris
nach Kafr Koleib
13,1 Echssas
               
Normalspur von al-Fayyūm
               
5,3 Sinnûris
1,0 Guabala
16,1 Massaret-Duda
20,5 Kafr Mahfuz
26,9 Tâmîja
von Mittertaris
33,3 Al-Rôda
0 Al-Fayyūm
nach al-Rôda und al-Lahun
2,0 Scheich Hassan
nach al-‘Agamîyîn
nach Miniet-Heit
3,5 Itwan
5,0
0
Maghraby
1,5 Deir-al-Azzab
6,4 Azab
8,0 Naghib Bey
9,1 Kallahana
10,0 Rabia
11,5 Izbat Qalamshah
14,3 Ezbet Mattar
16,9 Qalamshah
0 Al-Fayyūm
nach al-Rôda und al-Lahun
2,0 Scheich Hassan
nach al-‘Agamîyîn
nach Qalamshah
3,0 Abgig
4,0 Barmaki
5,0 Massara
6,0 Sawafna
6,7 Difino
9,2 Etsa-Merkez
9,8 Etsa-Kom
11,8 Guaafra
14,5 Habat
16,1 Miniet-Heit nach Al-Schawâschna
18,7 Schidmuh
21,1 Abu Nur
25,4 Danial
29,7 Al-Gharaq al-Sultâni
von Al-Fayyūm
von Al-Gharaq al-Sultâni
0 Miniet-Heit
0,5 Al-Minya
3,6 Nawara
6,0 Abu Guandir
9,4 Al-Wanaissa
10,5 Mochtalata
13,1 Abu-Hamach
15,5 Al-Nazia
19,1 Kasr al-Guibali
20,5 Gebel Saad
Industrieanschluss
24,2 Al-Schawâschna
0 Al-Fayyūm
nach al-Rôda und al-Lahun
2,0
0
Scheich Hassan
nach Miniet-Heit und Qalamschah
2,2 Sufi
3,5 Abu Eche
4,5 Omar Bey
5,8 Ali Bey
8,4 Manchat-Halfa
9,3 Mutul
11,9 Hereit
13,2 Georges Eid
15,4 Guaradu
16,8
0
Tubhâr
4,5 NezlahWadi
20,6 Al-‘Agamîyîn
Dampflok Nr. 22 der FLR

Bau Bearbeiten

Der Bau der ersten Bahnstrecke begann 1898. Sie bediente ein künstlich bewässertes Gebiet im Fayyum-Becken südlich von Kairo. Die Eisenbahn hatte sieben, meist entlang von Straßen verlegte Stichstrecken mit einer Gesamtlänge von 168 km.[5]

Der britische Eisenbahningenieur Everard Calthrop diente als Berater bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb der Eisenbahn.[6]

Eröffnung der Strecken[7]
Jahr Strecke Anmerkung
1900 Al-Fayyūm – Al-Lahun
1900 Al-Fayyūm – Qalamschah Über Scheich Hassan
1900 Scheich Hassan – Al-Gharaq al-Sultâni Über Miniet-Heit
1901 Al-Fayyūm – Al-Rôda Strecke: Al-Fayyūm–Al-Rôda über Kafr Koleib
1902 Al-Fayyūm – Tâmîja Strecke: Al-Fayyūm–Al-Rôda über Tâmîja
1902 Miniet-Heit–Al-Schawâschna Miniet-Heit–Al Minya: 1900; Al Minya–Al Nazla: 1901; Al Nazla–Al-Schawâschna: 1902
1915 Scheich Hassan–Al-‘Agamîyîn Scheich Hassan–Tubhâr: 1900; Tubhâr–Al-‘Agamîyîn: 1915
1916 Tubhâr–Nezlah Wadi
1917 Tâmîja – Al-Rôda Strecke: Al-Fayyūm–Al-Rôda über Tâmîja

Betrieb Bearbeiten

 
Gedeckter Güterwagen Nr. 602 der FLR

Regelbetrieb Bearbeiten

Die Eisenbahn wurde vor allem für den Transport von Zuckerrohr und anderen landwirtschaftlichen Produkten genutzt,[8] bot aber für 0,55 Pence pro Meile auch Personentransport an.[9]

Im Jahr 1904 wurden 618.000 Fahrgäste und 145.000 Tonnen Güter transportiert.[10]

Es gab mindestens 17 Lokomotiven,[11] darunter auch eine 4-4-0T Dampflokomotive Nr. 8 und einen Schienenbus Nr. 509.[12] Die Wagen mit den Nummern 1543 und 1544 wurden von Drewry & Sons in Herne Hill (London) hergestellt.[13]

