Generisches Femininum (zu lateinisch generatim „klassenweise, im Allgemeinen“, und femina „Frau“)[1] bezeichnet in der deutschen Sprache die Gebrauchsweise einer grammatisch femininen Personenbezeichnung, die für weibliche Personen genutzt wird, im verallgemeinernden Sinne für gemischtgeschlechtliche Personengruppen; dies gilt nur für Feminina, für die es ein maskulines Gegenstück (etwa Lehrerin / Lehrer) gibt. Hiervon zu unterscheiden sind inhärent generische Feminina wie die Person oder die Geisel, von denen keine Maskulinformen gebildet werden. Die generische Verwendung femininer Formen wurde 1984 von der feministischen Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch vorgeschlagen. Ab 1994 gab es verschiedentlich Versuche der praktischen Umsetzung, beispielsweise wählte die Universität Leipzig 2013 für offizielle Funktionen im Plural in ihrer Grundordnung die feminine Form von Bezeichnungen wie Professorinnen oder Gastdozentinnen; mit Wissenschaftlerinnen sind seitdem Männer mitgemeint. Bei einer solchen geschlechtsabstrahierenden Gebrauchsweise entfällt das semantische Merkmal [weiblich] und damit die Übereinstimmung von grammatischem Geschlecht (Genus) der Bezeichnungen mit dem „natürlichen“ Geschlecht (Sexus) der gemeinten Personen (Referenten). Spiegelbildlich zum generischen Maskulinum würde es dann beispielsweise heißen: Fragen Sie Ihre Ärztin oder Apothekerin. Es gibt einige feminine Tierbezeichnungen wie die Katze, die sowohl für weibliche Tiere wie auch generisch für die Art oder die Gattung verwendet werden (siehe unten).

Abgrenzung zu generischen Bezeichnungen

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Vom generischen Gebrauch geschlechtsbezogener Formen unterscheiden sich einige grammatisch feminine Personenbezeichnungen, die „inhärent generisch“ sind (aus ihrer Wortbedeutung heraus) und keine unterscheidenden Formen haben, etwa die Person, die Lehrkraft, die Geisel, die Wache, die Waise. Sie haben inhaltlich (semantisch) keinen Bezug zu geschlechtlichen Aspekten (Sexus-indifferente Bedeutung)[2][3] und müssen gegebenenfalls mit einem Adjektiv ergänzt werden: eine weibliche Person, eine männliche Lehrkraft, eine diversgeschlechtliche Geisel. Vergleichbar zu der Mensch oder das Mitglied werden von solchen geschlechtsneutralen Bezeichnungen keine Ableitungen mit der femininen Endung -in gebildet.[4][5]

Geschichte

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Sprachgebrauch

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Im Jahr 1590 schrieb der deutsche Rechtsprofessor Johannes Goddaeus, dass die Verwendung von femininen Formen in generischer Art „gegen jeden politischen, wirtschaftlichen und natürlichen Grundsatz“ verstoße; Männer seien im Allgemeinen „das vollkommenere der beiden Geschlechter, dem die größere Würde zukomme.“[6]

Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg merkte 2018 an, dass es einen generischen Gebrauch des Femininums in der deutschen Sprache nicht gebe.[7] 2020 präzisierte er in einem Interview mit der FAZ: „Ein generisches Femininum gibt es im Deutschen nur bei Einzelwörtern, aber nicht als Strukturmerkmal produktiver Wortableitungen.“[3] Der Sprachwissenschaftler Helmut Glück erklärte 2020, „feminine Personenbezeichnungen, die durch Endungen gebildet werden […], z. B. Lehrer-in oder Jurist-in“ seien „nicht generisch“. Sie schränkten „die Bedeutung ihres Grundwortes dahingehend ein, dass die Ableitung mit -in ausschließlich weibliche Mitglieder der jeweiligen Personengruppe“ bezeichne. Ableitungen könnten „nicht generisch sein, weil sie spezifizieren, weil ihr Bedeutungsumfang gegenüber dem ihrer unspezifischen Basis eingeschränkt“ sei.[8] Nach Ansicht des Sprachwissenschaftlers Hans-Martin Gauger stellen sich Nutzer des generischen Feminininums „gegen die Sprache“. Das Wort Lehrer könne für Lehrerin stehen, „nicht aber Lehrerin für Lehrer“.[9]

Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch sagte in einem Gespräch mit RbbKultur 2020: „Wenn man sich die Grammatik anguckt und die Art, wie sprachliche Bedeutungen entstehen, dann kann man sagen, ein generischer Gebrauch des Femininums ist aus sprachwissenschaftlicher Sicht sicher nicht anerkannt, ein generischer Gebrauch des Maskulinums aber eben auch nicht.“ Eine männliche Form zu verwenden, um auch Frauen mitzumeinen, ergebe aus Sicht des Sprachsystems nicht mehr Sinn, als wenn man umgekehrt eine weibliche Form verwenden würde, um auch Männer mitzumeinen.[10]

In neuerer Zeit wurden demgegenüber verschiedentlich Schreibweisen mit generischen Femininformen ausprobiert (siehe unten). Es gibt mit „die Hebamme“ eine feminine Berufsbezeichnung, die früher nur für Frauen vorgesehen war, mittlerweile aber auch einen Mann bezeichnen kann: eine männliche Hebamme (offiziell in Österreich seit 1993, in Deutschland seit 2020).[11][12] In diesem Einzelfall wird das Femininum allerdings geschlechterübergreifend verwendet, weil es keine maskuline Form der Bezeichnung gibt (zwischenzeitlich gab es Entbindungshelfer).

Vorschläge von Luise F. Pusch

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Luise F. Pusch – Pionierin der geschlechtergerechten Sprache und Mitgründerin der Feministischen Linguistik – spricht sich seit 1984 für den alleinigen Gebrauch von Femininformen im generischen Sinne zur Bezeichnung von Personen aus: Die „totale Feminisierung“ solle für die nächsten 1000 Jahre verwendet werden als Wiedergutmachung der „Männersprache“.[13] 2018 bekräftigte Pusch: „Das Femininum enthält ja auch sichtbar das Maskulinum: Lehrer ist in Lehrerin deutlich enthalten. Das Femininum ist die Grundform, das Maskulinum die Schwundform“ (siehe auch Puschs Kritik am Genderstern).[14][15] 2013 erklärte Pusch, dass es nach dem generischen Maskulinum, „das wir schon seit Jahrtausenden haben“, Zeit für einen Perspektivwechsel nach dem „Rotationsprinzip“ sei:

„Demgegenüber ist das Femininum erstens besser für Frauen, zweitens gerecht nach dem Rotationsprinzip – jetzt sind mal die Frauen dran – und drittens kürzer. Ich bezeichne das generische Femininum schon seit 30 Jahren als Empathietraining für Männer, damit sie mal eine Vorstellung davon entwickeln, was es eigentlich bedeutet, immer nur mitgemeint zu sein und eigentlich nie genau zu wissen, ob ‚Mann‘ mit ‚man‘ überhaupt gemeint ist. […] Ich habe schon immer ein Stufenmodell vorgeschlagen. Erst mal müssen wir die Frauen in die Sprache hineinbringen, am besten mit dem generischen Femininum, aber das Ziel sollte später die Abschaffung der Endung ‚-in‘ sein. […] Nach der Abschaffung des ‚-in‘ wollen wir zweitens das Neutrum für Personenbezeichnungen einführen. Wir hätten dann ‚die, der und das Professor‘.“[16]

Anwendungsbeispiele

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1994 beschloss der Stadtrat von Buchholz in der Nordheide (Niedersachsen) mit 24 gegen 10 Stimmen, in seiner Satzung nur noch weibliche Amts- und Funktionsbezeichnungen zu verwenden. Die Kommunalaufsicht legte keinen Widerspruch ein, die Presse sprach von der „Emanzen-Metropole“.[17] Die Frauenbeauftragte der Stadt kommentierte: „Bislang mußten wir Frauen erleben, daß wir gemeint waren, wenn von Ratsherren die Rede war, jetzt müssen Männer sich gefallen lassen, als Ratsfrauen bezeichnet zu werden“.[18]

2012 veranstalten Bloggerinnen aus dem Umfeld der Piratenpartei im November eine „Woche des generischen Femininums“ (#InWoche auf Twitter), bei der sie ausschließlich weibliche Personenbezeichnungen in generischer Bedeutung gebrauchten.[19]

2013 wurde das Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz durchgehend in weiblicher Form abgefasst.[20]

2016 beschloss der Ortsverband der Grünen in Klagenfurt, Ämter nur noch in der weiblichen Form zu benennen, beispielsweise „Parteiobfrau Reinhard Schinner“.[20]

