Benutzer:Ak ccm/Werkstatt/Königsbrunner Heide

„Königsbrunner Heide“ im Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“

IUCN-Kategorie IV – Habitat/Species Management Area

Kernbereich der „Königsbrunner Heide“ Ende Juli mit flachen Büschen des Felsen-Kreuzdorns und angrenzendem, lichtem Schneeheide-Kiefernwald

Kernbereich der „Königsbrunner Heide“ Ende Juli mit flachen Büschen des Felsen-Kreuzdorns und angrenzendem, lichtem Schneeheide-Kiefernwald

Lage Königsbrunn, Kreis Augsburg, Schwaben, Bayern, Deutschland
Fläche ca. 50 ha
Kennung NSG700.003
Natura-2000-ID DE-7631-371
Geographische Lage 48° 16′ N, 10° 54′ OKoordinaten: 48° 16′ 23″ N, 10° 54′ 22″ O
Ak ccm/Werkstatt/Königsbrunner Heide (Bayern)
Ak ccm/Werkstatt/Königsbrunner Heide (Bayern)
Meereshöhe von 511 m bis 519 m
Einrichtungsdatum April 1940
Rahmenplan Flächennutzungsplan mit integrierter Landschaftsplanung (2013)
Verwaltung Regierung von Schwaben, Sachgebiet 51 - Naturschutz;
Pflege durch den Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg e.V.
Besonderheiten Größtes mitteleuropäisches Vorkommen der Sumpf-Siegwurz; Beweidung durch Schafe und Przewalski-Pferde; teils Trinkwasserschutzgebiet

Die Königsbrunner Heide ist eine 50 ha[1] große Schotterheide auf Augsburger Stadtgebiet und steht als Teil des Stadtwalds unter Naturschutz. Sie wird begrenzt durch den Alten Floßgraben im Osten, die Verbindungsstraße Königsbrunn-Mering im Süden, die Königsbrunner Ostumgehung im Westen sowie Ausläufer der Meringer Au im Nordwesten. Besonders bekannt ist sie durch die einzigartige Massenblüte der Sumpf-Siegwurz im Juli.[2]

Geschichte Bearbeiten

Einst war die Königsbrunner Heide Bestandteil der Lechflusslandschaft, geprägt durch teils forstwirtschaflich genutzten Auwald. Aufgrund der Hochwassergefahr blieb die Umgebung siedlungsfrei. Im Süden erstreckte sich das Lechfeld als weite, fast baum- und strauchlose Schotterebene bis Landsberg. Die kargen Offengrasflächen wurde von den Siedlern westlich des Lechs als Weideland genutzt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Fluss begradigt und das Lechfeld zunehmend landwirtschaftlich erschlossen. Heute existieren von der großflächigen Kulturlandschaft nur noch kleine Relikte.

Die Königsbrunner Heide wird in der wissenschaftlichen Literatur erstmals 1959 erwähnt, was im Hinblick auf das Wirken etlicher Augsburger Naturforscher in der Vergangenheit ungewöhnlich erscheint. Der Botaniker Dr. Fritz Hiemeyer (†) vermutete, dass es früher genügend naturnahe Bereiche gab, sodass man keinen Grund für eine kleinräumliche Abgrenzung sah.[3] Bereits im April 1940 wurde das Gebiet als Teil des „Haunstetter Walds“ unter Naturschutz gestellt. Allerdings spielten in den ersten Nachkriegsjahren Naturschutzbelange keine Rolle: Fünf Jahre nach der Ausweisung des Schutzgebiets wurde die Heide durch eine Nadelholzaufforstung zweigeteilt. Zudem wurde im Osten ein ca. 80 × 30 m großes Stück umgepflügt und einige Jahre lang als Kartoffelacker genutzt. Darüber hinaus wurden am Westrand der Kernheide 2000 Fichtenpflänzchen gesetzt, die jedoch später beseitigt werden konnten. 1975 wurde der Haunstetter Wald inklusive der Königsbrunner Heide durch eine Gebietsreform mit dem im Norden anschließenden Siebentischwald zum Stadtwald Augsburg zusammengelegt. 1980 entstand in dem Verbindungsstück zwischen Kern- und Hasenheide ein Wildacker. Der Verursacher konnte aber ermittelt, bestraft und der Eingriff rückgängig gemacht werden.

Heidefläche Bearbeiten

 
Blüten der Sumpf-Siegwurz (Gladiolos palustris)

Die Königsbrunner Heide ist ein Areal auf dem Schottergrund des ehemaligen Flussbereiches des Lechs. Die Schottermassen wurden durch den Lechgletscher und den Fluss selbst herangeschoben. Die Heide liegt heute abseits des Lechs, der an dieser Stelle vor ca. 2000 Jahren floss und sich im Laufe der Zeit in östliche Richtung verlagerte. Die Heide war noch vor 150 Jahren Bestandteil der riesigen Lechtalheiden, ein großes Areal zusammenhängender Trockenrasen. Die heute erhaltenen Restflächen nehmen nur noch 1 % der Ursprungsgebiete ein.

Die Königsbrunner Heide teilt sich durch ein partiell ausgelichtetes Nadelwaldgehölz in zwei Flächen auf. Die westlich gelegene Hasenheide ist eine wertvolle Glatthaferwiese, während es sich bei der Kernheide um eine Trockenrasenfläche mit Hang zum Halb-Trockenrasen handelt. Als Orchideenhabitat und botanische Schatzkammer ist das Gebiet in botanischen Kreisen bekannt geworden. Zum Schutz von Flora, Fauna und Funga wurde das Wegenetz deutlich verkleinert. Auf den Flächen herrscht ein freiwilliges Wegegebot.[4] So sollen Trittschäden und Störungen vermieden werden. Seit dem 15. Dezember 2009 verläuft an den Heideflächen und in weiteren Teilen des südlichen Augsburger Stadtwalds ein Naturforscherlehrpfad[5][6].

Beweidungsprojekt Bearbeiten

 
Przewalski-Pferde (Equus przewalskii) beim Grasen auf Grünland

Im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützten Pilotprojekts wurden 2007 im nördlich angrenzenden Wald zwei 13 und 15 ha große Gehege für Rothirsche und Przewalski-Pferde errichtet[7]. Das Projektgebiet im südwestlichen Teil des Naturschutzgebietes Stadtwald Augsburg ist ein 100 bis 150 Jahre alter Kiefernwald. Durch die Beweidung sollen lichte Strukturen erhalten und gefördert werden. Außerdem werden eine dünnere Streu- und Rohhumusauflage sowie offene Stellen auf dem Boden, auf denen Kiefernsamen ideale Keimbedingungen vorfinden, erwartet. Die aus der Beweidung resultierenden Veränderungen werden wissenschaftlich dokumentiert.[8] Seit 2012 wird die Beweidung mit Przewalski-Pferden während des Winterhalbjahrs auf die Hasenheide ausgedehnt[7].

Fauna Bearbeiten

Reptilien Bearbeiten

Auf den Heideflächen sonnen sich Blindschleichen und Zauneidechsen. Sie sind die Hauptnahrungsquelle der in Deutschland stark gefährdeten Schlingnatter. In feuchten Habitaten stellen Ringelnattern überwiegend Fröschen nach. Im Wald, an den Rändern und im Unterholz kann auch die giftige Kreuzotter angetroffen werden. Sie ist im Lechtal akut vom Aussterben bedroht.[9]

 
Schachbrett (Melanargia galathea) an Klappertopf (Rhinanthus)

Schmetterlinge Bearbeiten

Durch die vielen Blütenpflanzen und das reichhaltige Nektarangebot beherbergt die Königsbrunner Heide zahlreiche Falter. Auf den Flächen ist der farbenprächtige Schwalbenschwanz - ein Ritterfalter - weit verbreitet. Als typische Weißlinge sind der Aurorafalter und der Zitronenfalter vertreten. Aus der Familie der Augenfalter sind das Rotbraune Wiesenvögelchen, das Schachbrett und der Schornsteinfeger oft zu sehen. An Bläulingen kommen neben häufigen Arten wie der Hauhechel-Bläuling und der Silbergrüne Bläuling auch seltene Arten vor, darunter der Kleine Feuerfalter sowie der Nierenfleck- und der Kreuzdorn-Zipfelfalter. Hervorzuheben ist hier der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, ein Relikt einst feuchter Bereiche der Heideflächen. Zu den wenig häufigen Edelfaltern gehören der Kleine und der Feurige Perlmutterfalter. Der Kleine Fuchs und der Wachtelweizen-Scheckenfalter sind dagegen keine Seltenheit. Der Admiral und der Distelfalter wandern jedes Jahr aus dem Mittelmeerraum ein, letztgenannter teils sogar aus Afrika. An tagaktiven Nachtfaltern sind das Sechsfleck-Widderchen, die Braune Tageule und der Kleine Weinschwärmer zu nennen.

Flora Bearbeiten

Zu den Frühblühern im März/April zählen vor allem die Schneeheide, die Gewöhnliche Küchenschelle und das Raue Veilchen. Daraufhin blüht im April/Mai auf der Hasenheide entlang des Ölbachs zerstreut der Berg-Hahnenfuß. Auf der Hasenheide findet sich auch die Herzblättrige Kugelblume, während die Gewöhnliche Kugelblume auf allen Teilbereichen ihre Blüten entfaltet. Der Regensburger Geißklee ist vor allem im Bereich der Kernheide zu finden – die Königsbrunner Heide markiert am Lech die westliche Verbreitungsgrenze. Im Mai blüht das stark nach Nelken duftende Heideröschen. Der bis Juli blühende Frühblühende Thymian verströmt dagegen einen würzigen Geruch. Die Art wächst auf der Hasenheide stellenweise rasig. Im späten Frühjahr erhöhen das Echte Labkraut und der Raue Alant den gelben Farbanteil der Heideflächen. Etwas später von Juni bis August folgt der Weidenblättrige Alant mit seinen gelben Blüten.

Enziane Bearbeiten

 
Kernheide Mitte April: Frühlings-Enzian (Gentiana verna)

Bemerkenswert ist das Vorkommen des Frühlings-Enzians von April bis Mai auf der Kernheide, wohingegen der Clusius-Enzian dort nur vereinzelt anzutreffen ist. Beide Populationen sind rückläufig. An einer Stelle wächst im Mai sogar der rare Schlauch-Enzian, der in Deutschland nur in Südbayern vorkommt. Von Juli bis August blüht auf der Kernheide der Kreuz-Enzian. Während die Art zur Ausbreitung tendiert, ist der Schwalbenwurz-Enzian sehr selten geworden. Dagegen kann der Deutsche Enzian von August bis September vergleichsweise häufig angetroffen werden. Zur selben Zeit bis in den Oktober hinein zeigt der Gewöhnliche Fransenenzian seine Blüten.

Orchideen Bearbeiten

 
Mitte Mai blüht in Teilen der Kern- und Hasenheide das Kleine Knabenkraut (Anacamptis morio)

Als erste Orchidee im Jahr blüht ab Mai das Kleine Knabenkraut. Eine üppige Population kann alljährlich im nordöstlichen Bereich der Hasenheide beobachtet werden. Vor Jahrzehnten war das Helm-Knabenkraut die häufigste Orchidee der Lechheiden, heute kommt sie im Mai/Juni nur noch sehr selten auf der Kernheide vor. Ebenfalls vereinzelt ist das Große Zweiblatt und die Weiße Waldhyazinthe anzutreffen. Dagegen ist die bis in den August blühende Mücken-Händelwurz konstant und zahlreich vertreten. Im Juni zeigt das gerne truppweise wachsende Brand-Knabenkraut seine Blütenstände. Die Orchidee ist in den letzten Jahren eher häufiger geworden. Selten und vereinzelt ist hingegen die Pyramiden-Hundswurz zu sehen. Unter den Ragwurzen zählt die Fliegen-Ragwurz zu den häufigsten Arten. Sie blüht jedes Jahr, allerdings unterschiedlich stark. Auch die Bienen- und die Hummel-Ragwurz können nach jahrelanger Abstinenz immer wieder einmal auftreten. Als seltenster Gattungsvertreter macht sich die Spinnen-Ragwurz derzeit rar. Bis vor einigen Jahren konnte die Orchidee auf der Hasenheide nachgewiesen werden. Feuchte Orte sind das typische Habitat der Sumpf-Stendelwurz - sie blüht von Juni bis Juli. Etwas später von Juli bis August kann am Auenrand vereinzelt die Breitblättrige Stendelwurz gefunden werden.

Funga Bearbeiten

 
Der Montane Blaustiel-Zärtling (Entoloma sodale) zählt zu den Charakterarten der Lechtalheiden auf Kalkschotter

Das abwechslungsreiche Biotopangebot ermöglicht eine artenreiche Pilzgesellschaft.[10] Einige Pilze sind im Bestand bedroht und stehen deshalb auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Auf den reinen Offengrasflächen sind beispielsweise der Dattelbraune Ellerling, die Geweihförmige Wiesenkoralle und die Trockene Erdzunge anzutreffen. Einen Schwerpunkt bilden Saftlinge, die bundesweit unter Schutz stehen. Zu den typischen Arten zählen der Kalkliebende Filz-Saftling, der Papageigrüne und der Safrangelbe Saftling. Dazu gesellen sich etliche Rötlinge wie der Braungrüne Zärtling, der Montane Blaustiel-Zärtling und der Schiefergraue Zärtling. Auch Rötelritterlinge wachsen auf den Flächen, darunter der Fälblingsähnliche, der Horngraue und der Lavendelfarbene Rötelritterling. An den Rändern der umgebenden, lichten Schneeheide-Kiefern-Wälder und rings um die solitär stehenden Bäume wachsen Ektomykorrhizapilze wie Birkenpilz, Edel-Reizker, Körnchen-Röhrling und Kupferroter Gelbfuß. In dem ausgelichteten Verbindungsstück zwischen Hasenheide und Kernheide verwerten beispielsweise der Gebänderte Harzporling, der Rosastielige Dachpilz und das Stockschwämmchen die im Boden verbliebenen Holz- und Wurzelreste. Destruenten sind unter anderen durch den Bitteren Kiefernzapfenrübling und den Ohrlöffelstacheling vertreten. Beide Arten zersetzen Kiefernzapfen.

Quellen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Fritz Hiemeyer: Königsbrunner und Kissinger Heide. Juwelen vor den Toren Augsburgs. 2. Auflage. Wißner-Verlag, Augsburg 2002, ISBN 978-3-89639-335-7.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Fritz Hiemeyer: Königsbrunner und Kissinger Heide. Juwelen vor den Toren Augsburgs. 2. Auflage. Wißner, Augsburg 2002, ISBN 978-3-89639-335-7, S. 14.
  2. Günter Riegel: Merkblatt Artenschutz 7 - Sumpf-Gladiole, Gladiolus palustris Gaudin. Hrsg.: Bayerisches Landesamt für Umwelt [LfU]. 2. überarbeitete Auflage. 2010 (PDF; 924 KB).
  3. Norbert Müller: Wald und Heide vor den Toren Augsburgs – zur Bestandssituation der Königsbrunner Haide. In: Hoppea. Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft. Band 61, 2000, S. 623–642 (PDF; 959 KB – Bresinsky-Festschrift).
  4. Besucherlenkung auf der Königsbrunner Heide. In: Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg. Abgerufen am 31. Dezember 2010.
  5. Augsburger Naturforscherlehrpfad. In: Website des Pilzvereins Augsburg Königsbrunn. Abgerufen am 31. Dezember 2010.
  6. Lageplan des Augsburger Naturforscherlehrpfads (PDF; 198 KB). In: Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg. Abgerufen am 31. Dezember 2010.
  7. a b Beweidungsprojekt Stadtwald Augsburg. In: Landschaftspflegeverband Stadt Augsburg. Abgerufen am 31. Dezember 2010.
  8. Nicolas Liebig, Norbert Pantel: Beweidung präalpiner Kiefernwälder auf Flussschottern im NSG „Stadtwald Augsburg“ mit Przewalskipferden und Rothirschen - Zwischenbericht nach zwei Jahren Projektlaufzeit. In: Berichte des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben. Band 113, 2009, S. 82–105 (PDF; 12,8 KB).
  9. Reptilienlebensraum Lechtal. In: Deutscher Verband für Landschaftspflege. Abgerufen am 3. Januar 2011.
  10. Bildergalerie Heiden um Augsburg. Auf: Website des Pilzvereins Augsburg Königsbrunn e.V.. Abgerufen am 31. Dezember 2010.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Königsbrunner Heide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


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