Big Two der Persönlichkeit

Das Konzept der Big Two der Persönlichkeit wurde von dem amerikanischen Psychologen David Bakan 1966 entwickelt

Das Konzept der Big Two der Persönlichkeit wurde von dem US-amerikanischen Psychologen David Bakan 1966 entwickelt. In seinem Essay „The Duality of Human Existence“ postulierte er, dass sich die Persönlichkeit von Menschen mithilfe von zwei gegensätzlichen Faktoren beschreiben lasse, die er als Handlungs- und Gemeinschaftsorientieurng charakterisierte.[1]

Die zwei Faktoren Bearbeiten

Handlungsorientierung (Agency) Bearbeiten

Das Persönlichkeitsmerkmal Handlungsorientierung und Zielstrebigkeit (Agency) wird durch die Eigenschaften Selbstschutz, Selbstverwirklichung, Selbstbehauptung, Streben nach Macht, Gefühl der Unabhängigkeit und Leistungsstreben charakterisiert.[1] Bei Personen mit einer ausgeprägten Handlungsorientierung und Zielstrebigkeit stehen unter anderem die Bewertung des sozialen Status und das Selbstkonzept im Vordergrund ihrer Persönlichkeit.[2] In Anlehnung an die englische Bezeichnung wird auch von agentischen Persönlichkeitsmerkmalen gesprochen.[3]

Gemeinschaftsorientierung (Communion) Bearbeiten

Bei der Persönlichkeitsdimension Gemeinsschaftsorientierung (Communion) steht nach der Definition von Bakan vor allem das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft im Mittelpunkt. Dieses Persönlichkeitsmerkmal ist geprägt durch Offenheit und den Drang zu zwischenmenschlichen Kontakten sowie durch soziales Handeln und Verhalten. Gemeinschaftsorientierte Persönlichkeiten streben nach dem Gefühl der Zugehörigkeit und dem Aufbau von Beziehungen.[1] In Anlehnung an die englische Bezeichnung wird hier auch von kommunalen Persönlichkeitsmerkmalen gesprochen.[3]

Den beiden Polen lassen sich bestimmte Begriffe zur Anwendung in den verschiedenen psychologischen Bereichen zuordnen: [4]

Agentische geschlechtersterotype Wörter (agency) Kommunale geschlechtersterotype Wörter

(communion)

Allgemeine Beispiele:

dominant

ehrgeizig

rational

führungskompetent

aufgabenorientiert

Allgemeine Beispiele:

freundlich

fürsorglich

hilfsbereit

sensibel

emotional

Beispiele für Stellenausschreibungen:

entscheidungsfreudig

führungsmotiviert

karriereorientiert

durchsetzungsfähig

Beispiele für Stellenausschreibungen:

kommunikativ

kooperationsfähig

teambildend

diplomatisch

* in Anlehnung an: Personalauswahl in der Wissenschaft: Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis. (2015). S. 77. Deutschland: Springer Berlin Heidelberg.

Anwendungen (Auswahl) Bearbeiten

Werbung Bearbeiten

Geschlechterstereotype Darstellungen von „kommunalen“ Frauen und „agentischen“ Männern sind in der Werbung weit verbreitet. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Werbewirksamkeit höher ist, wenn die Werbetreibenden als gemeinschaftlich und nicht als agentisch dargestellt werden.[5]

Personalauswahl Bearbeiten

Bei Stellenausschreibungen sprechen die Stereotypien Fachkompetenz versus Team- und Kommunikationsfähigkeit Männer und Frauen unterschiedlich an. Bei Stellenausschreibungen, in denen überwiegend kommunale Worte enthalten sind, zeigten Frauen größere Bewerbungsabsichten als bei solchen, die überwiegend agentische Wörter beinhalteten.[4] Werden überwiegend agentische Eigenschaften benannt, bewerben Frauen sich hingegen seltener.[6][7]

Selbstkonzept Bearbeiten

Mirjam Uchronski untersuchte das Konzept von Bakan im Rahmen der Selbstwahrnehmung und der Frage nach der Variabilität von Selbstkonzepten. Dabei wurde speziell untersucht, inwieweit agentische und kommunale Selbstbeschreibungen als feste Persönlichkeitsmerkmal angesehen werden können und inwieweit sie variabel und vom sozialen Kontext beeinflusst sind. Es zeigte sich, dass die Selbstbeschreibungen kontextabhängig sind und von Probanden funktional und kontextuell angewandt werden.[3]

Kritik und alternative Modelle Bearbeiten

Das Modell der Big Two bildet zwar grundlegende Verhaltensweisen ab, ist aber dennoch nicht für das Beschreiben und Erklären des Verhaltens und Erlebens von Individuen einsetzbar. Auch wenn Eigenschaften und Facetten wie Offenheit, Leistungsstreben und Zielstrebigkeit durch das Modell von Bakan beschrieben werden, sind die alternativen Modelle der „Big Five“ oder das Hexaco-Modell besser für das Erstellen von differential-psychologischen Persönlichkeitsprofilen geeignet.[2]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Bakan, David.: The duality of human existence : an essay on psychology and religion. Rand McNally, Chicago 1966 (openlibrary.org [abgerufen am 5. Februar 2023]).
  2. a b Big Two der Persönlichkeit – Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik. Abgerufen am 5. Februar 2023 (deutsch).
  3. a b c Mirjam Uchronski: Das agentische und kommunale Selbstkonzept: Die situative Variabilität von Selbstbeschreibungen. Dissertation, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2010. urn:nbn:de:bvb:29-opus-18505.
  4. a b Claudia Peus, Susanne Braun, Tanja Hentschel, Dieter Frey, Springer-Verlag GmbH: Personalauswahl in der Wissenschaft evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis ; mit 12 Tabellen. Berlin 2015, ISBN 978-3-662-48111-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Martina Infanger, Sabine Sczesny: Communion-over-Agency Effects on Advertising Effectiveness. In: International Journal of Advertising. Band 34, Nr. 2, 15. März 2015, ISSN 0265-0487, S. 285–306, doi:10.1080/02650487.2014.993794.
  6. Simone Burel: Die Diskriminierung steckt oft im Detail. In: Spiegel Start, 15. Juni 2021. Abgerufen am 18. Februar 2023.
  7. Clauda Peus: Stellenanzeigen: Abschreckende Wörter für Frauen. In: Wirtschaftspsychologie heute vom 31. Mai 2021. Abgerufen am 18. Februar 2023.