Der Regierungsinspekteur berichtete 1904 sehr nachteilhaft über die Fayoum Light Railways Company, die in den ersten fünf Jahren seit ihrer Gründung von S. Sandison de Bilinski geleitet wurden. Die Eisenbahn benötigte zu diesem Zeitpunkt wohl einen kompetenten Manager. Die Angestellten seien vollkommen aus dem Ruder gelaufen und die Verkehrs- und Lokomotivabteilungen seien sich selbst überlassen worden.[5]

1936 war die Gesellschaft im Besitz von 17 Lokomotiven, 2 Triebwagen, 52 Personenwagen und 248 Güterwagen.[14]

Fossilien Bearbeiten

 
Abtransport der Fossilien von Wal­ter Grangers Fayoum-Expedition, 1907

Der US-amerikanische Fossiliensammler und Wirbeltier-Paläontologe Walter Granger nutzte die Eisenbahn im April 1907 während einer vom American Museum of Natural History in New York organisierten Expedition ins Fayyum-Becken zum Abtransport der dort gefundenen Fayyum-Fossilien von Tamieh (Tamia) über Faoyum nach Kairo, von wo aus sie nach New York verschifft wurden.[15]

Sibakh Bearbeiten

 
Light railway bei Karanis im Fayyum-Becken, 1920er Jahre

Die Schmalspurbahn wurde in den 1920er Jahren vermutlich auch von einer Firma genutzt, die Anthrosol abbaute. Die lokal Sibakh genannte, fruchtbare Komposterde besteht aus verrotteten organischen Überresten des von den alten Ägyptern betriebenen Ackerbaus. Die mit dem Abbau beschäftigten Arbeiter fanden dabei wohlerhaltene Papyrusrollen, die an Sammler und Museen verkauft wurden. Das erregte die Aufmerksamkeit von Archäologen, die mit der italienischen Firma, die den Dünger abbaute, ein Abkommen schloss, laut dem die Archäologen genug Sibakh abbauen mussten, um die Firma und die Eisenbahn auszulasten, während sie von 1928 bis 1935 die Papyrusrollen im Rahmen von Notgrabungen bargen.[16][17]

Aktienmehrheitsübernahme und Fortbestehen Bearbeiten

 
Aktie der Anglo-Belgian Company of Egypt mit Darstellung eines Zuges vor einer Pyramide, 1906

Im Jahr 1906 ging die Aktienmehrheit mit 80 % der Aktien an die Anglo-Belgian Company of Egypt, die 1906 in London für diesen Zweck gegründet worden war. Sie besaß außerdem mehrere Grundstücke im Zentrum von Kairo, u. a. den Garten des Ghezireh Palace Hotels und Grundstücke des French Institutes. Erster Präsident der Gesellschaft war Baron Georges de Reuter, ein Verwandter von Paul Julius Freiherr von Reuter, dem Gründer der Nachrichtenagentur Reuters Telegraphic Co.[18] Laut Jahresbilanzen stieg der Wert des Grundbesitzes unter dem neuen Management von 185.972 £E im Jahr 1907, über 249.075 £E im Jahr 1910 auf 263.850 £E im Jahr 1914 an.[19] Der Umsatz stieg von 23.528 £E im Jahr 1904, über 24.650 £E im Jahr 1905, 25.573 £E im Jahr 1906, 27.013 £E im Jahr 1907 auf 27.032 £E im Jahr 1908, und sank dann auf 24.460 £E im Jahr 1909.[20]

Im Jahr 1939 erwarb Joseph Kfoury, der bereits einige Buslinien in der Fayoum-Provinz betrieb, einen erheblichen Anteil der Fayoum Light Railways Company, deren Hauptverwaltung im al-Immobilia Gebäude untergebracht war. Er wurde daraufhin zu deren Manager ernannt.[21]

 
1944 überstempelte Originalaktie von 1899

Einige Aktien wurden am 1. Mai 1944 mit einem Stempel versehen neu herausgegeben, was zeigt, dass das Eisenbahnunternehmen während des Zweiten Weltkrieges noch existierte, obwohl seit 1938 keine Fahrpläne für den Personenverkehr mehr herausgegeben wurden.[22][23]

In der Nachkriegszeit wurde der Betrieb eingestellt, obwohl die staatliche Konzession ursprünglich für 70 Jahre, d. h. bis zum 15. August 1972 erteilt worden war.[21][24] Die Bahngesellschaft wurde wohl um 1952 aufgegeben.

