Kontexte

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"Das Ostland-Institut war der wissenschaftlich-politischen, völkisch ausgerichteten Leipziger Stiftung für Volks- und Kulturbodenforschung angegliedert."

R. leitete dieses Institut, und es dient natürlich der Einordnung - "Kontextualisierung" - seiner Person, wenn dieses Institut in seinen nächsten Zusammenhang eingeordnet wird. Ich bitte auch herzlich, nicht einfach kurzerhand zu revertieren, sondern die Diskussionsseite für Vorschläge und ihre Begründung zu nutzen.--Kiwiv 18:50, 16. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Habe doch in der Erklärungszeile begründet, warum imho diese Erweiterung stört. Okay, dann en détail. Man kann für jede der Institutionen, an denen Recke tätig war, etwas Einordnendes schreiben – auch das Staatsarchiv Danzig hatte eine besondere Bedeutung für die "Volkstumsbewahrer", die TH Danzig war bei weitem nicht einfach nur eine TH mit einer Geschichtsprofessur (der Artikel über die TH ist total verPOVt), auch über den Westpreussischen Geschichtsverein könnte man einen Satz einfügen, erst recht über die NODFG. Ich hab's aus didaktischen Gründen anders gemacht; das Problem bei den völkischen und historischen Institutionen ist, dass sie schnell einen Text unlesbar machen, wenn die Sätze zwischen den Ebenen hin und her springen (Erklärung der Tätigkeit, dann Hintergrundinformation über die Arbeitsstätte), zumal wenn die Hintergrundinformation (in diesem Fall die Stifung) auch noch recht spröde ist.
Inhaltlich gefällt mir aber auch die dadurch entstehende Gewichtung nicht. Über das Ostland-Institut müsste mal ein eigener Artikel geschrieben werden, aber die Stiftung wurde ja schon 1930, drei Jahre nach der Institutsgründung, mit großem Trara aufgelöst, und soo aufschlussreich ist der Satz mit der wissenschaftlich-politischen, völkischen Ausrichtung nun auch nicht. Um den Inhalt von Reckes Geschichtspolitik zu erklären – falls es dir darum geht –, steht ja in der politischen Einordnung extra die antislawische Politisierung der Geschichtswissenschaft, was ich in der Sache für verständlicher halte. Schließlich ist mein Eindruck, dass die Außenstelle Ostland-Institut unter Gründungschef Recke in ihrer Arbeit von vornherein gegenüber der Stiftung recht selbstständig war, aber das bedürfte einer längeren Erörterung.
Am einfachsten wäre es, wenn es schon einen Artikel über das Ostland-Institut gäbe, aber man kommt ja zu nix. Bei solchen Artikeln – ich habe ein paar über Historiker und Archivare wie Recke geschrieben – muss man leider oft damit leben, dass der Text eine gewisse schlanke Form verliert und zu einem Flickenteppich wird. Aber das waren jetzt ne Menge Gründe, und ich hoffe, einer davon leuchtet dir ein ;). --Aalfons 21:24, 16. Mär. 2010 (CET)Beantworten
Zunächst vorneweg die Bemerkung, daß ich abseits dieses Lexikons im Moment mit der Thematik Ostforschung beschäftigt bin, mich hier umschaute und dabei auf den Artikel stieß. Ich sage das, um anzudeuten, daß ich in diesem Artikel nicht erbittert um jedes Jota kämpfen werde.
In der Sache wäre aus meiner Sicht freilich Folgendes zu bemerken und einzuwenden:
  • Recke ist lexikalisch vor allem deshalb interessant, weil er ein herausgehobener Ostforscher ist. Als solcher verkörpert er eine historiografisch und vergangenheitspolitisch interessante Kontinuität, die von etwa dem Ende des Kaiserreichs bis in die Bundesrepublik reicht. Wovon sich einiges ableitet:
  • So die Einarbeitung der Leipziger Stiftung. Dein Einwand dagegen lautet, ein solches verlange dann zwingend auch die ostforscherische Einordnung der Tätigkeitsorte Staatsarchiv und TH Danzig, was den Artikel "schnell" "unlesbar" mache. Abgesehen davon, daß ich diese Attribuierungen und ihre Begründung nicht nachvollziehen kann, erübrigt sich ein Versuch der Einordnung dieser beiden Institutionen, denn sie waren ohne Zweifel weder solche der "Volks- und Kulturbodenforschung" im allgemeinen noch der Ostforschung im besonderen. "Man kann für jede der Institutionen, an denen Recke tätig war, etwas Einordnendes schreiben.": die Analogie geht leider über diese wesentliche Unterscheidung hinweg. Sie greift nicht.
