Charles-Veillon-Preis

ehemaliger schweizerischer Literaturpreis

Der Charles-Veillon-Preis war ein schweizerischer Literaturpreis, der von 1948 bis 1971 jährlich verliehen wurde. Gestiftet wurde er vom Unternehmer und Mäzen Charles Veillon. Der Preis war mit 5000 Franken dotiert.

Geschichte Bearbeiten

Der Preis wurde 1947 von Charles Veillon ins Leben gerufen und 1948 erstmals unter dem Namen «Prix international Charles-Veillon» verliehen. Ab 1949 wurden zwei Preise verliehen und jeweils ein französisch- und ein italienischsprachiges Werk ausgezeichnet. Die beiden Preise hiessen nun «Prix Charles-Veillon de langue française» und «Premio Charles Veillon di lingua italiana». Ab 1954 wurde auch ein Preis für deutschsprachige Literatur verliehen, so dass nun die drei grössten Schweizer Landessprachen gleichwertig vertreten waren. Veillon bezweckte damit, die Verständigung der europäischen Nationen durch die Kultur zu befördern. Er hielt den Roman für diejenige Literaturform, die «mit dem menschlichen Stoff am unmittelbarsten umgehe und deshalb auf die Beziehungen unter den Menschen einwirke».[1]

Die Texte konnten als Manuskript eingereicht werden oder mussten im Vorjahr der Verleihung bei einem Verlag erschienen sein. (In der untenstehenden Auflistung ist das Jahr der Verleihung genannt.) Die Nationalität der Autoren spielte keine Rolle. Übersetzungen waren ausgeschlossen.[2]

Für die Vergabe des deutschsprachigen Preises war von Beginn an der Germanist und ETH-Professor Karl Schmid zuständig. Er stellte die Jury zusammen, der im Laufe der Jahre u. a. Carl Jacob Burckhardt, Werner Weber, Werner Bergengruen, Günter Eich, Albrecht Goes, Meinrad Inglin, Friedhelm Kemp, Rudolf Alexander Schröder, Franz Tumler, Max Wehrli und Carl Zuckmayer angehörten.[3] Auf Schmids Anregung hin wurden die Sitzungen der drei Jurys am selben Ort zusammengelegt.[4] Der Preis war zu seiner Zeit hochangesehen. Kurt Marti bezeichnete ihn als «bedeutendste[n] Literaturpreis, den die Schweiz zu vergeben hat». Er sei «mehr als eine Summe Geld: er ist ein Qualitätsausweis».[5]

Der italienische Preis zeichnete in den ersten zwei Jahren seines Bestehens sowohl einen Roman als auch einen bildenden Künstler aus. Danach wurde der Preis während zwei Jahren alternierend für ein literarisches und ein künstlerisches Werk verliehen; ab 1953 dann wie bei den beiden anderen Preisen nur noch für einen Roman.[6]

Für ihre Verdienste um die rätoromanische Literatur und Kultur wurden 1964 Andrea Schorta und 1967 Tista Murk mit einem Spezialpreis ausgezeichnet.[7]

Nach dem Tod von Charles Veillon im Jahr 1971 wurde der Preis eingestellt. 1975 rief die Charles-Veillon-Stiftung den «Prix européen de l’essai Charles Veillon» aus, der ein vergleichbares ideelles Ziel wie der Literaturpreis verfolgt.

Preisträger Bearbeiten

Französischsprachige Literatur Bearbeiten

Italienischsprachige Literatur Bearbeiten

Deutschsprachige Literatur Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Honos alit artes. Les dix ans du Prix Charles Veillon. Hrsg. von der Maison Charles Veillon. Lausanne 1957.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Carl Jacob Burckhardt: Der Charles-Veillon-Preis. In: Honos alit artes. Les dix ans du Prix Charles Veillon. Lausanne 1957, S. 121. Veillon selbst schreibt: «Pourquoi un roman et non un livre de philosophie? Parce que le roman travaille dans la pâte humaine et que pratiquement nous vivons de rapports d’hommes à hommes.» (Ebenda, S. 7)
  2. Honos alit artes. Les dix ans du Prix Charles Veillon. Lausanne 1957, S. 142.
  3. Thomas Sprecher: Karl Schmid (1907–1974). Ein Schweizer Citoyen. NZZ Libro, Zürich 2013, S. 206.
  4. Sprecher: Karl Schmid. S. 378.
  5. Kurt Marti: Notizen und Details 1964-2007. Kolumnen aus der Zeitschrift Reformatio. Wallstein, Göttingen 2021, S. 24.
  6. Reto Roedel: Il Premio Charles Veillon. In: Maison Charles Veillon (Hrsg.): Honos alit artes. Les dix ans du Prix Charles Veillon. Lausanne 1957, S. 62–63.
  7. Hans Krättli: Charles-Veillon-Preise (PDF; 10 MB). In: Schweizer Monatshefte 47 (1967-68), Heft 3, S. 298.
  8. Les Prix Charles Veillon. In: LeMonde.fr. 26. Februar 1955, abgerufen am 7. Oktober 2023.
  9. Prix littéraire (0711-4). In: MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  10. Prix de littérature (0871-4). In: MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  11. Prix littéraires internationaux Charles Veillon (0921-1). In: MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  12. Charles Veillon-Preis 1962. Abgerufen am 7. Oktober 2023 (französisch).
  13. [Kein Titel] Tagesschau – Téléjournal – Telegiornale vom 09.05.1964. In: MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 8. Oktober 2023.
  14. Interview mit Édouard Glissant anlässlich der Verleihung des Prix Veillon, Télévision suisse, 24. Mai 1965, abgerufen am 11. Oktober 2023 (Video, 7 Minuten).
  15. Prix littéraire Charles Veillon 1966 (1215-1). In: MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  16. Giuseppe Bonalumi, interview sur Feux croisés (Revue de presse suisse) sur le site Culturactif.
  17. Prix littéraires (0773-3) | MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  18. Prix Charles Veillon (0968-3) | MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  19. Prix littéraires internationaux Charles Veillon (1019-1) | MEMOBASE von Memoriav. Abgerufen am 7. Oktober 2023.
  20. Bio-Bibliographie Alfred Andersch (PDF), Diogenes Verlag, abgerufen am 7. Oktober 2023.