Retaliation
Studioalbum von Carnivore

Veröffent-
lichung(en)

1987

Label(s) Roadrunner Records

Genre(s)

Hardcore[1], Crossover[1], Thrash Metal[2]

Titel (Anzahl)

12

Länge

44:23

Chronologie
Carnivore (1985) Retaliation

Retaliation ist das zweite Studioalbum der US-amerikanischen Band Carnivore.

Entstehung Bearbeiten

Titelliste Bearbeiten

  1. Jack Daniel’s and Pizza – 0:55
  2. Angry Neurotic Catholics – 2:48
  3. S.M.D. – 2:27
  4. Ground Zero Brooklyn – 4:40
  5. Race War – 5:56
  6. Inner Conflict – 5:03
  7. Jesus Hitler – 5:17
  8. Technophobia – 3:56
  9. Manic Depression (Jimi-Hendrix-Cover) – 3:07
  10. U.S.A. for U.S.A. – 3:21
  11. Five Billion Dead – 3:02
  12. Sex and Violence – 3:51

Gestaltung Bearbeiten

Musikstil und Texte Bearbeiten

John Book von Allmusic beschrieb den Stil als Hardcore-Thrash im New Yorker Stil mit schwerem Punk-Einfluss und harschen Texten über die gegenwärtige Welt, wofür er Race War und Inner Conflict als Beispiele nannte. Das Album sei wie eine punkigere Version von Slayer.[2] Holger Stratmann vom Rock Hard rezensierte eine Version ohne Texte und LP-Cover, ihm schien es jedoch so, „als daß die Band ihren textlich eingeschlagenen Weg weiter verfolgt. Es wird mit ‚starken‘ Sprüchen, menschenverachtenden Formeln und möglichst perversen, brutalen und provozierenden Ausdrücken nur so um sich geworfen. Als Beispiele seien hier nur mal Titel wie ‚Jesus Hitler‘ und ‚Sex And Violence‘ genannt. Derartiges Vokabular zieht sich wie ein roter Faden durch die LP, und auch das Intro (jemand kotzt auf dem Klo) zeigt, daß die Band sich so widerlich wie möglich geben will.“ Die Musik sei „guter, energievoller Hardcore“.[1] Götz Kühnemund vom Metal Hammer/Crash zählte Carnivore zu den „härtesten und brutalsten Bands überhaupt“. Im Gegensatz zum Debüt Carnivore, das „zwar nicht weniger rauh, jedoch sehr viel Metal-orientierter ausgefallen war“, gebe sich die Band auf Retaliation „einen stellenweise deutlichen Crossover-Anstrich. Obwohl nach wie vor langsame, schleppende Passagen eingestreut sind, treten Carnivore inzwischen verstärkt aufs Gaspedal und verlieren dadurch meiner Meinung nach an Originalität.“ Er schrieb in Bezug auf den Titel des Albums: „daß diese Vergeltung im politisch rechtsradikalen Sinne zu verstehen ist, wird beim Anhören der Platte sehr schnell deutlich“. Textlich gehe „das Trio auf dieser Scheibe um einiges radikaler zur Sache. Zwar sind die Lyrics zu Songs wie ‚Race War‘ oder ‚Jesus Hitler‘ so geschickt verfaßt, daß ihre politische Aussage nicht sofort ersichtlich ist, doch in Verbindung mit der Musik wird das Ganze sehr schnell klar.“[3] Die Redaktion des Magazins schrieb, die Band ziehe Parallelen „zwischen der Radikalität der Religionen Christentum und Nationalsozialismus“, trete „für eine rigide Rassenpolitik“ ein, beschwöre „die amerikanische Größe“ und lege „einen nahezu missionarischen Eifer an den Tag“.[4] Einige Leser waren der Ansicht, die Texte seien ironisch gemeint gewesen. Gegenüber Kühnemund gab Peter Steele an, er glaube an die Demokratie und sei „total gegen Kommunisten, Liberale und Linke“, diese „sollte man restlos ausrotten“. Auch die Linksgerichteten unter den Skinheads „sollte man aus dem Weg räumen - genauso wie die verdammten Hippies und Peace-Punks“. Die Mitglieder der Band seien „keine Faschisten, sondern Pro-Amerikaner; wenn Du echte Patrioten allerdings als Faschisten bezeichnest - okay, dann sind wir halt welche!“[5] Die Redaktion schrieb in derselben Ausgabe, es sei es der Band nicht gelungen, davon zu überzeugen, dass sie anders sei als ihr Ruf. Die Musiker hätten gegenüber Kühnemund „noch einmal“ bestätigt, „daß sie als ‚echte‘ Amerikaner halt auch Rassisten und Faschisten seien“, obwohl Steele keine eindeutigen entsprechenden Aussagen von sich gab.[6] Laut Ingo Taler beschäftigt sich das Album „thematisch wie sein Vorgänger Carnivore thematisch mit Krieg und dem ‚Kampf ums Überleben‘“, stelle aber ihre „vom Sozialdarwinismus geprägten Botschaften in einen deutlicheren Kontext“.[7] Das Autorenkollektiv wirft der Band vor, „politische Agitation“ zu betreiben.[8]

