(29075) 1950 DA ist ein Asteroid vom Apollo-Typ, der am 22. Februar 1950 vom US-amerikanischen Astronomen Carl Alvar Wirtanen am Lick-Observatorium in Kalifornien bei einer Helligkeit von 14 mag entdeckt wurde. Nachdem der Asteroid dort bis zum 12. März beobachtet werden konnte, war er zunächst verloren. Er konnte erst über 31 Jahre später am 30. September 1981 am Siding-Spring-Observatorium in Australien und dann erst wieder am 31. Dezember 2000 von LONEOS aufgefunden werden.

Asteroid
(29075) 1950 DA
Radarbild des Asteroiden vom 4. März 2001
Radarbild des Asteroiden vom 4. März 2001
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 13. September 2023 (JD 2.460.200,5)
Orbittyp Erdnaher Asteroid, Apollo-Typ
Große Halbachse 1,698 AE
Exzentrizität

0,508

Perihel – Aphel 0,835 AE – 2,561 AE
Neigung der Bahnebene 12,2°
Länge des aufsteigenden Knotens 356,6°
Argument der Periapsis 224,7°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs 3. Juni 2023
Siderische Umlaufperiode 2 a 78 d
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit 21,30 km/s
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 1,3 ± 0,1 km
Albedo 0,07
Rotationsperiode 2 h 7 min 18 s
Absolute Helligkeit 17,3 mag
Geschichte
Entdecker C. A. Wirtanen
Datum der Entdeckung 22. Februar 1950
Andere Bezeichnung 1950 DA, 2000 YK66
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.

Die Bahn des Asteroiden besitzt eine Periheldistanz (sonnennächster Punkt), die kleiner als das Aphel (sonnenfernster Punkt) der Erde, und eine Apheldistanz, die größer als die Periheldistanz des Mars ist. Er wird daher zu den erdnahen Asteroiden (NEA) vom Apollo-Typ gezählt, der nicht nur die Erdbahn kreuzen könnte, sondern auch noch ein Bahnkreuzer des Mars ist. Durch die Schrägstellung der Bahn des Asteroiden gegenüber den Bahnen der Planeten kann 1950 DA auf seiner Bahn derzeit aber der Marsbahn nicht näher kommen als bis auf etwa 17,9 Mio. km (0,12 AE). Bei der Erdbahn ist derzeit eine Annäherung bis auf etwa 6,19 Mio. km (0,041 AE) möglich, das entspricht dem 16-fachen mittleren Abstand Erde–Mond. Da dieser Wert sich im Laufe der Zeit verringert, wird 1950 DA als potentiell gefährlicher Asteroid (PHA) eingestuft, der die Erde durch einen Einschlag bedrohen könnte.

Die größten Annäherungen von 1950 DA an die Erde seit 1900 erfolgten am 12. März 1950 bis auf etwa 8,87 Mio. km und am 5. März 2001 bis auf etwa 7,79 Mio. km. Eine Annäherung bis auf etwa 11,3 Mio. km wird am 2. März 2032 erfolgen. Im 22. Jahrhundert wird der Asteroid der Erde aber noch deutlich näher kommen, nämlich am 10. März 2105 bis auf 5,43 Mio. km, am 11. März 2136 bis auf 6,37 Mio. km und am 8. März 2187 sogar bis auf 5,27 Mio. km.

Möglicher Impaktor Bearbeiten

Mit Hilfe von Radarbeobachtungen am Goldstone- und Arecibo-Observatorium vom 3. bis 7. März 2001, als der Asteroid nur gut 20-mal weiter von der Erde entfernt war als der Mond, konnte sowohl die Größe und Form des Körpers bestimmt werden, als auch eine wesentlich genauere Astrometrie durchgeführt werden. Die daraus gewonnenen verbesserten Bahnelemente für den Asteroiden ergaben damals, dass er am 16. März 2880 mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen Null und 0,33 % mit der Erde kollidieren könnte. Der Maximalwert ist drei Größenordnungen höher als die Einschlagswahrscheinlichkeit, die für jedes andere Objekt berechnet wurde, das groß genug ist, um in die Erdatmosphäre einzudringen, und entspricht einer Gefahreneinstufung von +0,17 auf der Palermo-Skala, also 1,5-mal größer als die Gefahr eines zufälligen Hintergrundereignisses bis 2880. Obwohl 1950 DA über eine der am besten ermittelten Bahnbestimmungen von Asteroiden (oder Kometen) verfügte, wurde es zur damaligen Zeit wegen der Vielfalt relevanter Störeinflüsse, wie mehrere enge Begegnungen mit Mars, Erde und Mond, die Gravitation anderer Asteroiden, die Unsicherheit der Planetenmassen, der Strahlungsdruck der Sonne und insbesondere der nicht einschätzbare Jarkowski-Effekt, nicht als möglich angesehen, eine verlässliche, konkrete Kollisionswahrscheinlichkeit zu berechnen.[1]

Trotz der geringen Wahrscheinlichkeit des Ereignisses wurde exemplarisch ein hypothetisches Szenario durchgespielt, in dem 1950 DA 600 km östlich der Küste der Vereinigten Staaten auf das Meer treffen würde. Bei einer Geschwindigkeit von 17,8 km/s würde der Asteroid an der Einschlagstelle einen Hohlraum mit einem Durchmesser von 19 km und einer Tiefe bis zum Ozeanboden (5 km) sprengen. Hunderte Meter hohe Tsunamiwellen würden folgen, wenn der vorübergehende Einschlagshohlraum zusammenbricht. Innerhalb von zwei Stunden nach dem Eintreten des Szenarios würden 100-m-Wellen von Cape Cod bis Cape Hatteras auf Land treffen. Innerhalb von 12 Stunden würden 20-m-Wellen Europa und Afrika erreichen.[2]

