Dank einem Stipendium von Wikimedia Deutschland konnte ich nach London 2014 und Esino Lario 2016 auch 2017 wieder an der internationalen Wikimedia-Konferenz Wikimania teilnehmen, die diesmal in Montreal Kanada stattfand. Da ich nach der Konferenz und meiner anschließenden USA-Reise ziemlich bei WikiLovesMonuments ein gespannt war, möchte ich jetzt noch mit etwas Verspätung zusammenfassen, wie ich die Konferenz erlebt habe und was sich daraus später daraus ergeben hat:

Event und Location

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Atmosphäre und Setting der Konferenz unterschieden sich grundlegend vom Vorjahr. Während die Wikimania 2016 ein ganzes Bergdorf zum Leben erwecktet und man die meiste Zeit draußen verbrachte - ein Konzept was bei Teilnehmern wie Bewohnern sehr gut ankam - war 2017 ein wieder mal Konferenzhotel mit fensterlosen Tagungsräumen angesagt.

Da wir Stipendiaten jeweils zu zweit Zimmer weiter oben im selben Gebäude untergebracht waren, waren die Wege natürlich kurz und die Konferenz sehr kompakt. Neben dem great ball room verteilten sich die verschiendenen Talks auf Räume in drei Stockwerken, die durch Rolltreppen verbunden waren (die seltsamerweise am Tag mehrfach die Richtung wechselten). Und da auch das Essen sowie (das ziemlich karge) Frühstück im Sheraton eingenommen wurde, hätte man das Gebäude eigentlich garnicht verlassen und den Rest der Stadt ignorieren können.

Was wir natürlich nicht getan haben - dafür ist Montreal mit seiner Mischung aus europäischen und nordamerikanische, aus französischen und angelsächsichen Einflüssen einfach viel zu lebendig und interessant. Das Hotel liegt ziemlich zentral, so dass es auch später Abends kein Problem irgendwo ums Ecke ein Bier (zu horrenden kanadischen Preisen) zu trinken.

Das Gruppenbild der Hackthon-Teilnehmer - auf dem ihr mich nicht finden werdet, weil ich auf der anderen Seite der Kamera stand.
Ich war bereits Anfang der Woche angereist, um mich vor der Konferenz etwas zu akklimatisieren und am Wikimania-Hackathon teil zunehmen. Für mich war es der erste solche Hackathon, so dass es wenig verwunderlich ist, dass ich von den Dingen die ich eigentlich vor Ort programmieren wollte, nichts wirklich programmiert habe, weil ich voll auf damit beschäftigt war, mich in der vielfältigen MediaWiki-Technik-Welt zu orientieren und mir Ansprechpartner für die ganzen Vorhaben zu suchen, mit denen ich schon länger schwanger gehe. Von daher war die wichtigste Veranstaltung für mich die, in der sich die verschiedenen Ansprechpartner und Bereiche vorstellten und bei der sich viele interessante Gespräche ergaben, die mir auch bei der (zum großen Teil noch laufenden Umsetzung) meiner Ideen halfen. Hier ein paar Beispiele:
  • Eine einfache Möglichkeit Diskussionseiten zu editierten, ohne dafür einen kompletten Systemwechsel zu Flow vornehmen zu müssen. Beim 2017 Community Wishlist Survey konkret vorgeschlagen aber leider als out of scope abgelehnt. In der en.WP gibt es aber ein Gadget, dass genau das tut, was ich mir vorgestellt habe und dass man definitiv weiter entwickeln und hierzu Wiki zur Verfügung stellen sollte.
  • Im Wiki endlich vernünftige StyleSheets zu verwenden wird hoffentlich bald dank der TemplateStyles-Extension Realität. Die Notwendigkeit hierfür wurde (zurück in Deutschland) auch bei diversen anderen Gelegenheiten thematisiert - etwa bei der WLM-Planung oder dem Onboarding-Workshop. Hierzu ist aber noch ein Community-Entscheid nötig, den ich zusammen mit Raymond in nächster Zeit anstoßen will.
  • Eine konsistente Style-Bibliothek für MediaWiki bleibt wohl leider vorerst ein schöner Traum. Zwar habe ich bei der Wikimania genauso wie bei den beiden Wishlist-Umfragen viel Zuspruch dafür bekommen, aber es sieht wohl aktuelle niemand bei der WMF die Möglichkeit das zu implementieren. Überhaupt habe ich in Montreal und später die Erfahrung gemacht, dass es bei der WMF in Design und Gui-Fragen leider keine Richtung und scheinbar noch nicht mal wirklich einen Zuständigen gibt.
  • Mein Script zum ausblenden nerviger Nutzer-Kommentare ist in Montreal auf unerwartet reges Interesse gestoßen. Ich hatte es eigentlich nur als Implementierungsbeispiel für eine Technik zum Erkennung von Diskussionsabschnitten erwähnt, wurde dann aber postwendend an das Anti-Harassment-Team verwiesen, das dieses mit der Echo-Mute-Funktion kombinieren wollte. Ich habe ehrlich gesagt nicht weiterverfolgt was daraus wurde.

Alles in allem war der Hackathon eine spannenden neue Erfahrung, wenn auch nicht so produktiv, wie ich mir das erhofft hat. Für zukünftige Hackathons nehme ich mit, dass man am besten von vorher klärt mit wem man dort was angeht, damit man sich dann tatsächlich den technischen Knackpunkten widmen kann.

Ein Gruppenbild der Teilnehmer gab es zum Abschluss natürlich auch. Wobei ich hier spontan mit dem SuperWeitwinkel von WMDE als Photograph einspringen durfte, weil der eigentliche Photograph mit seiner Kamera nicht alle aufs Bild bekam.

Wie schon in Esino hatte ich auch für Montreal einen Session-Vorschlag eingereicht. Leider fand das mMn wichtige Thema "Wiki Usability – the low hanging fruits" nicht den Weg ins offizielle Programm, so dass ich während er offiziellen Konferenz einfach nur Teilnehmer war, ohnen einen eigenen Vortrag im Hinterkopf haben zu müssen. Und das hat ja auch was...

Die wichtigsten Sessions finden bei der Wikimania (wie eigentlich bei allen vernünftigen Konferenzen) ja auf dem Flur statt. Zufällige Treffen und das Weiterdiskutieren nach den eigentlichen Sessions lieferten eine Vielzahl von Einblicken und Kontakten, die man hier gar nicht alle aufzählen kann.

So will ich mich denn im Folgenden auf die echten Sessions beschränken und kurz zusammenfassen, welche davon für mich eine praktische Relevanz hatten:

Beim heiß geliebten und trotz VisualEditor nicht tot zu kriegenden WikiText und vor allem in den zugehörigen Editoren stehen einige größere Änderungen an, die in Montreal vorgestellt und heiß diskutiert wurden. Insbesondere die anfänglichen Performanceprobleme des neuen WikiText-Editors sorgte für Kritik. Ist der dem VE-ähnlich Look wirklich diese Ladezeit wert? Auch wurde dort über die unübersichtliche Vielzahl der verfügbaren Editoren geklagt, die u.a. entsprechende Hilfeseiten ziemlich schwierig macht.

Der neue WikiText-Editor und das Syntax-Highlighting mittlerweile als Beta-Features verfügabar und können so ausprobiert werden. Beide gleichzeitig zu aktivieren funktioniert zumindest bei mir leider nicht.

Das Logo des IABots

Auch wenn es aus Sicht des deutschen Urheberrechts juristisch nicht ganz unbedenklich ist, leistet archive.org einen sehr wichtigen Beitrag als Gedächtnis des Internets, von dem nicht zu letzt die Wikipedia profitieren kann. Mark Graham(der Direktor der Wayback-Machine) und Wendy Hanamura (die für Kooperationen zuständig ist) stellten Ihre Organisation in einem launigen Vortrag vor und zeigten auf, wo archive.org heute schon in der Wikipedia genutzt wird und welche automatisierten Möglichkeiten die Zukunft bietet.

Von Speziellem Interesse für die Deutsche Wikipedia war dabei der InternetArchiveBot der sich (halb-)automatisiert um das reparieren toter Links in Quellenangaben kümmert, hierzu-wiki aber noch kein Bot-Flag hat und kritisch beäugt wurde. Insbesondere mein Wikimania-Mitbewohner Cirdan hat sich dieser Sache angenommen, so dass zwischenzeitlich ein Meinungsbild stattfand, dass erfolgreich war und nun den Einsatz dieses Bots legitimiert.

Die WMF Geschäfstsführerin Katherine Maher und das Board-Mitglied Christophe Henner stellten in einer ausführlichen Veranstaltung im großen Saal die neue Strategie der Wikimedia Bewegung vor. Da diese auch in unserem Wiki ausführlich diskutiert wurde, will ich zum inhaltlichen garnicht viele Worte verlieren. Für mich war es bei dieser Veranstaltung vor allem interessant, ein gefühl dafür zu bekommen, wie international und divers unsere (Achtung umstrittenes Wort) Bewegung ist. Nach der anfänglichen Einführung riefen die beiden nämliche etliche internationale Mitglieder der Communites auf die Bühne und die hatten naturgemäß sehr unterschiedliche Einblicke in das Projekt und entsprechende Vorstellungen davon, wie es weitergehen soll.

Structured Commons

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Zu diesem spannenden und zuunftsweisenden Thema gab es mehrere Sessions (2, 3) - von klassischen Präsentationen über Q&As bis hin zu offenen Diskussionen.

The Big Open

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Eine Diskussionrunde mit Katherine Maher (WMF), Ryan Merkley (Creative Commons) und Mark Surman (Mozilla) die irgendwie von Ziegen gekaperte wurde.

Ähnlicher Talk auf der Re:publica 2017 in Berlin.

Weitere Reise

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Eine Aufnahme aus Richmond die am WLM-Wettbewerb teilnahme und mittlerweile als Featured Picture ausgezeichnet ist.