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Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone in Schussposition

Allgemeine Angaben
Militärische Bezeichnung 四式基筒双連二十粍高射機関砲
Entwickler/Hersteller Heeresarsenal Tokyo
Entwicklungsjahr 1943-1944
Produktionszeit 1944 bis 1945
Stückzahl ca. 500
Waffenkategorie Maschinenkanone
Mannschaft 8
Technische Daten
Rohrlänge 1,4 m
Kaliber 20 mm
(Munition: 20×142 mm)
Kaliberlänge L/70
Drall rechts
Gewicht in
Feuerstellung
350 kg
Kadenz 240 Schuss/min
Höhenrichtbereich −5° bis +85 Winkelgrad
Seitenrichtbereich 360°
Ausstattung
Ladeprinzip Gasdrucklader
Munitionszufuhr Kastenmagazine mit 20 Schuss

Die Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone (japanisch 四式基筒双連二十粍高射機関砲 yon shiki niju miri kōsha kikanhō) war eine Zwillings-Maschinenkanone für die Flugabwehr, die vom Kaiserlich Japanischen Heer ab 1943 entwickelt und 1944 (Jahr 2604 nach dem Kōki-Kalender, daher die Jahreszahl der Benennung) offiziell eingeführt wurde. Eingesetzt wurde sie von 1944 bis 1945 beim Heer und dem Heeres-Seekommando.

Hintergrund Bearbeiten

1937/38 erbeutete das Kaiserlich Japanische Heer im Rahmen des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges im Raum Shanghai/Nanking mehrere von Deutschland an die chinesische Nationalrevolutionäre Armee gelieferte 2-cm-Flak 30. Einige Geschütze wurden umgehend nach Japan geschickt und intensiv getestet. Dabei erwiesen sie sich der zu der Zeit in Entwicklung befindlichen Typ 98 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone vor allem im Hinblick auf Stabilität und Präzision als leicht überlegen. Daher wurde 1941 entschieden, eine mögliche Verwendung der als Typ Ra Mobile 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone bezeichneten Geschütze zu prüfen. 1942 war zudem klar, dass das Kaliber 20 mm mit seiner begrenzten Zielwirkung bald nicht mehr ausreichend für einen erfolgreichen Einsatz gegen die immer besser gepanzerten und immer schnelleren Gegnerflugzeuge war. Um trotzdem eine gewisse Zielwirkung entfalten zu können, musste zumindest die Kadenz der Geschütze höher werden. Daher entstand aus der Typ 2 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone auch eine experimentelle, doppelrohrige Version auf der gleichen Unterlafette und unter der Entwicklungsbezeichnung 20-mm-Zwillings-Flugabwehrmaschinenkanone So-Ki 1 eine Version mit Pivot als Unterlafette zur Verwendung im Experimentellen Flugabwehrpanzer Nummer 3 So-Ki [1]

Entwicklungsgeschichte Bearbeiten

Mitte 1943 wurde beschlossen, aus der bereits vereinfachten Version So-Ki 1 eine noch weiter vereinfachte Version für den Einsatz im Objektschutz und auf Schiffen zu entwickeln. Die Entwicklungsbezeichnung war 20-mm-Zwillings-Flugabwehrmaschinenkanone So-Ki 4. Die Geschütze sollten aus zwei parallel an einer Achse befestigten 20 mm Maschinenkanonen auf einem mittelhohen Pivot mit einfachem Richtmechanismus mit Kreiskornvisier für einen Schützen bestehen. Das Richten sollte auf Sicht nur durch Muskelkraft des Schützen erfolgen. Dazu musste das Gewicht der Oberlafette so weit wie möglich reduziert werden.

 
Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone mit hohem Richtwinkel, Ansicht von hinten

Bis Mitte 1944 waren die Entwicklungsarbeiten weitestgehend abgeschlossen. Zugleich wurde die Luftsituation immer problematischer. Daher wurde seitens des Heeres die umgehende Einführung als Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone beschlossen.

