Das Skalarprodukt (auch inneres Produkt oder Punktprodukt) ist eine mathematische Verknüpfung zwischen Vektoren. Historisch wurde es zuerst im euklidischen Raum eingeführt. Geometrisch berechnet man das Skalarprodukt zweier Vektoren und im dreidimensionalen Anschauungsraum nach der Formel

.

Dabei bezeichnen und jeweils die Längen der Vektoren. Mit wird der Kosinus des von den beiden Vektoren eingeschlossenen Winkels bezeichnet.

In einem kartesischen Koordinatensystem gilt

Kennt man die kartesischen Koordinaten der Vektoren, so kann man mit dieser Formel das Skalarprodukt ausrechnen und mit der obigen Formel dann den Winkel zwischen den beiden Vektoren.

Wie bei der normalen Multiplikation kann das Multiplikationszeichen auch weggelassen werden: = , wenn klar ist, was gemeint ist.

In der Linearen Algebra wird dieses Konzept verallgemeinert. Ein Skalarprodukt ist dort eine Funktion, die zwei Elementen eines Vektorraums ein Element des dem Vektorraum zugrunde liegenden Skalarkörpers zuordnet. Als Notation verwendet man statt des Malpunkts meist spitze Klammern und schreibt also für das Skalarprodukt zweier Vektoren und . Ist die Bedeutung von und klar, lässt man die spitzen Klammern auch weg und schreibt . Auch die Notation ist gebräuchlich, zeigt sie doch die enge Verwandtschaft zur Matrizenmultiplikation auf.

Im Allgemeinen ist in einem reellen oder komplexen Vektorraum von vornherein kein Skalarprodukt festgelegt. Ein Raum zusammen mit einem Skalarprodukt wird als Innenproduktraum oder Prähilbertraum bezeichnet. Diese verallgemeinern den euklidischen Raum und ermöglichen damit die Anwendung geometrischer Methoden auf abstrakte Strukturen.

Im euklidischen Raum Bearbeiten

Geometrische Definition und Notation Bearbeiten

Vektoren im dreidimensionalen euklidischen Raum oder in der zweidimensionalen euklidischen Ebene kann man als Pfeile darstellen. Dabei stellen Pfeile, die parallel, gleichlang und gleichorientiert sind, denselben Vektor dar. Das Skalarprodukt   zweier Vektoren   und   ist ein Skalar, das heißt eine reelle Zahl. Geometrisch lässt es sich wie folgt definieren:

Bezeichnen   und   die Längen der Vektoren   und   und bezeichnet   den von   und   eingeschlossenen Winkel, so ist

 .

Wie bei der normalen Multiplikation, aber seltener als dort, wird das Multiplikationszeichen manchmal auch weggelassen, wenn klar ist, was gemeint ist:

 

Statt   schreibt man in diesem Fall gelegentlich auch  .

Eine andere übliche Notation ist  .

Veranschaulichung Bearbeiten

Um sich die Definition zu veranschaulichen, betrachtet man die orthogonale Projektion   des Vektors   auf die durch   bestimmte Richtung und setzt

 

Es gilt dann   und für das Skalarprodukt von   und   gilt

 

In kartesischen Koordinaten Bearbeiten

Führt man in der euklidischen Ebene bzw. im euklidischen Raum kartesische Koordinaten ein, so besitzt jeder Vektor eine Koordinatendarstellung als 2- bzw. 3-Tupel, die meist als Spalten geschrieben werden. Für das Skalarprodukt der Vektoren

     und    

in der euklidischen Ebene gilt dann:

 

Im dreidimensionalen euklidischen Raum gilt für die Vektoren

    und    

entsprechend

 

Zum Beispiel berechnet sich das Skalarprodukt der beiden Vektoren

     und    

wie folgt:

 

Eigenschaften Bearbeiten

Aus der geometrischen Definition ergibt sich direkt:

  • Sind   und   parallel und gleichorientiert ( ), so gilt
     .
  • Insbesondere ergibt das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst das Quadrat seiner Länge:
     .
  • Sind   und   parallel und entgegengesetzt orientiert ( ), so gilt
     .
  • Sind   und   orthogonal ( ) , so gilt
     .