Taler schrieb, in Race War beziehe Carnivore „Stellung für einen ‚Kampf für die weiße Rasse‘“ und propagiere „einen biologisch motivierten Rassismus, in dem Ressentiments als biologisch begründete Eigenschaft des Menschen betrachtet werden, mit denen sich die Menschheit selber zu Grunde richtet“. Die Band knüpfe mit ihrer „vorgeschlagenen ‚Problemlösung‘ der räumlichen Trennung von verschieden [sic!] Ethnien […] inhaltlich an politische Forderungen der extremen Rechten an, wie sie beispielsweise von der südafrikanischen Burenorganisation Afrikaaner Weerstandsbewegung [sic!] als Befürworter eines rassistischen Apartheimsregime [sic!] gefordert wird“.[7] Den Vorwurf, Rassismus zu befürworten, bezeichnete Steele als Quatsch, denn die Band behandle jeden gleich: „Wir hassen sie, egal welche Hautfarbe, alle!“[5] Rev. Thomas Thorn, der das Lied mit der Band Wolfen Society coverte, betonte, die Entscheidung habe ausschließlich auf dem misanthropischen Inhalt und dem cleveren satirischen Text bezüglich des inneren Drangs des Menschen, sich selbst zu zerstören, basiert. Weder das Lied noch dessen Titel seien ein Ruf zu den Waffen oder eine Bezugnahme auf Pogrome, im Gegenteil illustriere es die Lächerlichkeit und Sinnlosigkeit einer solchen Haltung. Thorns bezog sich auf die Textstelle „EVERYBODY’s going to die“, es sei kein Sieg impliziert und alle Rassen würden mit gleichem Hohn behandelt. Er sei ein Freund des Komponisten Peter Steele und kenne diesen als Misanthropen, der mit Sicherheit nicht auf der Grundlage von Rasse oder Ethnizität diskriminiere.[9]

Jesus Hitler handelt vom „Doppelwesen Jesus Hitler/Adolf Christ“ als Resultat der Vergewaltigung einer Nonne durch einen Nationalsozialisten. Dieses „schwankt […] zwischen seiner Rolle als Befreier und Vernichter der Juden“, laut Taler „überwiegen die positiven Bezüge zum Nationalsozialismus, in dem zur Reinhaltung der Rasse zur Eugenik und zum Schwören auf das Hakenkreuz aufgerufen wird“. Tatsächlich wird zum Schwören auf das „Swazafix“, ein Wortspiel mit Swastika und Kruzifix, aufgerufen, und auch das Wortspiel „Nazolics“ mit „Nazis“ und „Catholics“ wird von Taler nicht aufgelöst, sondern bloß mit „Nazis“ erklärt.[10] Der Text zu Jesus Hitler zeigte laut Steele „die Parallelen zwischen Christentum und Faschismus auf, denn beide Lebensphilosophien sind radikal: Do or die!“ Die Hitlerrede habe Carnivore „nur deshalb gewählt, weil sie zum Song paßt“.[5] Frank Albrecht vom Rock Hard schrieb in einem Konzertbericht, dass die „Schwachköpfe“, die beim Intro dieses Lieds den Hitlergruß zeigten, unterstrichen damit „nur, dass sie zu dumm sind, den Zynismus in diesem Text zu verstehen“. Taler warf ihm vor, er trage „mit seinem Kommentar dazu bei, dass sich die Band weiterhin als missverstandene Künstler inszenieren kann, ohne sich näher mit ihrem problematischen Image auseinander zusetzten [sic!] und eine Verantwortung dafür übernehmen zu müssen“.[11]

