Dissection (englisch für Dissektion) war eine schwedische Metal-Band aus Strömstad. Ihre ersten Werke waren eine Mischung aus Black- und Death Metal mit variierend starken Einflüssen von Harmonie. Kurz vor der Auflösung wechselte der Stil gänzlich zu einer langsamen Form von Melodic Death Metal. Treibende Kraft und einzig beständiges Mitglied war Jon Nödtveidt, welcher die Band 2006 auflöste und sich kurz darauf erschoss.

Dissection

Dissection live 2005, im Vordergrund Jon Nödtveidt
Allgemeine Informationen
Herkunft Strömstad, Schweden
Genre(s) Death Metal, Black Metal, Melodic Death Metal (2006)
Gründung 1989
Auflösung 2006
Website www.dissection.se
Gründungsmitglieder
Jon Nödtveidt († 2006)
Peter Palmdahl (bis 1997)
Letzte Besetzung
Gesang, Gitarre
Jon Nödtveidt
Gitarre, Studio-Hintergrundgesang
Set Teitan (2004–2006)
Tomas Asklund (2004–2006)
Ehemalige Mitglieder
John Zwetsloot (1991–1994)
Rhythmusgitarre
Johan Norman (1994–1997)
Bass
Brice Leclercq (2004–2005)
Bass
Haakon Forwald (2005)
Schlagzeug
Ole Öhman (1990–1995)
Schlagzeug
Tobias Kellgren (1995–1997)
Schlagzeug
Bård „Faust“ Eithun (2003)
Live- und Session-Mitglieder
Gesang
Nyx 218 (Studio 2006)
Hintergrundgesang
Andreas „Whiplasher Bernadotte“ Bergh (Studio 2006)
Rhythmusgitarre
Mattias Johansson (Live 1990)
Bass
Emil Nödtveidt (Live 1997)
Bass, Hintergrundgesang
Erik Danielsson (Live 2005–2006, Studio 2006)[1]

Geschichte Bearbeiten

Dissection gingen die Thrash-Metal-Bands Siren’s Yell und Rabbit’s Carrot voraus. Beide Bands wurden 1989 aufgelöst; im Herbst 1989 gründete Nödtveidt Dissection mit dem Ex-Siren’s-Yell-Sänger Peter Palmdahl, im Frühling 1990 kam Ole Öhman, der an beiden Vorgängerbands beteiligt war, als Schlagzeuger dazu.[2]

Nach der Veröffentlichung des vielbeachteten Demos The Grief Prophecy (1990) sowie der EP Into Infinite Obscurity (1991) begann Dissection 1992 die Arbeiten am Debüt-Album The Somberlain. Veröffentlicht wurde es 1993 über das Label No Fashion Records als ein Tribut an Mayhem-Gitarrist und Szene-Leitfigur Øystein „Euronymous“ Aarseth, der in diesem Jahr von Varg Vikernes (alleiniges Mitglied der Band Burzum) ermordet worden war.

Im November 1994 unterzeichnete Dissection einen Vertrag mit dem deutschen Label Nuclear Blast, das ein Jahr darauf das weithin gefeierte zweite Album Storm of the Light’s Bane veröffentlichte. Im Frühjahr 1996 erschien eine Raritäten-EP mit dem Namen Where Dead Angels Lie. In der Folge dieser Veröffentlichungen erspielte sich Dissection auf mehreren Tourneen einen Ruf als mitreißende und intensive Live-Band.

1997 trennten Nödtveidt und der Rest der Band sich aufgrund band-interner Konflikte voneinander.[3] Im selben Jahr ging aus Teilen Dissections die Band Soulreaper hervor, Palmdahl und Norman spielten auch bei Runemagick.

 
Nödtveidt 2005 mit Werewolf-Legion-Tätowierung

Im Februar 1998 wurde Nödtveidt wegen Mordverdachts verhaftet und im selben Jahr wegen Beihilfe zum Mord an Josef Ben Meddaour, einem 38-jährigen homosexuellen Algerier, sowie illegalen Waffenbesitzes zu zehn Jahren Haft verurteilt; als Haupttäter wurde Vlad verurteilt, Mitglied und Kopf des Misanthropic Luciferian Order, dem Nödtveidt ebenfalls angehörte.[4][5][6] Während seiner Inhaftierung arbeitete Nödtveidt an neuen Dissection-Titeln.

2004 wurde Nödtveidt auf Bewährung entlassen und stellte eine komplett neue Dissection-Besetzung auf die Beine. Deren erste Veröffentlichung war die im selben Jahr erschienene Single Maha Kali, die jedoch auf sehr geteilte Reaktionen stieß, da sie sich im Bereich des gebremsten, melodischen Death Metal mit starken Heavy-Metal-Einflüssen bewegte.

