Ein trigonometrisches Polynom, auch eine trigonometrische Summe genannt, ist in der reellen Analysis eine endliche, reelle Linearkombination der trigonometrischen Funktionen und , wobei die Linearkombination als Funktion für definiert wird. Diese reellwertigen Funktionen lassen auch eine eindeutige (formal) komplexe Darstellung zu, bei der bestimmte komplexe Linearkombinationen aus den Exponentialfunktionen an Stelle der Kosinus- und Sinus-Funktionen gebildet werden. Mit dieser Darstellung werden Rechnungen häufig vereinfacht. Die reellen trigonometrischen Polynome sind Partialsummen von reellen Fourierreihen und spielen unter anderem bei der Lösung von gewöhnlichen, linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten und für die diskrete Fouriertransformation eine wichtige Rolle.

In der Funktionentheorie, der Funktionalanalysis und in vielen Anwendungen, wie etwa der analytischen Zahlentheorie wird jede beliebige komplexe Linearkombination von Funktionen als komplexes trigonometrisches Polynom oder komplexe trigonometrische Summe bezeichnet. Dabei wird deutlich, weshalb diese Funktionen als Polynome bezeichnet werden: Schränkt man den Definitionsbereich eines beliebigen komplexen Polynoms auf den komplexen Einheitskreis ein und parametrisiert diesen als Kurve mit einem reellen Parameter , dann wird aus dem gewöhnlichen Polynom das trigonometrische Polynom . Bei komplexen trigonometrischen Polynomen treten im allgemeinen auch Terme mit negativem Index auf. Sie entstehen also genau genommen durch die genannte Parametrisierung aus Laurentreihen, die nur endlich viele nichtverschwindende Koeffizienten haben.

Definitionen Bearbeiten

Reelles trigonometrisches Polynom Bearbeiten

Als reelles trigonometrisches Polynom wird die für   definierte, reellwertige Funktion

 

bezeichnet, wobei   ist. Die natürliche Zahl   bezeichnet man als den Grad von  . Die Funktion   hat die Periode  .

Beliebige Periode Bearbeiten

Ein reelles trigonometrisches Polynom kann etwas allgemeiner auch so definiert werden, dass die Periode des Polynoms eine beliebige, positive, reelle Zahl   ist. Setzt man  , dann lauten die Polynome:

 

für die übrigen Parameter gelten die gleichen Voraussetzungen wie im Falle  

Komplexe Darstellung Bearbeiten

Die komplexe Darstellung des reellen trigonometrischen Polynoms lautet:

  im Fall   bzw.   im Fall einer beliebigen Periode.

Dabei gilt   und umgekehrt lässt sich   durch den Realteil der komplexen Darstellung und   durch ihren Imaginärteil darstellen. Das trigonometrische Polynom ist genau dann reell, wenn   gilt.

komplexe trigonometrische Summen Bearbeiten

Ist   eine Familie von komplexen Koeffizienten, die für alle bis auf endlich viele Indizes   verschwinden, dann wird die Summe

  als komplexes trigonometrisches Polynom oder komplexe trigonometrische Summe bezeichnet.

In aller Regel ist die unabhängige Variable   in dieser Summe nach wie vor eine reelle Zahl und die Summe stellt eine Funktion   dar.

Eigenschaften Bearbeiten

Orthogonalität Bearbeiten

Die trigonometrischen Funktionen, aus denen die reellen trigonometrischen Polynome durch Linearkombination entstehen, erfüllen folgende Orthogonalitätsrelationen  :

  1.  ,
  2.  
  3.  

Für die komplexen Erzeugenden lautet die Orthogonalitätsrelation:

 

Basiseigenschaft Bearbeiten

Aus den Orthogonalitätsrelationen folgt, dass die Folge der erzeugenden trigonometrischen Funktionen   linear unabhängig ist und bei geeigneter Normierung eine Orthonormalbasis eines Hilbertraumes bildet. Dieser Hilbertraum ist der Lebesgue-Raum  .

Die Familie der Erzeugenden   der komplexen trigonometrischen Funktionen bildet bei geeigneter Normierung eine Orthonormalbasis des komplexen Hilbertraumes   der auf dem Einheitskreis definierten, komplexwertigen  -Funktionen.

Anwendungen Bearbeiten

In der analytischen Zahlentheorie werden bestimmte trigonometrische Summen als lösungszählende Funktionen verwendet. Diese Anwendung beruht auf der Orthogonalitätsrelation. Für eine übersichtliche Darstellung wird in der Zahlentheorie abkürzend

  geschrieben und die Funktion   wird als zahlentheoretische Exponentialfunktion bezeichnet.[1]

Die Orthogonalitätsrelation lautet, wenn man sie mit der zahlentheoretischen Exponentialfunktion formuliert:

 

Nun wird an die Stelle von   der Funktionsterm   einer diophantischen Gleichung   gesetzt. Dann kann man die Anzahl   der Lösungen der Gleichung in einer festgelegten endlichen Menge   – etwa den  -Tupeln von natürlichen Zahlen unterhalb einer festgelegten Schranke – durch ein Integral darstellen:

 

Da die Summe endlich ist, kann sie problemlos mit dem Integral vertauscht werden und man erhält

 

also eine Darstellung der Lösungsanzahl als Integral über ein trigonometrisches Polynom. Auf dieses lösungszählende Integral können nun alle Methoden der Funktionentheorie angewandt werden. Damit kann für die Lösungsanzahl   zum Beispiel eine asymptotische Formel abgeleitet werden, die angibt, wie sich die Lösungsanzahl verhält, wenn die Schranken von   gegen Unendlich streben.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Christian Blatter: Analysis, Band 3. Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
  • Jörg Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie. Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1995, ISBN 3-540-57721-3(?!).
  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. 14. Auflage. Vieweg und Teubner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8351-0208-8.
  • Harro Heuser: Funktionalanalysis. 3. Auflage. Teubner, Stuttgart 1992, ISBN 3-519-22206-X.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Brüdern (1995) S. 20