Liborischrein Bearbeiten


Liborischrein Bearbeiten

 
Beisetzung des Liborischreins im Dom nach der Festandacht am Dienstag

Beim Stadtbrand im Jahr 1058 war der ursprüngliche Liborischrein beschädigt worden. Dies veranlasste Bischof Imad einen Goldschrein anfertigen zu lassen.[1] Dieser wurde 1622, im Zuge der Plünderung des Doms durch den tollen Christian, eingeschmolzen[2] und teilweise zu Pfaffenfeindtalern geprägt.[3] Der heute noch in Gebrauch stehende Liborischrein ist das wichtigste Stück des Domschatzes. Der Goldschmied Hans Krako aus Dringenberg fertigte ihn 1627 über einem Kern aus Holz[4] aus vergoldetem Silber an, es wurden auch Kupfer und Bronze verwendet. Er dient zur Aufnahme der Reliquien des Liborius und wurde von dem Landdrosten Wilhelm von Westphal aus Paderborn und seiner Ehefrau Elisabeth von Loë gestiftet.[2] Der Schrein wird zum Liborifest in einer feierlichen Prozession durch die Innenstadt getragen und im Hochchor ausgestellt. Das Behältnis in Form eines einschiffigen Kirchengebäudes wurde wohl in Anlehnung an den verlorenen gegangenen Schrein aus dem Mittelalter gebaut. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand er im Schaualtar der Doms und war ganzjährige Ruhestätte der darin befindlichen Gebeine.[5]

Material und Fertigung Bearbeiten

 
Der Liborischrein von innen

Der Liborischrein ist 1,33 Meter lang, 0,52 Meter breit und 0,62 Meter hoch. Es handelt sich um eine Konstruktion aus 8 cm dicken Eichenbrettern. Diese sind außen mit 246 Silber- und Blechteilen beschlagen. Das Silbergewicht beträgt 55,64 kg. Die großen Teile sind aus Blech getrieben. Die Figuren sind teilweise gegossen. Silber- und Blechteile sind feuervergoldet. Innen ist der Liborischrein mit rotem Samt ausgeschlagen. In der Mitte existiert eine Vertiefung für die Aufnahme des Reliquienkastens aus Ebenholz. An dem Boden sind Tragelemente angebracht.[5] Eine letzte umfassende Renovierung wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgeführt, konservatorische Maßnahmen beschloss das Domkapitel 2009. Mit der Ausführung wurde der Goldschmied Thomas Schnorrenberg aus Paderborn beauftragt. Es waren Fehlstellen zu ersetzen, Lötarbeiten und Fixierungen vorzunehmen, sowie Brüche zu bearbeiten.[6]

Figuren Bearbeiten

 
Darstellung des Kalvarienberges auf dem Paderborner Liborischrein

Die auf dem Liborischrein dargestellten Personen sind inschriftlich bezeichnet und an den von ihnen mitgeführten Attributen erkennbar. Die Stirnseite zeigt, zwischen jeweils zwei Rundsäulen, in einem Rundbogen, die reliefartige Darstellung des Kalvarienberges. Im Giebelfeld darüber ist die Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm zu sehen.[2] Über dem Giebelfeld der Stirnseite stehen links Johannes der Täufer und rechts Franz von Assisi In der Mitte ist ein Firstkreuz zu sehen. Neben dem Giebel sitzen links der Evangelist Johannes und rechts der Evangelist Lukas.[7] An den Seiten des Schreines stehen jeweils sechs Figuren der Apostel in Rundbogennischen. Die Figuren von Jakobus dem jüngeren auf der rechten Seite und Matthäus auf der linken Seite sind bezogen auf die Inschriften vertauscht. Die Schrägen des Daches sind mit den Figuren der Heiligen Liborius und Kilian geschmückt. Sie werden von runden Medaillons mit den Darstellungen der vier lateinischen Kirchenväter Augustinus, Gregorius, Hieronymus und Ambrosius begleitet.[2][8] Auf der Seite des Liborius stehen zwischen Dachschräge und Seitenwand von links nach rechts Karl Borromäus, Brigida von Kildare, Maternus, Justina von Padua und Antonius von Padua. Auf der Seite Kilians stehen zwischen Dachschräge und Seitenwand von links nach rechts der Hl. Rochus, Katharina von Alexandrien, Benedikt von Nursia, Klara von Assisi und Antonius der Große. Auf dem Dachgiebel sind von der Stirn- zur Rückseite der Hl. Sebastian, Erasmus von Antiochia, Erzengel Michael, Hl. Georg und Laurentius von Rom zu sehen.[7] Die Rückseite ist neben der Stifterschrift mit 32 Ahnenwappen der Stifter versehen.[2] Der Giebel über der Stifterschrift zeigt die Krönung Mariens durch die Heilige Dreifaltigkeit. Darüber stehen links Wilhelm von Aquitanien und rechts Elisabeth von Thüringen. In der Mitte ist auch auf der Rückseite ein Firstkreuz angebracht. Neben dem rückseitigen Giebel sitzen links der Evangelist Markus und rechts der Evangelist Matthäus.[7]

