Josef Inwald von Waldtreu

Josef Inwald Edler von Waldtreu (* 28. Januar 1837 in Chisten; † 19. Mai 1906 in Wien[1]) war ein österreichischer Unternehmer, der Glashütten in Österreich und Böhmen gründete und betrieb.

Biographie

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Josef Inwald war ein Sohn des jüdischen Kaufmanns Nathan Inwald und hatte mindestens zwei Geschwister; über die Person der Mutter ist nichts bekannt. Mit Unterstützung des Vaters absolvierte er ein Technik-Studium.[2] 1863 heiratete er in Prag Karoline Muneles (1841–1909). Die Familie lebte zunächst in Prag, bis sie nach Wien übersiedelte; als Adresse ist Stubenring 20 bekannt. Die Eheleute bekamen sechs Kinder: Rudolf (1864-1915), Hedwig (1866–1901), Ernestine (1868–??), Paula (1869–1939) und Adele (1872–1936) , und Oskar (1874–1938).[3] Ernestine Inwald heiratete den Juristen Adolf Tritsch und war die Mutter des Schriftstellers Walther Tritsch.

1862 eröffnete Josef Inwald die Hohlglasraffinerie Rudolfsthal bei Deutschbrod und siedelte dort 14 Arbeiterfamilien an, 1874 ließ er eine zweite Raffinerie in Deutsch-Schützendorf bauen, in der bald 400 Arbeiter beschäftigt waren, die Kristallglas, Farbenglas und Beleuchtungskörper produzierten. Da sich diese beiden Standorte als nicht ausbaufähig erwiesen, folgte 1878 die Gründung einer Glasfabrik in Slichow bei Prag (Hütte, Raffinerie, Schleiferei, Malerei und Ätzerei) mit 500 Arbeitern, die sich über 30.000 Quadratmeter erstreckte und in der hauptsächlich industrielles Massenglas hergestellt wurde. Aus diesem Unternehmen entwickelte sich in den folgenden 30 Jahren „einer der wichtigsten Glashersteller Mitteleuropas“. An den beiden älteren Standorten wurden vorrangig hochwertige Produkte hergestellt. 1885 wurde die Mutterfirma von Deutschbrod nach Deutsch-Schützendorf-Polna verlegt. 1893 übernahm Inwald eine außer Betrieb stehende Glasfabrik in Podebrad, deren Arbeiterzahl bis 1898 auf 300 erhöht wurde. Die Fabrik war auf die Erzeugung von Siphonflaschen spezialisiert. 1898 wurde in Hundorf mit der Herstellung von Fensterglas begonnen.[1]

Brachte die darniederliegende böhmische Glasindustrie zu neuem Ansehen.

Das Unternehmen hatte Zweigniederlassungen in Großpriesen/Elbe und Floridsdorf bei Wien. Vertretungen und Musterlager befanden sich in zahlreichen europäischen Ländern und in Übersee. Die Ausstellungsobjekte der Firma wurden mehrfach prämiert, so anläßlich der Wiener Weltausstellung von 1873, der Pariser Ausstellung von 1878 und der Ausstellung in Triest (1882) und Teplitz (1884). 1892 war Inwald Aussteller und Mitglied der Zentralkommission für die Weltausstellung in Chicago und fungierte 1891 als Präsident der Landes-Jubiläumsausstellung in Prag. Er war Mitglied des böhmischen Landtags, langjähriger Stadtrat in Prag, Präsident des Kreditvereins der Živnostenská banka und Hauptmann und Kanzleidirektor des k.k. Privaten Bürgerlichen Infanteriekorps Prag. 1898 beschäftigte das Unternehmen, das Josef Inwald als Alleininhaber leitete, an verschiedenen Standorten rund 1200 Arbeiter und exportierte Glasartikel in die ganze Welt.[3]

Weiteres politisches und soziales Engagement. Mustergültige Arbeitersiedlungen. Prüfer etc. Sachverständiger des k.u.k. Handelsgerichtes. Ordensträger. Träger in- und ausländ. Orden, schuf mustergültige Wohlfahrtseinrichtungen für seine Arbeiter. Außerdem erhielt er das Goldene Verdienstkreuz für die Ausweitung des Außenhandels mit Glas und wurde zum Ritter des spanischen Ordens von Karl III. und zum Träger des serbischen Ordens Takovski IV.