Anfang 2020 erklärte die stellvertretende Chefredakteurin Claudia Münster, dass die Frauenzeitschrift Brigitte „schon im Sinne der ausgleichenden Gerechtigkeit“ das generische Femininum stellenweise verwende („Leserinnenreaktionen“).[21]

Zum Weltfrauentag am 8. März 2021 erklärte der Mediendienst turi2.de, nach anderthalb Jahren der Nutzung des Gendersternchens ein Jahr lang das generische Femininum zu verwenden; Vize-Chefredakteurin Elisabeth Neuhaus erklärte: „Wir drehen das jahrtausendealte Mitgemeintsein der Frauen um“.[22][23] Auch am Frauentag moderierte Anchorman Armin Wolf in der schweizerischen Nachrichtensendung Zeit im Bild 2 (ZiB 2) durchgehend mit generischen Femininformen statt Beidnennungen; nur am Ende merkte er kurz an: „Männer waren mitgemeint“. Wolf erhielt nach eigener Angabe dazu weder E-Mails oder Tweets noch Reaktionen auf Facebook – im Unterschied zu seinen üblichen Moderationen, bei denen er mit einer kurzen Sprechpause „gendere“.[24] Im Februar hatte Sieglinde Geisel, Literaturkritikerin bei Radio SRF 2 Kultur und selber Literatin, generische Femininformen für möglich erklärt: „Mein Vorschlag ist, man sagt vorher an, dass man das generische Maskulinum verwendet oder – ganz fortschrittlich – ein generisches Femininum und meint alle Männer mit. Man holt sich so eine Absolution, damit man endlich wieder reden kann.“[25]

Bücher

2014 veröffentlichte die historische Sprachwissenschaftlerin Kristin Kopf ihr Buch Das kleine Etymologicum: Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache, in dem wechselweise männliche und weibliche Pluralformen generisch verwendet wurden (je 60 Mal), beispielsweise „die Angeln und die Sächsinnen“.[26][27][28]

2017 nutzte der Soziologe Hubert Knoblauch diese Form des abwechselnden Genderns in seinem Buch Die kommunikative Konstruktion der Wirklichkeit.[28]

2019 veröffentlichten Katrin Bergener, Nico Clever und Armin Stein ihr wirtschaftsinformatisches Lehrbuch Wissenschaftliches Arbeiten im Wirtschaftsinformatik-Studium: Leitfaden für die erfolgreiche Abschlussarbeit mit ausschließlich generischen Femininformen; Gendersternchen oder Umformulierungen seien ihnen zu umständlich gewesen. Männliche Leser wären nicht ausgeschlossen, nur müssten sie sich kurz umgewöhnen. Das Ziel sei auch, mehr Frauen für das Studium zu motivieren, weil sich Frauen durch weibliche Wortformen in Stellenanzeigen eher angesprochen fühlten.[29]

Universitäten Leipzig und Potsdam 2013

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Seit Mai 2013 stehen in der „Grundordnung“ der Universität Leipzig (gegründet 1409) neben einigen neutralen Formen ausschließlich feminine Bezeichnungsformen für offizielle Funktionen („Gastdozentinnen und Gastprofessorinnen“, „Vertreterinnen der Gruppe der Hochschullehrerinnen“). Die Formulierungen wurden im April einstimmig vom erweiterten Senat beschlossen und von der Rektorin abgesegnet; das sächsische Wissenschaftsministerium legte keinen Widerspruch ein.[30][31] Die Grundordnung der Universität Leipzig erklärt auf der ersten Seite in einer Gender-Fußnote: „In dieser Ordnung gelten grammatisch feminine Personenbezeichnungen gleichermaßen für Personen männlichen und weiblichen Geschlechts. Männer können die Amts- und Funktionsbezeichnungen dieser Ordnung in grammatisch maskuliner Form führen.“[32] Georg Teichert, seit 2010 zentraler Gleichstellungsbeauftragter der Universität,[33] verwendet auf den Webseiten der Universität seit Ende 2019 neben genderneutralen Formulierungen stellenweise den Gender-Gap: Kolleg_innen (vergleiche Liste von Hochschul-Sprachleitfäden).[34]

