Bahnstrecke Lagonegro–Spezzano Albanese

Eisenbahnstrecke in Italien

Die Bahnstrecke Lagonegro–Spezzano Albanese war eine Schmalspurbahn mit 950 mm Spurweite von Lagonegro in der Region Basilikata nach Spezzano Albanese in der Region Kalabrien in Süditalien, die teilweise mit Zahnstange System Strub ausgerüstet war. Derzeit (August 2022) wird sie in einen Bahnradweg umgebaut.

Lagonegro–Spezzano Albanese
Streckenprofil: blau: Adhäsionsabschnitte, rot: Zahnstange
Streckenprofil: blau: Adhäsionsabschnitte, rot: Zahnstange
Streckenlänge:104,746 km
Spurweite:950 mm (ital. Meterspur)
Maximale Neigung:Adhäsion 60 
Zahnstange 100 
Minimaler Radius:100 m
Zahnstangensystem:Strub
FS von Sicignano m s.l.m.
0,000 Lagonegro 599
Viadukt Serra
2,589 Rivello 783
7,759 Nemoli 802
11,639 Bivio Latronico 779
15,262 Pastorella 617
Viadukt Lauria
16,254 Lauria 579
20,487 Galdo 731
24,293 Prestieri Kulminationspunkt 835
28,351 Castelluccio Superiore 614
Kreiskehrtunnel Castelluccio (485 m)
31,800 Castelluccio Inferiore 451
Grenze Basilikata-Kalabrien
36,432 Rotonda-Viggianello 330
39,858 Laino Borgo 290
42,503 Laino Castello 421
46,383 Pietragrossa 618
48,568 Papasidero 640
Brücke Battendiero
51,892 Mormanno 781
60,023 Campotenese 960
62,886 Pavone Kulminationspunkt 1000
67,838 Carbonaro 755
72,113 Morano Calabro 531
76,387 Crocifisso 520
79,490 Castrovillari 380
Frascineto Pietà 371
85,521 Frascineto Ferrocino 370
87,1     Frascineto Ferrocino-Eianina 384
89,7     Civita 351
92,0     Madonna della Catena 232
94,804 Cassano all’Ionio 193
Brücke Eiano
98,6     Garda 88
Chidichimo 65
FS von Sibari
Bivio Castrovillari
Dreischienengleis
104,746 Spezzano Albanese 46
Waldbahn Zoccalia
FS nach Cosenza
Quelle: Ferrovie abbandonate

Geschichte Bearbeiten

 
Bahnhof Lauria mit der eindrucks­vollen Stützmauer kurz vor der Fertig­stellung
 
Bei der Betriebsaufnahme kamen FS-Lokomotiven der Baureihe 370 zum Einsatz.

Bereits im Jahr 1882 beantragte die Stadt Cosenza beim Königreich Italien den Bau einer Normalspurbahn von Spezzano Albanese nach Lagonegro durch das Vallo di Diano. Es dauerte bis zum 15. September 1915,[1] dass die von den Ferrovie dello Stato Italiane (FS) erbaute Bahnstrecke Spezzano Albanese–Castrovillari eröffnet werden konnte.[2] Die Erbauerin lässt sich heute noch an den Bahngebäuden erkennen, die denen von den FS erbauten Zahnradbahn Paola–Cosenza ähneln und sich von den Bauten der Mediterranea-Calabro-Lucane (MCL) unterscheiden. Entgegen den ursprünglichen Plänen wurde die Strecke in italienischer Meterspur erbaut.

Ende der 1920er-Jahre nahm die Mediterranea-Calabro-Lucane den Weiterbau nach Lagonegro auf. Am 30. Oktober 1929 wurde das Teilstück Lagonegro–Laino Borgo eröffnet, am 23. Juni 1930 der Abschnitt Morano Calabro–Castrovillari und am 1. Juli 1931 der Lückenschluss von Laino Borgo nach Morano Calabro.

