Abzählbares Auswahlaxiom

Axiom der Mengenlehre

Das abzählbare Auswahlaxiom, auch Axiom von der abzählbaren Auswahl genannt, (von englisch axiom of countable choice, daher kurz ACω, für die Bedeutung des Symbols ω siehe Ordinalzahlen) ist eine schwache Form des Auswahlaxioms. Es besagt, dass jede abzählbare Menge nichtleerer Mengen eine Auswahlfunktion besitzt.

Jede Menge in der abzählbaren Folge von Mengen enthält mindestens ein Element. Das Axiom von der abzählbaren Auswahl erlaubt es, aus jeder Menge gleichzeitig ein Element auszuwählen.

Das Axiom der abhängigen Auswahl (DC) Impliziert das abzählbare Auswahlaxiom, die Umkehrung gilt nicht.

ZF + ACω genügt, um nachzuweisen, dass die abzählbare Vereinigung abzählbarer Mengen wieder abzählbar ist. Ebenso genügt es, um zu zeigen, dass jede unendliche Menge Dedekind-unendlich ist.

ACω ist insbesondere bei der Ausarbeitung der Analysis nützlich, wo Ergebnisse oftmals davon abhängen, aus einer abzählbaren Menge von Teilmengen der reellen Zahlen auswählen zu können. Um beispielsweise zu zeigen, dass jeder Häufungspunkt einer Folge reeller Zahlen der Grenzwert einer Teilfolge ist, wird ACω verwendet, wobei man in diesem Fall sogar mit einer noch schwächeren Variante auskäme. Für allgemeine metrische Räume ist die Aussage aber äquivalent zu ACω. Weitere Beispiele werden von Herrlich sowie Howard und Rubin (s. Referenzen) genannt.

Formulierung Bearbeiten

Folgendermaßen kann das abzählbare Auswahlaxiom formuliert werden, die logischen Äquivalenzen ergeben sich leicht:

  • Ist   eine abzählbare Menge nichtleerer Mengen, so gibt es eine Funktion   mit   für alle  . (Eine Funktion mit dieser Eigenschaft nennt man eine Auswahlfunktion.)
  • Das abzählbare kartesische Produkt nichtleerer Mengen ist nicht leer.
  • Ist   eine Folge nichtleerer Mengen, so gibt es eine Folge   mit  .

Ersetzt man in den ersten beiden Aussagen abzählbar durch endlich, so erhält man Aussagen, die ohne Auswahlaxiom, also in ZF beweisbar sind. Lässt man hingegen beliebige Mengen zu, so erhält man das allgemeine Auswahlaxiom.

Natürlich lässt sich zu bestimmten (ggf. auch überabzählbaren) Mengen nichtleerer Mengen eine Auswahlfunktion auch ohne das (abzählbare) Auswahlaxiom angeben, z. B.

  • wenn der Schnitt   nicht leer ist, denn dann gibt es eine konstante Auswahlfunktion,
  • wenn sich die Vereinigung   wohlordnen lässt, denn dann kann aus jeder Menge das bezüglich der Wohlordnung kleinste Element genommen werden, und
  • wenn es sich um eine Familie von Intervallen von reellen Zahlen handelt, denn dann kann von jedem Intervall der Mittelpunkt genommen werden.

Andererseits kann schon bei einer abzählbaren Familie von zwei-elementigen Mengen die Existenz einer Auswahlfunktion nicht in ZF bewiesen werden.

Folgerungen Bearbeiten

Jede unendliche Menge ist auch Dedekind-unendlich Bearbeiten

Denn sei   unendlich. Für   sei   die Menge der  -elementigen Teilmengen von  . Da   unendlich ist, sind alle   nichtleer. Die Anwendung von ACω auf   liefert eine Folge  , wobei   eine Teilmenge von   mit   Elementen ist. Setze nun

 .
Offensichtlich enthält jedes   zwischen einem und   Elementen und die   sind disjunkt. Eine weitere Anwendung von ACω liefert eine Folge  , wobei   ist.
Somit sind alle   verschieden und   besitzt eine abzählbare Teilmenge. Die Funktion, die   auf   abbildet und alle anderen Elemente von   unverändert lässt, ist injektiv, aber nicht surjektiv und beweist, dass   Dedekind-unendlich ist.

Die Vereinigung abzählbarer Mengen ist abzählbar Bearbeiten

Es sei   abzählbare Menge abzählbarer Mengen. Wir wollen zeigen, dass die Vereinigung   wieder abzählbar ist. Da jedes   höchstens abzählbar ist, ist die Menge   der surjektiven Abbildungen   nicht leer. Mittels einer Anwendung von ACω auf   wähle man für jedes   eine surjektive Funktion   aus. Die Abbildung

 

ist dann ebenfalls surjektiv, das heißt, die Vereinigung ist abzählbar.

Literaturquellen Bearbeiten

  • T. J. Jech: The Axiom of Choice. North Holland, 1973.
  • Horst Herrlich: Choice principles in elementary topology and analysis. In: Comment.Math.Univ.Carolinae. 38. Jahrgang, Nr. 3, 1997, S. 545–545 (emis.de [PDF]).
  • Paul Howard, Jean E. Rubin: Consequences of the axiom of choice. In: Providence, R.I. American Mathematical Society, 1998.
  • Michael Potter: Set Theory and its Philosophy. A Critical Introduction. Oxford University Press, 2004, ISBN 0-19-155643-2, S. 164 (books.google.com).