Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Max-Delbrück-Haus am MDC
Kategorie: Forschungseinrichtung
Mitgliedschaft: Helmholtz-Gemeinschaft
Standort der Einrichtung: Berlin-Buch
Fachgebiete: molekularbiologische Grundlagenforschung, klinische Forschung
Grundfinanzierung: Bund (90 %),
Land Berlin (10 %)
Leitung: Thomas Sommer (kommissarisch, seit Mai 2019)
Mitarbeiter: 1600
Homepage: www.mdc-berlin.de
Gespräch von Holger Klein mit Pressesprecherin Barbara Bachtler über die Forschung am MDC.[1]

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) in Berlin-Buch, im Nordosten Berlins gelegen, ist eine von 19 Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Es verbindet die molekularbiologische Grundlagenforschung mit klinischer Forschung.

Die Einrichtung wurde im Januar 1992 als Nachfolgeeinrichtung von drei bis 1990 zur Akademie der Wissenschaften der DDR gehörenden Institutionen gegründet, und zwar des Zentralinstituts für Molekularbiologie, des Zentralinstituts für Krebsforschung und des Zentralinstituts für Herz-Kreislaufforschung, die aus dem ab 1947 in Berlin-Buch bestehenden Institut für Medizin und Biologie entstanden waren.

Benannt ist das Forschungszentrum nach dem in Berlin geborenen Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück.

Finanzierung, Eigentümerstruktur und Aktivitäten Bearbeiten

Das MDC wird zu 90 Prozent vom Bund und zu zehn Prozent vom Land Berlin und über zusätzlich eingeworbene Drittmittel (2009: 24 Millionen Euro) finanziert. 57 unabhängige Forschergruppen arbeiten in den drei Forschungsschwerpunkten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Funktionsstörungen des Nervensystems. Insgesamt sind am MDC rund 1400 Mitarbeiter und Gastwissenschaftler, darunter 300 Doktoranden, beschäftigt (Stand: August 2012). Der Etat des MDC beläuft sich im Jahr 2012 auf rund 68 Millionen Euro.

Die 87 Arbeitsgruppen konzentrieren sich auf die Schwerpunkte der Krebsforschung, der Erkrankungen des Nervensystems sowie der Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen.[2] Ein besonderes Querschnittsthema des MDC ist die Systembiologie, für das es 2008 eigens das „Berliner Institut für Medizinische Systembiologie“ (BIMSB) gründete. Das BIMSB beschäftigt sich vor allem mit Fragen der Genregulation.

2008 gründete Nikolaus Rajewsky das "Berliner Institut für Medizinische Systembiologie" (BIMSB) innerhalb des MDC. Die Mission des BIMSB ist es, verschiedene Ebenen der Genregulation direkt zu integrieren, um besser zu verstehen, wie Genotypen zu Phänotypen führen. In einer hochgradig kollaborativen Umgebung werden dazu am BIMSB experimentelle und computergestützte Methoden integriert.[3] Um zu erkennen, wann Zellen im Krankheitsverlauf von einer gesunden Entwicklung abweichen, wenden Forschende am BIMSB neuartige Hochdurchsatzmethoden an. Mit dem Wissen um die molekularen Mechanismen, die krankmachenden Abweichungen zugrunde liegen, können neue therapeutische Ziele identifiziert werden.[4] Das BIMSB wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Berliner Senat als Pilotprojekt gefördert. Seit seiner erfolgreichen Evaluierung durch das BMBF erhält es eine dauerhafte Zuwendung von rund 18 Millionen Euro pro Jahr[5] Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) hat das BIMSB in ihre (erfolgreiche) Bewerbung für die Exzellenzinitiative aufgenommen.[6] und ein Grundstück auf dem HU-Life-Science-Campus in Berlin-Mitte für den Neubau eines Forschungsgebäudes zur Verfügung gestellt. Dafür stellte das BMBF zusätzliche Mittel (33,5 Millionen Euro) bereit. Die direkte Nachbarschaft fördert die wissenschaftliche Mission des BIMSB indem es die Zusammenarbeit zwischen der HU, der Charité und dem MDC unterstützt. Im Frühjahr 2019 sind die Labore vom Campus in Berlin-Buch in das neue Gebäude in Mitte umgezogen[7] Das architektonische Konzept des Bauwerks soll die Kommunikation zwischen den Laboren und die Interaktion zwischen rechenbasierten und experimentellen Arbeitsgruppen optimieren.[8] Am 26. Februar 2019 wurde der Standort von der Bundeskanzlerin Angela Merkel[9] offiziell eröffnet. Angela Merkel bezeichnete das BIMSB als "schönes Kleinod" des MDC[10] Insgesamt wurden bis heute 21 Gruppenleiter für das BIMSB rekrutiert, derzeit sind 16 Forschungsgruppen aktiv.