  • Sinnvoll wäre allerdings die inhaltliche Einordnung von Reckes ostforscherischer Tätigkeit an Archiv und TH. Sie fehlt.
  • Die Leipziger Stiftung für Volks- und Kulturbodenforschung, der das von R. geleitete Ostland-Institut zugeordnet war, war eine ganz wesentliche Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik, ein Ort der Politikberatung und somit ein wichtiges Medium von Wissenschaftlern mit explizit politischem Selbstverständnis im Sinne einer „Avantgarde einer Revolution von rechts", wie sie in der Ostforschung zunehmend Einfluss gewannen. Auch R. war ja doch an dieser Schnittstelle tätig, mittelbar (mit seinem Ostland-Institut) und unmittelbar. R. teilte dieses politische Selbstverständnis. Mein Formulierungsvorschlag erfaßt diesen Sachverhalt leider auch nur unzureichend. Aber dieser Aspekt darf nicht weggelassen werden, er sollte vielmehr besser, nämlich klarer noch auch in seinem institutionellen Bezug formuliert werden.
  • Die Leipziger Stiftung hat nur einige Jahre bestanden (bis August 1931, nicht bis 1930). Ihr kurzes und konfliktreiches Leben berührt einen entscheidenden Punkt, der im Artikel nicht vorkommt: die Auseinandersetzung zwischen einer revisionistischen (Revision der Grenzen von Versailles) und einer expansionistischen (Kolonisierung und Germanisierung weiter Ostgebiete, "Volk ohne Raum" usw.) Volkstumsforschung. Die Stiftung und die Diskussionen und Konflikte dort bezeichnen eine Zwischenstufe auf dem Weg der Durchsetzung von „Volk“, „Raum“, „Boden“ als zentrale Paradigmen der späteren ostexpansionistischen NS-Neuordnungspolitik. Die Stiftung war einer der Orte im „Netzwerk völkischer Wissenschaftler“, dem R. zuzurechnen ist. Natürlich, Artikel sowohl zur Leipziger Stiftung als auch zum Ostkunde-Institut wären wünschenswert. Das spricht nicht gegen die Erwähnung der Stiftung hier.
  • Wie ist R. in der Auseinandersetzung zwischen Revisionisten und Expansionisten einzuordnen? Haar schreibt ihm zwar u. a. eine „militante und antipolnische Haltung“ (Artikel: "antislawische Politisierung der Geschichtswissenschaft") zu, geht aber in seiner Gesamtbilanz doch deutlich darüber hinaus. R. sei ein „exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien“ gewesen. Diese Beschreibung fehlt leider. Statt dessen heißt es, er sei "für die Revision des Versailler Vertrages" eingetreten. Das sowieso. In der Auseinandersetzung zwischen Revisionisten und Expansionisten wird R. hier die falsche Position zugewiesen.
  • Was ergibt in diesem Punkt der Vergleich mit dem (m. E. unnötigerweise) erwähnten Karl-Josef Kaufmann? Wäre wohl noch zu klären.
  • R. unterstützte 1931 Albert Brackmann bei dessen Plan, systematisch alle polnischen Historiker nach wissenschaftlicher Arbeit und politischer Position zu kartieren, um die „deutschfeindlichen“ unter ihnen besser bekämpfen und auch sanktionieren zu können. Das ist im letzten Satz des Artikels angesprochen, m. E. aber nicht ganz zutreffend.
  • Die ins Auge gefaßte Benutzersperre sollte m. W. auch nicht "polnische Besucher" generell, sondern diese unerwünschten Wissenschaftler treffen.
  • R. war gemeinsam mit Albert Brackmann, Hermann Aubin, Theodor Oberländer, Fritz Rörig und Otto Übersberger Herausgeber der Vierteljahresschrift Jomsburg [= Vineta]. Völker und Staaten im Norden und Osten Europas, dem „publizistischen Flaggschiff" (Haar) der nationalsozialistischen Ostforschung, die ab 1937 erschien. Das fehlt noch.
  • In diesem Jahr, d. h. nach Ablauf der 1933 beginnenden vierjährigen Aufnahmesperre trat R. der NSDAP bei. Fehlt auch noch.
Grüße:--Kiwiv 13:53, 17. Mär. 2010 (CET)Beantworten
Mir ging vor allem um die Homogenität des Textes, aber um mich nicht zu wiederholen: Reckes Tätigkeiten sollen ruhig ausführlicher dargestellt sein, aber dann halbwegs gleichmäßig.