In U.S.A. for U.S.A. bekannte die Band sich laut Taler „in ähnlich xenophober Form wie M.O.D. zum Patriotismus“, das Lied sei eine „rassistische Kampfansage gegenüber unzufriedenen Immigranten, die sie auch in den Kontext von Terrorismus stellen“.[12] In Sex and Violence propagiere die Band „ein vom Sozialdarwinismus geprägtes Weltbild des ‚Recht des Stärkeren‘, das Vergewaltigung und Mord legitimiert und dazu aufruft“.[7]

Rezeption Bearbeiten

Stratmann schrieb, es sei „[g]anz gleich“, wie das Auftreten Carnivores gemeint sei, seines Erachtens sei „die Grenze des Zumutbaren […] erreicht“. Die Musik sei gut, er empfahl Lesern, sie sollten sich vor dem Kauf vergewissern, ob sie Bands wie Carnivore wirklich unterstützen wollten oder „ob es (gerade im Hardcore/Crossover-Bereich) nicht Bands gibt, die gleichwertige Musik mit etwas mehr Intelligenz verbinden“.[1] Kühnemund vergab aufgrund der Texte zwei von sieben Punkten, so gut die Band auch sein möge.[3] Book bezeichnete Retaliation als Carnivores bestes Album.[2]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Holger Stratmann: Carnivore. Retaliation. In: Rock Hard. Nr. 22 (rockhard.de [abgerufen am 26. September 2014]).
  2. a b c John Book: Retaliation - Carnivore. Allmusic, abgerufen am 17. Februar 2015 (englisch).
  3. a b Götz Kühnemund: Carnivore. Retaliation. In: Metal Hammer/Crash. Nr. 11. Rockteam Medienproduktions GmbH & Co.KG, Dortmund November 1987, S. 49.
  4. Die Redaktion: Terminal. Das aktuelle Thema. In: Metal Hammer/Crash. Nr. 1. Rockteam Medienproduktions GmbH & Co.KG, Dortmund Januar 1988, S. 3.
  5. a b c Götz Kühnemund: Carnivore. Ironie oder bitterer Ernst? In: Metal Hammer/Crash. Nr. 1. Rockteam Medienproduktions GmbH & Co.KG, Dortmund Januar 1988, S. 129.
  6. Die Redaktion: Vorwort. In: Metal Hammer/Crash. Nr. 1. Rockteam Medienproduktions GmbH & Co.KG, Dortmund Januar 1988, S. 42.
  7. a b c Ingo Taler: Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption. reihe antifaschistischer texte/UNRAST-Verlag, Hamburg/Münster 2012, ISBN 978-3-89771-821-0, S. 56.
  8. Ingo Taler: Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption. reihe antifaschistischer texte/UNRAST-Verlag, Hamburg/Münster 2012, ISBN 978-3-89771-821-0, S. 55.
  9. News. Wolfen Society, 2004, archiviert vom Original am 5. November 2008; abgerufen am 19. Februar 2015 (englisch).
  10. Ingo Taler: Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption. reihe antifaschistischer texte/UNRAST-Verlag, Hamburg/Münster 2012, ISBN 978-3-89771-821-0, S. 56 f.
  11. Ingo Taler: Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption. reihe antifaschistischer texte/UNRAST-Verlag, Hamburg/Münster 2012, ISBN 978-3-89771-821-0, S. 58.
  12. Ingo Taler: Out of Step. Hardcore-Punk zwischen Rollback und neonazistischer Adaption. reihe antifaschistischer texte/UNRAST-Verlag, Hamburg/Münster 2012, ISBN 978-3-89771-821-0, S. 55 f.

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