Seit Juli 2013 stehen in der „Geschäftsordnung des Senats“ der Universität Potsdam (gegründet 1991) alle offiziellen Funktionsbezeichnungen in generisch-weiblicher Form; es werde aber weiterhin „eine dem Geschlecht entsprechende Anrede gepflegt“.[35] Im Jahr 2020 nutzt das Koordinationsbüro für Chancengleichheit für die interne und externe Kommunikation der Universität neben genderneutralen Formulierungen stellenweise Genderstern oder Gender-Gap.[36]

Diskutierter deutscher Gesetzentwurf 2020

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Im September 2020 erstellte das deutsche Bundesjustizministerium unter Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentwurf zu einem geänderten Insolvenzrecht, in dem mehr als 600 Mal Personenbezeichnungen in weiblicher Form gebraucht wurden (Gesellschafterinnen, Schuldnerinnen, Gläubigerinnen).[37][38] Erklärt wurde dies mit dem grammatisch weiblichen Geschlecht der behandelten Einrichtungen als juristische Personen (die Aktiengesellschaft, die GmbH), auf die sich die weiblichen Formen aus Gründen der grammatischen Übereinstimmung mit dem Referenzwort bezögen (eine Gesellschaft als Schuldnerin).[38]

Das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) hatte gegen die Formulierungen im Entwurf „aus rein formalen Gründen“ Widerspruch eingelegt: Ein Sprecher erklärte, hier sei das generische Femininum verwendet worden und das sei „zur Verwendung für weibliche und männliche Personen bislang sprachlich nicht anerkannt“.[39] Das Innenministerium habe Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und es bestehe die Gefahr, der Gesetzestext könnte buchstäblich nur für Frauen gelten. Entsprechend seien die Personenbezeichnungen im generischen Maskulinum an die geltenden Regeln anzupassen; Frauen wären dabei mitgemeint.[38][40] Aus Gründen der Eile ließ das Justizministerium den Gesetzentwurf umschreiben zu männlichen Formen (Gesellschafter, Schuldner, Gläubiger) und einigen Paarformen.[41][40]

In dieser Form wurde der Entwurf Mitte Oktober im Kabinett beschlossen. Ein Sprecher des Justizministeriums erklärte gegenüber der tagesschau.de, der Grund zur ursprünglichen Verwendung des generischen Femininums sei vor allem ein Pragmatischer gewesen: Weil es beim Insolvenzrecht vorrangig um Gesellschaften wie GmbHs oder Aktiengesellschaften gehe, für die ohnehin das generische Femininum verwendet werde, sei man bei der weiblichen Form geblieben, um im Entwurf „weitere Komplexität [zu] vermeiden“.[40]

Sprachregelungen bezüglich juristischer Personen

Die Duden-Grammatik von 2016 schreibt im Abschnitt Belebtheit: „Das Merkmalbelebt‘ kann aber auch Abstrakta zukommen, etwa Organisationen (vgl. auch den Ausdruck ‚juristische Person‘). […] Mit Belebtheit hängt das natürliche Geschlecht zusammen und mit diesem wiederum (wenigstens zum Teil) das grammatische Geschlecht, das Genus“.[42]

Das offizielle Handbuch der Rechtsförmlichkeit des Bundesjustizministeriums in seiner gültigen Version von 2008 sagt in Bezug auf juristische Personen in § 110:

„Herkömmlich wird die grammatisch maskuline Form verallgemeinernd verwendet (generisches Maskulinum). In Fällen, in denen das Geschlecht nicht bekannt oder für den jeweiligen Zusammenhang unwichtig ist, kann das gerechtfertigt sein. So können mit den Bezeichnungen der Eigentümer, der Verkäufer, der Mieter männliche und weibliche, aber auch juristische Personen gemeint sein.“[43][41]

In Bayern gelten seit 2002 für staatliche Behörden die Vorgaben der „Organisationsrichtlinien“ der Bayerischen Staatskanzlei, die in Abschnitt 2.5.4 Sprachliche Gleichbehandlung die grammatische Übereinstimmung von Personenbezeichnungen auch im Fall von juristischen Personen verlangt, Zitat: „z. B. die Gemeinde als Antragstellerin“.[44]

Die Schweizer Bundeskanzlei lässt in ihrem rechtsverbindlichen Leitfaden von 2009 die passende feminine oder maskuline Form in Bezug auf juristische Personen zu; Doppelnennung wird abgelehnt, weil das den Anschein natürlicher Personen erwecken würde:

„Wenn ein Verband, ein Gemeinwesen, eine Institution, ein Unternehmen oder auch irgendeine Sachbezeichnung zu «handelnden Personen» werden, muss ebenfalls auf die Kongruenz geachtet werden. Denn maskuline und feminine Formen von Personenbezeichnungen dienen nicht nur dazu, männliche und weibliche Personen zu bezeichnen (Genus-Sexus-Übereinstimmung), sondern sie zeigen auch das grammatische Geschlecht eines Bezugsworts an (Kongruenz hinsichtlich des Genus). In diesen Fällen richten sich die Pronomen und andere Satzteile nach dem grammatischen Geschlecht des Bezugsworts.

  • Auftraggeberin ist die Stadt Bern.
  • Auftraggeber ist der Spitalverband.
  • die Schweiz als Gastgeberin der Konferenz […]

Ist das Bezugswort im Neutrum, so wird für Wörter, die sich darauf beziehen, die maskuline Form verwendet.

  • Auftraggeber ist das Landesmuseum.

In vielen Hochschul-Leitfäden wird die grammatische Übereinstimmung auch für juristische Personen empfohlen: die Universität als Arbeitgeberin (siehe Liste von Leitfäden).

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) lehnte im August 2020 in ihren Leitlinien zu den Möglichkeiten des Genderings die Verwendung des generischen Feminiums ab:

Beurteilung durch die GfdS
Diese Lösung ist nicht geschlechtergerecht, denn hier wird das andere Geschlecht nicht explizit angesprochen, sondern ist nur ‚mitgemeint‘. Die Kritik, die am generischen Maskulinum geübt wird, trifft hier ebenfalls zu. Eine Gleichbehandlung, um die es bei geschlechtergerechter Sprache geht, ist beim generischen Femininum so wenig gewährleistet wie beim generischen Maskulinum.“[46]

Das Handbuch geschlechtergerechte Sprache merkt zu den generischen Femininformen der Leipziger Grundordnung von 2013 kritisch an:

„Hier wurde also die ‚traditionelle‘ Praxis der ausschließlichen Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen gespiegelt, indem die femininen Formen ‚für alle‘ einstehen sollen. Der mediale Aufruhr, den diese Lösung verursachte, zeigt, wie problematisch die Praxis des ‚Mitmeinens‘ von Männern oder Frauen durch die jeweils andere Bezeichnung ist. Beim ‚generischen Maskulinum‘ ist diese Problematik nur aus Gewohnheit lange Zeit nicht aufgefallen.“

Tierbezeichnungen

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Einige grammatisch feminine Tierbezeichnungen werden generisch für beide Geschlechter verwendet:[48] eine Katze kann ein weibliches Tier meinen (Katze, modern: Kätzin) oder ein männliches (Kater);[49] Gänse umfasst beide Geschlechter (Gans und Gänserich, Ganter).[50] Diese Gruppe der generischen Femina betrifft vor allem dem Menschen nahestehende Haus- und Nutztiere sowie einheimisches Jagdwild (siehe Bezeichnungen für Haus- und Wildtiere sowie Abgeleitete geschlechtsbezogene Tierbezeichnungen).

Die Duden-Grammatik von 2016 unterscheidet zwischen sexusindifferentem Gebrauch von Tierbezeichnungen für eine Tierart, im Unterschied zu einem sexusspezifischen Gebrauch für Weibchen oder Männchen. Neben Katze und Gans wird noch die Maus als feminines Beispiel genannt (gegenüber dem Mäuserich, vor allem in Tiererzählungen). Die Bezeichnungen der meisten Tierarten sind sexusindifferent und werden sexusbezogen mit einem Adjektiv ergänzt (weiblich/männlich) oder zusammengesetzt: die Giraffenstute und der Giraffenhengst.[48]

Siehe auch

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Literatur

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Debatten Pro und Kontra:

Einzelnachweise

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  1. Grammatisches Informationssystem: Generische Genera. In: grammis.ids-mannheim.de. 23. März 2004, abgerufen am 15. März 2021;
    ebenda: Genus und Sexus. 7. September 2018.
  2. Video von Anatol Stefanowitsch: Das generische Maskulinum: eine kurze Einführung (ab 0:08:48) auf YouTube, 22. November 2012, abgerufen am 4. April 2020 (22:36 Minuten; Beitrag zur „Woche des generischen Femininums“ im November 2012).
  3. a b Peter Eisenberg: Geschlechtergerechte Sprache: Warum korrekte Grammatik keine Gendersternchen braucht. In: FAZ.net. 23. Oktober 2020, abgerufen am 26. Oktober 2020.
  4. Gesellschaft für deutsche Sprache: Generische Substantive ohne Movierung. In: GfdS.de. August 2020, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  5. Gabriele Diewald, Anja Steinhauer: Handbuch geschlechtergerechte Sprache: Wie Sie angemessen und verständlich gendern. Herausgegeben von der Duden-Redaktion. Dudenverlag, Berlin April 2020, ISBN 978-3-411-74517-3, S. 132: Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen: „Mensch, Person, Mitglied“.
  6. Lisa Irmen, Vera Steiger: Zur Geschichte des Generischen Maskulinums: Sprachwissenschaftliche, sprachphilosophische und psychologische Aspekte im historischen Diskurs. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik. Band 33, Heft 2–3, Dezember 2005, online: 24. Mai 2007, S. 212–235, hier S. 217 (doi:10.1515/zfgl.33.2-3.212) – zitiert nach Gabriele Diewald, Anja Steinhauer: Handbuch geschlechtergerechte Sprache: Wie Sie angemessen und verständlich gendern. Herausgegeben von der Duden-Redaktion. Dudenverlag, Berlin April 2020, ISBN 978-3-411-74517-3, S. 22–23.
  7. Peter Eisenberg, interviewt von Hans-Joachim Wiese: Das generische Maskulinum: „Ich nenne das sprachpolizeiliche Allüren“. In: Deutschlandfunk Kultur. 13. März 2018, abgerufen am 28. Juni 2020; Zitat: „Das generische Femininum gibt es nicht“.
  8. Helmut Glück (Hrsg.): Das Partizip 1 im Deutschen und seine Karriere als Sexusmarker. IFB Verlag Deutsche Sprache, Paderborn November 2020, ISBN 978-3-942409-93-3, S. 6–7.
  9. Hans-Martin Gauger: Herr Professorin. In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail: Zur Debatte um Gender und Sprache. Kadmos, Berlin 2017, S. 72–73 (Glosse in Frankfurter Allgemeine Zeitung 10. Juli 2013, anmeldepflichtig).
  10. Anatol Stefanowitsch im Gespräch: Aufregung über Gesetzentwurf Gläubiger oder Gläubigerin? – Weibliche Form in Gesetzen.. In: RbbKultur. 13. Oktober 2020; zitiert in: Generisches Femininum in deutschem Gesetzesentwurf: Männer dürfen sich mitmeinen. In: derStandard.de. 14. Oktober 2020, abgerufen am 15. März 2021.
  11. Regierungsvorlage: Bundes(verfassungs)gesetz (1461 d.B.) 22. Dezember 1993, § 1 (PDF: 5,7 MB, 103 Seiten auf parlament.gv.at); Zitat: „§ 1: Die Berufsbezeichnung Hebamme […] gilt für weibliche und männliche Berufsangehörige.“
  12. Gesetz über das Studium und den Beruf von Hebammen (Hebammengesetz – HebG), § 3: Berufsbezeichnung; Zitat: „Die Berufsbezeichnung ‚Hebamme‘ gilt für alle Berufsangehörigen.“
  13. Luise F. Pusch: Das Deutsche als Männersprache: Aufsätze und Glossen zur feministischen Linguistik. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1984, ISBN 3-518-11217-1, S. 47.
  14. Luise F. Pusch: Fühlen Sie sich mitgemeint! In: Emma.de. 12. Dezember 2018, aktualisiert: 5. Februar 2019, abgerufen am 25. März 2020 („die feministische Linguistin Luise F. Pusch plädiert für eine ganz andere Lösung. Nämlich für das ‚generische Femininum‘“).
  15. Luise Pusch: Gendern – gerne, aber wie? In: Neues-Deutschland.de. 23. Oktober 2019, abgerufen am 25. März 2020 („ein Ritt durch die feministische Sprachgeschichte und praktische Tipps“).