Ich finde nur den Jargon von Haar, Fahlbusch & Co. schrecklich apodiktisch und autoritär. Teilen der Ostforschungsforschung ist die Auseinandersetzung mit ihrem Untersuchungsgegenstand – einer kämpfenden Wissenschaft – und einer anfangs abwehrenden bundesdeutschen Fachöffentlichkeit sehr bedauerlicherweise anzumerken. Sie betreibt aber darüber hinaus eine Struktur- bzw. Institutionengeschichte, in der Menschen nur als Funktionsträger vorkommen; es gab, wenn ich das recht erinnere, sogar mal ne Debatte darum, ob in ihrem Rahmen überhaupt Biografien verfasst werden sollen, und ich frage mich manchmal, ob das vielleicht auch für enzyklopädische Darstellungen gilt, wenn man sich den Zustand ihrer Hauptartikel anschaut, z.B. Ostforschung. Ich würde jedenfalls einen Satz des Inhaltes, wie du ihn eingefügt hast, immer gerne personalisiert sehen, z. B. sinngemäß, quick and dirty: Bei den Auseinandersetzungen um die Richtung der Leipziger Stiftung, deren Außenstelle das Ostland-Institut zunächst war, gehörte Recke zu den Vertretern... usw., da wäre dann alles reinpackbar. Aber Haar ist auch immer schnell mit großen Bewertungen bei der Hand, die Stelle mit "exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien" ist typisch pompöser Haar-Stil, was will er denn mehr als die Wiederherstellung des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1917? Expansionismus, wie Haar schreibt, unterstellt mehr als das, und das ist suggestiv. Da muss man manches gegenlesen und nachprüfen, pass mal auf, dass du da nicht zu Haar-exegetisch wirst.
Obige Einzelpunkten teile ich übrigens nicht alle, ob es wohl polnische Archivbenutzer gab, die Recke nicht verdächtigte? Von regelrechten Benutzersperren sind mir auch nur Papritzens Tricksereien im Grenzmarkarchiv bekannt, nachdem Brackmann und er Reckes Projekt 1931 an sich und nach Berlin zogen. Weißt du da mehr? Mit dem Staatsarchiv Danzig und dem Geschichtslehrstuhl der TH liegst du ganz falsch, bei Karl-Josef_Kaufmann gibt's dazu auch ein Zitat. Die beiden Einrichtungen hat Haar schlichtweg übersehen. Bei der Jomsburg war Recke nur ein "in-Verbindung-mit"-Mitherausgeber, also quasi im Ehrenamt, da irren Haar und Burleigh, das machten die Herausgeber Papritz und Koppe schon alleine. Recke und Co. waren aber bei "Deutschland und der Osten" echte Mitherausgeber, deren 22 Bände (1936–1943) wiederum Haar entgangen sind, und wirklich verantwortlich war Recke für die kleine unappetitliche Reihe Ostland-Schriften. Diese Funktion und die NS-Mitgliedschaft (wo steht 1937? Kann ja sein, aber Haar hat nur "ab 1937") gehören natürlich trotzdem rein. Auch das Vademecum ist wichtig, das u.a. Recke zum Internationale Historikertag in Warschau 1933 mit vorbereitete.
Hast du denn Interesse an einer gründlichen Recke-Artikelerweiterung, oder willst du nur das einpflegen, was Haar hat? Sonst könnten wir uns seine Tätigkeiten aufteilen. Die Gliederung ist schnell verfeinert. Womit befasst du dich denn ostforschungsmäßig speziell? Ich mit Papritz, sitze an der Bio für WP. Gruß --Aalfons 20:58, 17. Mär. 2010 (CET)Beantworten
Mein Interesse an WP-Artikeln ist äußerst begrenzt. Es handelt sich bei diesem merkwürdigen Lexikon, das ja nun sehr weit davon entfernt ist, so etwas wie eine Enzyklopädie zu sein, im besten Fall in einigen Artikeln um einen Begegnungsort von Fachdiskurs mit Alltagsdenken. Da hat es dann eine Vermittlungsfunktion. Und eine Unthaltungsseite hat es natürlich auch. Ich beschäftige mich im Sinne von Vermittlung gelegentlich mit einem sehr engen und fast schon etwas abseitigen Themenbereich, in den wenige der enorm zahlreichen Mitteilungsbedürftigen und Möchtegerne reinquatschen. Ich stolpere aber immer mal wieder über dies oder das. Und schreib dann halt auch etwas hin. So hat man sich ja bei der selbstauferlegten Abstinenzverpflichtung auch nicht immer im Griff.
Du findest also in mir sicher keinen Opponenten. Nun entsprechen deine Diskussionsbeiträge dem oben beschriebenen Muster nicht. Nach dieser kurzen Feststellung später (wegen knapper Zeit) noch einige Überlegungen zu deinem Diskussionsbeitrag, die du für den Artikel verwerten kannst oder auch nicht. Grüße:--Kiwiv 12:43, 18. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Eher ein moderater Vertreter der Ostraumforschung/-planung?