Nach den Bahnelementen, wie sie in der JPL Small-Body Database angegeben sind und die auch den Jarkowski-Effekt berücksichtigen, lässt sich ableiten:

  • In den kommenden 850 Jahren wird 1950 DA der Erde nur einmal näher kommen als 4,5 Mio. km, nämlich am 14. März 2641 bis auf etwa 2,35 Mio. km. Während der ganzen Zeit verringert sich jedoch der Mindestabstand der beiden Umlaufbahnen (MOID, Minimum orbit intersection distance) von Asteroid und Erde von gegenwärtig etwa 6,2 Mio. km stetig bis auf nahezu Null erstmals im Jahr 2870. Die beiden Umlaufbahnen schneiden sich dann in einem Punkt.
  • Im Jahr 2880 ergibt sich die erste Gelegenheit, bei der sich Asteroid und Erde an diesem Punkt auch nahezu gleichzeitig begegnen. Wenn sich beide Körper zur gleichen Zeit an dieser Stelle aufhielten, könnte es zu einem Zusammenstoß kommen. Diese Gleichzeitigkeit ist aber das entscheidende Kriterium für die Kollisionswahrscheinlichkeit.
  • Durch die derzeit noch vorhandenen Unsicherheiten in der Bestimmung der Bahnelemente des Asteroiden (und zusätzliche unwägbare Störeinflüsse) könnte er sich nämlich noch in einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen vor der „kritischen“ Stelle befinden, wenn die Erde sich dort aufhält, oder er könnte diese Stelle bereits bis zu zwei Wochen zuvor passiert haben. Das Zeitfenster, das dem Asteroiden innerhalb dieser Unsicherheit bleibt, um die Erde zu treffen, erstreckt sich nur über etwa 15–20 Minuten.[3]

Die geschätzte Einschlagswahrscheinlichkeit wurde seit den ersten Berechnungen mehrmals aktualisiert, eine Untersuchung von 2018 rechnete noch mit etwa 0,002 %.[4] In 2022 führte eine neuere Untersuchung nur noch zu einem 30-mal geringeren Wert.[5]

Das Center for Near-Earth Object Studies gibt (auf Grundlage von 935 Beobachtungsdaten bis zum 3. Dezember 2021) für den 16. März 2880 gegen 23:48 Uhr UT eine Kollisionswahrscheinlichkeit von 0,0029 % (etwa 1:34.500) an und eine Gefahreneinstufung von −2,05 auf der Palermo-Skala, also 112-mal geringer als die Gefahr eines zufälligen Hintergrundereignisses bis 2880. Bei einer Kollision würde bei einer Auftreffgeschwindigkeit von 18 km/s eine Energie von 75.000 Mt TNT-Äquivalent entsprechend 3,1·1020 J freigesetzt.[6] Zur Einschätzung: Der Chicxulub-Einschlag, welcher vermutlich das Aussterben der Dinosaurier vor 66 Mio. Jahren verursachte, hatte im Vergleich dazu eine 1000-mal größere Aufschlagenergie.

Es ist zu erwarten, dass bei Gelegenheit der nächsten Annäherung von 1950 DA an die Erde im Februar/März 2032 durch intensive Beobachtung deutlich verbesserte Bahnparameter für den Asteroiden bestimmt werden können, so dass die Vorausberechnungen auf das Jahr 2880 dann noch präzisere Ergebnisse liefern könnten.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. J. D. Giorgini, S. J. Ostro, L. A. M. Benner, P. W. Chodas, S. R. Chesley, R. S. Hudson, M. C. Nolan, A. R. Klemola, E. M. Standish, R. F. Jurgens, R. Rose, A. B. Chamberlin, D. K. Yeomans, J.-L. Margot: Asteroid 1950 DA’s Encounter with Earth in 2880: Physical Limits of Collision Probability Prediction. In: Science. Band 296, Nr. 5565, 2002, S. 132–136, doi:10.1126/science.1068191. (PDF; 248 kB)
  2. S. N. Ward, E. Asphaug: Asteroid impact tsunami of 2880 March 16. In: Geophysical Journal International. Band 153, Nr. 3, 2003, S. F6–F10, doi:10.1046/j.1365-246X.2003.01944.x. (PDF; 836 kB)
  3. SOLEX 12.1 von A. Vitagliano. Abgerufen am 9. Juli 2020 (englisch).
  4. I. Wlodarczyk: The Potentially Dangerous Asteroid (29075) 1950 DA. In: Journal of Physics & Astronomy. Band 6, Nr. 3, 2018, S. 1–4. (PDF; 336 kB)
  5. I. Wlodarczyk: The Potentially Dangerous Asteroid (29075) 1950 DA. In: Proceedings of the Polish Astronomical Society. Band 12, 2022, ISBN 978-83-960050-4-5, S. 276–278, bibcode:2022pas..conf..276W. (PDF; 229 kB)
  6. 29075 (1950 DA) -- Earth Impact Risk Summary. In: Sentry: Earth Impact Monitoring. JPL – Center for Near-Earth Object Studies, 6. Februar 2022, abgerufen am 18. März 2024 (englisch).