Das MDC betreibt zusammen mit der Berliner Charité Universitätsmedizin auf dem Campus Berlin-Buch das Experimental and Clinical Research Center (ECRC). Das ECRC bietet Labore und Kliniken, Ausbildungsprogramme und spezielle Projektförderung für die enge Zusammenarbeit zwischen den Forschern am MDC und der klinischen Forschung der Charité-Universitätsmedizin an.

Weitere Kooperationen bestehen mit dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP), der Humboldt-Universität zu Berlin und anderen Universitäten und Forschungsinstituten.[11]

Das MDC unterzeichnete 2012 die Basler Deklaration zur tierexperimentellen Forschung, die zu höchsten ethischen Standards bei der tierexperimentellen Arbeit verpflichtet und einen offenen Dialog über den Einsatz von Tieren in der Forschung fordert. In der Deklaration wird die Notwendigkeit von Tierversuchen für die medizinische Grundlagenforschung unterstrichen und das Festhalten an Tierversuchen mit Primaten gefordert.[12][13]

Kritik am geplanten Tierversuchslabor Bearbeiten

Anfang 2012 wurden Pläne des Berliner Senats bekannt, den ab 2013 geplanten Neubau für ein neues In-vivo-Pathophysiologie-Labor am Max-Delbrück-Centrum in Berlin-Buch mit 24 Millionen Euro zu unterstützen, wodurch etwa die Maushaltungskapazitäten des Instituts um 14 % auf etwa 64.800 Tiere steigen sollen.[14] Laut Medienberichten hat das MDC sich bereits Versuche mit über 450.000 Tieren in den nächsten vier Jahren genehmigen lassen. Die Tiere werden nach den Versuchen getötet.[15][16] Tierschutzorganisationen und die Grünen-Politikerin Claudia Hämmerling kritisieren die Pläne und werfen der Berliner Koalition aus SPD und CDU Wortbruch vor, da diese im Koalitionsvertrag eine Einschränkung der Tierversuche vereinbart hatte. Der tierschutzpolitische Sprecher der Berliner SPD, Daniel Buchholz, verteidigt das Vorhaben mit Hinweis auf die Bedeutung für den Forschungsstandort Berlin.[17][18]

Mehrere Tierschutzorganisationen hatten daher zum Protest an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) aufgerufen, die Unterstützung des Vorhabens durch Steuermittel zu unterbinden. Im Jahr 2015 wurden nach Angaben des MDC 40.121 Tiere in Versuchen eingesetzt und getötet, mehr als 90 % davon Mäuse.

Max-Delbrück-Medaille Bearbeiten

Das MDC verleiht jährlich die Max-Delbrück-Medaille im Rahmen der Berlin Lectures on Molecular Medicine.

