Annopol [anˈnɔpɔl] ist eine Stadt im Powiat Kraśnicki der Woiwodschaft Lublin in Polen. Die Stadt mit 2610 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2016) ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde.

Annopol
Wappen der Gemeinde Annopol
Annopol (Polen)
Annopol (Polen)
Annopol
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Lublin
Powiat: Kraśnicki
Gmina: Annopol
Fläche: 7,75 km²
Geographische Lage: 50° 53′ N, 21° 52′ OKoordinaten: 50° 53′ 0″ N, 21° 52′ 0″ O
Einwohner: 2610 (31. Dez. 2016)
Postleitzahl: 23-235
Telefonvorwahl: (+48) 15
Kfz-Kennzeichen: LKR
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK74 KielceLublin
Nächster int. Flughafen: Rzeszów-Jasionka



Geographie Bearbeiten

Annopol liegt ca. 64 km südwestlich von Lublin, nördlich der Mündung der Sanna in die Weichsel.

Geschichte Bearbeiten

Der Ort entstand aus dem Dorf Rachów, welches im 16. und 17. Jahrhundert den Landadelsfamilien Rachowski, Czyżowski, Morsztyn und ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Familie Tymiński gehörte. Seit dem 17. Jahrhundert bestand in Annopol (jiddisch: אניפולי‎, auch Hanipol) eine wachsende jüdische Gemeinde.[1]

1761 erhielt der Ort das Stadtrecht vom polnischen König August III. Der Eigentümer des Ortes Rachów, Antoni Jabłonowski, benannte den Ort dann nach seiner verstorbenen Ehefrau Anna. Dabei steht Anno für Anna und pol kommt vom griechischen polis für Stadt. Das Bild von Anna ist im Wappen des Ortes verewigt.

Bei der Dritten Teilung Polens 1795 kam die Stadt zu Österreich, ab 1815 gehörte sie zu Kongresspolen. 1869 verlor der Ort das Stadtrecht.

1921 waren 73 % der Einwohner Annopols Juden, in den 1930er Jahren mehr als zwei Drittel der Einwohner.[2]

Nach dem Überfall auf Polen wurde im Frühjahr 1940 in Annopol ein Arbeitslager geschaffen, das „ZAL Annopol-Rachów“ (ZAL = Zwangsarbeitslager).[3] Die Juden von Annopol wurden vor allem beim Bau einer Zufahrtstraße zu einer örtlichen Phosphorit-Grube (siehe unten) eingesetzt.[4] Später wurden die arbeitsfähigen Juden von Annopol teils in ein Arbeitslager in Gościeradów, 10 km östlich von Annopol, verbracht, teils in das Lager Janiszów, 7 km südlich von Annopol. Viele der in Janiszów Gefangenen konnten sich zunächst retten, als am 6. November 1942 jüdische Partisanen dieses Lager überfielen, 600 Juden befreiten und den Lagerkommandanten Peter Ignor, einen vielfachen Mörder, töteten.[5] Doch 60 Juden, die in die Wälder flohen, wurden von Partisanen der Gwardia Ludowa ermordet.[6] Im Oktober 1943 wurde das ZAL Annopol-Rachów aufgelöst. Die bis dahin dort verbliebenen Juden wurden selektiert.[7] Alte und Kranke wurden an Ort und Stelle ermordet,[1] noch Arbeitsfähige wurden in das Arbeitslager in Budzyń bei Kraśnik verbracht.[8] Im Zuge der Massenmorde der „Aktion Erntefest“ wurden am 3. November 1943 auch in Annopol jüdische Zwangsarbeiter ermordet.[9] Unter den 630 Opfern waren vor allem Juden aus Deutschland und Österreich, die aus dem Arbeitslager Budzyń zur Hinrichtung nach Annopol deportiert worden waren.[10] Sie wurden in Massengräbern verscharrt.[11] Im Massaker von Borów wurde die Gegend um das Dorf Borów bei Janiszów am 2. Februar 1944 von deutschen Militäreinheiten zerstört, die über 900 Einwohner ermordeten.

Vom Juli 1944 bis zum Januar 1945 verlief an der Weichsel bei Annopol die Front zwischen der deutschen Wehrmacht und der sowjetischen Armee.

Seit dem 1. Januar 1996 hat Annopol wieder den Status einer Stadt.

