Rentenmark

deutsche Währung 1923–1948
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Die Rentenmark war von 1923 bis 1948 eine grundschuldgestützte Übergangswährung in der Weimarer Republik, dem NS-Staat und im besetzten Nachkriegsdeutschland.

Erstausgabestelle von Rentenmarknoten in der Oberwallstraße in Berlin am 15. November 1923
1 Rentenpfennig von 1923
2 Rentenpfennig von 1923
10 Rentenpfennig von 1924

Ursprung Bearbeiten

Die deutsche Inflation 1914 bis 1923 hatte sukzessiv alle nicht in Kurantmünzen gehaltenen, auf Mark lautenden Geldrücklagen fast vollständig wertlos werden lassen. Zwar war die Mark 1871 als goldgedeckte Währung des Deutschen Reichs eingeführt worden, 1914 war die Golddeckung jedoch aufgehoben worden; aus der „Goldmark“ wurde die Papiermark. Die Geldentwertung der Mark ging in ihrer Endphase in eine Hyperinflation über und lähmte zunehmend das wirtschaftliche Leben. Ab Herbst 1923 weigerten sich landwirtschaftliche und industrielle Produzenten zunehmend, Waren gegen die immer schneller wertlos werdende Papiermark abzugeben.[1] In einigen Teilen Deutschlands kam es zu Aufruhr und Plünderungen.

Im Sommer 1923 wurde mit sogenanntem „wertstabilem Papiernotgeld“ – auch Schatzanweisung genannt – mit aufgedrucktem „Goldmark“- und „Golddollar“-Bezug versucht, die Inflation einzudämmen. Dieser Versuch scheiterte jedoch.

Auf Grundlage der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923 (RGBl. I. S. 963–966[2]) wurde im Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank gegründet.[3] Zu Gunsten der Deutschen Rentenbank wurden Immobilien von Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe zwangsweise mit Hypotheken und Grundschulden belegt. Diese Sachwerte hatten unter der Hyperinflation nicht gelitten. Die Gesamtsumme der Hypotheken und Grundschulden belief sich auf über 3,2 Milliarden Mark in Gold („Goldmark“). Im Gegenwert der Immobilien gab die Deutsche Rentenbank zu verzinsende Rentenbankbriefe über 500 Goldmark oder ein Vielfaches davon aus.

Die Deutsche Rentenbank gab erste neue Banknoten mit dem Datum 1. November 1923 ab dem 15. November[4] sowie neue Rentenpfennig-Münzen mit der Jahreszahl 1923 an die Bevölkerung parallel zu den umlaufenden hohen Milliarden- und Billionen-Papiermark-Nominalen sowie den in geringerer Anzahl kursierenden wertbeständigen Notgeldbanknoten aus. Die Abkürzung der neuen Währung war „Rent.M“. Maßgeblichen Einfluss auf die Einführung hatten Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht und Reichskanzler Gustav Stresemann. Die Rentenmark war „kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern Inhaberschuldverschreibung der Rentenbank“ (laut Büsch). Der Wechselkurs zur Papiermark wurde mit 1:1 Billion festgesetzt, und zwar genau am 20. November 1923 per Festlegung durch die Reichsbank, als der Devisenkurs 4,2 Billionen Papiermark = 1 US-Dollar war, was der Vorkriegs-Goldmarkparität zum Golddollar entsprach. Da die Rentenmark kein gesetzliches Zahlungsmittel war, bestand kein rechtlicher Zwang, sie als Zahlungsmittel anzunehmen (wohl aber mussten alle öffentlichen Kassen sie annehmen).[5] Trotzdem wurde sie von der Bevölkerung sofort akzeptiert. Die Inflation stoppte deshalb schlagartig; man sprach vom Wunder der Rentenmark.

Zur Akzeptanz trug stark die „Deckung“ der provisorischen Rentenmark durch Grund und Boden bei. Dies war aber eine reine Fiktion; die Rentenmark blieb ausschließlich deshalb wertstabil, weil sie knappgehalten wurde.[6]

Geschichte Bearbeiten

 
„Rentenbankschein“ von 1937

Am 30. August 1924 wurde die Reichsmark zusätzlich zur Rentenmark eingeführt. Sie galt zur Rentenmark im Verhältnis 1:1. Die Reichsmark hat nicht, wie fälschlich in vielen Fachwerken und Dokumenten angegeben, die Rentenmark ersetzt. Vielmehr konnte weiterhin mit beiden Währungen bezahlt werden. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Währungen bestand in ihrer unterschiedlich ausgestalteten Deckung. Mit Einführung der Reichsmark wurde die Verwendung der Bezeichnung „Rentenmark“ – trotz des Umlaufs beider – in allen amtlichen Dokumenten gesetzlich verboten. Auf keinem Rentenbankschein sind deutsche Hoheitssymbole abgebildet.