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  • Haar und Fahlbusch, das zunächst einmal und zur Seite gesprochen, sind für uns, die wir nicht selbst forschen, sondern Forschungsergebnisse referieren, unverzichtbar. Wie deren Texte auf unser Gemüt wirken, wird bei der Frage nach den für unsere Zwecke brauchbaren Inhalten keine Rolle spielen können.
  • Zum Wunsch nach „gleichmäßiger“ Darstellung von R.s beruflicher Biographie: statt von „gleichmäßig“ würde ich eher von „strukturiert“ sprechen. Dem Text fehlt es an Struktur.
  • Struktur: es sollte wohl darum gehen, die Kontinuitäten Weimar – NS – BRD und die Person in ihren Kontexten sichtbar zu machen, so wie die Ostforscherforschung Kontinuitäten und Kontexte in den vergangenen Jahren herausgearbeitet hat und wie sie heute Konsens sind.
  • Zum Konsens gehört die Unterscheidung zwischen einer revisionistischen und einer rassistisch-expansionistischen Ostforschung, die sich als „kämpfende Wissenschaft“ verstand und ihre Arbeit bewusst politisch funktionalisierte. Es handelt sich bei diesen zwei Strömungen ja nicht um eine Erfindung, gewagte Ausdeutung, exotische Meinung usw., hier wird nichts „suggeriert“, sondern ein realer und allgemein anerkannter Sachverhalt beschrieben. Der Kürze halber verweise ich an diesem Punkt auf Adolf Hitler, der in seiner bekannten Schrift „die Forderung nach Wiederherstellung der Grenzen des Jahres 1914“ als „politischen Unsinn“ verurteilte. Sein „Blick nach dem Land im Osten“ erkannte als künftige deutsche Siedlungsgebiete im Gefolge eines neuen „Germanenzugs“ „Rußland und die ihm untertanen Randstaaten“. Hier dient auch ein Blick in eine richtige Enzyklopädie, die des Nationalsozialismus von Benz/Graml/Weiß. Uffa Jensen bezieht sich dort im Artikel "Lebensraum" auf die Alldeutschen, auf Hitler und auf Grimm ("Volk ohne Raum"), um den Unterschied zum "ordinären" Nationalismus deutlich zu machen: Haars oder Fahlbuschs bedarf es nicht.
  • Wo stand R. in dieser Frage, mit der sich alle Weimarer Ostraumforscher beschäftigten? Die Auskunft von Haar ist eindeutig und Einwände gegen einen Schreibstil des Verfassers, der „pompös“ oder "apodiktisch" sei, sind nicht in der Lage, diese Auskunft zu entwerten: „exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien“. Davon ab: ein Lexikon-Artikel ist nicht der richtige Ort für private Stil-/Geschmacksurteile, wie sie als Kriterium der Aufnahme einer Aussage in einen Artikel ungeeignet sind.
  • „Was will er [R.] denn mehr als die Wiederherstellung des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1917?“ Eine offen gesagt merkwürdige Frage, verständlich nur bei der grundfalschen Annahme, weitergehende Ziele habe es tatsächlich nicht gegeben, s. o.
  • Ich sprach von einem Plan Brackmanns, der von R. unterstützt wurde, dem Aufbau einer Datenbank in der folgenden Absicht: „Mit Hilfe dieser ‚Kartothek’ sollten alle Geschichtswissenschaftler Polens systematisch erfasst werden, so dass sie jederzeit persönlich, wissenschaftlich und politisch eingeordnet werden könnten. Den sogenannten ‚deutschfeindlichen’ Historikern wollte man gegebenenfalls die innerwissenschaftlichen Kontakte aufkündigen und ihnen die Nutzung der preußischen Archive verweigern.“ (Haar, Historiker im NS, S. 110) Von einer allgemeinen Benutzersperre gegen polnische Archivbenutzer/von einem Plan dazu sprach ich nicht. Dergleichen ist mir auch nicht bekannt.
  • Ich sprach auch nicht von einem „Geschichtslehrstuhl der TH Danzig“, hier war also nichts zu korrigieren, sondern von der TH Danzig. Ich wies auf den Unterschied zwischen einem Ostforschungsinstitut hin, wie das Ostland-Institut in Danzig eins war, und einer fachlich nicht wie ein Institut spezialisierten und nicht ausschließlich mit Ostforschung befassten Einrichtung wie eine TH oder ein Staatsarchiv es zweifelsohne ist. Ich wies darauf hin, weil das Institut mit TH bzw. Archiv in ihrer Aufgabenbestimmung fälschlich gleichgesetzt worden waren, um sagen zu können: wenn die TH und das Archiv nicht näher genannt werden, muß das auch nicht bei Institutionen der Ostraumforschung (Osland-Insitut und Leipziger Stiftung) geschehen.
  • Die Zeitschrift „Jomsburg“ hatte zwei „Hauptherausgeber“ und mehrere Mitherausgeber. Zu diesen gehörte R. Die einen wie die anderen standen für das Profil der Zeitschrift, deren Name „eine bewusst programmatische Aussage“, nämlich “das Zusammentreffen von Germanen und Slawen“ bezeichnete. "In diesem Zusammentreffen galt aber das Germanische als ‚das befruchtende Prinzip des Slawischen im Politischen wie Kulturellen'“. In Polen wurde die Zeitschrift verboten. „Sie (war) ein Symbol deutschen Expansionsdrangs“ (Jörg Wöllhaf, Jomsburg - Völker und Staaten im Osten und Norden Europas, in: Haar/Fahlbusch, Handbuch der völkischen Wissenschaften, München 2008, S. 307-312, hier: S. 309). Haars Einschätzung „publizistisches Flaggschiff der neuen deutschen Ostforschung“ ist da fast noch zurückhaltend (Haar, Historiker im NS, S. 298). Wie alle anderen Herausgeber stand auch R. mithin für eine Wissenschaft und eine Politik, die mit rassistischen Begründungen den Ostraum östlich der deutschen Grenzen ("Ostland") unter deutscher Herrschaft kolonisieren wollte.
  • Hierhin gehört dann auch R.s Aufnahme in die NSDAP, nicht irgendwie diffus „ab 1937“, wie Haar behaupten würde, sondern im Mai 1937 (= 1.5.1937) wie H. nach Recherche in den Ex-BDC-Unterlagen feststellte (Haar, Historiker im NS, S. 297). Der 1.5.1937 war das Datum des Beginns der Wiederaufnahme von Mitgliedern nach einer vierjährigen Sperre. Dabei ist zu beachten, dass die Tätigkeit im preußischen öffentlichen Dienst es R. bis zum Machtübergang verbot, der NSDAP beizutreten. Ab 1.5.1933 galt dann die Mitgliedersperre. Wann R. seinen Aufnahmeantrag stellte, wissen wir nicht, wohl allerdings soviel, dass er auf dem beschriebenen Hintergrund zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde.
  • R.s Mitgliedschaft in der NSDAP ist ein Detail unter anderen. Zu R.s Beziehung zum Nationalsozialismus ließe sich sicher noch einiges in der Fachliteratur recherchieren. Hier bietet der Artikel zur Zeit kaum etwas. Seine Ostforscherkollegen jedenfalls schätzten R.s Aktivitäten im NS anfangs der 1950er Jahre als „starke NS-Belastung“ ein, als es darum ging, das Großprojekt einer „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“ ins Werk zu setzen, und man überlegte, ihm die Hauptredaktion zu übertragen, was wohl auch in den Artikel gehörte (Mathias Beer, Im Spannungsfeld von Politik und Zeitgeschichte. Das Großforschungsprojekt „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 46 (1998), H. 3, S. 345-389, hier: S. 360).

