Jörg Wollenberg (* 30.01.1937; in Ahrensbök/Ostholstein.Ist ein deutscher Historiker, Erwachsenenbildner und Autor. Er war Hochschullehrer an der Universität Bremen. Biographie Jörg Wollenberg wuchs in Ahrensbök auf, wo sein Vater nach dem Krieg Ortsvorsteher war. Als Achtjähriger sah er am 12.April 1945 rund 500 KZ-Häftlinge durch Ahrensbök ziehen. Die Kleinstadt in der Nähe Lübecks lag am Ende eines dreimonatigen Marsches, der von Auschwitz-Fürstengrube über Mauthausen bis nach Ostholstein ging. "Ich stand an der Straße und sah diesen Elendszug", schildert Wollenberg die Eindrücke, "ausgemergelte Gestalten schleppten sich mühsam fort - es waren Skelette von Menschen." Diese Bilder lassen ihn bis heute nicht los und haben seine Forschung und Arbeit geprägt. Er studierte Auschwitz-Akten und ging individuellen Schicksalen nach.

Er studierte Geschichte, Germanistik, politische Wissenschaften und Philosophie an den Universitäten Hamburg, Göttingen und Paris. Staatsexamen für das Höhere Lehramt (1965), Promotion zum Dr. phil. (1975). Während und nach dem Studium Lehrtätigkeit an Heimvolkshochschulen. Seit 1965 pädagogischer Mitarbeiter bei den Landesarbeitsgemeinschaften für ländliche Erwachsenenbildung und bei "Arbeit und Leben" in Hannover und Göttingen (1966 1971). Leitung der Volkshochschule der Stadt Bielefeld (1971 1978), der Heimvolkshochschule Heinrich Hansen e.V. in Lage–Hörste (1974/75) und des Bildungszentrum der Stadt Nürnberg (1985 1992). Lehraufträge für Jugend- und Erwachsenenbildung an den Universitäten Frankfurt/Main und Bielefeld (1971-1981). Seit 1978 Professor für Weiterbildung mit dem Schwerpunkt politische Bildung an der Universität Bremen – bis zum Ruhestand am 1. Mai 2002.Er gehörte zu den Gründern der Gedenkstätte Ahrensbök über die KZ-Häftlinge (2001). Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung und des Widerstands, der Judenverfolgung und der NS-Kriegsverbrechen, zur Arbeit der Gedenkstätten, der Erwachsenbildung und politischen Kultur.

Ein besonderer Schwerpunkt in der Forschung von Jörg Wollenberg war es, die Geschichte der Arbeiter und ihrer Organisationen in Bremen aufzuarbeiten und dabei die Bedeutung der Bildungsarbeit für den Politisierungsprozess zu untersuchen. Neben den traditionellen Quellen wurde in enger Kooperation mit Vertretern der Arbeiterorganisationen auf das Erinnerungsvermögen von Arbeiterveteranen zurückgegriffen (Oral History-Project). Das umfangreiche Interviewmaterial bildete auch die Grundlage für die Herstellung von Lebensgeschichten (Arbeiterbiographien). Ein weiterer Schwerpunkt bestand darin, die Materialien nicht nur in Form wissenschaftlicher Darstellungen zu veröffentlichen, sondern zugleich nach Möglichkeiten zu suchen, mit diesen Materialien das historisch-politische Erinnerungsvermögen in der Bildungsarbeit der Gewerkschaften zu stärken


. Veröffentlichungen

      Richelieu. Kircheninteresse und Staatsräson, Bielefeld 1977 (französische Ausgabe: Les trois Richelieu. Servir Dieu, le Roi et la Raison, Paris 1995); ISBN- 978-3880240209
      Arbeiterbildung. Haupttendenzen der Bildungsarbeit in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Hagen 1983;
      Lernen aus verpassten Chancen. Szenische Dokumentationen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Frankfurt/M. 1984 (mit Walter Fabian u.a.);
      Von der Krise zum Faschismus. Bremer Arbeiterbewegung 1929-1933, Frankfurt a.M. 1983 (mit Lore Kleinert, Mechthild Müser und Dieter Pfliegensdörfer);
      8. Mai 1945: Neugeordneter Wiederaufbau oder verhinderte Neuordnung? Bremen 1985;
      Wie wir leben wollen. Krise der Arbeitsgesellschaft. Widerstand, Reform und Perspektiven, Hamburg 1986 (mit Peter Alheit und Gerd Lobodda);
      Licht in den Schatten der Vergangenheit. Zur Enttabuisierung der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, Frankfurt a.M. 1987 (mit Jörg Friedrich);
      Niemand war dabei und keiner hat’s gewusst. Die deutsche Öffentlichkeit und die Judenverfolgung 1933-1945, München 1989 (USA-Ausgabe: The German Public and the Persecution of the Jews 1933-1945, New Jersey 1996);
      Von der Hoffnung aller Deutschen. Wie die BRD entstand 1945-1949, Köln 1991;
      Menetekel. Das Gesicht des Zweiten Weltkriegs, Krakau 1991 (mit Peter Schönlein und Jerzy Wyrozumski, Krakau);
      Erfahrung und konkrete Utopie. Positionen – Projekte – Perspektiven zur politischen Bildung und regionalen Kulturarbeit, Nürnberg 1992;
      Den Blick schärfen. Gegen das Verdrängen und Entsorgen. Beiträge zur historisch-politischen Aufklärung, Bremen 1998;
      Völkerversöhnung oder Volksversöhnung. Volksbildung und politische Bildung in Thüringen in den zwanziger Jahren, Bremen 1998;
      Ahrensbök, eine Kleinstadt im Nationalsozialismus. Konzentrationslager – Zwangsarbeit – Todesmarsch. Bremen 2000;
      Unsere Schule war ein KZ.. Dokumente zu Arbeitsdienst, Konzentrationslager und Schule in Ahrensbök von 1930-1945, Bremen 2001.
      A Letter to Debbie. Die Befreiung des Dachauer Aussenlagers Landsberg-Kaufering. Eine Ausstellung von Yardena Donig-Youner, Bremen 2002;
      Politische Arbeiterbiographien: Käthe Popall. Ein schwieriges politisches Leben, Bremen1985; Otto Kraus. Ein IG Metaller der ersten Stunde, Bremen1987, herausgeben mit Peter Alheit;
      Ausgewählte Schriften von Theodor Lessing, herausgegeben mit Helmut Donat: „Bildung ist Schönheit“ Autobiographische Zeugnisse und Schriften zur Bildungsreform (Bd.I, 1995); „Wir machen nicht mit.“ Schriften gegen den Nationalismus und zur Judenfrage. Mit einem Beitrag von Walter Grab und Zeichnungen von Alfred Hrdlicka, (Bd.II, 1997); “Theaterseele und Tomi melkt die Moralkuh“. Schriften zu Theater und Literatur. Mit Beiträgen von Hanjo Kesting und Henning Rischbieter sowie Zeichnungen von Christoph Niess. (Bd.III, 2003);
      Freiheit, Wohlstand, Bildung für alle! Vom Buchdruckerverband zu ver.di. Ein Lese-Bilder-Buch, Hamburg 2004 (zusammen mit Arno Klönne und Karl A. Otto);
      Das Wunder von Hörste. 50 Jahre politische Bildung in Lage-Hörste, Hamburg 2004, VSA-Verlag, ISBN-978-3899650846

Mitgliedschaften

ver.di IG-Metall


Weblinks

  Literatur von und über Jörg Wollenberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Normdaten (Person): GND: 12036915X | LCCN: n80105017 | VIAF: 22970586 | Wikipedia-Personensuche Kategorien:

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  Geboren 1937
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