Das Beugungsintegral ermöglicht es, in der Optik die Beugung von Licht durch eine beliebig geformte Blende zu berechnen. Speziell wird dabei meistens die an einem Punkt des Beobachtungsschirms auftreffende Intensität des Lichtes berechnet, ausgehend von einer einfallenden Elementarwelle und der Blendenfunktion, welche die Lichtdurchlässigkeit der Blende beschreibt. Es kann aber auch die Phase der gebeugten Wellenfront berechnet werden.

Zwei Spezialfälle des Beugungsintegrals sind die Näherungen für das Fernfeld (Fraunhofer-Beugung) und für das Nahfeld (Fresnel-Beugung). Siehe dazu die entsprechenden Teilabschnitte.

Versuchsaufbau zur Beugung von Licht an einer Blende

Die nebenstehende Skizze zeigt die experimentelle Anordnung, bestehend aus einer Lichtquelle , einer Blende , an der das einfallende Licht gebeugt wird, und einem Beobachtungsschirm, auf dem die auftreffende Lichtintensität an untersucht wird. Die Form und die Eigenschaften der Blende bestimmen dabei, wie die Intensitätsverteilung auf dem Beobachtungsschirm aussieht.

Hat die Blende z. B. die Form eines Doppelspalts, so ergibt sich als Intensitätsverteilung das bekannte Interferenzmuster. Weitere Anwendungen des Beugungsintegrals sind z. B. Beugungsscheibchen und Klotoide.

Das kirchhoffsche Beugungsintegral

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Skizze zur Fraunhofer-/Fresnel-Näherung des Beugungsintegrals

Das kirchhoffsche Beugungsintegral, auch fresnel-kirchhoffsches Beugungsintegral genannt, lautet[1]

 

Dabei bezeichnen

  •   die Amplitude der Quelle,
  •   den Betrag des Wellenvektors,
  •   die Wellenlänge des Lichtes,
  •   ein infinitesimales Flächenelement der Blende,
  •   die Blendenfunktion,
  •   den Neigungsfaktor (auch als Inklinationsfaktor bezeichnet) und schließlich
  •   die Amplitude im Punkt   auf dem Beobachtungsschirm.

Da die Abstände   und   in den meisten Anwendungen hinreichend senkrecht zur Blende sind, kann der Neigungsfaktor in diesen Fällen gleich Eins gesetzt werden. Dabei sind   bzw.   die Winkel zwischen den mit   bzw.   gekennzeichneten Linien und einem Lot auf die Blendenebene im Schnittpunkt der Linien.

Der Neigungsfaktor korrigiert eine Inkonsistenz des huygensschen Prinzips. Nach diesem Prinzip kann jeder Punkt einer Wellenfront als Ausgangspunkt von Elementarwellen aufgefasst werden, deren Überlagerung dann die Wellenfront an einem anderen Ort ergibt. Allerdings würde dies auch bedeuten, dass die Elementarwellen sich in alle Richtungen ausbreiten, also auch entgegen der Ausbreitungsrichtung, zurück in Richtung auf die Lichtquelle. In Richtung auf die Lichtquelle beträgt der Winkel  , und  . Dann ergibt sich für den Neigungsfaktor 0 und die Intensität in Richtung auf die Quelle ist ebenfalls 0 – so wie es experimentell beobachtet wird.

Im Spezialfall einer ebenen Welle, die senkrecht auf die Blende fällt, ist der Abstand   konstant. Dann kann   als konstanter Faktor ohne Beschränkung der Allgemeinheit gleich Eins gesetzt werden und es gilt:

 

Die Intensität am Punkt   ergibt sich als Betragsquadrat von  

 

Neben der Intensität kann aber auch die Phase der gebeugten Wellenfront berechnet werden:

 

wobei   Realteil und   Imaginärteil bedeutet. Diese Phasenberechnung wird z. B. in der digitalen Holografie angewendet.

Fraunhofer- und Fresnel-Beugung

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Prinzip der Fresnelbeugung erläutert anhand einer Schlitzblende
 
Prinzip der Fraunhoferbeugung erläutert anhand einer Schlitzblende
 
Prinzip der Fraunhoferbeugung erläutert anhand eines Linsensystems und einer Schlitzblende

Die folgenden Ableitungen findet man in ähnlicher Form in verschiedenen Lehrbüchern, siehe z. B. Klein, Furtak.[2]

Für die Lichtwege   und   gelten die geometrischen Zusammenhänge (siehe Skizze)

  und
 .

Unter den Annahmen   und   können die Wurzeln durch eine Taylor-Entwicklung angenähert werden.