--Kiwiv 19:25, 22. Mär. 2010 (CET)Beantworten


Hallo, ich gliedere hier auch mal, aber nicht 1:1 zu den obigen Punkten.

  • Nix zur Seite gesprochen – Reaktionen des Lesers gehören immer mit zur Rezeption, und sie beeinflussen auch die Suche nach brauchbaren Inhalten. Wenn ich Haar und Fahlbusch im Grundsatz folge, aber kein weiteres Material zur Verfügung habe, wähle ich doch im Zweifel bei eigenen Formulierungen lieber ein zurückhaltenderes Adjektiv. Ich hege bei beiden das Mißtrauen, Unklarheiten durch Apodiktik zu überspielen. Man mag solche Vorbehalte gegen den Stil im Einzelfall nicht teilen, aber es wäre schon erstaunlich, wenn jemand behauptete, er würde Metakriterien nicht in seine Rezeption einfließen lassen.
  • Zur Sache: Ich werde mich hüten, Walther Recke gegen einen NS-Verdacht in Schutz zu nehmen! Der Versailles-Revisionismus der im Osten arbeitenden Archivare ist ohne Polenfresserei und einen damit einhergehenden impliziten Rassismus nicht denkbar. Vielleicht reicht es auch, wenn wir uns auf eine Formulierung Haars für 1928 verständigen: "Recke und Budding waren routinierte Verwaltungsbeamte, die auf betont völkische Denkfiguren verzichteten." (S. 142) Wann der implizite Rassismus Reckes in einen expliziten umgeschlagen ist, müsste man anhand seiner Veröffentlichungen prüfen. Wir werden offenbar keine Einigkeit darüber erzielen, ob Haar mit dem, wie er Recke S. 82 für etwa 1930 zitiert, tatsächlich die Kennzeichnung "exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien" rechtfertigen kann. Ich lese das dort nicht. Der Versailles-Revisionismus ist ohne den antipolnischen Chauvinismus nicht denkbar, aber meiner Meinung nach argumentiert Recke nicht expansionistisch im Sinn von "Lebensraum" weiter östlich. Ob das z. B. auch nach dem Überfall auf Polen oder sogar noch nach dem Überfall auf die SU so war, kann nur die Lektüre zeigen.
  • Wenn Recke den Polen, wie Haar schrieb, 1927 das Recht und die Fähigkeit absprach, einen eigenen Staat zu unterhalten, ergibt sich nicht nur ex post die Frage, wie er den Staat aufgeteilt sehen wollte – alles an Deutschland? Ich kann mich an eine solche Debatte in der Literatur beim besten Willen nicht erinnern, aber ich schaue gerne Reckes Buch von 1927 darauf durch. Das hätte doch im Zusammenhang mit dem Versailles-Revisionismus zu einer Kongreßpolen-Debatte (um die Grenzen des Wiener Kongresses von 1815) geführt. Zumindest ein Indiz für meine Skepsis: Ein Buch von 1940, also nach der Besetzung Polens, trug den nicht sehr transrevisionistischen Titel Westpreußen, der Schicksalsraum des deutschen Ostens, auch das schau ich mir nochmal an, weil ich Haars Hermetik wirklich interessant finde. Meine Bemerkung zur "Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1917" war übrigens als sarkastisches Aperçu gemeint, nunja.
  • Zu Reckes diversen Veröffentlichungen: Man mag die Jomsburg-Mitherausgeberschaft so interpretieren, dass Recke mithin für die Kolonisierung des deutschen Ostraums stand. Mir wäre diese Formulierung zu anspruchslos, selbst mit Wöllhaf, dessen o. a. Kennzeichnung ich hier sogar zustimme. Die In-Verbindung-mit-Herausgeberschaft bleibt ein Ehrenamt, Jomsburg war von der ersten bis zur letzten Seite hohe Politik und ging in erster Linie auf Papritz und Koppe; nur Aktenstudium kann das Mitwirken von Recke klären. Selbst auf den Inhalt der Veröffentlichungen in "Deutschland und der Osten" würde ich Recke nicht in jedem Fall festlegen, zu viele Interessen und auch Gefälligkeiten konnten in die Publikationspolitik hineinspielen. Außerdem hat Haar doch sehr schön den Radikalisierungsprozess unter den Historikern beschrieben; es kann durchaus sein, dass manche Beiträge junger Historiker oder Ethnologen schneller Richtung Vernichtungsphantasien voranschritten, als die Herausgeber nachkamen ... – Ich würde es hier neben der Benennung der Funktion bei der Benennung der Publikationen und deren Kennzeichnung belassen, sofern nicht klar ist, ob Recke durch eigene Äußerungen sozusagen "politisch mithielt". (Auch wenn zur Vermeidung von Mißverständnissen hier ausdrücklich gesagt sei: Ja, Recke war für das verantwortlich, was er verantwortlich herausgab.)