Die Rentenbank bestand über das Jahr 1924 hinaus fort und die ausgegebenen Rentenmark-Nominale blieben im Umlauf. Die letzten Rentenmarkscheine zu 1 und 2 Rentenmark, die auf den 30. Januar 1937 datieren, wurden am 5. September 1939 ausgegeben und waren bis zu den Währungsreformen 1948 in allen alliierten Besatzungszonen gültig. Ursprünglich sollte die Rentenmark bis spätestens 1934 vollständig durch die Reichsmark ersetzt werden.

Alternative Ansätze Bearbeiten

Ein theoretischer, nie realisierter Vorläufer der Rentenmark zum Aufhalten der Hyperinflation war die so genannte „Roggenmark“, die ihre Deckung nach Karl Helfferich in Roggen haben sollte. Deutschland hatte aufgrund des Versailler Vertrages fast keine Goldbestände mehr. Ein anderer Gedankenansatz war Kalisalz. Ein weiterer Gedanke war die Schaffung einer „Bodenmark“ nach dem Vorschlag von Hans Luther, die jedoch weitgehend mit der dann neu geschaffenen Rentenmark identisch war. Alle diese Gedanken wurden aber verworfen. Letztendlich wurden ab November 1923 die ersten physischen Rentenmarkscheine und Rentenpfennigmünzen in Umlauf gebracht. Für den praktischen Erfolg der Rentenmark waren, neben dem Anhalten der Banknotendruckerpresse, das Vertrauen des Volkes sowie ein anfänglich ausgeglichener Staatshaushalt maßgeblich.

Wirkung Bearbeiten

Im Gegensatz zur inflationszerrütteten Papiermark wurde der Rentenmark in der breiten Bevölkerung großes Vertrauen entgegengebracht. Die wichtigste Eigenschaft der Rentenmark war nicht die Tatsache, dass sie (auf eher theoretische Weise) an Grund und Boden gekoppelt war, sondern dass ihr Gesamtvolumen strikt begrenzt war: Rentenmarkscheine wurden im Wert von 2,4 Milliarden Reichsmark (damals 600 Millionen Dollar) ausgegeben, trotz politischen Drucks weigerte sich Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, die Menge nachträglich zu erhöhen. Das Ziel war es, Geld in Deutschland wieder knapp und somit wertvoll zu machen.[7]

Siehe auch Bearbeiten

Rentenmark-Banknoten ab November 1923 Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Wilfrid Baumgartner: Le Rentenmark (15 Octobre 1923 – 11 octobre 1924) (französisch). Presses Universitaires de France, 1925.
  • Carl Schaeffer, Heinrich Brode (Hrsg.): Allgemeine Volkswirtschaftslehre (= Grundriss des privaten und öffentlichen Rechts sowie der Volkswirtschaftslehre. Bd. 16). 13.–17. vollkommen umgearbeitete Auflage. Verlag C. L. Hirschfeld, Leipzig 1927.
  • Heinrich Quante u. a.: Büsch Handels=Lexikon. Ausgabe in einem Bande. Buchverlag des Gewerkschaftsbundes der Angestellten, Berlin u. a. Leipzig 1925.
  • Gustav Stolper: Deutsche Wirtschaft 1870–1940. Kaiserreich – Republik – Drittes Reich. Franz Mittelbach Verlag, Stuttgart 1950.
  • Sebastian Teupe: Zeit des Geldes. Die deutsche Inflation zwischen 1914 und 1923. Campus, Frankfurt am Main 2022, ISBN 978-3-593-51499-4

Weblinks Bearbeiten

Commons: Rentenmark-Banknoten der Weimarer Republik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rentenmark – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Roggenmark – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Rentenmark – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sebastian Teupe: Zeit des Geldes. Die deutsche Inflation zwischen 1914 und 1923. Campus, Frankfurt am Main 2022, ISBN 978-3-593-51499-4, S. 171.
  2. Fotografie des RGBl. auf 1000Dokumente.de, abgerufen am 17. August 2018
  3. Gründung der Deutschen Rentenbank (Memento vom 18. September 2013 im Internet Archive)
  4. Arnulf Scriba: Die Währungsreform 1923. Deutsches Historisches Museum, 2015, abgerufen am 15. November 2023.
  5. Manfred Borchert: Geld und Kredit. Einführung in die Geldtheorie und Geldpolitik, Oldenbourg, München 2003, ISBN 978-3-48627-420-2, S. 12.
  6. So z. B. Ulrich van Suntum: Die Unsichtbare Hand: Ökonomisches Denken Gestern und Heute, 2. Aufl. 2000, ISBN 978-3-54041-003-4, S. 141; Manfred Borchert: Geld und Kredit. Einführung in die Geldtheorie und Geldpolitik, Oldenbourg, 2003, S. 12.
  7. Liaquat Ahamed: Die Herren des Geldes. Wie vier Banker die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben. FinanzBuch-Verlag, München 2010, ISBN 978-3-89879-578-4, S. 209.