1901 wurde Inwald und seinen Nachkommen mit kaiserlichem Diplom der österreichische Adelsstand mit dem Zusatz „Edler von Waldtreu“ verliehen.[3] Nach dem Ersten Weltkrieg nannte sich der Sohn Oskar mit Nachnamen Inwald-Waldtreu. Offensichtlich traten Rudolf und Oskar Inwald und ihre Schwester Paula zum katholischen Glauben über, Adele Inwald zum protestantischen.[1] Als Josef Inwald 1906 starb wurde er ebenso wie seine Frau wie seine Frau in der Israelitischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs bestattet.[4][1]

Beim Einmarsch der Deutschen in die Tschechoslowakei lebten von Josef Inwalds Kindern nur noch Oskar Inwald und seine Schwester Paula Herzog. Der Bruder nahm sich am 31. Dezember 1938 mit Veronal das Leben,[5]. Die Schwester starb am 14. Oktober 1939 eines natürlichen Todes.

Am 31. Dezember 1938 Suizid mit Veronal, am 2. Januar bestattet. Grabdaten Gruppe 55 A Nummer: 35. Grabnutzungsrecht bis: auf Friedhofsdauer
Weitere Personen sind in diesem Grab bestatttet
Mila Inwald
Nelly von Inwald
Maria Clara von Erös
Dorothea Maria von Erös (https://godskingdom.org/blog/series/theas-story)
Stammtafel ab Josef Inwald

Recht als Unrecht: Quellen zur wirtschaftlichen Entrechtung der Wiener Juden durch die NS-Vermögensverkehrsstelle. Teil 1: Privatvermögen, Personenverzeichnis". Wien: Österreichisches Staatsarchiv, 1993

Schicksal der Familie Inwald

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Die Villa Seilern in Bad Ischl

Josefs Sohn Oskar Inwald studierte Chemie und promovierte 1899 in Berlin; zum Thema Studien über die Zusammensetzung und die Eigenschaften von Phosphatgläsern. Ein Beitrag zur Kritik des Beinglases. Er war jedoch angeblich an der Glaserzeugung weniger interessiert, sondern pflegte kostspielige Hobbys.[6] So fungierte er als Vizepräsident des Österreichischen Automobilclubs und war Gründungsmitglied sowie ab 1934 Vizepräsident des Salzkammergut Golfclubs.[7] Er war in erster Ehe mit Meta von Wimpffen (1877–1901) verheiratet, die aus einer alteingesessenen österreichischen Militärfamilie stammte; die Eheschließung fand in Washington statt.[8] Meta Inwald starb 1901 bei der Geburt der Tochter Maria. Eine zweite Ehe ging er mit Jeanette Cornelia „Nelly“ Schaeffer (1874–1936) ein. 1923 erwarben die Eheleute für 500.000 Österreichische Kronen die „palastartige“ klassizistische Villa Seilern in Bad Ischl sowie die benachbarte Nestroy-Villa (auch Egger-Villa genannt). Nelly Inwald soll drogensüchtig gewesen sein und am 11. April 1936 an einer „Rauschgiftvergiftung“ gestorben sein.