So weit erstmal. Wenn es schon der Wahrheitsfindung dient, Reckes Bücher von 1927 und 1940 durchsehen zu müssen, bitte ich um ein paar Tage Geduld. Gruß --Aalfons 15:56, 24. Mär. 2010 (CET)Beantworten

Dauert noch ... --Aalfons 17:33, 31. Mär. 2010 (CEST)Beantworten

Eher ein exponierter Vertreter der Ostraumforschung/-planung?

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Ist Recke, wie Haar das meint, ein "exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien"? Das ist also deutlich abgegrenzt von der üblichen deutschnationalen Geschichtsschreibung. Kriterien dafür könnten sein:

  • inhaltlich: polnische Unfähigkeit zum Staate
  • territorial: Forderungen über die Revision von Versailles hinaus
  • völkisch: eine germanisch-deutsche, antislawisch-antipolnische Argumentation.

Dazu habe ich drei Bücher bzw. Hefte Reckes, die aus unterschiedlichen politischen Phasen stammen, zugegebenermaßen flüchtig durchgesehen:

  • Die polnische Frage als Problem der europäischen Politik, Berlin 1927, 399 S. (zitiert: PF)
  • Versailles und der deutsche Osten. Schriften der Adolf-Hitler-Schule, Landesführerschule Deutscher Osten, Danzig, als Ms. gedr. Hamburg 1935, 23 S. (VDO)
  • Westpreußen, der Schicksalsraum des deutschen Ostens. Danzig 1940. 105 S. (WP)

In PF (von 1927) argumentiert Recke in ganz altbackener Historiographenmanier staatspolitisch: Es wäre am besten gewesen, wenn das polnische Kernterritorium unter russischer Herrschaft geblieben wäre. Und davon ging auch keine Attraktivität für die preußischen Polen aus. Aber die preußisch-deutsche Politik nach Bismarck verkannte die "verhängnisvolle Rolle, ... die ein wiederaufgerichteter polnischer Staat als Objekt der europäischen Politik, insbesondere der französischen, spielen würde." (PF, XII). "Verhängnisvoll für Polen war, dass es dem Königtum nicht gelang, sich gegenüber dem Adel durchzusetzen und daß dieser schließlich die Herrschaft im Staate an sich reißen konnte. Aber erst das Zusammentreffen dieser durch die Herrschaft des Adels bedingten inneren Schwäche des Staates mit den ungüstigen Einwirkungen, die sich aus der geographischen und politischen Lage des polnischen Staates ergaben, hat den Untergang Polens herbeigeführt."(PF, 33) Der polnischer Staatsgedanke sollte von Russland begraben werden, nicht von Deutschland: "Ein tragisches Geschick hat es gefügt, daß der deutsche Soldat und die deutsche Politik die polnische Frage aus dem engen Verschluß, in dem Rußland sie auch während des Krieges, allen freiheitlichen Versicherungen zum Trotz hielt, befreit, wieder zu einer europäischen Angelegenheit gemacht und den Polen den Weg zur Wiederaufrichtung ihres Staates gewiesen und geebnet haben." (PF, 356)

Zum Gelehrtenstreit unter den Historikern – schreibt so jemand, der alles Polnische grundsätzlich verachtet?: "anerkannte Vertreter der polnischen Wissenschaft, Träger bedeutender und allgemein geachteter Namen" (PF, 327). "Die früher starke kulkturelle und wirtschaftliche Bedeuutng des Polentums in diesen Gebieten war durch die Gewaltmaßnahmen der Bolschewiki ..., insbesondere durch die Zerstörung des meist in polnischen Händen befindlichen Gro0ßgrundbestzzes, nahezu restlos vernichtet worden ... Zudem war bei diesem gewaltigenn politischen Erdbeben durch die dünne polnische Kulturdecke der nationale Untergund wieder an die Oberfläche gekommen: Die Litauer, Weißrussen und Ruthenen (Ukrainer) machten ihr Recht auf selbständiges staatliches Leben geltend." (PF 348f.)

"Die Aufgabe eines polnische Staates, der an der Befriedung und dem Wiederaufblühen Europas mitarbeiten will, kann vielmehr nur sein, auf ein erträgliches Verhältnis zu seinen beiden großenm NAchbarn, Deutschland und Rußland, bedacht zu sein und die Brücke für den friedlichen Verkehr und wirtschaftlichen Austausch zwischen West und Ost zu bilden." (PF 361) Es geht Recke hier zwar eigentlich um eine verschmeichelte Wiederabtretung ethnisch nichtpolnischer Gebiete – aber eine Existenzrechtsverneinung Polens ist daraus nicht abzulesen.

In VDO, 1935 erschienen, gilt die offizielle Beruhigungsstrategie der Nazis seit dem Nichtangriffsvertrag von 1934. Jedenfalls spricht Recke an keinem Punkt von mehr als der Revision von Versailles. Jetzt steht nicht mehr Russland mit dem von ihm begrüßten Kongreßpolen im Fokus, sondern Frankreich: "Zugleich ist es Frankreich gelungen, das Deutsche Reich von der Weichsel abzudrängen, ihm den größten Teil seiner Ostmarken zu nehmen und diese dem wieder auferstandenen polnischen Staate zuzuwenden. (VDO 3) Es geht Recke um das "Hinübergreifen Frankreichs in den deutschen Ostraum, das immer das gleiche Ziel hat, die preußisch-deutsche Macht im Osten an ihrer eigentlichen Kraftquelle entscheidend zu treffen und zu vernichten. (VDO 4) Auch das hört sich nicht nach einer Einverleibung ganz Polens an: "Um das Jahr 1900 war die Nationaldemokratische Partei schon ganz bürgerlich geworden, sie war jetzt die Vertretung des gewerblichen Mittelstandes, des Grundbesitzes, ferner der Fabrikanten und Unternehmer" (VDO 6) Die polnischen Sozialisten in Galizien "wollten aber einen selbständigen, von dem reaktionären Russland vollkommen unabhängigen polnischen Staat wiederaufbauen, in welchem sie ihr Ideal eines national gerichteten Sozialismus, der zu einer wahren Volksgemeinschaft führen sollte, verwirklichen wollten." Überhaupt keine völkische Terminologie – exponiert ist auch hier nix.

In WP von 1940 konnte Recke dann ja die Sau rauslassen. Er argumentiert tatsächlich ganz völkisch: Freiwillig seien die OStgermanen aus dem Weichselraum abgezogen, andere kamen in das leere Land: "Aber diese Völkerschaften werden bald dem Gesetz der Landschaft untergeordnet, die noch so stark mit germanischen Elementen durchsetzt ist, dass sie diesen nichtgermanschen Stämmen einen besonderen Charakter geben kann ((gemeint sind wohl Kaschuben, Pruzzen etc.)) Als ausgesprochen feindliches Element der westpreußischen Landschaft erscheint erst der Pole, der in den ersten Jahrhunderten nicht in ihr wohnt und ihr auch bis zur jüngsten Gegenwart fremd gegenübergestanden hat." (WP, 3). Von 1466 bis 1772 polnische Fremdherrschaft über Westpreußen (WP, 4) Nach 1918 gelang es den gewinnermächten, Westpreußen den "Stempel der polnischen Unkultur aufzudrücken" (WP, 4) Nach dem Feldzug von 1939 kamen die Gebiete zurück; darüber hinaus: "Der Zusammenbruch des polnischen Staates macht es sogar dem Führer möglich, das weite Land wieder deutscher Herrschaft zu unterstellen, das vor 2000 Jahren Volks- und Kulturboden der Ostgermanen in der Zeit ihrer höchsten Blüte gewesen ist." Der Stil ist Recke, er hat sich selbst hineingearbeitet, er ist zweifellos im NS angekommen. Rassistische Versatzstücke sind selten, fehlen aber nicht: Es taucht "der genügsame, auf äußerst niedriger Kulturstufe lebende Pomorane" (Kaschube) auf (WP, 18), und nach 1918 wurde es im Korridor, aus dem die Deutschen vertrieben worden seien, immer schlimmer: "in das so entstandene Vakuum strömten Polen aus Galizien und dem ehamligen Russisch-Polen nach, ein meist minderwertiges Menschenmaterial. Die Folge war ein erschrreckendes Absinken der Kulturhöhe." (WP, 88)

Aber er schreibt auch einen regelrechten Unfug über die Herkunft der Indogermanen, die aus der Vermischung nordischer Menschen mit einer zweiten, vielleicht aus dem Westen kommenden Volksgruppe entstanden sei (WP, 5f). Gleich zu Beginn dieser Passage verweist Recke explizit im Text (nicht nur in einer Fußnote) dazu auf den Stand der "Forschung", ohne irgendeine genauere Angabe zu machen. Das zeigt mMn, dass er nicht ganz davon überzeugt war; auch unter den zeitgenössischen Indogermanisten war diese These umstritten. Es gibt noch eine zweite opportunistische Stelle. Reckes Kapitel "Der Kampf des Führers gegen den Korridor" (WP, 90-103) beruhte ausdrücklich, mit Fußnote angemerkt und ausgeführt, auf amtlichen Publikationen. Jetzt merkt man den reinen NS-amtlichen Jargon mit seinen Kraftausdrücken: "Für eine machtvolle Stellung Deutschlands in Osteuropa war es unbedingte Voraussetzung, daß die ungehinderte Verbindung Ostpreußens mit dem Kern des deutschen Reichsgebietes unter allen Umständen sichergestellt wurde" (WP, 90). Aber nur der letzte Absatz enthält, sicher ernst gemeint, aber doch durch seine Position im Text auch pflichtschuldig hingeschrieben wirkend, den Begriff Lebensraum: "So ist aus dem polnischen Korridor ... wieder deutsches Land geworden, das durch seine Wiedereinfügung in den Körper des großen Deutschen Reiches dem Aufbau des deutschen Lebensraumes im Osten neue ungeahnte Kräfte zuführen wird. Der Reichsgau ... ist wieder ... deutscher Boden geworden, der dazu bestimmt ist, ebenso wie in all den vergangeen Jahrhunderten, deutschen Menschen, die aus der Enge ihrer Heimat in die Weite des Ostens streben, neuen Lebensraum zu schenken." (WP, 105)