2005 wurde Haakon Forwald von Disiplin Bassist der Band, stieg aber wegen seiner familiären Situation und um sich auf seine esoterischen und exoterischen Arbeiten konzentrieren zu können, wieder aus.[7]

Das dritte Album Reinkaos wurde am 30. April 2006 (Walpurgisnacht) veröffentlicht und bestätigte den stilistischen Wandel, den die Single bereits hatte erahnen lassen. Die Resonanz seitens Presse und Publikum auf das Album fiel sehr kontrovers aus. Zum Lied Starless Aeon wurde ein Musikvideo gedreht, bei dessen Dreh die Band das Lied rückwärts spielte und sang und es dann vorwärts synchron zur Musik abspielte.[8] Das Album Reinkaos war im Vergleich zu den früheren Werken ein kompletter Misserfolg.[9]

Am 23. Mai 2006 gab Jon Nödtveidt die Auflösung der Band bekannt[10], die mit einem europäischen Abschiedskonzert am 24. Juni besiegelt wurde. Für September 2006 geplante Konzerte in den USA mussten abgesagt werden, da die US-amerikanischen Behörden Nödtveidt aufgrund seiner Vergangenheit die Einreise verwehrten.[11][12]

Am 18. August 2006 wurde der Tod Jon Nödtveidts bekanntgegeben; er hatte sich fünf Tage zuvor durch einen Kopfschuss das Leben genommen.[13] Seine Leiche wurde in seiner Wohnung gefunden und lag in einem Kreis aus Kerzen zusammen mit einem satanischen Grimoire.

Stil Bearbeiten

Auf ihren frühen Demos spielte die Band traditionellen Death Metal. Auf Somberlain entwickelte die Band einen für die damalige Zeit eigenständigen, melodischen Stil. Im Gegensatz zu den meisten Bands der damaligen skandinavischen Black-Metal-Szenen spielten Dissection technisch anspruchsvolle Riffs mit zahlreichen Tempovariationen und verwendeten harmonische Gitarrensoli und akustische Breaks.

Laut Daniel Ekeroth entwickelte die Band bald „ihren eigenen melancholischen und atmosphärischen Death-Metal-Stil“[14] welcher „starke Melodien mit musikalischer Brutalität“ kombinierte[15]. Dissection sah den „characteristischen Dual-Harmonie-Gitarren-Klang“ als wichtigen Teil ihres Stils an[2] und benötigte daher einen zweiten Gitarristen.[2]

Aufgrund ihrer Entwicklung hin zum Melodic Death Metal[16] sieht Tomas „Tompa“ Lindberg Dissection als Teil der Göteborger Szene an[17]. Beim letzten Studioalbum Reinkaos wurden oft Vergleiche zu Bands wie In Flames angestellt[18][19][20][21][22].

Ideologischer Hintergrund Bearbeiten

Jon Nödtveidt war überzeugter antikosmischer Satanist beziehungsweise Chaos-Gnostiker und benannte Dissection mehrfach als „klangliche Propagandaeinheit“ des Misanthropic Luciferian Order (MLO)[1][23], in welchem er selbst seit 1995 eine prominente Stellung einnahm. Der ehemalige Emperor- und Thorns-Schlagzeuger Bård „Faust“ Eithun, den Nödtveidt aus den frühen 1990er Jahren kannte, wollte Dissection ursprünglich beitreten[24], verließ die Band jedoch umgehend wieder aufgrund des satanistischen Konzepts, hinter welchem Eithun nicht stehen konnte[25].

Sowohl aufgrund des Mordes, an dem Nödtveidt beteiligt war, als auch der Ansichten des MLO, die dieser als „antikosmischen Satanismus“ bezeichnet, ist die Band in der Metal-Szene umstritten. Dessen „elitäre Sicht auf die Welt“[26] liege „nahe bei sozialdarwinistischen Vorstellungen“[26], die „Vorstellung der eigenen Überlegenheit“[26] wird jedoch nicht rassistisch oder politisch, sondern misanthropisch begründet und stellt somit „definitiv kein streng rechtsextremes Denken [dar], wie es oft der Band unterstellt wird“[26]. Im Gegenteil bezeichnete Nödtveidt Rassismus und Nationalismus als Herdenmentalität für geistig schwache Menschen.[27]

Diskografie Bearbeiten

Chartplatzierungen
Erklärung der Daten
Alben[28]
The Somberlain
  SE 57 08.12.2017 (1 Wo.)
Singles[28]
Maha Kali
  SE 50 02.12.2004 (2 Wo.)

Studioalben Bearbeiten

Demoaufnahmen Bearbeiten

  • The Grief Prophecy (1990)
  • The Somberlain (1992)
  • Promo ’93 (1993)

EPs und Singles Bearbeiten

  • Into Infinite Obscurity (1991, EP)
  • Where Dead Angels Lie (1996, EP)
  • Maha Kali (2004, Single)
  • Starless Aeon (2006, Single)

Sonstiges Bearbeiten

  • Where Dead Angels Lie und Elisabeth Bathori auf W. A. R. Compilation (1995, wiederveröffentlicht auf Nordic Metal - A Tribute to Euronymous)
  • Frozen In Wacken (1997, Live-Bootleg)
  • Live & Plugged Volume 2 (1997, VHS)
  • The Past Is Alive (The Early Mischief) (1998, Demo-Sammlung)
  • Live Legacy (2003, Live)
  • Rebirth of Dissection (2006, DVD)
  • Live in Stockholm 2004 (2009, Live)

Literatur Bearbeiten

  • Philip Akoto: Subversion im Black Metal - Dissection als musikalische Propaganda-Einheit des Misanthropic Luciferian Order. In: Menschenverachtende Untergrundmusik? Telos, 2006, ISBN 978-3933060211, S. 91–96

Weblinks Bearbeiten

Commons: Dissection (Swedish band) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b INTERVIEW FOR THE FANS BY THE FANS (Memento vom 20. Oktober 2007 im Internet Archive).
  2. a b c Andrea Biagi: Biography Part One. "The First Era" (Memento vom 5. Oktober 2003 im Internet Archive).
  3. David „Steel“ Laci: Soulreaper. Mirgilus Siculorum, archiviert vom Original; abgerufen am 9. September 2015 (englisch).
  4. Andrea Biagi: THE KILLING (Memento vom 21. August 2004 im Internet Archive).
  5. 'Article' from 'NME' magazine.
  6. DARK FUNERAL. In: D e  P R O F U N D I S  W e b S i n. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. Februar 2005; abgerufen am 7. Dezember 2022 (englisch).
  7. kaffee_junky: Dissection-Bassist Haakon Forwald ist raus. 14. November 2005, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juli 2011; abgerufen am 8. Februar 2010.
  8. kaffee_junky: Neues Dissection Video online. 11. April 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Mai 2015; abgerufen am 8. Februar 2010.
  9. Lagacy. The Voice from the Dark Side. Ausgabe 43 (2006) . S. 22
  10. The Wendigo: Dissection lösen sich auf! 23. Mai 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Dezember 2015; abgerufen am 8. Februar 2010.
  11. DISSECTION FORCED TO CANCEL SHOWS IN LA AND NYC - SEPTEMBER, 2006.
  12. Dissection - Forced To Cancel USA Shows.
  13. A2-Poster von Jon Nödtveidt im Slayer, Nr. 20, 2010.
  14. Daniel Ekeroth: Swedish Death Metal. Zweite Auflage. Brooklyn, NY: Bazillion Points 2009, S. 336.
  15. Daniel Ekeroth: Swedish Death Metal. Zweite Auflage. Brooklyn, NY: Bazillion Points 2009, S. 267.
  16. Daniel Ekeroth: Swedish Death Metal. Zweite Auflage. Brooklyn, NY: Bazillion Points 2009, S. 343.
  17. Daniel Ekeroth: Swedish Death Metal. Zweite Auflage. Brooklyn, NY: Bazillion Points 2009, S. 223.
  18. Kit Brown: Dissection - Reinkaos (album review).
  19. jupitreas: Dissection - Reinkaos review.
  20. Mike.S: Dissection, "Reinkaos" (Memento vom 26. Februar 2016 im Internet Archive).
  21. Chris Dick: Justify Your Shitty Taste – Dissection’s “Reinkaos” (Memento vom 30. August 2013 im Internet Archive).
  22. Michel Renaud: Dissection - Reinkaos.
  23. Dissection: Live Legacy, Nuclear Blast 2003.
  24. Faust joining DISSECTION (Memento vom 14. Oktober 2003 im Internet Archive).
  25. FAUST LEAVES DISSECTION BECAUSE OF THE SATANIC CONCEPT (Memento vom 27. Januar 2004 im Internet Archive).
  26. a b c d Dissection / Reinkaos.
  27. Anastasiya: DISSECTION. Interview with Jon Nödtveidt.
  28. a b Chartquellen: SE