Politik Bearbeiten

Sowohl das Wappen, die Flagge, wie auch die Fahne von Annopol wurden am 28. Juni 2002 offiziell eingeführt.[12]

Wappen Bearbeiten

Das Wappen der Gemeinde Annopol zeigt die sitzende Figur St. Anna. Sie trägt ein grünes Kleid, einen weißen Mantel, gelbe Pantoffeln und hat einen goldenen Heiligenschein um den Kopf. Ihre rechte Hand hat sie offen auf die Brust gelegt. Auf rotem Hintergrund befindet sich in Großbuchstaben links von ihr ein silbriges S und auf ihrer rechten Seite im gleichen Stil der Buchstabe A.

Flagge Bearbeiten

Die Flagge der Gemeinde hat drei horizontale Streifen. Diese tragen von unten nach oben die Farben gelb, grün und weiß. Die beiden äußeren Streifen haben eine Höhe von je 2:5 zur Gesamthöhe der Flagge, während der Mittelstreifen eine Höhe von 1:5 aufweist.

Gemeinde Bearbeiten

Die Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Annopol hat eine Flächenausdehnung von 151 km².

Wirtschaft Bearbeiten

Im Umland von Annopol befindet sich eine größere Phosphorit-Lagerstätte.[13] Ende der 1920er Jahre wurde mit dem Aufschluss begonnen. 1971 wurde die Phosphorit-Förderung in Annopol eingestellt.[14]

Weblinks Bearbeiten

Fußnoten Bearbeiten

  1. a b Art. Annopol-Rachow. In: Shmuel Spector, Geoffrey Wigoder (Hrsg.): The Encyclopedia of Jewish Life Before and During the Holocaust, Bd. 1: A – J. New York University Press, New York 2001, ISBN 0-8147-9356-8, S. 46–47.
  2. Wit Szymanek: Z dziejów powiatu janowskiego i kraśnickiego w latach 1474–1975. Clio Sergiusz Matjunin, Lublin 2003, S. 69–71.
  3. Barbara Schwindt: Das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek. Funktionswandel im Kontext der „Endlösung“. Königshausen und Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3123-7, S. 280.
  4. Klaus-Peter Friedrich (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 4: Polen September 1939 – Juli 1941. De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2011, ISBN 978-3-486-58525-4, S. 232.
  5. David Silberklang: Die Juden und die ersten Deportationen aus dem Distrikt Lublin. In: Bogdan Musiał (Hrsg.): „Aktion Reinhardt“. Der Völkermord an den Juden im Generalgouvernement 1941–1944. fibre, Osnabrück 2004, ISBN 3-929759-83-7, S. 141–164, hier S. 162.
  6. Shmuel Krakowski: The war of the doomed. Jewish armed resistance in Poland, 1942–1944. Holmes and Meier, New York 1984, ISBN 0-8419-0851-6, Kap. 4: Lublin Southern District.
  7. Sammlung Masowy mord na Żydach w Annopolu nad Wisłą (Der Massenmord an den Juden in Annopol an der Weichsel), Bestand 89 im Archiv der Główna Komisja Badania Zbrodni Hitlerowskich w Polsce (GKBZHwP, „Hauptkommission für die Erforschung nationalsozialistischer Verbrechen in Polen“).
  8. David Silberklang: Die Juden und die ersten Deportationen aus dem Distrikt Lublin. In: Bogdan Musiał (Hrsg.): „Aktion Reinhardt“. Der Völkermord an den Juden im Generalgouvernement 1941–1944. fibre, Osnabrück 2004, S. 141–164, hier S. 163.
  9. Witold Wojciech Mędykowski: Macht Arbeit Frei? German economic policy and forced labor of Jews in the general government, 1939–1943. Academic Studies Press, Boston 2018, ISBN 978-1-61811-596-6, S. 289.
  10. Wit Szymanek: Z dziejów miasta Annopol. In: Kraśnickie Towarzystwo Regionalne (Hrsg.): Regionalista, Jg. 2000, S. 11.
  11. Andrej Angrick: „Aktion 1005“ – Spurenbeseitigung von NS-Massenverbrechen 1942–1945, Wallstein Verlag, Göttingen 2018, Band 2, S. 845.
  12. Offizielle Informationen zum Wappen, zur Fahne und Flagge (Memento vom 15. Januar 2016 im Internet Archive)
  13. Greta Orris, Carlotta Chernoff: Data Set of World Phosphate Mines, Deposits, and Occurrences. Part B: Location and Mineral Economic Data. United States Geological Survey, Reston 2002, S. 209.
  14. Marzena Smol: The importance of sustainable phosphorus management in the circular economy (CE) model. The Polish case study. In: Journal of Material Cycles and Waste Management, Jg. 21 (2019), S. 227–238.