Avosettkolibri

Art der Gattung Avocettula
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Der Avosettkolibri (Avocettula recurvirostris; Syn. Trochilus recurvirostris), manchmal auch Säbelschnabelkolibri oder Schwarzbauch-Avosettkolibri genannt, ist ein Vogel aus der Familie der Kolibris (Trochilidae) und die einzige Art der somit monotypischen Gattung Avocettula. Die Art hat ein großes Verbreitungsgebiet, das die Länder Venezuela, die Guyanas, Brasilien und möglicherweise Ecuador umfasst. Der Bestand wird von der IUCN als „nicht gefährdet“ (least concern) eingeschätzt.

Avosettkolibri

Avosettkolibri (Avocettula recurvirostris)
(Illustration von William Swainson, 1821)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Seglervögel (Apodiformes)
Familie: Kolibris (Trochilidae)
Gattung: Avocettula
Art: Avosettkolibri
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Avocettula
Reichenbach, 1849
Wissenschaftlicher Name der Art
Avocettula recurvirostris
(Swainson, 1822)

Merkmale Bearbeiten

Der Avosettkolibri erreicht bei einem Körpergewicht von lediglich ca. 4,2 g eine Körperlänge von etwa 9,7 cm, wobei die Flügel 5,2 cm, der Schwanz 2,9 cm und der schwarze, an der Spitze nach oben gebogene Schnabel 1,5 cm lang sind. Die Oberseite, die Flügeldecken und Flanken des Männchens sind dunkelbronzegrün. Der smaragdgrüne Kehl- und Brustbereich glänzt stark. Die Bauchmitte ist schwarz, die mittleren Schwanzfedern dunkel-schwärzlichgrün. Die seitlichen Steuerfedern sind auf der Oberseite dunkelviolett und auf der Unterseite glänzen sie purpurkupferrot. Die Flügel sind schwärzlichpurpurn. Die Oberseite, die Flügeldecken und die Flanken der Weibchen sind grün bis blaugrün. Die weiße Unterseite wird von einem schwarzen Streifen, der vom Kinn bis zum Steiß reicht, durchzogen. Die Schwanzoberseite ist grün, die Unterseite stahlblau mit weißen Spitzen an den seitlichen Federpaaren. Die Flügel sind schwärzlichpurpurn. Beide Geschlechter haben schwarze Füße.[1]

Verhalten Bearbeiten

In Suriname wurde beobachtet, wie Avosettkolibris die Blüten der zur Pflanzenfamilie Clusiaceae gehörenden Gattung Clusia und der zur Tribus Phaseoleae gehörenden Gattung Dioclea anflogen. Die Pflanzen wuchsen auf steinigem, quarzhaltigem Aufschluss. Dabei handelt es sich um ein heißes, arides Mikrohabitat, welches hauptsächlich aus Gestrüpp besteht. Über die Funktionalität der nach oben gebogenen Schnabelspitze ist nicht viel bekannt.[2] Ähnlich wie die Dornschnabelkolibris (Chalcostigma) Reichenbach, 1854[3] und die Hakenschnäbel (Diglossa) Wagler, 1832[4] gelten sie aber hauptsächlich als Nektarräuber, d. h. sie stechen in die Blumenkrone und konsumieren Nektar, ohne der Pflanze bei der Bestäubung zu helfen.[5]

Fortpflanzung Bearbeiten

In Suriname brüten Avosettkolibris von September bis Dezember. Sie bauen sehr kleine, kelchartige Nester, die sie auf dicken, horizontalen Zweigen größerer Büsche in Höhen zwischen 5 und 12 Metern errichten.[2]

Lebensraum Bearbeiten

 
Verbreitungsgebiet (grün) des Avosettkolibris

Diese monotypische Art[6] kommt im Südosten Bolívars an Felsaufschlüssen, am Roraima-Tepui nahe dem Río Grande sowie in der Nähe von Waldrändern und buschiger Vegetation vor. Hier ist sie bis in Höhen von 1200 Metern präsent.[7] In Brasilien wurde 2008 erstmals ein Weibchen im Bundesstaat Tocantins entdeckt.[8] Ob die Art überhaupt im Osten Ecuadors existiert, ist zweifelhaft. Die wenigen Berichte, die es gibt, erwähnen als Habitat Várzea-Wälder nahe bei Imuyacocha oder Montalvo am Bobonaza-Fluss.[9]

Etymologie und Forschungsgeschichte Bearbeiten

William Swainson beschrieb den Avosettkolibri unter dem Namen Trochilus recurvirostris. Das Typusexemplar kaufte er bei einer Auktion von William Bullock (um 1773–1849). Der Balg stammte angeblich aus Peru.[10] Erst später wurde der Kolibri der von Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach im Jahr 1849 eingeführten neuen Gattung Avocettula zugeordnet.[11] Dieser Name stammt aus dem Altitalienischen und bedeutet „Säbelschnäbler“.[12] Das Artepitheton recurvirostris setzt sich aus den lateinischen Wörtern recurvus für „nach hinten gebogen“ und -rostris, rostrum für „-schnäblig, Schnabel“ zusammen.[13] Gelegentlich wird die Art in der Literatur in die Gattung Anthracothorax gestellt.[9]

Literatur Bearbeiten

  • Peter H. Barthel, Christine Barthel, Einhard Bezzel, Pascal Eckhoff, Renate van den Elzen, Christoph Hinkelmann, Frank Dieter Steinheimer: Die Vögel der Erde – Arten, Unterarten, Verbreitung und deutsche Namen. 3. Auflage. Deutsche Ornithologen-Gesellschaft, Radolfzell 2022 (do-g.de [PDF]).
  • Rolf Grantsau: Die Kolibris Brasiliens. Ein Bestimmungsschlüssel für alle Kolibriformen Brasiliens. Expressão e Cultura, Rio de Janeiro 1988, ISBN 978-85-208-0101-7.
  • Steven Leon Hilty, John A. Gwynne, Guy Tudor: Birds of Venezuela. Princeton University Press, Princeton 2002, ISBN 0-691-09250-8 (books.google.de).
  • Robert Sterling Ridgely, Paul J. Greenfield: Birds of Ecuador Field Guide. Band 1: Status, Distribution, and Taxonomy. Princeton University Press, Princeton 2001, ISBN 0-8014-8720-X.
  • Navjot S. Sodhi, Çağan H. Şekercioğlu, Jos Barlow, Scott K. Robinson: Conservation of Tropical Birds. Wiley-Blackwell, Chichester, West Sussex 2011, ISBN 978-1-4443-3482-1 (books.google.at).
  • James A. Jobling: Helm Dictionary of Scientific Bird Names. Christopher Helm, London 2010, ISBN 978-1-4081-2501-4.
  • Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach: Avium systema naturale – Das natürliche System der Vögel (= Die vollständigste Naturgeschichte des In- und Auslandes.). Hofmeister, Dresden / Leipzig 1852 (archive.org – In zwei Teilen als Text- und Tafelband).
  • William Swainson: Zoological illustrations, or, Original figures and descriptions of new, rare, or interesting animals: selected chiefly from the classes of ornithology, entomology, and conchology, and arranged on the principles of Cuvier and other modern zoologists. Band 2, 1821–1822. Printed by R. and A. Taylor for Baldwin, Cradock, and Joy; and W. Wood, London (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 30. Dezember 2014]).
  • Renato Torres Pinheiro, Elivânia dos Santos Reis, Deborah Rodello Grupo: Expansion of Distribution Area the hummingbird-peas-facing Avocettula recurvirostris (Swainson, 1822) to the Cerrado in the State of Tocantins, Brazil. In: Revista Brasileira de Ornitologia. Band 16, Nr. 2, 2008, S. 181–183 (museu-goeldi.br [PDF; abgerufen am 24. Dezember 2014]).
  • Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach: Aufzählung der Colibris oder Trochilideen in ihrer wahren natürlichen Verwandtschaft, nebst Schlüssel ihrer Systematik. In: Journal für Ornithologie. Band 2: Extraheft, 1854, S. 1–24 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 30. Dezember 2014]).
  • Johann Georg Wagler: Mittheilungen über einige merkwürdige Thiere. In: Isis von Oken. Band 25, 1832, S. 275–282 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 30. Dezember 2014]).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Avosettkolibri – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rolf Grantsau, S. 68.
  2. a b Steven Leon Hilty, u. a., S. 403.
  3. Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach (1854), S. 12.
  4. Johann Georg Wagler, S. 280.
  5. Navjot S. Sodhi u. a., S. 86.
  6. IOC World Bird List Hummingbirds
  7. Steven Leon Hilty u. a., S. 404.
  8. Renato Torres Pinheiro u. a., S. 181–183.
  9. a b Robert Sterling Ridgely u. a., S. 345.
  10. William Swainson, Tafel 105 & Text.
  11. Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach (1849), Tafel XXXIX.
  12. James A. Jobling, S. 63, Siehe auch Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta)
  13. James A. Jobling, S. 331.