Dobrowolsk (russisch Добровольск, deutsch Pillkallen, 1938–1945 Schloßberg, litauisch Pilkalnis, polnisch Pilkały) ist eine Ortschaft im Rajon Krasnosnamensk in der russischen Oblast Kaliningrad. Die Siedlung gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Munizipalkreis Krasnosnamensk. Bis 1945 war sie die Kreisstadt des ostpreußischen Kreises Pillkallen (von 1939 bis 1945 Kreis Schloßberg).

Siedlung
Dobrowolsk
Pillkallen (Schloßberg)

Добровольск
Flagge Wappen
Flagge
Wappen
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Krasnosnamensk
Erste Erwähnung 1510
Frühere Namen Schlosbergk (1516),
Pikaln (nach 1545),
Pillkallen (bis 1938),
Schloßberg (1938–1946)
Siedlung seit 1947
Bevölkerung 1412 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Höhe des Zentrums 70 m
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40164
Postleitzahl 238743
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 218 000 009
Geographische Lage
Koordinaten 54° 46′ N, 22° 31′ OKoordinaten: 54° 46′ 0″ N, 22° 31′ 0″ O
Dobrowolsk (Europäisches Russland)
Dobrowolsk (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Dobrowolsk (Oblast Kaliningrad)
Dobrowolsk (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Geographische Lage Bearbeiten

Die Ortschaft liegt im Osten der historischen Region Ostpreußen, etwa 45 Kilometer nordöstlich von Insterburg (Tschernjachowsk), 55 Kilometer südöstlich von Tilsit (Sowetsk) und 125 Kilometer östlich von Königsberg i. Pr. (Kaliningrad). Bis zur Grenze nach Litauen zur Ortsstelle des untergegangenen Ortes Kutusowo (Schirwindt) sind es 23 Kilometer. Die beiden Nachbarstädte Gumbinnen (Gussew) und Stallupönen (1938 bis 1946 Ebenrode, russisch Nesterow) sind 30 bzw. 15 Kilometer entfernt.

Geschichte Bearbeiten

Frühe Neuzeit und 19. Jahrhundert Bearbeiten

Der ältere Name Schlosbergk (erstmals am 14. September 1516 im Hausbuch von Ragnit urkundlich erwähnt) weist auf eine prußische Fliehburg. Später hieß die Erhebung Mühlenberg. Der Name Pillkallen (1545 anlässlich eines Erbschaftsstreits erwähnt) lässt auf spätere litauische Siedler schließen (litauisch pilkalnis: aufgeschütteter Hügel, Grabhügel, Hünengrab, Schloss- oder Burgberg; dagegen prußisch pilgarbis). Seit 1549 war Pillkallen ein Kirchdorf im vorherigen Marktflecken.

Friedrich Wilhelm I. (Preußen) gab Pillkallen und Gumbinnen im Jahre 1725 Stadtrechte. Die Pest 1709 bis 1711 brachte große Verluste. Danach kamen Neusiedler aus Nassau. 1756 weihte man eine aus Feldsteinen gebaute evangelisch-reformierte Pfarrkirche ein, die jedoch 1819 einging.

Ab 1818 war Pillkallen eine Kreisstadt im Regierungsbezirk Gumbinnen.

1848 wurde die Schützengilde als erster Verein in Pillkallen gegründet, deren Traditionen nach 1945 vom Schützenkorps Winsen (Luhe) fortgeführt werden.[2]

20. Jahrhundert Bearbeiten

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Pillkallen eine evangelische Kirche, eine Präparandenanstalt, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, eine Eisengießerei, Maschinenfabrikation und eine Ziegelei.[3] Pillkallen, wie auch Gumbinnen, wurde 1914 von den Russen fast völlig zerstört. Die Partnerstadt Breslau half beim Wiederaufbau. 1939 hatte die Stadt 5833 Einwohner.