Das Skalarprodukt hat die folgenden Eigenschaften, die man von einer Multiplikation erwartet:

  1. Das Skalarprodukt ist kommutativ (symmetrisch):
      für alle Vektoren   und  
  2. Es gilt das Assoziativgesetz für die Multiplikation mit Skalaren (das Skalarprodukt ist homogen in jedem Argument):
      für alle Vektoren   und   und alle Skalare  
  3. Es gilt das Distributivgesetz (das Skalarprodukt ist additiv in jedem Argument):
      und
      für alle Vektoren  ,   und  .

Die Eigenschaften 2 und 3 fasst man auch zusammen als: Das Skalarprodukt ist bilinear.

Weder die geometrische Definition noch die Definition in kartesischen Koordinaten ist willkürlich. Beide folgen aus den natürlichen Forderungen, dass das Skalarprodukt eine Vektors mit sich selbst das Quadrat seiner Länge ist, und dass das Skalarprodukt die obigen Eigenschaften 1–3 erfüllt.

Betrag von Vektoren Bearbeiten

Mit Hilfe des Skalarproduktes ist es möglich, aus der Koordinatendarstellung die Länge (den Betrag) eines Vektors zu berechnen:

Für Vektoren des zweidimensionalen Raumes gilt

 

Man erkennt hier den Satz des Pythagoras wieder. Im dreidimensionalen Raum gilt entsprechend

 

Die Längen der beiden Vektoren im obenstehenden Beispiel betragen also

 
 

Winkelberechnung Bearbeiten

Indem man die geometrische Definition mit der Koordinatendarstellung kombiniert, kann man aus den Koordinaten zweier Vektoren den von ihnen eingeschlossenen Winkel berechnen. Aus

 

folgt

 

bzw.

 

Damit lässt sich der Winkel zwischen den Vektoren im obenstehenden Beispiel berechnen:

 

Orthogonalität und orthogonale Projektion Bearbeiten

Zwei Vektoren   und   sind genau dann orthogonal, wenn ihr Skalarprodukt null ist, also

 

Die orthogonale Projektion von   auf die durch den Vektor   gegebene Richtung ist der Vektor   mit Komponente

 

Die Projektion ist der Vektor, dessen Endpunkt der Lotfußpunkt vom Endpunkt von   auf die durch   bestimmte Gerade durch den Nullpunkt ist. Der Vektor   steht senkrecht auf  .





Das Standardskalarprodukt Bearbeiten

Im reellen n-dimensionalen Koordinatenraum Rn Bearbeiten

Ausgehend von der Darstellung des euklidischen Skalarprodukts in kartesischen Koordinaten definiert man in der linearen Algebra das Standardskalarprodukt im  -dimensionalen Koordinatenraum   wie folgt:

Sind

     und    

zwei Vektoren aus  , so ist ihr Skalarprodukt

 

Häufig wird das Skalarprodukt statt mit einem Malpunkt durch spitze Klammern bezeichnet und man schreibt   statt  .

Länge von Vektoren, Winkel und Orthogonalität Bearbeiten

Man definiert dann die Länge eines Vektors, indem man die Formel aus dem euklidischen Raum überträgt:

 

Entsprechend definiert man den Winkel zwischen zwei Vektoren durch

 

bzw.

 

Man nennt zwei Vektoren \vec x und \vec y zueinander orthogonal, wenn ihr Skalarprodukt null ist:

 

Winkelberechnung Bearbeiten

Im euklidischen Raum gilt die Formel aus der Einleitung (eine Begründung für diese Formel findet sich weiter unten)

 

Damit lässt sich der Winkel zwischen den Vektoren im obenstehenden Beispiel berechnen:

 

Grundlegende Eigenschaften Bearbeiten

Es gilt

 

Deswegen ist

 

immer reell.

Sind zwei Vektoren   und   parallel, so gilt

 

Stehen zwei Vektoren   und   aufeinander senkrecht (orthogonal), so gilt

 .

Damit lässt sich auf einfache Weise überprüfen, ob zwei Vektoren zueinander orthogonal sind.

Ist einer der beiden Vektoren ein Einheitsvektor, so ergibt das Skalarprodukt die Länge der Projektion des anderen Vektors auf die vom Einheitsvektor definierte Gerade.