Technik Bearbeiten

Waffe Bearbeiten

Das Geschütz besteht aus vier Hauptteilen:

Jede der parallel angeordneten Waffe hatte ein Rohr mit einer Länge von 1400 mm (Kaliberlänge L/70). Der Gasabnehmer für den Lademechanismus nach dem System Hotchkiss setzte knapp vor der Hälfte des Laufes an. Der Lauf konnte bei Bedarf durch einen Bajonettverschluss am Gehäuse schnell ausgetauscht werden. Unter den Gehäusen war zudem jeweils eine Schulterstütze. Zwischen den Waffen waren ein einfaches Kreiskornvisier und ein vertikal angeordneter Handgriff mit Druckknopf auf dem oberen Ende angebracht. Mit dem Handgriff und den Schulterstützen konnten die beiden durch eine Querstange im Schwerpunkt verbundenen Waffen samt Oberlafette mit der Körperkraft des Schützen ausgerichtet und nachgeführt werden. Der Druckknopf diente als Abzug und wurde bei diesem Geschütz mit der rechten Hand bedient. Die Munitionszufuhr erfolgte durch je ein nach vorn gebogenes Kastenmagazin für 20 Schuss in der Mitte der Gehäuse von oben.

Die Oberlafette bestand aus einer Grundplatte mit einem u-förmigen Stahlbalken als Halterung für für die Querstange und einem darunter angeschweißten Führungsring als Auflage für den Pivot der Unterlafette. Dieser wurde beim Instellungggehen auf einer vorbereiteten Bettung aus Beton oder Holz festgeschraubt.

Munition Bearbeiten

Die Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone verwendete die gleiche Munition wie die Typ 98 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone mit Ausnahme des veralteten und aus der Produktion genommenen Typ 98 20 mm Sprenggeschosses mit Leuchtspur. Somit konnten drei bis zu 10 cm lange Geschosse verschiedener Art verwendet:

Die Leuchtspurladungen wurden jeweils beim Abschuss durch das abbrennende Treibladungspulver gezündet. Die Zerlegerladung wurde, soweit vorhanden, jeweils durch eine kurze Schwarzpulver-Verzögerungsladung kurz vor dem Ausbrennen von des Leuchtspursatzes ausgelöst.[2]

Bezeichnung Bild Gewicht Sprengstoff Zünder
Geschoss Sprengstoff
Typ 100 20 mm Sprenggeschoss mit Leuchtspur und Zerleger   133,25 g unbekannt Hexogen (Sprengladung und Zerlegerladung) Typ 100 Aufschlagzünder
Typ 100 Modell 2 Brandgeschoss mit Leuchtspur und Zerleger   127,00 g unbekannt Hexogen (Zerlegerladung) Typ 100 Aufschlagzünder
Typ 100 panzerbrechendes Geschoss mit Leuchtspur   155,93 g keine Sprengladung installiert massives Geschoss ohne Sprengladung kein Zünder notwendig

[2]

Die Verwendung der Typ 98 Sprenggeschosse mit Leuchtspur wurde im Juli 1942 offiziell verboten. Zudem gab es zu diesem Zeitpunkt auch Probleme mit der Qualität der ausgelieferten Munition.[3]

Die Kartusche war bei allen Geschossen die gleiche. Sie war aus Messing und 14,2 cm lang bei einem Basisdurchmesser von 2,845 cm. Das Leergewicht lag bei 208,3 g. Die Treibladung bestand aus 58,9 g in gekörntem, graphitiertem, rauchlosem Pulver.[2]

 
Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone bei der Einführung der Besatzung an das Geschütz an Bord eines Schiffes des Heeres-Seekommandos

Produktion und Einsatz Bearbeiten

Ursprünglich war geplant, neben dem Umbau erbeuteter Geschütze eine größere Anzahl selbst zu fertigen. Dazu wurden die Seitenteile der Oberlafette vereinfacht und aneinander angeglichen. Aufgrund des damit verbundenen Aufwands und dem bereits beginnenden Rohstoffmangel ist eine eigene Fertigung jedoch nicht erfolgt. Zudem hätte die Produktion der Typ 98 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone darunter gelitten. Insgesamt wurden daher nur etwa 16 der Geschütze aus China entsprechend umgerüstet.

Der Einsatz erfolgte in zwei unabhängigen Maschinenkanonen-Kompanien zu je sechs Geschützgruppen, einem Messzug und einem Munitionszug. Das Feuerleitsystem war so konzipiert, dass alle wesentlichen Elemente wie Kommandogerät, Messgeräte und die 220-V-Generatoren entweder fest auf Typ 94 3-t-Anhängern montiert oder auf Anhänger oder Lastkraftwagen verladbar waren Der Einsatz der Kompanien erfolgte bis Kriegsende je nach Luftlage in der Nähe besonders wichtiger Fertigungsanlagen im Bereich der Heimatinseln Japans. [1]

Varianten Bearbeiten

  • Die erste Version der Typ 2 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone war noch zur Verwendung an der Front optimiert. Sie hatte ein einfaches Kreiskornvisier an Stelle der deutschen Flugabwehrvisiere. In dieser Konfiguration sind einige Erprobungen gemacht worden. Am Ende stand eben die Entscheidung, sie als Geschütze in der Heimatverteidigung einzusetzen.
  • Für die Serienfertigung wurde eine Version mit vereinfachten Seitenteilen an der Oberlafette getestet. Diese hatten am hinteren, oberen Ende auf beiden Seiten gleich lange Verlängerungen. Rechts war das Handrad zur Höhenrichtung, links die Visiere montiert.
  • 1942 wurde zusätzlich mindestens ein Prototyp einer Version mit zwei nebeneinander montierten Waffen unter der Bezeichnung Experimentelle 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone gefertigt. Dazu wurden zwei Typ 98 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanonen ohne Unterlafette auf eine runde Bodenplatte mit größerem Durchmesser montiert. Sie wurden fest mit einer vertikal drehbaren Achse miteinander verbunden. Die Achse war rechts und links in je der äußeren, auf der Bodenplatte verschweißten, fünfeckigen Seitenplatte aus Stahl befestigt. Der Höhenrichtmechanismus war zwischen den Waffen in einem Stahlkasten montiert. Dieser hatte an den hinteren, oberen Enden Verlängerungen. An diesen saß rechts das Handrad für den Höhenrichtmechanismus und links war dort das Flugabwehrvisier angebaut. Der Höhenrichtmechanismus wirkte gleichmäßig auf die gebogenen Zahnstangen unterhalb beider Waffen. Der Schütze saß in einem Sitz mit Rückenlehne hinter den Waffen. Vor ihn war ein Handrad für die Seitenrichtung auf einem schmalen Pivot montiert. Die Unterlafette wurde unverändert von der 2-cm-Flak 30 übernommen. Zu einer Produktion ist es nicht gekommen.[4]
 
Typ 4 20-mm-Zwillings-Flugabwehr-Maschinenkanone mit Bedienmannschaft auf einem Schiff des Heeres-Seekommandos
  • Es gibt Hinweise darauf, dass auch die Fertigung eines Prototypen einer Version mit vier Waffen analog zum 2-cm-Flak-Vierling 38 begonnen worden sein soll. Es ist jedoch unbekannt, ob dieser fertig gestellt wurde.[5]
  • 1943 entstand aus der Zwillingsversion eine Version mit zwei Waffen, deren Achse auf ein Pivot als Unterlafette montiert war. Diese erhielt die Entwicklungsbezeichnung Experimentelle 20-mm-Flugabwehr-Maschinenkanone So-Ki I und diente unter anderem zur Bewaffnung des Prototypen des Experimentellen Flugabwehrpanzers Nummer 3 So-Ki. Da keine Einführung erfolgte, wurde auch keine offizielle Benennung vergeben.[6]

Nachfolger Bearbeiten

  • Zuletzt entstand 1944 mit der fest eingebauten Typ 4 20-mm-Flugabwehr-Zwillingsmaschinenkanone eine weitere Version mit zwei parallel montierten Waffen, basierend auf dem So-Ki I-Geschütz. Zu diesem Zeitpunkt war das Kaliber 20 mm aber fast wirkungslos geworden. Trotzdem wurde noch etwa 500 dieser Geschütze gefertigt.
  • Ab 1944 stieg das Heer in Vorbereitung für den Endkampf in geringem Umfang auch noch auf die etwas stärkere Typ 96 25-mm-Maschinenkanone der Marine um.

Literatur Bearbeiten

  • Sayama Jirō: Fliegerabwehrmaschinenkanonen und Festungsartillerie der japanischen Armee (= Kojinsha NF Bunko). 1. Auflage. Kojinsha, Tokyo 2012, OCLC 816909675 (japanisch: 日本陸軍の火砲 機関砲 要塞砲 続.).
  • Sayama Jirō: Einführung in die Rüstung: Gründliche Erforschung mechanisierter Einheiten (= Kojinsha NF Bunko). 1. Auflage. Kojinsha, Tokyo Oktober 2002, OCLC 676038583 (japanisch: 機甲入門 機械化部隊徹底研究.).
  • Diverse: Less Known Army Ordnance of the Rising Sun. In: Ground Power Magazine Special Issue. Band 1. Galileo Publishing, Tokyo Januar 2005.
  • Diverse: Less Known Army Ordnance of the Rising Sun. In: Ground Power Magazine Special Issue. Band 2. Galileo Publishing, Tokyo Januar 2005.
  • Kawahara Naoichi, Adjutant im Heeresministerium: Verbot der Verwendung der Typ 98 Sprenggeschosse mit Leuchtspur und der Typ 100 Sprenggeschosse mit Leuchtspur und Zerleger. Heeresministerium des Kaiserreichs Japan, Tokyo Juli 1942 (Textarchiv – Internet Archive – japanisch: 98式高射機関砲弾薬100式曳光自爆榴弾使用禁止に関する件. Japanisches Zentrum für Asiatische Aufzeichnungen (JACAR) Katalognummer C01005295000).
  • TM 9-1985–5 Japanese Explosives Ordnance. Army 20 mm ammunition. In: US-Department of War (Hrsg.): War Department technical Manual. TM 9-1985-5. Washington D.C. 1953, OCLC 799723321, S. 280 bis 286 (Textarchiv – Internet Archive).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Sayama Jirō: Fliegerabwehrmaschinenkanonen und Festungsartillerie der japanischen Armee. S. 89–91.
  2. a b c US War Department: TM 9-1985–5: Japanese Explosives Ordnance. S. 280–286.
  3. Kawahara Naoichi, Adjutant im Heeresministerium: Verbot der Verwendung der Typ 98 Sprenggeschosse mit Leuchtspur und der Typ 100 Sprenggeschosse mit Leuchtspur und Zerleger. S. 2.
  4. Sayama Jirō: Fliegerabwehrmaschinenkanonen und Festungsartillerie der japanischen Armee. S. 116–118.
  5. Sayama Jirō: Einführung in die Rüstung: Gründliche Erforschung mechanisierter Einheiten. S. 411–414.
  6. Sayama Jirō: Fliegerabwehrmaschinenkanonen und Festungsartillerie der japanischen Armee. S. 119–120.

Kategorie:Maschinenkanone (Kaiserlich Japanische Armee) Kategorie:Flugabwehrwaffe aus dem Zweiten Weltkrieg Kategorie:Flugabwehrkanone (Kaiserlich Japanische Armee)