Oskars Tochter Maria war seit den 1920er Jahren mit Géza Erös de Bethlenfalva (1901–1970) verheiratet.[9] Im Juni 1938 verfasste ein Ischler Bürger ein Schreiben: „Er [Oskar] verkehrt nur mit Juden, hauptsächlich solchen aus der Tschechoslowakei, und war häufiger Besucher des Golfplatzes in Wirling, bei dem der als Kommunist bekannte Mandl eine Funktion hatte."[10] Im Oktober 1938 verkaufte Oskar Inwald seinem Schwiegersohn die Villa Seilern, um sie vor dem Zugriff der NS-Behörden in Sicherheit zu bringen.[10] Am 10. Oktober 1938 empörte sich Anton Kaindlsdorfer, Direktor der Sparkasse Bad Ischl und NSDAP-Ortsgruppenleiter:[11] „Dieser Vertrag dient also in Wirklichkeit nur dazu, um diese wertvolle große Liegenschaft in Bad Ischl irgendwie der Familie zu sichern.“ Und er berichtete der Gestapo: „Der Jude Inwald besitzt große Fabriken im Sudetenland und ist sehr reich. Sein Schwiegersohn Géza Erös hat einen großen Lebenswandel geführt und ist für die Zukunft auch sonst von Seiten dieses Juden versorgt worden.„ [...] Es sei klar, „dass der Jude Inwald diese Liegenschaft im Werte von ungefähr RM 100 000 verkaufen muss und dass der Kaufpreis dann den Reichsbehörden jederzeit zum freien Zugriffe offensteht. Wenn der Jude Inwald ins Ausland reisen würde, dann muss er auch die Reichsfluchtsteuer bezahlen.“ [...] Auch Géza Erös sei „geistig wenigstens ebenso verjudet“ wie sein Schwiegervater und „körperlich nach den Mitteillungen ... zweifellos ein Halbjude“. Eine von Kaindlsdorfer geforderte Revision der Eigentumsübertragung wurde aber nicht durchgeführt, weder von der Gestapo noch von dem Sonderbeauftragten für die Arisierung, Wilhelm Haenel.

Gèza und Maria Erös emigrierten später in die USA, und verkauften die Villa 1951. S. 28/29. Ihre Tochter Dorothea Erös de Bethlenfalva (1927–2008). Sie schloss sich als „Schwester Thea“ der Charismatischen Bewegung an, wobei sie auch antisemitische Positionen vertrat.[12]

Nachkommen der Familie wurden Opfer des Holocaust.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b c d Edith Rigler: Inwald von Waldtreu, Josef. In: Neue Deutsche Biographie. Nr. 10, 1974, S. 177 (deutsche-biographie.de).
  2. Jiří Svatoš: Rodák od Brodu založil obří sklárnu, jejíž výrobky někdy viděl snad každý. In: vysocina-news.cz. 27. Dezember 2019, abgerufen am 13. September 2023 (tschechisch).
  3. a b c Gaugusch, Wer einmal war, S. 1235.
  4. Jüdische Grabanlagen auf dem Wiener Zentralfriedhof. In: akg-images.de. 19. Mai 1906, abgerufen am 11. Januar 2023.
  5. Sterbebuch - 03-12 | 01., St. Augustin | Wien/Niederösterreich (Osten): Rk. Erzdiözese Wien | Österreich | Matricula Online. Abgerufen am 14. Januar 2023.
  6. Arnbom, Die Villen von Bad Ischl, S. ??
  7. Salzkammergut Golfclub. Die Jahre 1933–2008. 2008, S. 14.
  8. Hof und Gesellschaft. In: Sport und Salon. 7. Juni 1900, S. 3 (onb.ac.at).
  9. Arnbom, Die Villen von Bad Ischl, S. 27.
  10. a b Arnbom, Die Villen von Bad Ischl, S. 28.
  11. Zur Person von Kaindlsdorfer: [url=https://www.derstandard.de/story/2000135494895/guenter-kaindlstorfer-gestaltete-oe1-sendung-ueber-seinen-nazi-grossvater]
  12. Thea's Story--Part 4 : God's Kingdom Ministries. In: godskingdom.org. 20. August 1968, abgerufen am 14. September 2023.

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