Dirheniumdecacarbonyl

chemische Verbindung

Dirheniumdecacarbonyl (oft auch als Rheniumdecacarbonyl bezeichnet) war das erste bekannte stabile Metallcarbonyl des Elements Rhenium und wurde von Hieber, der als Pionier der Metallcarbonylchemie gilt, 1941 synthetisiert.

Strukturformel
Struktur von Dirheniumdecacarbonyl
Allgemeines
Name Dirheniumdecacarbonyl
Summenformel Re2(CO)10[1]
Kurzbeschreibung

blassgelber Feststoff[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 14285-68-8
EG-Nummer 238-202-8
ECHA-InfoCard 100.034.714
PubChem 498777
ChemSpider 436546
Wikidata Q418221
Eigenschaften
Molare Masse 652,52 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

2,87 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

170 °C[2]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 331
P: 261​‐​271​‐​304+340+311​‐​403+233​‐​405​‐​501[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Darstellung Bearbeiten

Der Feststoff wird aus Rhenium(VII)-oxid direkt durch Reduktion mit Kohlenmonoxid hergestellt.[4]

 

Er kann auch aus Kaliumperrhenat gewonnen werden.[5]

 

Eigenschaften Bearbeiten

Re2(CO)10 ist ein Metallcarbonyl mit Metall-Metall-Bindung und somit gemäß der Definition von Cotton als Metallcluster anzusehen. Die äquatorialen Carbonylliganden des in der Oxidationsstufe 0 vorliegenden Rhenium-Fragments Re(CO)5 haben im Molekül eine gestaffelte Anordnung zueinander. Die Metall-Metall-Bindungslänge beträgt 304 pm und wurde aus den Daten einer Einkristallröntgenstrukturanalyse bestimmt.[6]

Re2(CO)10 erfüllt die 18-Elektronen-Regel: (Rhenium hat 7 Außenelektronen (14), jeder Carbonylligand steuert 2 Elektronen bei (20), die Metall-Metall-Bindung verfügt über 2 Elektronen: 14 + 20 + 2 = 36).

Es liegt in Form von luftstabilen, farblosen Blättchen (aus Petrolether) vor. Bei höheren Temperaturen erfolgt Zersetzung unter Metallabscheidung. Er ist unlöslich in Wasser, mäßig löslich in aliphatischen Kohlenwasserstoffen und gut löslich in Tetrahydrofuran und Methylenchlorid.[5]

Reaktionen Bearbeiten

  • Eine klassische Reaktion zu anionischen Carbonylkomplexen besteht in der Basenreaktion nach Hieber. Bei dieser Reaktion greift die Base OH am Carbonyl-C-Atom an, das primäre Additionsprodukt zerfällt und das Carbonylmetallat wird gebildet. So entsteht beispielsweise HRe(CO)5.[7]
  • Setzt man Dirheniumdecarcarbonly oder dessen homologe Verbindungen Mn2(CO)10 bzw. Tc2(CO)10 mit Halogenen um, so erhält man die Carbonylhalogenide: M2(CO)10 + Hal2 → 2 HalM(CO)5. Auf diese Weise sind BrMn(CO)5, ClMn(CO)5, ClRe(CO)5 und BrRe(CO)5 etc. erhältlich.
  • Die Kombination beider genannter Verfahren dient zur Synthese gemischter Metallcarbonyle: BrMn(CO)5 + Re(CO)5 → MnRe(CO)10
  • Weitere Reaktionen beruhen auf Ligandenaustauschreaktionen und/oder thermischer oder photochemischer Behandlung der Carbonyle.

Verwendung Bearbeiten

Die Substanz wird als Startmolekül für andere Rheniumverbindungen, insbesondere für Cluster, benutzt, da die CO-Liganden leicht gegen andere Liganden ausgetauscht werden können.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Inorganic Compounds, S. 4-84.
  2. a b c d Datenblatt Dirheniumdecacarbonyl bei Alfa Aesar, abgerufen am 9. Februar 2010 (Seite nicht mehr abrufbar).
  3. a b Datenblatt Dirhenium decacarbonyl bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. Januar 2022 (PDF).
  4. W. Hieber, H. Fuchs: Über Metallcarbonyle. XXXVIII. Über Rheniumpentacarbonyl. In: Z. Anorg. Allg. Chem., 1941, 248, 256–268; doi:10.1002/zaac.19412480304
  5. a b Georg Brauer (Hrsg.) u. a.: Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band III, Ferdinand Enke, Stuttgart 1981, ISBN 3-432-87823-0, S. 1826.
  6. M. R. Churchill, K. N. Amoh, H. J. Wasserman: Redetermination of the crystal structure of dimanganese decacarbonyl and determination of the crystal structure of dirhenium decacarbonyl. In: Inorg. Chem. 1981, 20, 1609–1611; doi:10.1021/ic50219a056
  7. B. H. Byers, T. L. Brown: The characteristics of M(CO)5 and related metal carbonyl radicals; abstraction and dissociative and oxidative addition processes. In: J. Am. Chem. Soc. 1977, 99, 2527–2532; doi:10.1021/ja00450a020

Literatur Bearbeiten