Diese Näherung entspricht gerade dem Fall, dass  , d. h., für diese Betrachtungen kann der Neigungsfaktor näherungsweise gleich 1 gesetzt werden. Damit lautet das Beugungsintegral

 

Ferner kann wegen der Näherung im Nenner   gesetzt werden. Der Exponent enthält die für die Interferenz wesentliche Phaseninformation und darf nicht auf diese Weise vereinfacht werden. Daraus folgt

 

Die Näherung für die Ausdrücke   und  , explizit ausgeführt bis zur 2. Ordnung, ergibt

 

sowie

 

Ausgedrückt durch die Koordinaten   und   ergibt das

 

und

 

Fraunhofer-Näherung

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Die Fraunhofer-Näherung entspricht einer Fernfeld-Näherung, das heißt, dass nicht nur die Blendenöffnung als klein, sondern auch die Entfernung des Beobachtungsschirms   als groß angenommen werden. Als Beugungsintegral ergibt sich dabei im Wesentlichen gerade die Fourier-Transformierte der Blendenfunktion. Deshalb spricht man im Rahmen der Fraunhofer-Beugung auch von der Fourier-Optik.

Entsprechend diesen Annahmen werden nur Terme berücksichtigt, die linear in   und   sind, das heißt

 
 

In diesem Fall vereinfacht sich das Beugungsintegral zu

 

Definiert man einen neuen Wellenvektor  , so ergibt sich für das Integral

 .

Dies ist gerade die Fourier-Transformierte der Blendenfunktion  .

Fresnel-Näherung

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Die Fresnel-Näherung entspricht einer Nahfeld-Näherung. In ihr werden auch quadratische Terme im Exponenten berücksichtigt. Das in die Form einer Fourier-Transformierten gebrachte Beugungsintegral ist dann durch einen zusätzlichen Term im Allgemeinen nicht mehr analytisch, sondern nur numerisch lösbar.

Unter Berücksichtigung quadratischer Terme in   und   ergibt sich

 
 

In diesem Fall lautet das Beugungsintegral

 

Einführung von   mit   und   ergibt dann das Beugungsintegral in Nahfeld-Näherung

 

Die Fresnel-Näherung gilt, wenn folgende Bedingung erfüllt ist:[3]

 

Dazu ein praktisches Beispiel: Für eine Blendengröße von 1 cm ( ,  ) und   ergibt sich ein Mindestabstand von 22 cm. Das Attribut Nahfeld bedeutet also keineswegs, dass man die Fresnel-Näherung schon direkt hinter der Blende anwenden darf, sondern dass ein Mindestabstand eingehalten werden muss. Für noch kürzere Abstande muss das Beugungsintegral ohne Näherung verwendet werden.

Heuristische Herleitung

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Bezeichnungen

Aus der Quelle   mit Amplitude   bei   tritt die Kugelwelle  , deren Amplitude reziprok mit der Entfernung ( ) abnimmt. Wellenvektor   mal Abstand   gibt die Phasenverschiebung der Welle am Ort  , Kreisfrequenz   mal Zeit   die Phasenverschiebung zur Zeit  . Die Welle ist beschrieben durch die Phase am Ort   zur Zeit  :

 

Am Punkt   bei   trifft die Welle im Abstand   auf die Blende. Es sei   die Feldverteilung der Welle am Punkt  :

 

Nach dem huygensschen Prinzip ist der Punkt   Ausgangspunkt einer Elementarwelle, der Sekundärwelle  :

 

Die Amplitude von   ist proportional zur Quellen-Amplitude   und zur Blendenfunktion  . Die Blendenfunktion gibt die Durchlässigkeit der Blende an. Im einfachsten Fall ist  , wenn die Blende geöffnet ist, und  , wenn die Blende geschlossen ist.   ist das infinitesimale Flächenelement der Blendenöffnung am Punkt  :

 

Die Sekundärwelle   erzeugt im Punkt   bei   auf dem Schirm die Wellenintensität  . Sie ist infinitesimal, da nur der Beitrag von   und nicht aller anderen Punkte auf der Blende betrachtet wird:

 

Die Zeitabhängigkeit   kann vernachlässigt werden, da sie später beim Rechnen mit Intensitäten ohnehin durch die zeitliche Mittelung verschwindet. Durch Einsetzen erhält man:

 

Von jedem Punkt auf der Blende geht eine Sekundärwelle aus. Die Intensität   im Beobachtungspunkt   wird durch die Überlagerung aller Einzelbeiträge erzeugt:

 

Diese Gleichung erinnert bereits stark an das oben gegebene Beugungsintegral. Mit dem Proportionalitätsfaktor   ergibt sich (Neigungswinkel vernachlässigt):[4]

 

Einzelnachweise

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  1. Helmut Rauch: Neutronenoptik. In: Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch der Experimentalphysik. Bd. 3: Optik. 9. Auflage. de Gruyter, Berlin/New York 1993, ISBN 3-11-012973-6, Kapitel 11.4.
  2. Miles V. Klein, Thomas E. Furtak: Optics. Second Edition, John Wiley and Sons, 1986, ISBN 0-471-87297-0, chapter 6 and 7.
  3. Miles V. Klein, Thomas E. Furtak: Optics. Second Edition, John Wiley and Sons, 1986, ISBN 0-471-87297-0, S. 413
  4. Eine exakte Herleitung unter Berücksichtigung des Neigungsfaktors findet man z. B. in Miles V. Klein, Thomas E. Furtak: Optics. Second Edition, John Wiley and Sons, 1986, ISBN 0-471-87297-0, Appendix A, S. 649–652.