Das Führerpaket (auch: „Führergeschenk für Fronturlauber“) war ein Lebensmittelpaket, das im Zweiten Weltkrieg deutsche Wehrmachtssoldaten (und weiteres militärisches Personal, z. B. Ärzte, Sanitäter und Krankenschwestern) von 1942 bis 1944 einmal jährlich erhielten, sobald sie, von der Front kommend, auf Heimaturlaub die Reichsgrenze überquerten.

Das Geschenkpaket war als Erkenntlichkeit des Oberbefehlshabers der Wehrmacht, des „Führers“ Adolf Hitler, für den Kriegseinsatz der deutschen Soldaten gedacht und sollte ausdrücklich auch ihren Angehörigen zugutekommen.[1] Es enthielt Lebens- und Genussmittel; in der Regel Dauerwurst oder getrockneten Schinken, Butter, Öl, Käse, Mehl oder Speisestärke, Konserven, Zucker, Schokolade oder Kakao[2] sowie eine vorgedruckte Karte, in die der Reichsadler eingeprägt war und die den Aufdruck: „Ein kleiner Dank des Führers an seine Soldaten“ trug.[3]

Die Übergabe des Führer-Paketes an die Fronturlauber wurde bei Übertritt über die Reichsgrenze in deren Soldbuch oder Ausweis vermerkt.[4] In manchen Fällen, zum Beispiel bei Verwundeten, bestand das Führergeschenk nicht aus Naturalien, sondern aus den entsprechenden Lebensmittel-Bezugsmarken und einem Beschaffungsgeld von zehn Reichsmark in bar.[5]

Eingeführt wurde die Führerpaket-Aktion im Oktober 1942.[6] Sie unterstand der Leitung des Reichskommissars für die Ukraine, Erich Koch, und seines Vertrauten, des Landesdirektors im ukrainischen Rovno, Kurt Knuth alias Kurt Quedenfeld. Die Verwaltungsstelle für die Führerpakete befand sich im ostpreußischen Königsberg in der Kaiserstr. 50 – Erich Koch war zugleich Gauleiter der NSDAP in Ostpreußen, Kurt Knuth war Kreisleiter der NSDAP in Heiligenbeil, Osterode und Angerburg in Ostpreußen.

Ab 15. Oktober 1943 erhielten die Angehörigen aller Wehrmachtsteile und der Waffen-SS sowie die Angehörigen der im Rahmen der Wehrmacht eingesetzten verschiedenen Organisationen der deutschen Ostfront, aus Italien, Griechenland, Serbien, Kroatien und Norwegen sowie alle zum Kampf eingesetzten U-Boot-Besatzungen und das zum Kampf eingesetzte fliegende Personal der Luftwaffe, die als Verwundete, Kranke oder als Urlauber in die Heimat kommen und einen entsprechenden Berechtigungsvermerk in ihren Papieren hatten, wieder ein „Führergeschenk“ in Gestalt eines Lebensmittelpaketes oder eine entsprechende Sonderlebensmittelkarte in Verbindung mit einem Geldbetrag von zehn Reichsmark (RM).[7]

Durch die Ausgabe dieses „Führergeschenks“ sollte „in der Heimat“ der Eindruck erweckt werden, dass es den deutschen Soldaten an der Front an nichts mangele. Durch die Lebensmittelpakete erhielten Millionen deutscher Soldaten die Möglichkeit, die Verpflegung ihrer Familien durch Lebensmittel aus den Besatzungsgebieten, in denen vielfach Hunger herrschte, zu verbessern.

Die Lebensmittel, die in den Führerpaketen verteilt wurden, wurden zum Teil in der deutsch besetzten Ukraine requiriert, also der einheimischen Bevölkerung geraubt.[8] Die insgesamt etwa vier Millionen „Führerpakete“ wurden im ukrainischen Rowno und im ostpreußischen Königsberg gepackt.[9]

Im Jahr 1944 wurden die Führerpakete – unter anderem wegen Platzmangels in den Eisenbahn-Waggons – generell durch Sonder-Lebensmittelkarten ersetzt, die „in der Heimat“ an die Fronturlauber ausgegeben wurden.[10] Den Sonderlebensmittelkarten „Führerpaket für Osturlauber“ lag ein standardisiertes Anschreiben mit der blauen Siegel-Oblate des „Reichskommissars für die Ukraine“ und der faksimilierten Unterschrift von Erich Koch bei.

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Christian Packheiser, „Heimaturlaub: Soldaten zwischen Front, Familie und NS-Regime“, Wallstein-Verlag, 2020, Fn. 798 auf S. 262, https://books.google.de/books?id=KpLaDwAAQBAJ&pg=PA262&lpg=PA262
  2. so Imke Wendt, „Im Osten Krieg - im Westen „Badebetrieb und Winterschlaf“?“ Band 3/3: „Der Zweite Weltkrieg an der Ost- und der Westfront aus Sicht ehemaliger Wehrmachtsangehöriger“, BoD – Books on Demand, 3. August 2016, S. 1220; https://books.google.de/books?id=hJzNDAAAQBAJ . Laut Christian Packheiser, „Heimaturlaub: Soldaten zwischen Front, Familie und NS-Regime“, Wallstein-Verlag, 2020, Fn. 798 auf S. 262, https://books.google.de/books?id=KpLaDwAAQBAJ&pg=PA262&lpg=PA262 : „Das Führerpaket für Fronturlauber enthielt Berechtigungsscheine über 5 kg Weizenmehl, 2 kg Nährmittel oder Hülsenfrüchte, 1 kg Zucker, 1 1/2 kg Marmelade, 1/2 kg Butter oder Margarine…“. Siehe auch: E.N., „Das Führerpaket wird gepackt“, Deutsche Ukraine-Zeitung, Mi., 10. Oktober 1943, S. 3, https://libraria.ua/en/numbers/875/32201/?PageNumber=3&ArticleId=1410702&Search=F%C3%BChrerpaket : „Fünf Kilo Mehl, ein Kilo Zucker, ein Kilo Grieß, ein Kilo Hirse, ein Kilo Erbsen und ein Kilo Öl sind in der reichlichen Spende enthalten, die zu einem handlichen Paket verschnürt ist.“
  3. s. z. B. die Abbildung unter: https://auktionen.felzmann.de/img/lose/168/05896q000.JPG
  4. „Wieder Führerpaket für Fronturlauber – Ausgabe von Lebensmittelpaketen oder Sonderlebensmittelkarten“, in: Deutsche Ukraine-Zeitung, 15. Oktober 1943, S. 1, https://libraria.ua/en/numbers/875/32162/?PageNumber=1&ArticleId=1408639&Search=F%C3%BChrerpaket
  5. „Wieder Führerpaket für Fronturlauber – Ausgabe von Lebensmittelpaketen oder Sonderlebensmittelkarten“, in: Deutsche Ukraine-Zeitung, 15. Oktober 1943, S. 1, https://libraria.ua/en/numbers/875/32162/?PageNumber=1&ArticleId=1408639&Search=F%C3%BChrerpaket
  6. Chronik.net, Was geschah im Oktober 1942?, Sonntag, 4. Oktober 1942, https://chroniknet.de/extra/ereignisse/oktober-1942/: „In einer Rede aus Anlass des Erntedankfestes kündigt der Beauftragte für den Vierjahresplan, Hermann Göring, an, dass künftig jeder deutsche Wehrmachtsurlauber bei Überschreiten der deutschen Grenze ein »Führerpaket« mit Lebensmitteln erhalten werde.“
  7. „Wieder Führerpaket für Fronturlauber – Ausgabe von Lebensmittelpaketen oder Sonderlebensmittelkarten“, in: Deutsche Ukraine-Zeitung Nr. 242 vom 15. Oktober 1943, S. 1, https://libraria.ua/en/numbers/875/32162/?PageNumber=1&ArticleId=1408639&Search=F%C3%BChrerpaket
  8. Leserbrief von Herrn H. S. aus Stuttgart, in: Ostpreußen-Warte, Folge 03 vom März 1954, S. 2, https://list.genealogy.net/mm/archiv/ow-preussen-l/2016-02/2016-02f.html : „Im Kriege trieb Knuth in der Ukraine sein Unwesen. Dort beutete er die Bevölkerung aus. Ganze Güterzüge rollten durch seine Erpressungsmethoden nach Ostpreußen und ins Reich. Die sogenannte »Führerpaketaktion« – bestehend aus beschlagnahmten Gütern der ukrainischen Bevölkerung – war seine Idee.“. Siehe auch: Erich Koch, „An alle Deutschen in der Ukraine“, in: Deutsche Ukraine-Zeitung, Nr. 3, 5. Januar 1943, S. 3; https://libraria.ua/en/numbers/875/32218/?PageNumber=3&ArticleId=1411590&Search=F%C3%BChrerpaket : „…wußte die Kriegführung eines Adolf Hitler […] mit der Ukraine durchaus etwas anzufangen. Unsere Soldaten haben ihr Blut in diesem Lande nicht vergossen irgendwelcher Menschheitsbeglückungsideen willen, sondern um die hier lagernden Reichtümer für Front und Heimat […] nutzbar zu machen. Die vom Führer in diesem Lande eingesetzte zivile Verwaltung kennt nur ein großes Ziel: dem Frontheer zu beschaffen, was es braucht und der Heimat die zusätzlichen Mengen an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und an Arbeitskräften zur Verfügung zu stellen, auf die das deutsche Volk ein Anrecht hat und die für die Erringung des Endsieges notwendig sind. Mit dieser Zielsetzung ist im vergangenen Jahr im Reichskommissariat Ukraine gearbeitet worden. Genaue Zahlen anzugeben, verbietet noch das Interesse der Kriegführung. So viel aber kann gesagt werden, daß die letzte Erhöhung der Rationen im Reich, die Sonderzuteilungen zu Weihnachten und vor allem die Führerpakete an Fronturlauber ohne die Beiträge der Ukraine kaum in diesem Maße möglich gewesen wären. In diesen Tagen rollt der viertausendste Lebensmittelzug über die Grenzen des Reiches, und fast 710 000 Arbeiter wurden in der Ukraine freigemacht, um in der deutschen Rüstungsindustrie und Landwirtschaft die für den Wehrdienst notwendigen Arbeitskräfte zu ersetzen. Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können…“
  9. „Eine Berichtigung von Knuth. Süßmostereibesitzer und Likörfabrikant Kurt Knuth in Riemsloh, Kreis Melle, schickt uns zu dem Artikel »Der Fall Knuth«, der in Folge 3 des Ostpreußenblattes vom 16. Januar 1954 auf den Seiten drei und vier veröffentlicht worden ist, die folgende Berichtigung“, in: Das Ostpreußenblatt, 5. Jahrgang, Folge 5, 30. Januar 1954, Seite 3/4, https://archiv.preussische-allgemeine.de/1954/1954_01_30_05.pdf
  10. Markus Krammer, Erinnerungen: „Totenglocke für das Ewige Dritte Reich“ (Teil 4), in: Stadt Ebersberg (Hrsg.), Stadtmagazin, Februar 2018, S. 22, https://www.ebersberg.de/fileadmin/ebersberg/Rathaus_Service/Stadtmagazin/2018/Stadtmagazin_Februar_2018.pdf