Die Aktion Dünamünde, teilweise auch als Operation Dünamünde bezeichnet, war eine Erschießungsaktion der Nationalsozialisten im Frühjahr 1942, bei der alte und nicht mehr voll arbeitsfähige Menschen aus dem Ghetto Riga sowie dem Lager Jungfernhof ermordet wurden. Als Initiator der Aktion Dünamünde gilt Gerhard Maywald.[1]

Rekonstruierbares Tatgeschehen Bearbeiten

Nach dem Massaker im Wald von Rumbula im November/Dezember 1941 wurden aus den im Ghetto Riga und dem KZ Jungfernhof weiterhin inhaftierten Deportierten im Frühjahr 1942 die alten und nicht mehr voll arbeitsfähigen Menschen auf Listen erfasst. Angeblich sollten sie in einer Konservenfabrik in Dünamünde leichtere Arbeiten bei guter Verpflegung verrichten. Beim Abtransport aus Riga verbargen sich einige von ihnen; Angehörige anderer baten, nach Dünamünde mitgenommen zu werden. Nach dieser Version durchsuchten die Deutschen keine Wohnungen nach Zurückgebliebenen, die namentlich auf der Liste standen. Im Zuge dieser Aktion, die möglicherweise am 15. März 1942 stattfand, wurden nahezu 1900 Menschen ermordet. Als die Kleidungsstücke der Verschleppten zurückkamen, verbreitete sich diese Nachricht rasch.[2]

Eine andere Version datiert einen Zwangstransport auf den 5./6. Februar 1942. Dabei wurde das Ghetto früh morgens hermetisch abgeriegelt. Einzelne Gruppen hätten in ihren Wohnstraßen zum Appell antreten müssen. Der jüdische Ordnungsdienst habe unter Leitung der deutschen und lettischen Ghettowache die Wohnungen durchsucht und alle Bewohner, auch Schwerkranke, auf die Straße getrieben. Zunächst seien die auf einer Liste erfassten Juden erfasst worden, dann auch andere Ältere sowie Frauen mit kleineren Kindern. Wer sich gesträubt habe, sei brutal misshandelt und zum Teil wie Vieh auf die Ladefläche geworfen worden.[3][4]

Nach Abgleich schriftlicher Quellen und unterschiedlicher Erinnerungen von Überlebenden bleiben die genannten Historiker im Zweifel, ob zwei oder drei Todestransporte das Ghetto verließen.[5]

Die Durchführung der Aktion Dünamünde in Jungfernhof ist besser zu rekonstruieren. Hier wurden am 26. März 1942 bis auf 450 kräftige Häftlinge alle anderen mit Autobussen fortgeschafft. Auch sie wurden in den nahegelegenen Wald von Biķernieki gebracht, der schon seit dem Juli 1941 als Erschießungsgelände diente. Unter Leitung von Offizieren der Sicherheitspolizei führten etwa zehn Mann des von Viktors Arājs geführten Kommando Arājs die Erschießungen in von anderen Internierten vorbereiteten Massengräbern durch. In mehreren Erschießungen wurden vermutlich ungefähr 1800 Menschen aus dem KZ Jungfernhof und 3000 aus dem Ghetto Riga ermordet.[6]

Quellenlage Bearbeiten

Die Historiker Andrej Angrick und Peter Klein stellen fest, dass die zahlreichen „Nachkriegsäußerungen der Überlebenden“ erheblich voneinander abweichen. Widersprüchlich sind die Angaben zur Anzahl der Transporte und genauen Datierung wie auch zur Erstellung der Transportlisten und ergänzenden Selektionen. Unzutreffend ist die von Zeitzeugen verbreitete Behauptung, „Dünamünde“ sei ein nicht existenter Ort und lediglich eine Tarnbezeichnung für die Erschießungen im Hochwald von Riga gewesen. Dünamünde ist der deutsche Name des Stadtteils Daugavgrīva von Riga, der allerdings örtlich in entgegengesetzter Himmelsrichtung zum Stadtzentrum liegt. Auch der Einsatz von Gaswagen dabei ist nicht nachweisbar.[7]

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vom Münsterland nach Riga: Opfer und Täter der Deportationen Kurzvortag von Winfried Nachtwei (PDF-Datei; 22 kB)
  2. Andrej Angrick, Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19149-8, S. 340.
  3. Nachbarn von Nebenan – Verschollen in Riga
  4. Über die Aktion Dünamünde (auf 30. März datiert) (Memento vom 14. Dezember 2015 im Internet Archive)
  5. Andrej Angrick, Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19149-8, S. 342.
  6. Andrej Angrick, Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19149-8, S. 344.
  7. Andrej Angrick, Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19149-8, S. 338–339 mit Anm. 3.