  16. Luise F. Pusch, interviewt von Marie Todeskino: Kultur: „Der, die, das Professor“. In: Deutsche Welle. 7. Juni 2013, abgerufen am 17. Juli 2020.
  17. Stadt Mainz, Frauenbüro: Feminin – Maskulin: Eine Einführung in die geschlechtergerechte Sprache. 1. Auflage. Mainz 1996, S. 8 und 14 (PDF: 64 kB, 25 Seiten auf mainz.de).
  18. Ludwig Rademacher: Frauenpower: Entmannter Bürgermeister(in). In: Focus. Nr. 50, 12. Dezember 1994 (online auf focus.de).
  19. Anke Domscheit-Berg: #InWoche: About. In: Generisches Femininum. Privater Blog, 2012–2014, abgerufen am 4. April 2020.
    Astrid Herbold: Netzkolumne: Wut, dein Name ist We(i)b. In: Tagesspiegel.de. 24. November 2012, abgerufen am 4. April 2020 („auf Twitter geht die ‚InWoche‘ zu Ende“).
  20. a b Eva Reisinger: Warum das generische Femininum auch keine Lösung ist. In: Vice.com. 11. Februar 2016, abgerufen am 25. März 2020 („die Grünen in Klagenfurt haben ihre Statuten geändert – so wurde aus ihrem Parteiobmann Reinhard Schinner, die Parteiobfrau Reinhard Schinner“).
  21. Daniel Kalt: Fragen Sie Ihre Ärztin oder Apothekerin. In: DiePresse.com. 25. Februar 2020, abgerufen am 5. September 2020 (aus der Print-Ausgabe vom 23. Februar 2020).
  22. Meldung: Branchendienst: Turi2 schafft Gendersternchen wieder ab. In: Süddeutsche Zeitung. 9. März 2021, abgerufen am 15. März 2021.
  23. Peter Turi: turi2 schafft das Gendersternchen wieder ab – und setzt aufs generische Femininum. In: turi2.de. 8. März 2021, abgerufen am 15. März 2021;
    ebenda Björn Czieslik: Über Gender-Sternchen und Einsamkeit – so lief das turi2 Clubfrühstück mit Diana Kinnert. In: turi2.de. 7. März 2021 (Podcast mit Peter Turi und Diana Kinnert)
  24. Armin Wolf (ZiB 2): Krieg der Sternchen: Ist Gendern der „Tod der Sprache“? (Spoiler: Nein). In: ArminWolf.at. Eigener Blog, 11. März 2021, abgerufen am 15. März 2021.
  25. Sieglinde Geisel im Gespräch: Geschlechtergerechte Sprache: Wie klingt das Gendersternchen? In: Radio SRF 1. 20. Februar 2019, abgerufen am 26. Februar 2021 (mit Audio: 3:48 Minuten).
  26. Kristin Kopf: Das kleine Etymologicum: Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache. Klett-Cotta, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-608-91341-5.
    Kristin Kopf: Die Völkerwanderung war kein Vatertagsausflug: Über 60 Wörter auf -in. In: Sprachlog.de. 2. März 2015, abgerufen am 26. Juni 2020.
  27. Luise F. Pusch: Die Sprache der Eroberinnen: Ganz neue Erkenntnisse zur deutschen Sprachgeschichte. In: Fembio.org. 29. September 2014, abgerufen am 26. Juni 2020.
  28. a b Helga Kotthoff: Gender-Sternchen, Binnen-I oder generisches Maskulinum, … – (Akademische) Textstile der Personenreferenz. In: Linguistik online. Band 103, Nr. 3, 12. Oktober 2020, S. 105–127, hier S. 120–121, Abschnitt 3.6: Vielfältiges Gendern (Department of German Studies, Universität Freiburg; doi:10.13092/lo.103.7181; Volltexte: PDF: 603 kB, 23 Seiten auf unibe.ch, online auf researchgate.net).
  29. Redaktion: Für alle Informatik-Studis: Dieses Lehrbuch nutzt ausschließlich die weibliche Form. In: Business-Punk.com. 22. Oktober 2020, abgerufen am 17. Januar 2021 (Leseproben zum Buch).
  30. Benjamin Haerdle: Uni Leipzig verweiblicht ihre Grundordnung. In: duz. Magazin für Forscher und Wissenschaftsmanager. 31. Mai 2013, abgerufen am 25. März 2020.
  31. Horst Simon (Professor für Historische Sprachwissenschaft an der FU Berlin), interviewt von Anja Kühne: Generisches Femininum an der Uni Leipzig: „Frauen sind keine Sonderfälle“. In: Tagesspiegel.de. 6. Juni 2013, abgerufen am 25. März 2020 („beim feministischen Sprachgebrauch haben nun außerdem vor allem Männer Angst, dass ihre Pfründe verloren gehen“).
  32. Universität Leipzig: Grundordnung der Universität Leipzig. 6. August 2013, S. 2 und 4 und 6 (PDF: 178 kB, 19 Seiten auf uni-leipzig.de; Pressemitteilung; zentraler Gleichstellungsbeauftragter seit 2010: Georg Teichert).
  33. Georg Teichert (Gleichstellungsbeauftragter), interviewt von Bastian Brandau: Generisches Femininum an der Universität Leipzig: Herr Professorin – was wurde draus? In: Deutschlandfunk Kultur. 20. Januar 2016, abgerufen am 1. August 2020.
  34. Georg Teichert, zentraler Gleichstellungsbeauftragter der Universität Leipzig seit 2010: Gleichstellung an der Universität Leipzig. In: Gleichstellung.Uni-Leipzig.de. 23. Oktober 2019, abgerufen am 20. Mai 2020.
  35. Jana Haase: Generisches Femininum an der Uni Potsdam: „Wir erleben hier einen Shitstorm“. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 5. Juli 2013, abgerufen am 28. Juni 2020.
    Silke Weber: Gender-Diskussion: Grüne unterstützen generisches Femininum an Unis. In: Tagesspiegel.de. 6. Juli 2013, abgerufen am 28. Juni 2020.
  36. Universität Potsdam, Koordinationsbüro für Chancengleichheit: Gendergerechte Sprache an der Hochschule. In: Uni-Potsdam.de. 11. Mai 2020, abgerufen am 28. Juni 2020.
  37. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV): Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG). Berlin, 21. September 2020 (PDF: 1,6 MB, 247 Seiten auf bmjv.de).
  38. a b c Julia Trippo: Gendergerechte Sprache: Die alte Mär vom Mitgemeintsein. In: Neues Deutschland. 15. Oktober 2020, abgerufen am 23. Oktober 2020.
  39. Meldung (dpa): Doch kein generisches Femininum – Streit um gendergerechte Sprache: Gesetz von Justizministerin Lambrecht umformuliert. In: Focus. 14. Oktober 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  40. a b c Streit um gendergerechte Sprache: Lambrechts Gesetz nun doch in „männlich“. In: tagesschau.de. 14. Oktober 2020, abgerufen am 30. Januar 2021 (bezugnehmend auf einen Bericht im Deutschlandfunk am 12. Oktober 2020 um 16:30 Uhr).
  41. a b Andreas Niesmann: Justizministerium – Erfolg für Frauenbewegung? Ministerium schreibt Gesetz im Femininum. In: RND.de. 11. Oktober 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  42. Angelika Wöllstein, Duden-Redaktion (Hrsg.): Duden: Die Grammatik (= Der Duden. Band 4/12). 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-04049-0, S. 151–152, Randnummer 222: Belebtheit (Seitenvorschauen in der Google-Buchsuche).
  43. Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Handbuch der Rechtsförmlichkeit. 3., neu bearbeitete Auflage. Bonn 2008, § 110: Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern (online auf hdr.bmj.de).
  44. Bayerische Staatskanzlei: Richtlinien für die Wahrnehmung und Organisation öffentlicher Aufgaben sowie für die Rechtsetzung im Freistaat Bayern. 6. November 2001, 2.5.4: Sprachliche Gleichbehandlung.
  45. Schweizer Bundeskanzlei, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW): Geschlechtergerechte Sprache: Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen. 2., vollständig überarbeitete Auflage 2009, Version vom 31. Juli 2013, S. 127–128 (Randnummern 7.47–7.49) sowie S. 75–76: Juristische Personen (PDF: 1,1 MB, 192 Seiten auf bk.admin.ch).
  46. Gesellschaft für deutsche Sprache: Generisches Femininum (Leipziger Lösung). In: GfdS.de. August 2020, abgerufen am 1. Oktober 2020.
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  48. a b Angelika Wöllstein, Duden-Redaktion (Hrsg.): Duden: Die Grammatik (= Der Duden. Band 4/12). 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-04049-0, S. 162, Randnummer 239: Tierbezeichnungen.
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Kategorie:Wortform Femininum, generisch Kategorie:Semantik