 
Bankgebäude der Ostpreußischen Landschaft in Pillkallen (1914)
 
Luftbild von Pillkallen um 1930
 
Schirwindter Straße in Pillkallen um 1930
 
Russisches Denkmal am einstigen Standort der Pillkaller Kirche
 
Restbebauung des Marktplatzes (2005)

Am 15. Januar 1945 besetzte die Rote Armee im Zuge des Zweiten Weltkriegs Schloßberg. Während der vorangegangenen Kämpfe war die Stadt schwer zerstört worden. Von der Kirche standen nur noch die Seitenwände und die Grundmauern des Turms. Im Sommer 1945 wurde Schloßberg gemäß dem Potsdamer Abkommen vorläufig unter sowjetische Verwaltung gestellt.

Im Jahr 1947 wurde von der sowjetischen Verwaltungsbehörde für das vormalige Pillkallen die Ortsbezeichnung Dobrowolsk eingeführt,[4] und die Stadtrechte wurden entzogen. Die Funktion eines regionalen Zentrums ging an das nahe gelegene Krasnosnamensk (früher Lasdehnen und Haselberg) über. Dobrowolsk wurde zunächst Sitz eines Dorfsowjets bzw. Dorfbezirks und im Jahr 2008 Sitz einer Landgemeinde mit 1400 Einwohnern. Von 2016 bis 2021 gehörte der Ort zum Stadtkreis Krasnosnamensk und seither zum Munizipalkreis Krasnosnamensk. Der Ort und die Umgebung sind immer noch weitgehend zerstört. Die einstige Stadtstruktur lässt sich nur noch erahnen.

1947 trafen sich auch mehr als 1200 Schloßberger in Hamburg und gründeten die noch heute bestehende „Kreisgemeinschaft“ Schloßberg.[5]

Liste der Bürgermeister und Stadtrichter von 1725 bis 1945 Bearbeiten

Seit der Verleihung der Stadtrechte an Pillkallen amtierten die folgenden Personen als Stadtrichter (bis 1808) bzw. Bürgermeister:[6]

Amtszeit Name
1725–1753 Christian Sturm
1753–1758 Joachim von Plehwe
1758–1765 Friedrich Sturm
1765–1777 Gottlieb Sturm
1777–1793 Karl Gottlieb Lengnick
1793–1807 Christian Friedrich Sturm
1807–1818 Luckenbach
1818–1857 Ferdinand Luckenbach (anscheinend Sohn des Vorgängers)
1857–1869 Christoph Schneidereiter
1869–1875 Otto Krause
1875–1898 Heinrich Bohland
1898–1900 Emil Rentel
1900–1919 Adolf Partikel
1919–1931 Wilhelm Henniges
1932–1945 Franz Mietzner

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1772 1230 ohne die Garnison (eine Schwadron Husaren)[7]
1802 1290 [8]
1810 1142 [8]
1816 1057 davon 1035 Evangelische und 22 Katholiken (keine Juden)[8]
1821 1374 in 109 Privatwohnhäusern[8]
1875 2386 [9]
1890 2869 davon acht Katholiken und 34 Juden[9]
1905 4290 davon 23 Katholiken[3]
1910 4347 [9]
1933 5005 [9]
1939 5833 [9]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs
Jahr 1984[10] 2002 2010 2021
Anzahl Einwohner ~ 1400 1555 1693 1412

Verkehr Bearbeiten

Die Ortschaft liegt im Kreuzungsbereich der drei russischen Regionalstraßen R 508, R 509 und R 510.

1894 erhielt die Stadt Anschluss an die Bahnstrecke Tilsit–Stallupönen, die nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst für den Personenverkehr, dann auch für den Güterverkehr geschlossen und nicht mehr in Betrieb genommen wurde. Von Pillkallen aus gab es von 1901 bis 1945 außerdem Bahnverbindungen über Grumbkowkeiten (1938 bis 1946: Grumbkowsfelde, heute russisch: Prawdino) bzw. Kiauschen (1938 bis 1946: Wetterau) nach Lasdehnen (1938 bis 1946: Haselberg, russisch: Krasnosnamensk) und Schirwindt (Kutusowo) bzw. Doristhal (Rasino). Diese Strecken, betrieben von der Pillkaller Kleinbahn, wurden nicht reaktiviert.