Solche Quatschsätze waren NS-Propaganda, nicht eine an sich ernsthafte Darstellung, um die sich Recke sonst bemühte. Das Buch hat einen Stilbruch: ein reaktionärer Historiker kommt im NS an, aber er treibt nichts vorwärts, wendet die Lebensraum-Phrasen und den Rassismus nicht aktiv auf die historischen Prozesse an, über die er schreibt – in formal immer noch traditioneller, wenn auch jetzt mit Schärfe dargestellter üblicher Ostkolonisations-Geschichtsschreibung. Übrigens ist auch hier davon, dass "der Pole" keinen Staat verdiene, nirgends die Rede, und ich habe auch keine eigentliche Untermenschentums-Rhetorik gefunden. Komplett fehlt auch eine Rhetorik zu Neusüdpreußen und dem Suwalki-Gebiet, aber die hat Recke vielleicht unterlassen, weil er sich nur in der Westpreußenfrage sicher fühlte.

Also jedenfalls: Recke ein "exponierter Vertreter völkisch-großdeutscher Reichsutopien"? Nicht in diesen Büchern. Nichts "exponiert", nichts "Utopie", geschweige denn "Reichsutopie". Und "völkisch-großdeutsch" ist in den beiden Büchern von 1927 und 1935 auch nicht auszumachen, da ist immer von "preußisch-deutsch" die Rede.

Wie ich weiter oben schon schrieb, hatte Haar für 1928 geschrieben: "Recke und Budding waren routinierte Verwaltungsbeamte, die auf betont völkische Denkfiguren verzichteten" (S. 142). Ich vermute, dass Haar beim "exponierten Vertreter" schlicht ein Fehler unterlaufen ist. Wenn das so wäre, beruhte unsere Diskussion über diesen Punkt nicht nur auf meiner Kritik an dem pompösen Stil, der mich verärgert, und an dem Fehler in der Sache – sondern läuft auch noch auf Kritik an einem exegetischen Verhältnis zu Haars Text hinaus, das mMn direkt in Haars Apodiktit wurzelt. Gruß --Aalfons 15:22, 20. Apr. 2010 (CEST)Beantworten

Ich hoffe, ich bin nicht der einzige Leser und nicht der einzige Diskutant, denn du hast dir sehr viel Mühe gemacht, Textbeschaffung, Textexegese. Aber, bei Licht betrachtet, es ist nicht die Aufgabe von Wikipedianern, Forschung zu betreiben. Das macht schon die Forschung selbst. Hier sind in aller Regel die Voraussetzungen für ein solches Bemühen nicht gegeben. Sind sie einmal da, dann hat der Weg wohl der folgende zu sein: der WP-Teilnehmer, der ein Forscher ist, forscht, veröffentlicht, d. h. er setzt seine Forschungsergebnisse der fachlichen Bewertung aus, und dann kann er ja, was er veröffentlicht hat, wenn es Zustimmung findet, auch hier zitieren. Hat keiner was dagegen. Wikipedianer sollten sich darauf beschränken abzuschreiben. Das fordert ja schon alle Kräfte.
Insofern zählt für mich die Exegese von Haar, WP-Teilnehmer-Exegesen zählen nicht. Bedeutet aber in Anwendung auf diesen Artikel hier nichts. Zufällig bin ich in diesen Artikel geraten. Der Herr interessiert mich tatsächlich nur am Rande. Die Zeit, mich dahinein zu vertiefen, Kontroversen auszutragen usw. habe ich nicht. Die Bereitschaft dazu fehlt auch vollständig. Schreib, was du willst, ich werde nicht versuchen, dich daran zu hindern. Es findet sich bekanntlich in dieser Nicht-Enzyklopädie alles Mögliche. Weshalb nicht auch eine vom Forschungsdiskurs abweichende (dort ohnehin nicht wahrgenommene) Neubewertung dieses Menschen. Ich hoffe, ich war nicht zu grob (bitte ggf. zu bedenken: dieses wunderliche Medium verroht).--Kiwiv 16:13, 20. Apr. 2010 (CEST)Beantworten
Drei Stunden lesen und eine Stunde schreiben war mir diese Klärung wert. Für Recke wird sich niemand anhaltend interessieren, was mich nicht bedrückt. Grüße --Aalfons 16:33, 20. Apr. 2010 (CEST)Beantworten