Im August 1943 wurde der Bahnhof Castrovillari drei Mal bombardiert und zerstört: Ebenso erging es dem Viadukt bei Lauria, wodurch die Strecke erst am 15. März 1944 für den Verkehr freigegeben werden konnte. Bradyseismos zerstörte den zweiten Bogen des Serra-Viadukts, so dass ab 1952 der Betrieb zwischen Lagonegro und Rivello eingestellt wurde. 1970 führten Beschädigungen an der Eiano-Brücke bei Cassano all’Ionio zur Schließung des Abschnitts Castrovillari–Spezzano Albanese. Nach dem Unfall auf dem Fiumarella-Viadukt im Jahr 1961 wurde der MCL die Konzession entzogen und der Betrieb an die Ferrovie Calabro Lucane (FCL) übergeben. Am 18. Juni 1978 stellten die FCL den Verkehr auf dem verbliebenen Rest ein und am 20. September 1979 wurde die Strecke offiziell geschlossen.[3] 1984 wurden die Gleise abgebaut.

Während die Schienen weitgehend abgebaut wurden, sind heute viele Empfangsgebäude und Bahnwärterhäuser in einem guten Zustand und oft bewohnt. Zudem erinnert die Lokomotive Nummer 503, die auf dem Platz vor dem früheren Bahnhof Castrovillari als Denkmal aufgestellt ist, an die Zahnradbahn.

Streckenbeschreibung Bearbeiten

 
Viadukt Serra bei Lagonegro in den 1930er-Jahren
 
Station und Viadukt Lauria kurz vor der Betriebsaufnahme

Das gebirgige Gelände zwang zu einer Streckenführung mit Kurvenradien von 100 Metern, Steigungen bis zu 60 Promille auf den Adhäsionsabschnitten und drei Zahnstangenabschnitten mit Steigungen von 75 bis 100 Promille von fast 6 Kilometer Länge.[2]

Nach dem Bahnhof Lagonegro begann der erste Zahnstangenabschnitt nach Rivello, der über den 200 Meter langen und in einer Steigung von 85 Promille liegenden Viadukt Serra führte. Die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetretenen Beschädigungen sind heute noch deutlich sichtbar. Von Rivello folgt die weitgehend noch vorhandene Trasse bis zur kalabrischen Grenze der Strada Statale 19 – und bis Galdo auch der heutigen Autostrada A3. Unmittelbar vor der Station Lauria führte das Bahngleis aus einem Tunnel direkt auf den imposanten gleichnamigen Viadukt. In Prestieri erreichte die Bahn den ersten Kulminationspunkt. Zwischen Castelluccio Superiore und Castelluccio Inferiore verlor die Bahn 163 Höhenmeter, wozu die Hilfe des 485 Meter langen Castelluccio-Kehrtunnels in Anspruch genommen wurde. Kurz nach der Station Rotonda-Viggianello diente eine Kehre dazu, das Gefälle nicht über 60 Promille ansteigen zu lassen. In Laino Borgo beginnt die Trasse wieder anzusteigen und vor Mormanno half eine weitere Kehre die Steigung in Grenzen zu halten. In Pavone hatte die Bahn ihren höchsten Punkt auf genau 1000 Meter Meereshöhe erreicht. In steilem Gefälle ging es mit einer dritten Kehre kurz nach Carbonaro hinunter nach Morano Calabro und weiter nach Castrovillari, wo sich ein Depot befand. Bis Civita verlief die Strecke zunächst flach. Die steile Fahrt hinunter nach Garda führte über zwei Zahnstangenabschnitte. Auf dem letzten Teilstück von Bivio Castrovillari bis zum Endpunkt in Spezzano Albanese nutzte die Schmalspurbahn das Gleis der FS, das dazu mit einer dritten Schiene ausgestattet war. Von Spezzano Albanese führte damals die Waldbahn Zoccalia zur benachbarten Ortschaft Firmo und weiter zur Endstation Lungro.

Rollmaterial Bearbeiten

Die ersten von der MCL eingesetzten Triebfahrzeuge waren Zahnradlokomotiven Reihe 370 der Ferrovie dello Stato. Die MCL beschaffte eigene Lokomotiven der Reihen 200, 260, 350 und 500. Später wurde der Personenverkehr mit Schienenbussen der Reihe M1c beschleunigt.