Weitere ägyptische Schmalspurbahnen Bearbeiten

Die Port Said Railway hatte ab 1891 eine ähnliche Konzession, diente aber vor allem dem Personenverkehr entlang des Suezkanals, während Güter mit Kanalbooten transportiert wurden. Als sie nach wenigen Jahren auf Normalspur umgespurt wurde, wurden ihre Schmalspurlokomotiven an die Egyptian Delta Light Railways verkauft.

Der belgische Baron Édouard Empain gründete zusammen mit belgischen Investoren 1896 in Unterägypten die Chemins de Fer de la Basse-Egypte als Aktiengesellschaft.[25][26] Im darauffolgenden Jahr gründete er zusammen mit französischen Investoren 1897 die ostägyptische Wirtschaftsbahn­gesellschaft Compagnie des chemins économiques de l’Est égyptien.[25]

Die Egyptian Salt and Soda Company Railway wurde vor allem für den Transport von Mineralien für die Seifenherstellung genutzt. Die Western Oasis Lines und die Baharia Military Railway dienten der Erschließung zweier Oasen.

Literatur Bearbeiten

  • Neil Robinson: World Rail Atlas and historical summary. Vol. 7: North, East and Central Africa. World Rail Atlas Ltd., 2009. ISBN 978-954-92184-3-5, S. 32–33, Karten 26.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Streckenbänder nach Robinson, Taf. 26.
  2. Vincent L. Morgan und Spencer G. Lucas: Notes From Diary - Fayum Trip, 1907. New Mexico Museum of Natural History, 2002.
  3. Marilyn Booth und Gorman Anthony: The Long 1890s in Egypt: Colonial Quiescence, Subterranean Resistance. Edinburgh University Press, 2014. Seite 84.
  4. Samir Saul: La France et l'Égypte de 1882 à 1914: Intérêts économiques et implications politiques. Institut de la gestion publique et du développement économique, 2013.
  5. a b London Standard Newspaper Archives of March 20, 1906 - Page 1.
  6. Gratton, Robert, 2005,The Leek & Manifold Valley Light Railway, RCL Publications.
  7. Angaben nach Robinson, S. 32f.
  8. R. Neil Hewison: The Fayoum: History and Guide. American University in Cairo Press, 2008. Seite 26.
  9. A. J. Cotterill: Report on Agricultural Lines, in Public Works Ministry, Report Upon the Administration of the Public Works Department in Egypt for 1900.
  10. London Standard Newspaper Archives of March 20, 1906. Seite 1.
  11. Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte: Spurweiten 750 bis 799 mm.
  12. Garry Goldfinch: Steel in the Sand.
  13. Charles Stewart Drewry (1843 - 1929)
  14. World Survey of Foreign Railways. Transportation Division, Bureau of foreign and domestic commerce, Washington D.C., 1936, S. 153 (englisch, Google Books).
  15. Walter Granger's 1907 Fayoum Expedition Dairy. Part III.
  16. Jimmy Dunn: Karanis in the Fayoum of Egypt.
  17. Paola Davoli: The Archaeology of the Fayum. Seite 158.
  18. Gutoski: 44. Auktion am 12. Juli 2010.
  19. Martin Bunton: Colonialism and the Modern World. Routledge, 2016.
  20. Mina Gerges Matta: The cultural struggle and the British experience in Egypt as a turning point of Egypt’s transformation: A cosmopolitan study of the British perspective in Egypt 1882-1914. 9. Dezember 2012.
  21. a b Ola R. Seif: Winter destination series 4: Fayoum, The City of the Crocodile. 11. Februar 2015.
  22. Historische Aktie der Fayoum Light Railways Company, ausgeben am 1. Oktober 1899 und am 1. Mai 1944 bestempelt.
  23. Jim Fergusson: Liste der Bahnstationen
  24. O.S's stock certificate collection. (Memento des Originals vom 8. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rawicollectors.com 20. November 2013.
  25. a b Samir Saul: La France et l'Égypte de 1882 à 1914: Intérêts économiques et implications politiques. Institut de la gestion publique et du développement économique, 2013, ISBN 978-2-8218-2862-9, S. 318 ff.
  26. Agnieszka Dobrowolska und Jarosław Dobrowolski: Heliopolis: Rebirth of the City of the Sun. American Univ. in Cairo Press, 2006. Seite 41.

Koordinaten: 29° 18′ N, 30° 50′ O