Dobrowolski selski Sowet/okrug 1947–2008 Bearbeiten

Der Dorfsowjet Dobrowolski selski Sowet (russisch Добровольский сельский Совет) wurde im Juli 1947 eingerichtet.[4] Nach dem Zerfall der Sowjetunion bestand die Verwaltungseinheit als Dorfbezirk Dobrowolski selski okrug (russisch Добровольский сельский округ). Im Jahr 2008 wurden die verbliebenen Orte des Dorfbezirks mit zwei Ausnahmen in die neu gebildete Landgemeinde Dobrowolsk übernommen; die beiden Orte Saratowskoje und Schelannoje gelangten in die Landgemeinde Wesnowo.

Ortsname Name bis 1947/50 Bemerkungen
Bolotnikowo (Болотниково) Szameitkehmen/Schameitkehmen, 1938–1945: „Lindenhaus“ Der Ort wurde 1947 umbenannt.
Denissowo (Денисово) Duden, 1938–1945: „Dudenwalde“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und vor 1988 verlassen.
Dmitrowo (Дмитрово) Eymenischken-Wassaken, 1938–1945: „Stutbruch“ Der Ort wurde 1950 umbenannt und vor 1975 verlassen.
Dobrowolsk (Добровольск) Pillkallen, 1938–1945: „Schloßberg“ Verwaltungssitz
Drosdowo (Дроздово) Schwarballen, 1938–1945: „Grundweiler“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Wesnowski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.
Filatowo (Филатово) Stablaugken Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Wesnowski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Kustarnikowo (Кустарниково) Birkenfelde/Birkenhof Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Wesnowski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Kutusowo (Кутузово) Schirwindt Der Ort wurde 1947 umbenannt und zunächst in den Dorfsowjet Pobedinski eingeordnet. Im Jahr 1997 wurde er in den Dorfbezirk Dobrowolski aufgenommen.
Losowoje (Лозовое) Salten Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Lugowoje (Луговое) Blumenthal Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Tolstowski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Lukaschowka (Лукашовка) Schmilgen und Petereithelen [Gut], 1938–1945:zu Schleswighöfen“[11] Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Medwedkino (Медведкино) Mingstimmen, 1938–1945: „Wiesenbrück“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Wesnowski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Mirny (Мирный) Der etwas nördlich der ehemaligen Ortsstelle Szieden/Schieden neu entstandene Ort wurde 1997 in den Dorfbezirk Dobrowolski aufgenommen.
Nisowoje (Низовое) bei Schmilgen[12] Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.
Poscharskoje (Пожарское) Doblendszen/Doblendschen, 1938–1945: „Kayserswiesen“ Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.
Pskowskoje (Псковское) Petzingken, 1938–1945: „Hainort“ Der Ort wurde 1950 umbenannt.
Saltykowka (Салтыковка) Antmirehlen/Werben Der Ort wurde 1947 umbenannt und vor 1975 verlassen.
Saratowskoje (Саратовское) Groß Schorellen, 1938–1945: „Adlerswalde“, und Klein Schorellen[13] Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet.
Schanino (Шанино) Schackeln, 1938–1945: „Mittenbach“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Wesnowski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.
Schelannoje (Желанное) Henskischken, 1938–1945: „Hensken“ Der Ort wurde 1947 umbenannt.
Schelesnodoroschnoje (Железнодорожное) Karczarningken/Blumenfeld Der Ort wurde 1950 umbenannt.
Schtschedrino (Щедрино) Schaaren, 1938–1945: „Scharen“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und vor 1988 verlassen.
Sokol (Сокол) Kellmischkeiten, 1938–1945: „Stubbenheide“ Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.
Tretjakowo (Третьяково) Sodargen Der Ort wurde 1997 in den Dorfbezirk Dobrowolski aufgenommen.
Tuschino (Тушино) Groß Tullen, 1938–1945: „Reinkenwalde“ Der Ort wurde 1947 umbenannt und vor 1988 verlassen.
Welikolukskoje (Великолукское) Jutschen, 1938–1945: „Weidenbruch“ Der Ort wurde 1950 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1988 verlassen.
Woronzowo (Воронцово) Weidenfeld (Neudorf, Karklaugken und Piptrurig) Der Ort wurde 1947 umbenannt und war zunächst in den Dorfsowjet Nowouralski eingeordnet. Er wurde vor 1975 verlassen.

Auch die Orte Grieben (ru. Gribanowo), Jentkutkampen/Burgkampen, Kybarten/Tiefenfelde (ru. Kirsanowka) und Schwirgallen/Eichhagen wurden per Erlass vom November 1947 in den Dobrowolski selski Sowet eingeordnet. Der Ort Jentkutkampen/Burgkampen wurde allerdings ebenfalls in den Rajon Nesterow eingeordnet, wohin möglicherweise vor Ort auch die drei weiteren Orte eingegliedert wurden.

Landgemeinde Dobrowolsk 2008–2015 Bearbeiten

 
Lage der Landgemeinde Dobrowolskoje selskoje posselenije im Rajon Krasnosnamensk

Die Landgemeinde Dobrowolsk (russisch Добровольское сельское поселение Dobrowolskoje selskoje posselenie) wurde im Jahr 2008 eingerichtet.[14] Ihr gehörten auf einer Fläche von etwa 640 km² 19 Siedlungen mit 4140 Einwohnern an (Stand 2010).[15] Die Siedlungen gehörten vorher zu den Dorfbezirken Dobrowolsk, Pobedino und Prawdino. Zum Ende 2015 wurde die Landgemeinde aufgelöst und deren Siedlungen in den Stadtkreis Krasnosnamensk eingegliedert.

Ortsname deutscher Name
Bolotnikowo (Болотниково) Szameitkehmen (Lindenhaus)
Dobrowolsk (Добровольск) Pillkallen (Schloßberg)
Kutusowo (Кутузово) Schirwindt
Leskowo (Лесково) Rammonischken (Hagenfließ)
Lossewo (Лосево) Groß Augstutschen (Rehwalde) und Kiauschen (Wetterau)
Mirny (Мирный) Szieden (Schieden)[16]
Mitschurino (Мичурино) Lasdinehlen (Sommerswalde)
Nikitowka (Никитовка) Uszpiaunen (Kiesdorf)
Nowouralsk (Новоуральск) Uszpiaunehlen (Fohlental)
Ostrogoschskoje (Острогожское) Uszbördszen (Karpfenwinkel), Waldlinden und Rucken
Paporotnoje (Папоротное) Plonszöwen (Waldhufen) und Sturmen
Pobedino (Победино) Schillehnen (Schillfelde), Inglauden (Inglau) und Strunzlaugken (Strunzhof)
Poltawskoje (Полтавское) Groß Rudszen (Mühlenhöhe) und Neu Rudszen
Prawdino (Правдино) Grumbkowkeiten (Grumbkowsfelde)
Pskowskoje (Псковское) Petzingken (Hainort)
Scharowo (Жарово) Szardehlen (Scharden) und Martingken (Martingen)
Schelesnodoroschnoje (Железнодорожное) Karczarningken (Blumenfeld)
Tretjakowo (Третьяково) Sodargen
Wyssokoje (Высокое) Alxnupönen (Altsnappen)

Wappen Bearbeiten

Blasonierung: „Über silberner Zinnenmauer mit offenem Tor auf grünem Boden in Rot drei goldene Windmühlen nebeneinander“.[17]

So erscheint das Wappen auf dem einzigen bekannt gewordenen Siegel der Stadt Pillkallen 1724.[18]

Gutshöfe Bearbeiten

Zum Kreis Pillkallen (Schloßberg) gehörten vor 1945 folgende Gutshöfe:

  • Nowischken (1928 bis 1945 Brämerhusen, russisch: Beregowoje, nicht mehr existent) gehörte seit 1818 der Familie Braemer und zuletzt von 1932 bis 1945 Hans Waldemar Karl Friedrich Braemer, zusammen mit den Vorwerken Nathalwethen (1938 bis 1945 Brämerswalde) und Neuhof. Das Gut hatte 856 Hektar, davon 200 Wald und 400 Ackerland, Wiesen und Weiden. Das Gutshaus war im Ersten Weltkrieg zerstört und danach um ein Stockwerk höher wieder aufgebaut worden. Ein großer Teil wie Parkett, Treppen und Möbel wurden aus eigenem Holz gebaut. Durch Familie, Hausangestellte und Feldarbeiter hatte die Ortschaft 180 Einwohner.[19]
  • Doristhal (russisch: Rasino, nicht mehr existent) mit 250 Hektar war ebenfalls viele Generationen im Besitz der Familie Braemer. Zuletzt gehörte es Karl Friedrich Walter Braemer, dem Cousin des Hans Waldemar Braemer.
  • Kummetschen (1928 bis 1945 Fichtenhöhe, nicht mehr existent) mit 330 Hektar war ein weiterer Gutshof der Familie Braemer. Dieser war zuletzt Eigentum des Arno Braemer, dem Onkel des Waldemar Braemer.
  • Szameitkehmen (1938–1946: Lindenhaus, heute russisch: Bolotnikowo) mit ca. 250 Hektar war ein Gutshof der Familie Steiner. Seit etwa Mitte des 18. Jahrhunderts war er im Besitz dieser Familie. Haupteinnahmequelle war die Zucht von Trakehnern für die Wehrmacht (Remontepferde). Remonten wurden auf einem eigenen Remontemarkt in Szameitkehmen der Remontierungskommission zum Verkauf gestellt. Weitere Gutsbetriebe der Familie waren das Rittergut Waldaukadel (russisch: Stepnoje, nicht mehr existent) mit etwa 260 Hektar und das Rittergut Reuschendorf (polnisch: Ruska Wieś) im heutigen Polen mit etwa 600 Hektar. Das Gut unterhielt auch eine Brennerei und ein Sägewerk. Dieses Rittergut befindet sich heute im Besitz des polnischen Landwirtschaftsministeriums und ist noch erhalten. Die Pferdezucht war neben der Viehzucht erstrangig. Die Viehzucht (Rittergut Waldaukadel) war zugeschnitten auf Milcherzeugung und den Verkauf von Bullen und Sterken[20] auf der Auktion der Ostpreußischen Herdbuchgesellschaft in Insterburg (russisch: Tschernjachowsk).

Kirche Bearbeiten

Evangelisch Bearbeiten

Kirchengebäude Bearbeiten

Wohl bereits 1559 existierte in Pillkallen eine evangelische Kirche[21]. Diese schlichte Fachwerkkirche wurde 1644 niedergebrannt und 1650 neu aufgebaut. Aufgrund schwerer Bauschäden musste das Gebäude jedoch abgerissen werden. Zwischen 1756 und 1758 entstand dann ein verputzter Feldsteinbau[22], der erst im Jahr 1910 einen Turm erhielt. Zur Ausstattung gehörten wertvolle Holzschnitzereien aus der Kirche von 1650.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kirchengebäude beschädigt und 1945 abgetragen. An der Stelle der Pillkaller Kirche steht heute in Dobrowolsk ein russisches Siegesdenkmal.

Kirchengemeinde Bearbeiten

Die Pillkaller evangelische Kirchengemeinde wurde 1559 gegründet.[23] Im Jahr 1925 zählte die Pfarrei 10.012 Gemeindeglieder, die in mehr als 30 Kirchspielorten lebten. Zuletzt taten hier zwei Pfarrer ihren Dienst. Die Kirchengemeinde Pillkallen war die zweitälteste im Kirchenkreis Pillkallen (Schloßberg).

Aufgrund von Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung sowie der restriktiven Religionspolitik der Sowjetunion brach in Pillkallen/Schloßberg resp. Dobrowolsk das kirchliche Leben ein. Heute liegt Dobrowolsk im Einzugsgebiet der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Babuschkino (Groß Degesen). Sie gehört zur Kirchenregion Gussew (Gumbinnen) der Propstei Kaliningrad[24] (Königsberg) in der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Kirchenkreis Pillkallen (Schloßberg) Bearbeiten

Vor 1945 war Pillkallen resp. Schloßberg zentraler Ort und namensgebend für einen Kirchenkreis innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union. Die eingegliederten Orte gehörten zum Kreis Pillkallen, einige aber auch zum Kreis Gumbinnen und zum Kreis Stallupönen (Ebenrode). Sie waren neun Pfarreien zugeordnet:[23]

Name Änderungsname
1938 bis 1946
Russischer Name
Groß Schorellen Adlerswalde (Ostpr.) Saratowskoje
Groß Warningken Steinkirch Sabolotnoje
Kussen Wesnowo
Lasdehnen Haselberg Krasnosnamensk
Mallwischken Mallwen Maiskoje
Pillkallen Schloßberg Dobrowolsk
Schillehnen Schillfelde Pobedino
Schirwindt Kutusowo
Willuhnen Ismailowo

Reformierte Kirchengemeinde Bearbeiten

Zwischen 1733 und 1819 bestand in Pillkallen neben der lutherischen noch eine evangelisch-reformierte Kirchengemeinde, die sich hauptsächlich aus eingewanderten Hugenotten rekrutierte. Sie war eingebettet in den reformierten Kirchenkreis Königsberg (Preußen). Das Kirchengebäude ging 1819 an die lutherische Gemeinde, deren zweiter Pfarrer es als Pfarrhaus bezog.

Als reformierte Geistliche amtierten in Pillkallen:

  • Christian August Burghardt, 1733–1739
  • Karl Collins, 1740–1768
  • Samuel Bestvater, 1768–1800
  • Karl Georg Kretschmar, 1800–1804
  • Karl Gillet, 1804–1807
  • Christian David Möhring, 1807–1819.

Katholisch Bearbeiten

Die zahlenmäßig sehr geringe katholische Bevölkerung Pillkallens hatte in der Stadt kein eigenes Kirchengebäude, sondern gehörte zur weitflächigen Pfarrei in Bilderweitschen (1938 bis 1946 Bilderweiten, heute russisch: Lugowoje). Sie war dem Dekanat in Tilsit (heute russisch: Sowetsk) unterstellt und gehörte zum Bistum Ermland.

Kulinarische Spezialität Bearbeiten

 
Pillkaller

Söhne und Töchter des Ortes Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 30, Ziffer 6).
  • August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 469–70, Nr. 84.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Dobrovolsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. Heinz-Günter Hubert (2017). Die Geschichte der Schützengilde Pillkallen von 14. Winsen (Luhe).
  3. a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 15, Leipzig und Wien 1908, S. 877.
  4. a b Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 25 июля 1947 г. «Об административно-территориальном устройстве Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR «Über die administrativ-territoriale Einrichtung des Gebiets Kaliningrad» vom 25. Juli 1947)
  5. Heinz-Günter Hubert (2017). Die Geschichte der Schützengilde Pillkallen von 14. Winsen (Luhe), S. 36.
  6. Franz Mietzner: Der Kreis Schloßberg (= Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis. Band XXIV). Holzner Verlag, Würzburg 1962, S. 94.
  7. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 30, Ziffer 6).
  8. a b c d Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 352–359, Ziffer 533.
  9. a b c d e Michael Rademacher: Pillkallen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Sowjetische Topographische Karte 100k--n34-046
  11. Umbenannt wurde nur Schmilgen.
  12. vielleicht der Abbau I (?)
  13. Umbenannt wurde nur Groß Schorellen.
  14. Durch das Закон Калининградской области от 30 июня 2008 г. № 256 «Об организации местного самоуправления на территории муниципального образования „Краснознаменский городской округ“» (Gesetz der Oblast Kaliningrad vom 30. Juni 2008, Nr. 256: Über die Organisation der lokalen Selbstverwaltung auf dem Gebiet der munizipalen Bildung „Stadtkreis Krasnosnamensk“)
  15. Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010.
  16. Der Ort Mirny entstand nach 1945 allerdings vollkommen neu
  17. Erich Keyser: Deutsches Städtebuch – Handbuch städtischer Geschichte, Band I: Norddeutschland. Stuttgart 1939, S. 106.
  18. Otto Hupp: Deutsche Ortswappen, Bremen 1925.
  19. Georg Hermanowski: Ostpreußen Wegweiser.
  20. norddeutsche Bezeichnung für Kühe, die noch nicht gekalbt haben
  21. Die Pillkaller Kirche
  22. Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreussischer Kirchen. Göttingen 1968, S. 110, Abb. 486–488.
  23. a b Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3: Dokumente. Göttingen 1968, S. 485.
  24. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive)