Bahnstrecke Meyrargues–Nizza

Schmalspurbahnstrecke in Südfrankreich

Die Bahnstrecke Meyrargues–Nizza, im Volksmund französisch Train des Pignes (deutsch: Pinienzapfenbahn) genannt, war eine eingleisige Meterspur-Bahnstrecke in den Départements Bouches-du-Rhône, Var und Alpes-Maritimes, die zwischen 1889 und 1892 eröffnet und bis August 1944 vollständig befahren wurde. An den beiden Streckenenden Meyrargues und Nizza sowie in Draguignan gab es Anschluss an normalspurige Strecken der Compagnie Paris-Lyon-Méditerranée (PLM). Schwere durch das Deutsche Heer während seines Rückzuges verursachte Schäden an drei wichtigen Talbrücken verhinderten die vollständige Wiederaufnahme des Betriebs nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Januar 1950 wurde auch der Verkehr auf dem letzten Abschnitt eingestellt. Einige Besonderheiten haben die Strecke einmalig gemacht.

Meyrargues–Nizza
Das im August 1944 zerstörte Viadukt Gorges de Loup nordöstlich von Grasse
Das im August 1944 zerstörte Viadukt Gorges de Loup nordöstlich von Grasse
Strecke der Bahnstrecke Meyrargues–Nizza
Streckennetz der CFSF, 1929
Streckenlänge:210 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Bahnstrecke Eyguières–Meyrargues von Eyguières
Bahnstrecke Lyon–Marseille von Marseille
210,2 Meyrargues 205 m
Bahnstrecke Lyon–Marseille nach Lyon über Grenoble
RN 96
206,2 Peyrolles-en-Provence 206 m
201,7 Jouques 263 m
RN 561
Bouches-du-Rhône/Var
196,2 Port-Sec-des-Roques 307 m
191,1 Rians 354 m
RN 561
RN 561
187,0 Artigues 363 m
183,5 Esparron 393 m
180,3 Saint-Martin 375 m
RN 561
173,9 Varages 306 m
L’Eau Salée (3×)
St. Pothin
167,8 Barjols 304 m
RN 560
La Fauvery
165,8 Pontevès 330 m
RN 560
162,6 Camparoux (Bauxit)
158,3 Rognette 404 m
RN 560 (2×)
155,4 Mine de St. Barnabé (Bauxit)
151,1 Aups-Sillans 363 m
La Bresque
RN 560
GC 131
143,2 Salernes-Villecroze 241 m
RN 560
135,5 Entrecasteaux 245 m
132,7 Sainte Foy 253 m
128,7 Lorgues 238 m
Florieye
123,6 Sauve-Clare 201 m
Tunnel Les Faïsses (3×) (80+120+70 m)
119,8 Flayosc 234 m
RN 562
RN 557
Nartuby
RN 557
112,7 Draguignan 180 m
            
Bahnstrecke Les Arcs–Draguignan
RN 555
RN 562
101,7 Figanières
97,2 Callas
93,7 Bargemon
90,6 Claviers 398 m
85,8 Les Méaulx
82,6 Rayol (120 m)
79,5 Seillans
74,5 Fayence
RN 563
70,3 Callian
67,4 Montauroux 198 m
RN 562
Var/Alpes-Maritimes
62,3 Saint-Cassien-Tanneron
60,9 Siagne (Siagneviadukt) (zerstört seit August 1944) (230 m)
59,2 Tunnel de Planasteaux (535 m)
RN 562
55,2 Peymeinade
Cabris-Sainte-Cézaire
Saint-Jacques
ehem. RN 562
ehem. RN 567
Grasse (PLM)
Tramways des Alpes-Maritimes nach Cagnes-sur-Mer
48,8 Grasse 267 m
48,5 Font-Laugière (Pont Eiffel)
45,8 Riou-de Magagnosc (Pont Félix Martin)
44,6 Tunnel de Saint-Laurent (125 m)
44,4 Magagnosc-Châteauneuf
41,5 Tunnel de Pré-du-Lac (515 m)
41,7 Tunnel du Riou-le-Bar (104 m)
41,5 Riou-du-Bar
41,0 Le Bar-sur-Loup 300 m
40,2 Ribas ou de la Fanerie
RD 2210 (ehem. RN 210)
38,0 Loup
38,9 Riou-de-Gourdon
37,7 Loup (zerstört seit August 1944) (319 m)
37,6 Tunnel du Loup (60 m)
RD 2210 (ehem. RN 210)
34,6 Vallettes
33,8 Clare
32,7 Saint Antoine
RD 2210 (ehem. N. 210)
31,0 Tourrettes-sur-Loup
30,5 Pasceressa (zerstört seit August 1944)
30,2 Cassan
29,1 Téolière
27,2 Malvan (190 m)
RD 2210 (ehem. RN 210)
26,0 Vence 325 m
24,7 Lubiane (90 m)
RD 2210 (ehem. RN 210)
23,5 Tunnel des Fonts (53 m)
22,3 Tunnel des Canons (30 m)
22,0 Cagne
21,7 Tunnel de la Cagne (224 m)
21,2 Saint-Jeannet-La Gaude
20,2 Tunnel de Saint-Jeannet (860 m)
RN 209
15,8 Gattières
14,4 Enghiéri (RN 210)
13,6 Pont de la Manda Var
Bahnstrecke Nizza–Digne-les-Bains nach Digne
Bahnstrecke Nizza–Digne-les-Bains nach Digne
12,8 Colomars (1892–1968) 62 m
Bahnstrecke Nizza–Digne-les-Bains nach Digne
10,5 Bellet–Tennis des Combes (1893–) 50 m
9,2 Saint-Sauveur (seit 1949) 42 m
7,8 Lingostière 36 m
6,5 Saint-Isidore 57 m
5,6 Crémat–PAL (seit 1987)
4,2 Tunnel de Bellet (950 m)
4,1 Magnan 77 m
3,3 La Madeleine
3,0 Saint-Pierre 60 m
2,7 Pont de Verani (26 m)
2,1 Tunnel de Saint-Pierre (633 m)
2,0 Saint-Philippe (seit 1981)
1,6 Tunnel de Saint-Philippe (255 m) 60 m
1,2 Parc Impérial (seit 1986)
0,8 Tunnel de la Mantéga et du Piol (350 m)
0,6 Gambetta 25 m
0,4 Abzw. nach Bahnhof Nice-Ville
0,2 Nice-CP (seit 1991) 22 m
0,0 Nice-Sud (bis 1991)

Geschichte Bearbeiten

Nach dem Frieden von Zürich fiel die Grafschaft Nizza, die seit 1380 zum Haus Savoyen, also zuletzt zu Italien gehört hatte, 1860 an Frankreich. Aus militärischer Sicht war ein Bahnanschluss als Strategische Bahn daher unerlässlich. Seit dem Beschluss über den Bau der Bahnstrecke Marseille–Ventimiglia 1852, die entlang der Mittelmeerküste verlief, gab es in dieser Region ab 1864 bereits militärische Versorgungskapazitäten, doch wünschte die Generalität eine weitere Strecke. Mit dem Plan Freycinet genannten Gesetz, das am 18. Mai 1878 beschlossen und 14 Monate später noch erweitert wurde, konnte der Bau von insgesamt 8850 Kilometern auf 181 Bahnstrecken finanziert werden.[1] Diese Strecke, die immer als eine Einheit verstanden und auch durchgängig betrieben wurde, bestand nach dem Freycinet-Plan aus zwei Teilen:

Der Bau dieser Bahn mit vielen Ingenieurbauwerken war sehr aufwendig, die Trassierung war schwierig und erforderte viele enge Kurvenradien. Eine Meterspur wurde als die einzig wirtschaftliche angesehen, womit erstmals eine vom Staat gebaute Bahn von der Normalspur abwich. Die Konzession für den Betrieb wurde am 17. August 1885 für 99 Jahre der Chemins de fer du Sud de la France erteilt, die eigens dafür gegründet worden war.

 
Bahnhof Meyrargues, ca. 1910er-Jahre
 
Zentraler Bahnhof Draguignan 1914

Die Bauarbeiten für die bereits im Sommer 1885 für öffentlich erklärte Strecke liefen ab 1886 von dem zentralen Ort Draguignan, Endpunkt der Bahnstrecke Les Arcs–Draguignan, in beide Richtungen. Bereits am 22. März 1889 konnte der westliche Abschnitt bis Meyrargues eröffnet werden, der dort an die Bahnstrecke Lyon–Marseille anschloss und der mit nur wenigen Kunstbauwerken auskam. Zuvor schon waren Teilabschnitte eröffnet worden: Am 23. April 1888 bis Salernes und am 27. August bis Barjols. Der Abschnitt östlich von Draguignan wurde im Sommer 1889 für öffentlich erklärt. Im Jahr darauf wurde mit den Arbeiten begonnen. Der Streckenabschnitt bis Grasse konnte am 8. November 1890 eröffnet werden. Damit war die Strecke die erste Schmalspur-Bahnstrecke in Frankreich mit einer Länge von mehr als 100 km. Die Bahnlinie befriedigte die Anrainergemeinden nicht, weil auf der kurvigen Strecke mit vielen Halten nur ein sehr langsames Vorwärtskommen möglich war. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag unter 20 km/h; 1912 dauerte die Fahrt auf der Gesamtstrecke elf Stunden.[2]

Beim Bau gab es eine weitere Besonderheit: Aus strategischen Gründen bestand der Staat darauf, mit normalspurigen Zügen von Nizza aus bis nach Draguignan gelangen zu können, weil dort eine große Militäranlage war. Die Militärstrategen befürchteten einen feindlichen Angriff von See her gegen die Küstenbahnlinie in Höhe der Baie des Anges. So wurden auf der Strecke Draguignan–Nizza zunächst Vierschienen-, später Dreischienengleise verlegt, damit Züge in Normal- und Meterspur auf der gleichen Trasse fahren konnten.[3]

Die schwerfälligen Dampflokomotiven wurden 1935 durch Dieseltriebwagen ersetzt. Die durchschnittliche Anzahl von Fahrgästen stieg dadurch von 8,8 auf 17,9 Passagiere pro Zug an.

Am Morgen des 24. August 1944 erlitt die Strecke ihr jähes Ende. Ein deutsches Heereskommando zündete auf dem Rückzug vor den Alliierten der Operation Dragoon Sprengladungen an vier wichtigen Brücken. An dem Loup-Viadukt wurden dabei vier Bögen zerstört, am Viadukt Pascaressa und der Metallbrücke von Siagne jeweils zwei. Auch an der Manda-Brücke über den Var gab es eine Sprengung.

Bereits am 27. August 1944 wurde der Bahnverkehr auf dem westlichen Abschnitt Meyrargues–Draguignan wieder aufgenommen. Ab 5. September fuhren auch östlich von Draguignan wieder Züge, wo Güterverkehr bis Montauroux und Personenverkehr von Draguignan bis Tanneron, unmittelbar vor dem zerstörten Siagneviadukt, angeboten wurde. Von dort bis Nizza bestand ab 1. November 1944 eine Omnibus-Verbindung als Bahnersatz.[4]

Während die Manda-Brücke im Winter 1945/46 wieder repariert wurde, unterblieb der Wiederaufbau der übrigen Brücken aus Kostengründen. Die 1944 zunächst auf 15 Millionen Francs bezifferte Schadenssumme stieg nach weiteren Prüfungen sowie inflationsbedingt bis 1947 auf 70 Millionen Francs. Zugleich nahm die Zahl der Fahrgäste in den späten 1940er-Jahren durch die Konkurrenz des Straßenverkehrs deutlich ab. Im Güterverkehr war Bauxit aus den zwischen Varages und Aups-Sillans gelegenen Abbaustätten vor dem Krieg eines der wichtigsten Transportgüter, das jedoch nach 1944 nur noch in geringeren Mengen abgebaut und ab 1949 ausschließlich per Lkw befördert wurde. Nachdem eine Stilllegung aus Unwirtschaftlichkeit bereits 1948 erwogen wurde, fiel am 14. Dezember 1949 der Beschluss zur Streckenschließung zum 2. Januar 1950. Die Entwidmung fand zum 1. November statt, ab Sommer 1951 wurden die Gleise abgebaut und die Bahnanlagen den Gemeinden übergeben.[4][5]

Die historischen Dampfzüge auf der Bahnstrecke Nizza–Digne-les-Bains heißen heute öffentlichkeitswirksam ebenfalls Train des Pignes, deren Firmenemblem heute ein zentraler Pinienzapfen schmückt. Diese Bezeichnung war aber ursprünglich den Zügen auf der Strecke Meyrargues–Nizza vorbehalten.

Literatur Bearbeiten

  • José Banaudo: Le siècle du Train des Pignes. Les Editions du Cabri, Breil-sur-Roya 1991, ISBN 978-2903310905
  • Paul Cèze: Légendaire train des Pignes. Editions Cheminements 2000, ISBN 9782844780454

Medien Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bahnstrecke Meyrargues–Nizza – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Loi qui classe 181 lignes de chemins de fer dans le réseau des chmins de fer d’intérêt général les lignes dont la désignation. Collection complète des lois, décrets, ordonnances, réglements, et avis du Conseil d’Etat. Jean-Baptiste Duvergier, 17.–18. Juli 1879, Seite 274
  2. Originalfahrplanauszug, Juni 1912
  3. Le Train des Pignes: La création, Informations historiques (franz.)
  4. a b José Banaudo: Le Siècle du Train des Pignes: Réseau d'intérêt général des Alpes. Les Editions du Cabri, 1991, ISBN 2-903310-90-4, S. 79–83 (französisch).
  5. Le Train des Pignes: La Ligne Central Var, Informations historiques (franz.)