Diskussion:10. Streichquartett (Beethoven)

Letzter Kommentar: vor 7 Jahren von Xneb20 in Abschnitt Ohne Titel

Ohne Titel Bearbeiten

Überschrift zur besseren Übersicht nachträglich hinzugefügt --Xneb20 DiskBeiträge 11:21, 17. Okt. 2016 (CEST)Beantworten

Ich bin kein Musikologe, aber ich hatte beim Hören, beim Spielen und auch jetzt bei der Durchsicht der Partitur immer den Eindruck, dass es sich bei den ab Takt 35 des ersten Satzes einsetzenden Pizzikato-Akorden nicht etwa um eine begleitende Arabeske des ersten Themas, sondern tatsächlich um das zweite Thema des Sonatensatzes handelt. Liege ich da falsch? Und warum? --91.37.100.66 19:07, 20. Apr. 2014 (CEST).Beantworten

"Vierter Satz (...) Die Coda ist ebenso wie die Variationen von Triolen dominiert. Der Musikwissenschaftler Peter Schleuning wies im Jahr 2003 darauf hin, dass das Violinsolo in der Coda mit seinen Akkordbrechungen vom Finalsatz in Johann Sebastian Bachs 4. Brandenburgisches Konzert inspiriert sei.[4] Die Coda endet in einer Allegro-Stretta, in der alle Instrumente in einem „accelerando“ beteiligt sind." Ich sehe im 4. Satz keine Coda mit Violinsolo in Akkordbrechungen. Diese Ausführungen können sich doch eigentlich nur auf den ersten Satz beziehen (?!). Die These der "Inspiration" durch das 4. Brandenburgische Konzert scheint mir in diesem Zusammenhang trotz ähnlicher Violintechnik, um es vorsichtig auszudrücken, ziemlich gewagt. Unabhängig vom Problem der Fundierung einer solchen These: Man muss ja nicht alles, gleichsam mit der Brechstange, auf Bach zurückführen. (nicht signierter Beitrag von 91.37.100.66 (Diskussion) 03:14, 21. Apr. 2014 (CEST))Beantworten

Ich habe mal die mir verfügbaren Bücher (Indorf, Moosdorf) konsultiert und keinen Hinweis auf einen zweites Hauptthema entdeckt. Oder sprachst Du, liebe IP, vom Seitenthema? Falls ich da vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen sollte, bitte ich um entsprechendes Feedback ;).
Der Einwand mit Peter Schleuning und Bachs 4. Brandenburgischen Konzert war berechtigt, die Aussage bezieht sich in der Tat auf den 1. Satz des Quartetts. Ich habe den Artikel entsprechend geändert.
Gruß, --Darev (Diskussion) 12:05, 21. Apr. 2014 (CEST)Beantworten
Aus "musikologischer" Sicht ist dazu zunächst einmal zu sagen: Beethoven hat nicht nach Lehrbuch komponiert, und in den Lehrbüchern seiner Zeit stand überhaupt nichts von "zweitem Thema" oder "Seitenthema". Die Begrifflichkeit, mit der wir die "Sonatenhauptsatzform" der Wiener Klassik analysieren, entstand erst nach 1830, beginnend mit Adolf Bernhard Marx, das heute gebräuchliche Begriffsschema stammt erst aus dem frühen 20. Jahrhundert. Es handelt sich also um eine aus der Analyse klassischer Werke gewonnene Rückprojektion. Beethoven jedoch hat nie im Leben etwas von einem "zweiten Thema" oder einem "Seitenthema" gehört. Der um 1800 maßgebliche Theoretiker Heinrich Christoph Koch beschrieb den Sonatensatz als eine zweiteilige Form mit drei "Hauptperioden", die in erster Linie über ihre Harmonik charakterisiert sind. Der erste Teil, identisch mit der ersten "Hauptperiode", ist das, was wir heute "Exposition" nennen. Am Anfang steht das Thema in der Grundtonart - es gibt nur ein Thema. Ihm folgt ein Übergang zur Dominante in Dur- bzw. Durparallele in Moll-Sätzen, häufig mit einem "mehr singbaren, und gemeiniglich mit verminderter Stärke des Tons vorzutragenden Satz" - das ist das, was wir heute "Seitenthema" nennen. Es ist aber nirgendwo davon die Rede, dass dieser "Satz" den Charakter eines "zweiten Themas" haben soll. Es gibt in Beethovens Schaffen Sonatensätze, die gar kein "zweites Thema" oder "Seitenthema" haben (z.B. Kopfsatz der "Sturm"-Sonate op. 31 Nr. 2).
Die Pizzicati ab Takt 35 sind weder ein "zweites Thema" noch ein "Seitenthema", weil sie von der harmonischen Entwicklung her Teil der Überleitung vom Thema (Tonika) zum "Seitensatz" sind. Einen "Seitensatz" im Sinne dessen, was Koch einen "mehr singbaren" und "mit verminderter Stärke des Tons vorzutragenden Satz" in der Dominanttonart nennt, haben wir von Takt 58 bis 66. Dieser "Seitensatz" hat tatsächlich aber keinen kontrastierenden thematischen Charakter. Denn auch das (Haupt-)Thema wird überwiegend piano gespielt, und der Seitensatz mutet auch nicht ruhiger an (Begleitung in Sechzehnteln).
Nochmal "musikologisch": Ich erinnere mich gut, wie ein namhafter deutscher Musikwissenschaftler im Analyse-Proseminar sagte: "Kommen Sie mir bloß nicht mit 'Sonatenhauptsatzform'!" Er meinte damit: Was nützt eine Analyse, die musikalische Gebilde auf Begriffsschablonen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zurückführt? Was ist damit an Erkenntnis gewonnen? Die Formidee des Sonatensatzes entstand aus den Prinzipien der Tonalität. In barocken Sonaten haben wir typischerweise zweiteilige Sätze, in denen der erste Teil sich harmonisch von der Tonika zur Dominante entwickelt und der zweite von der Dominante wieder zur Tonika zurück - die zugrunde liegende Idee ist die eines harmonischen Spannungsverlaufs. In der Sonatensatzform der Wiener Klassik wurde diese Formidee weiter ausgebaut und ausdifferenziert: Aus dem ersten Teil wurde das, was Koch die "erste Hauptperiode" nannte und heute "Exposition" heißt, aus dem zweiten Teil wurden die zweite und dritte Kochsche "Hauptperiode" oder, im heutigen Sprachgebrauch, "Durchführung" und "Reprise". Zum harmonischen Entwicklungsprinzip gesellte sich ein motivisch-thematisches mit einer Ausdifferenzierung von Gestalten, wobei es zu einem gängigen Standard wurde, nach dem auf das Thema folgenden Übergang in die Dominant- bzw. Paralleltonart einen ruhigeren, kantableren, mit dem ("Haupt"-)Thema kontrastierenden Abschnitt zu setzen. Das war aber niemals zwingend vorgeschrieben, und erst viel später wurde es üblich, diesen Abschnitt "Seitenthema" zu nennen. Der Kopfsatz des Harfenquartetts ist einer der Sätze, wo es ein distinktes "Seitenthema" nicht gibt. -- 80.187.107.175 01:15, 11. Nov. 2014 (CET)Beantworten