Ein Lasttrennschalter, kurz Lasttrenner, ist ein Hochspannungsschalter, der die Eigenschaften eines Lastschalters und eines Trennschalters vereint.[1] Durch Lasttrennschalter können zusätzliche Trennschalter in Schaltanlagen entfallen.[2]

Lasttrennschalter können wie ein Lastschalter Teile des Stromnetzes unter Last ab- und wieder zuschalten und besitzen wie Trennschalter eine sichtbare bzw. sicher kontrollierbare Trennstrecke, um Wartungsarbeiten am abgeschalteten Netzabschnitt vornehmen zu können.[3] Der Einsatz dieser Schalter ist in Mittelspannungsnetzen wirtschaftlich gesehen eine kostengünstige Lösung,[1] wenn kein Kurzschlussschutz erforderlich ist.

Grundlagen

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Schaltzeichen eines Lasttrennschalters

In Schaltanlagen ist es erforderlich, dass der Schaltzustand optisch als Trennstrecke erkennbar ist,[4] wenn Arbeiten am abgeschalteten Anlagenteil erforderlich sind. Diese Forderung wird mittels eines Trennschalters erfüllt.[5] Allerdings können Trennschalter keine Lasten schalten, sodass zusätzlich zum Trennschalter noch ein Lastschalter oder ein Leistungsschalter in Serie geschaltet ist.[2] Wenn kein Kurzschluss abgeschaltet werden muss, kann anstelle dieser beiden einzelnen Schalter auch ein Lastschalter mit Trennfunktion, also ein Lasttrennschalter verwendet werden.[4] Im geöffneten (abgeschalteten) Zustand haben diese Schalter die erforderliche sichtbare Trennstrecke.[6] Durch den Einsatz dieser Schalter kann ein separater Trennschalter eingespart werden.[2] Besonders in Mittelspannungsschaltanlagen sind sie zum Schalten des Betriebsstromes einsetzbar.[6] Sie können also sowohl zum Freischalten als auch zum Abschalten eines Netzabschnittes verwendet werden.[7]

Das begrenzte Abschaltvermögen der Lasttrennschalter im Kurzschlussfall führt dazu, dass sie nicht zum Schutz vor Lichtbogenfehlern eingesetzt werden können bzw. dann nicht öffnen dürfen. Auch darf im Kurzschlussfall ihre Kurzzeit-Stromtragfähigkeit nicht überschritten werden. Daher muss der Kurzschlussschutz durch in Serie geschaltete Sicherungen gewährleistet sein.[8] Hierfür werden spezielle Hochspannungs-Hochleistungssicherungen (HH-Sicherungen) verwendet.[1] Da solche Sicherungen zwar für verschiedene Nennströme gefertigt werden, jedoch ein weniger hohes Schaltvermögen als Leistungsschalter haben, kann diese Kombination als Überlastschutz dienen und in weniger starken (sprich: weicheren) Netzen ist sie auch als Kurzschlussschutz ausreichend. Lasttrennschalter müssen daher in der Lage sein, auf einen Kurzschluss einzuschalten, sie sind jedoch nicht in der Lage, den Kurzschlussstrom abzuschalten.

 
Lasttrennschalter für Niederspannung in offener Stellung mit sichtbarer Trennstrecke
 
Dreipoliger Hartgas-Lasttrennschalter für 12 kV/400 A in Kombination mit HH-Schmelzsicherungen (unterhalb).

Der Lasttrennschalter ähnelt vom Aufbau einem Lastschalter.[5] Die übliche Ausführung des Lasttrennschalters ist der Schublasttrennschalter.[9] Der Schaltlichtbogen wird von einem Hilfskontakt (Nebenstrombahn) übernommen, um ihn von den Hauptkontakten fernzuhalten. Die Lichtbogenlöschung erfolgt nun mittels Hartgas,[7] einem Kunststoff, der bei hohen Temperaturen des Lichtbogens teilweise verdampft und durch die freigesetzten organischen Gase die Lebensdauer der Ladungsträger im Lichtbogen herabsetzt. Zur Lichtbogenlöschung kann auch Beblasung eingesetzt werden.

Für höhere Schaltvermögen werden Lasttrennschalter auch als Vakuum-Lasttrennschalter gebaut. Bei diesen Schaltern wird der Lichtbogen durch das Vakuum gelöscht.[10] Zusätzlich besitzt der Lasttrennschalter eine sichtbare Trennstrecke.[11] Die Sichtbarkeit der Trennstrecke ist hier nicht gegeben, kann aber dadurch ersetzt werden, dass der Schalter eine Anzeigeeinrichtung besitzt, die unmittelbar mit den Schaltkontakten mechanisch kraftschlüssig verbunden ist und somit zweifelsfrei den Schaltzustand erkennen lässt.[10]

Die Trennstrecke besitzt ein Isoliervermögen, welches den Anforderungen einer sicheren Trennung genügt.[9] Bedingt dadurch kann der Schaltfehlerschutz entfallen.[2]

Die Schalter werden mittels Federspeicherantrieb geschaltet,[12] um die erforderlichen Geschwindigkeiten des Trennens und Verbindens zu erreichen. Über eine mechanische Auslöseeinrichtung wird der Schaltvorgang initiiert. Eine Fernabschaltung ist mittels Arbeitsstromauslöser (Zugmagnet) möglich.[13]

Manche Lasttrennschalter stellen nach der Unterbrechung des Strompfades auch dessen Erdung sicher.[10] Der hierzu als Zusatzmodul angebaute Erdtrennschalter ist nach Lastabschaltung seinerseits optisch erkennbar geschlossen und schützt am abgeschalteten Anlagenteil tätiges Personal gegen Fremdspannungen oder versehentliches Wiedereinschalten. Hierzu muss der Erdschalter den Kurzschlussstrom führen können.

Mit Schmelzsicherungen kombinierte Lasttrennschalter werden auch Sicherungs-Lasttrennschalter genannt und sind bei Dreiphasenwechselstrom dreipolig ausgeführt.[13] Die drei Sicherungen sind oftmals auf dem gleichen Rahmen wie der Schalter[ANM 1] montiert.[14] In den Sicherungen ist ein Schlagbolzen angebracht, welcher durch eine kleine Treibladung bei Auslösung nach außen gedrückt wird.[11] Sobald auch nur eine der drei Sicherungen anspricht und der Schlagbolzen hinausgedrückt wird, wird durch ein Gestänge die Freiauslösung des Federspeicherantriebs betätigt und die Anlage wird allpolig abgeschaltet.[13]

Lasttrennschalter werden überwiegend als Haupt- und Übergabeschalter in kleinen Mittelspannungsverteilungsanlagen eingesetzt.[11] Des Weiteren werden sie zum Öffnen und Schließen von Ringleitungen verwendet.[7] Lasttrennschalter werden auch eingesetzt, um unbelastete und belastete Transformatoren, Kabel und Freileitungen und Blindstrom-Kompensations-Kondensatoren zu schalten.[15] Lasttrennschalter werden außerdem anstelle von Trennschaltern zur Erhöhung der Sicherheit in Schaltanlagen verwendet. In Kombination mit angebauten Hochleistungssicherungen können sie in Netzen mit höherer Kurzschlussleistung eingesetzt werden.[7] In Niederspannungsnetzen werden Lasttrennschalter zur Unterbrechung von Hauptstromkreisen im Bereich der Hauptverteilung eingesetzt.[16]

Einzelnachweise

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  1. a b c Valentin Crastan: Elektrische Energieversorgung 1. Netzelemente, Modellierung, stationäres Verhalten, Bemessung, Schalt- und Schutztechnik. 2., bearbeitete Auflage. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-69439-7, S. 361, 362.
  2. a b c d Klaus Heuck, Klaus-Dieter Dettmann, Detlef Schulz: Elektrische Energieversorgung. Erzeugung, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie für Studium und Praxis. 8., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Friedrich + Teubner Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8348-0736-6, S. 284, 285, 290.
  3. Theodor Schmelcher: Handbuch der Niederspannung. Projektierungshinweise für Schaltgeräte, Schaltanlagen und Verteiler. Siemens Aktiengesellschaft (Abt. Verlag), Berlin/ München 1982, ISBN 3-8009-1358-5.
  4. a b Marvin Bendig: Ausschaltvermögen von Mittelspannungs-Lasttrennschaltern bei Verwendung atmosphärischer Lösch- und Isoliergase. Dissertation am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Hochschule Aachen, Aachen 2020, S. V, 11, 12–15, 19–23.
  5. a b Thomas Heinz: Gleichstromschalten in der Mittel- und Hochspannungstechnik unter Einsatz von Vakuumschaltröhren. Dissertation am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Darmstadt, Darmstadt 2017, S. 5, 6, 13.
  6. a b Constantinescu-Simon Liviu (Hrsg.): Handbuch Elektrischer Energietechnik. Grundlagen - Anwendungen. 2., verbesserte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft, Braunschweig/ Wiesbaden 1997, ISBN 3-528-16367-4, S. 558–560.
  7. a b c d Adolf Senner (Hrsg.): Fachkunde Elektrotechnik. 4. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel Willing, Wuppertal-Barmen 1964, S. 304.
  8. Kenan Mustafa Demirel: Modellierung von Referenzspannungsebenen. Diplomarbeit an der Fakultät für Informations-, Medien- und Elektrotechnik der Fachhochschule Köln, Köln 2013, S. 16.
  9. a b Klaus Heuck, Klaus-Dieter Dettmann, Detlef Schulz: Elektrische Energieversorgung. Erzeugung, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. Für Studium und Praxis. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-8348-0217-0.
  10. a b c Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme. Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2012, ISBN 978-3-642-21957-3.
  11. a b c Réne Flosdorff, Günther Hilgarth: Elektrische Energieverteilung. (= Leitfaden der Elektrotechnik. Bd. 9). 4., neubearbeitete und erweiterte Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1982, ISBN 3-519-36411-5, S. 225, 226.
  12. Günter Springer u. a.: Fachkunde Elektrotechnik. (= Europa. Nr. 30138). 18., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9, S. 439.
  13. a b c Klaus Tkotz, Peter Bastian, Horst Bumiller u. a.: Fachkunde Elektrotechnik. 27., überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel Nourney Vollmer, Haan-Gruiten 2009, ISBN 978-3-8085-3188-4, S. 276.
  14. Robert Adam: Beitrag zur thermischen Dimensionierung von Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen. Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Dresden, Dresden 2018, ISBN 978-3-00-063744-5, S. 100–103.
  15. Paul Waldner: Grundlagen der elektrotechnischen und elektronischen Gebäudeausrüstung. Werner, Düsseldorf 1998, ISBN 3-8041-3983-3.
  16. Wolfgang Esser: Hauptstromkreise sicher unterbrechen, mit Lasttrennschaltern N oder mit Molded Case Switches NS. Eaton Industries GmbH, Bonn Online (abgerufen am 30. Juli 2012; PDF; 494 kB).

Fußnote

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  1. Wie in nebenstehender Abbildung dargestellt.