Inschriften und Münzen Bearbeiten

 
Der Liborischrein, historische Ansicht aus der Zeit um 1899

Neben den inschriftlichen Bezeichnungen der Figuren sind auf der Rückseite des Liborischreins zwei weitere Inschriften zu finden. Auf der oberen steht: D.O.M. / V.M. / SANCTI LIBORII / PATRONI PADERBORNENSIS MO / NVMENTVM HOC NOVVM PRI / ORE A VESANO MILITE PER / CALAMITOSA TEMPORA INFE / LICI EXITV SVRREPTO, EIVS / HONORI ET PATRIAE HACTE / NVS DEPLORATAE INCOLVMI / TATI RESTAV / RANDIS. / VVILHELMVS VVESTPHAL / ARCHISATRAPA, ET ELISABETH / A LOE, CONIVGES FIERI FECERVNT / ANNO C | C [seitenverkehrt] | C [seitenverkehrt] C XXVII [zu lesen als MDCXXVII] (Gott, dem Größten und Besten, der Jungfrau Maria. Dieses neue Grabmal des heiligen Liborius, des Paderborner Patrons, nachdem es vorher von einem verrückten Soldaten in elenden Zeiten mit unglücklichem Ausgang gestohlen worden war, ließen, um seine Ehre und die Unversehrtheit des Vaterlandes, das bisher beweint worden war, wiederherzustellen, die Eheleute Wilhelm Westphal, Archisatrapa, und Elisabeth von Loe im Jahr 1627 anfertigen.) Darunter findet man eine zweite Inschrift: DISE ARBEIT HABE ICH HANS KRAKO ZVM DRINGENBERG GEMACHT VON SOLGEN DALER ALS HIR VNDEN BIGELACHT SIND. A. 1627. Darunter sind zwei zeitgenössische Taler befestigt. An der Vorderseite befinden sich an entsprechender Stelle zwei Pfaffenfeindtaler.[5][9]

Pfauenwedel Bearbeiten

So wie der Pfau als Attribut die Abbildungen des Hl. Liborius begleitet, wird der Liborischrein von einem Pfauenwedel begleitet. Bei den Liboriprozessionen wird der Pfauenwedel dem Schrein vorangetragen. Im Dom wird er gemeinsam mit dem Schrein gezeigt.[10][11] Da in frühchristlicher Zeit der Pfauenwedel ein nicht unüblicher liturgischer Fächer um Insekten zu vertreiben war, wird angenommen, dass die von Archdiakon Meinolf im Jahr 836 aus Paderborn nach Le Mans gereiste Delegation den Pfauenwedel dort im Gottesdienst kennenlernte und einen solchen dann zusammen mit den Reliquien nach Paderborn brachte.[12][10][13]

  1. Barbara Stambolis (1996): Libori, das Kirchen- und Volksfest in Paderborn, Eine Studie zu Entwicklung und Wandel historischer Festkultur, Münster, S. 24.
  2. a b c d e Heinz Bauer, Friedrich Gerhard Hohmann: Der Dom zu Paderborn. Bonifatius-Druckerei, Paderborn, 4., überarbeitete Auflage 1987, 1. Auflage 1968, ISBN 3-87088-529-7, S. 230.
  3. Pfaffenfeindtaler
  4. Holzkern
  5. a b c Walter Schrader: Betrachtung und Besprechung des Liborischreins, Stand: 4. August 2014. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Schrader_Liborischrein“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  6. Renovierung
  7. a b c Schrader, Walter: Modell des Liborischreins aus dem Dom zu Paderborn, Erzbischöfliches Diözesanmuseum Paderborn.
  8. Namen der Kirchenväter
  9. Josef Bernhard Nordhoff (1881): Bonner Jahrbücher. S. 127.
  10. a b Barbara Stambolis (1996): Libori, das Kirchen- und Volksfest in Paderborn. Eine Studie zu Entwicklung und Wandel historischer Festkultur, Münster, S. 20.
  11. Libori – geschichtliche Hintergründe, Stand: 5. August 2014.
  12. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Niggemeyer_9.
  13. Conrad Mertens (1873): Der heilige Liborius, sein Leben, seine Verehrung und seine Reliquien, Paderborn. in: PDF, Stand: 3. August 2014.