Bahnradweg Bearbeiten

Die ungenutzte Trasse der ehemaligen Bahnstrecke wird derzeit (August 2022) zu einem Bahnradweg umgebaut.[4] Abschnitte zwischen zum Beispiel westlich von Morano Calabro parallel zur SP 241 nach Campotenese hinauf sind zwar durchweg befahrbar. Allerdings sind Tunneldurchfahrten noch (August 2022) gesperrt. Einheimische Rennradfahrer befahren derzeit (August 2022) weiterhin die Straße SP 241.

Sonstige Nutzung Bearbeiten

Unmittelbar nördlich des Bahnhofsgebäudes von Mormanno wurde auf der ehemaligen Bahntrasse die Kirche Santa Maria Goretti nebst einem Gemeindezentrum und einem Vorplatz errichtet und 2021 eingeweiht. Zuvor hatte die Gemeinde für ihre Gottesdienste eine ehemalige Lagerhalle des Bahnhofs genutzt.[5]

Trivia Bearbeiten

Der Bahnhof Lauria diente als Drehort des 2010 erschienenen Films Basilicata coast to coast des einheimischen Regisseurs Rocco Papaleo.

Bildergalerie Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Vittorio Cappelli: Tra Sibari e il Pollino – La percezione del paesaggio negli ultimi due secoli. Antologia degli scritti di viaggiatori, studiosi e narratori („Zwischen Sibari und Pollino – Die Wahrnehmung der Landschaft in den letzten zwei Jahrhunderten. Anthologie der Schriften von Reisenden, Gelehrten und Geschichtenerzählern“). Verlag Rubettino, Soveria Mannelli, 2003. ISBN 978-88-498-0881-0 (italienisch)
  • Pietro Marra, Calabro Lucane: Piccole ferrovie tra Puglia, Basilicata e Calabria („Kleine Eisenbahn zwischen Apulien, Basilikata und Kalabrien“). Bagnacavallo, Verlag PGM, 2016, ISBN 978-88-909824-1-5 (italienisch)
  • Dario Pisani: Lagonegro–Spezzano, l’unica „calabro–lucana“ („Lagonegro–Spezzano, die einzige ‚kalabrisch-lukanische‘“). Auf: Ferrovie.it, 7. Juli 1997 (italienisch)
  • Gianfranco Oliva: La galleria elicoidale di Castelluccio delle FCL („Der Kehrtunnel Castelluccio der FCL“). Auf: Faronotizie.it. Webmagazine internationale d’informazione. Abgerufen am 1. Januar 2018 (PDF; 1,8 MB, italienisch)
  • Davide Nesi: La ferrovia tradita („Die verratene Eisenbahn“). Auf: l’Eco, Dezember 2005 (Viewer Calaméo)
  • Ferrovia Lagonegro (FCL) – Spezzano Albanese Terme (FCL). Auf: Ferrovie abbandonate, abgerufen am 1. Januar 2018 (italienisch)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bibliografia Ferroviaria Italiana. Italienische Eisenbahnbibliographie. Chronologischer Überblick über die von 1839 bis zum 31. Dezember 1926 eröffneten Eisenbahnstrecken, 6. Februar 2014 (italienisch)
  2. a b Dario Pisani: Lagonegro–Spezzano, l’unica „calabro–lucana“.
  3. Roberto Troiano: Elenco delle linee. Liste der Strcken. Auf: www.webalice.it, abgerufen am 1. Januar 2018, mit Bildern aus dem Jahr 1953 (italienisch)
  4. Maria Giuseppina Ferrulli: By bike along the disused railway between the Lucanian Apennines and the Pollino. Online-Zeitungsartikel, 31. Dezember 2020 (englisch); abgerufen am 31. August 2022
  5. Beni architettonici: Chiesa di Santa Maria Goretti auf beweb.chiesacattolica.it, abgerufen am 15. Januar 2024