Definition des Standardskalarproduktes im komplexen Vektorraum Bearbeiten

Man definiert im Fall des komplexen Vektorraums   über dem Körper   das Standardskalarprodukt für alle   folgendermaßen:

 

wobei der Überstrich die komplexe Konjugation bedeutet. Alternativ könnte man auch

 

definieren. Beide Definitionen sind gleichwertig, denn das eine Skalarprodukt ist die komplexe Konjugation des anderen. In der Praxis ist es aber zweckmäßig, sich auf eine einzige Definition zu einigen, wobei in der Mathematik die Version   bevorzugt wird, in der Physik hingegen die Version  . Für beide Definitionen gilt   und wie im Reellen  , da aufgrund der Definition   ist und im Gegensatz zu   auf   die Ordnungsrelation   definiert ist.

Eigenschaften Bearbeiten

  • Während das Skalarprodukt im reellen Fall symmetrisch ist, d.h. es gilt  , ist es im komplexen Fall hermitesch, was   bedeutet.
  • Das Skalarprodukt ist nicht assoziativ (und kann es im eigentlichen Sinne auch gar nicht sein, weil sein Wert ein Skalar und nicht wieder ein Vektor ist).
  • Das Skalarprodukt ist distributiv bezüglich der Addition und Subtraktion.
  • Es gilt:  , wobei   die zu   adjungierte Matrix ist.



Allgemeine Definition Bearbeiten

In der allgemeinen Theorie werden die Variablen für Vektoren, also Elemente eines beliebigen Vektorraums, im Allgemeinen nicht durch Pfeile gekennzeichnet. Das Skalarprodukt wird meist nicht durch einen Malpunkt, sondern durch ein Paar von spitzen Klammern bezeichnet.

  • Ein Skalarprodukt oder inneres Produkt auf einem reellen Vektorraum   ist eine symmetrische positiv definite Bilinearform  , das heißt für   und   gelten die folgenden Bedingungen:
    1. bilinear:
      •  
      •  
      •  
    2. symmetrisch:  
    3. positiv definit:   und   genau dann, wenn  
  • Ein Skalarprodukt oder inneres Produkt auf einem komplexen Vektorraum   ist eine hermitesche positiv definite Sesquilinearform  , das heißt für   und   gelten die folgenden Bedingungen:
    1. sesquilinear:
      •  
      •   (semilinear im ersten Argument)
      •  
      •   (linear im zweiten Argument)
    2. hermitesch:  
    3. positiv definit:  , und   genau dann, wenn  . (Dass   reell ist, folgt aus Bedingung 2.)

Ein reeller oder komplexer Vektorraum, in dem ein inneres Produkt definiert ist, heißt Innenproduktraum oder Prähilbertraum; ist er darüber hinaus auch noch vollständig bezüglich der durch das innere Produkt induzierten Norm, wird er als Hilbertraum bezeichnet.

Abweichende Definitionen:

  • Oft wird jede symmetrische Bilinearform bzw. jede hermitesche Sesquilinearform als Skalarprodukt bezeichnet; mit diesem Sprachgebrauch beschreiben die obigen Definitionen positiv definite Skalarprodukte.
  • Im komplexen Fall ließe sich das Skalarprodukt alternativ als semilinear im zweiten und linear im ersten Argument definieren. In der Physik wird jedoch die obige Variante durchgängig benutzt (siehe Bra- und Ket-Vektoren). Siehe hierzu auch den Abschnitt „Skalarprodukt als Matrizenprodukt“ weiter unten.

Skalarprodukt als Matrizenprodukt Bearbeiten

Das Standardskalarprodukt lässt sich auch als Matrizenprodukt schreiben, indem man den Vektor als   -Matrix (Spaltenvektor) interpretiert: Im reellen Fall gilt

 

wobei   für die transponierte Matrix steht.

Im komplexen Fall gilt (für den links semilinearen, rechts linearen Fall)

 

wobei   für die hermitesch adjungierte Matrix steht.

Allgemeiner definiert im reellen Fall jede symmetrische und positiv definite Matrix   über

 

ein Skalarprodukt; ebenso wird im komplexen Fall für jede hermitesch und positiv definite Matrix   über

 

ein Skalarprodukt definiert.

Skalarprodukt und Winkel Bearbeiten

Winkelberechnung im euklidischen Raum Bearbeiten

Das Skalarprodukt ist ursprünglich im Rahmen der analytischen Geometrie im euklidischen Raum eingeführt worden. So ist es mit Hilfe des Skalarproduktes beispielsweise möglich, den Winkel zwischen zwei Vektoren zu berechnen: Das Skalarprodukt ergibt sich nämlich auch aus den Beträgen der beiden Vektoren und dem Kosinus des von diesen eingeschlossenen Winkels gemäß der Formel

 

Um dies zu zeigen, mögen drei Vektoren,   des euklidischen Raumes betrachtet werden.