Vorstände des MDC Bearbeiten

Gründungsdirektor des MDC war der Heidelberger Mediziner Detlev Ganten[19], der danach Leiter der Charité wurde. Von 2004 bis 2009 war Walter Birchmeier wissenschaftlicher Direktor des MDC[20] und von 2009 bis 2014 war es Walter Rosenthal. Thomas Sommer war von 2014 an Interimsdirektor, bis Martin Lohse am 1. April 2016 die Position des Vorstandsvorsitzenden und wissenschaftlichen Direktors antrat.[21] Im Mai 2019 legte Martin Lohse nach Unregelmäßigkeiten bei einem Berufungsverfahren für das Berliner Institut für Gesundheitsforschung sein Amt nieder.[22] Kommissarischer Wissenschaftlicher Direktor ist seitdem erneut Thomas Sommer.[23]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Resonator-Podcast der Helmholtz-Gemeinschaft: Das Max-Delbrück-Centrum (Folge 2, 10. Mai 2013)
  2. Forschungsschwerpunkte. Abgerufen am 13. August 2021.
  3. Kathrin Zinkant: Newtons Erbe. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  4. Nature Research Bioengineering Community: The Berlin Institute for Medical Systems Biology. 8. April 2019, abgerufen am 16. Oktober 2019 (englisch).
  5. BIMSB construction site handed over | MDC Berlin. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  6. Humboldt-Universität zu Berlin: Bildung durch Wissenschaft - Zukunftskonzept der Humboldt-Universität zu Berlin. Abgerufen am 1. September 2011.
  7. Wissenschaft im Centrum: Angela Merkel eröffnet neues Forschungsgebäude des MDC | MDC Berlin. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  8. Science in the center | MDC Berlin. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  9. Bundeskanzlerin | Aktuelles | Forschen für ein gesundes Leben. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  10. Bundeskanzlerin | Aktuelles | Rede von Bundeskanzlerin Merkel bei der Eröffnung des Berlin Institute for Medical Systems Biology am 26. Februar 2019 in Berlin. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
  11. Eigendarstellung auf der Homepage des MDC, abgerufen am 18. August 2012 (Memento des Originals vom 12. Juli 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mdc-berlin.de
  12. Presseerklärung des MDC vom 23. April 2012, abgerufen am 18. August 2012@2Vorlage:Toter Link/www.mdc-berlin.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  13. Streit um die Baseler Deklaration - Beitrag von Folkert Lenz vom 3. Januar 2011 auf Deutschlandfunk.de
  14. Tierhaltung am MDC: „Künftige Entwicklung@2Vorlage:Toter Link/www.mdc-berlin.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Informationsseiten des Max-Delbrück-Centrums.
  15. Jost Maurin: Sterben für die Krebsforschung – Die Tierversuch-Branche boomt. In: taz, 8. Februar 2012
  16. Artikel aus dem Tagesspiegel, veröffentlicht auf Qiez.de: Mehr Labormäuse in Pankow? (Memento des Originals vom 3. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.qiez.de
  17. Lars von Törne: Demo für die Maus. In: Der Tagesspiegel, 6. August 2012
  18. Claudia Fuchs: Täglich werden 1000 Tiere verbraucht. In: Berliner Zeitung, 17. Juni 2012
  19. Presseinformation zu seinem 70. Geburtstag bei mdc-Berlin.de
  20. siehe englischer Lebenslauf von Birchmeier (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mdc-berlin.de
  21. Martin Lohse wird Vorstandsvorsitzender und wissenschaftlicher Direktor des Max-Delbrück-Centrums | MDC Berlin. Abgerufen am 6. Juni 2019.
  22. Berliner Spitzenmediziner stolpert über Berufungsaffäre. Abgerufen am 13. August 2021.
  23. Wechsel im Vorstand des MDC | MDC Berlin. Abgerufen am 6. Juni 2019.

[[Kategorie:Naturwissenschaftliches Forschungsinstitut]] [[Kategorie:Medizinisches Forschungsinstitut]] [[Kategorie:Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft]] [[Kategorie:Berlin-Buch]] [[Kategorie:Forschungseinrichtung in Berlin]] [[Kategorie:Gegründet 1992]] [[Kategorie:Max Delbrück (Biophysiker)]]

Koordinaten: 52° 37′ 29,4″ N, 13° 30′ 9,4″ O