 

Wegen des Kosinussatzes ist die Länge des dem Winkel   gegenüberliegenden Vektors

 

Da sich   als   ergibt, erhält man

 

Berechnet man nun die Länge über das Skalarprodukt, so erhält man

 

Aus den Rechenregeln für das Skalarprodukt ergibt sich dann

 

und daraus die gewünschte Beziehung

 

Skalarprodukt und Orthogonalität Bearbeiten

Aus der Winkeldarstellung des Skalarprodukts folgt, dass das Skalarprodukt zweier von Null verschiedener Vektoren genau dann Null ist, wenn der Kosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels Null ist, wenn also die beiden Vektoren zueinander orthogonal sind.

Die senkrechte Projektion von   entlang   ist der Vektor   mit Komponente   von   in Richtung  . Die Projektion ist der Vektor, dessen Endpunkt der Lotfußpunkt vom Endpunkt von   auf die durch   bestimmte Gerade durch den Nullpunkt ist. Der Vektor   steht senkrecht auf  .

Winkeldefinition im abstrakten Fall Bearbeiten

Die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung besagt, dass für das abstrakte Skalarprodukt die Beziehung

 

gilt, die im Falle   zu

 

umgeformt werden kann. Daher lässt sich auch im abstrakten Fall mittels

 

der Winkel   zweier Vektoren definieren.

Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe seiner Komponenten Bearbeiten

In einem endlichdimensionalen Vektorraum ist das in der Einleitung definierte Skalarprodukt

 

nicht die einzige Funktion, die der abstrakten Definition des inneren Produkts entspricht. So genügt beispielsweise auch die Funktion

 

für jede positiv definite, hermitesche Matrix   der abstrakten Definition eines inneren Produkts. Umgekehrt, jedes gegebene innere Produkt lässt sich mit Hilfe solch einer Matrix darstellen, dies ist also die allgemeine Form eines inneren Produkts auf dem komplexen Vektorraum  . Lässt sich nun aber zu einem gegebenen inneren Produkt eine Orthonormalbasis finden, also eine Menge von Vektoren   mit

 

wobei

 

das Kronecker-Delta darstellt, und kann man

 

in dieser Basis darstellen, so erhält man aus den Rechenregeln des inneren Produktes

 

also genau die in der Einleitung definierte Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe der Komponenten der beiden Vektoren   und  . Im endlichdimensionalen Fall lässt sich zeigen, dass es stets möglich ist, eine solche Orthonormalbasis zu finden, beispielsweise über die Gram-Schmidt-Orthogonalisierung.

Der Begriff der Orthonormalbasis und die Berechnung des inneren Produkts mit Hilfe der Komponenten der beiden Argumente lassen sich auf unendlichdimensionale Räume verallgemeinern, wobei die Vektoren üblicherweise nur als eine unendliche Summe von Vektoren aus der Orthonormalbasis dargestellt werden können und das innere Produkt daher ebenfalls eine unendliche Summe wird. Die Orthonormalbasis ist also keine Basis im Sinne der linearen Algebra, die eine Darstellung jedes Vektors als endliche Summe von Basisvektoren ermöglicht. Zur besseren Unterscheidung wird daher im unendlichdimensionalen Fall die Basis im Sinne der linearen Algebra als Hamelbasis bezeichnet.

Skalarprodukt und unitäre Transformationen Bearbeiten

Aus der Darstellung des Skalarprodukts mittels Winkel

 

folgt geometrisch, dass das Skalarprodukt invariant gegenüber längen- und winkeltreuen Abbildungen sein muss. Dies lässt sich auch analytisch nachrechnen. Längen- und winkeltreue Abbildungen werden durch unitäre Matrizen   dargestellt, das sind Matrizen mit der Eigenschaft   oder

 

wobei   das Kronecker-Delta darstellt. Für die  -te Komponente von   und   gilt

 

und

 

Somit berechnet sich das Skalarprodukt als

 

das Skalarprodukt bleibt also tatsächlich unverändert.

Anwendung Bearbeiten

In der Physik sind viele Größen, wie zum Beispiel die Arbeit  , durch Skalarprodukte definiert:

 

mit den vektoriellen Größen Kraft   und Weg  .

Literatur Bearbeiten

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. 15. Auflage. Vieweg Verlag, ISBN 3528032170.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten