Gornergletscher

Gletscher in der Schweiz
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Der Gornergletscher ist ein Talgletscher-System im Monte-Rosa-Massiv südöstlich von Zermatt, in den Walliser Alpen, nahe der südlichen Landesgrenze der Schweiz. Er war 2013 etwa 12,4 km lang und damit der drittlängste Gletscher der Alpen. Die Fläche des Systems des Gornergletschers wurde 2017 mit etwa 41 km² angegeben, dies ist nach dem Aletschgletscher die zweitgrösste zusammenhängende Gletscherfläche der Alpen.[2] Seit dem Sommer 2019 ist der obere Teil des namensgebenden Gornergletschers nicht mehr mit dem weitaus grösseren Grenzgletscher verbunden, wodurch der Gornergletscher schlagartig deutlich an Fläche eingebüsst hat.[6] Das Gletschersystem behält jedoch die Bezeichnung Gornergletscher.

Gornergletscher
Gornergletscher und Monte Rosa im August 2006
Gornergletscher und Monte Rosa im August 2006

Gornergletscher und Monte Rosa im August 2006

Lage Kanton Wallis, Schweiz
Gebirge Walliser Alpen
Typ Talgletscher
Länge 12,4 km (2013)[1]
Fläche 41,24 km² (2015)[2]
Exposition Nordwest
Höhenbereich 4600 m ü. M. – 2140 m ü. M. (2007)[3]
Neigung ⌀ 10° (18 %) [4]
Eisvolumen 5,85 ± 1,53 km³ (2003)[5]
Koordinaten 628140 / 90970Koordinaten: 45° 58′ N, 7° 48′ O; CH1903: 628140 / 90970
Gornergletscher (Kanton Wallis)
Gornergletscher (Kanton Wallis)
Entwässerung Gornerbach, Furggbach, Gornera, Matter Vispa, Rhone

Unterhalb der ehemaligen Vereinigung des Gornergletschers mit dem zweiten Hauptarm, dem Grenzgletscher, reicht das Gletschersystem Gorner-/Grenzgletscher flankiert vom Breithorn im Süden und dem Gornergrat im Norden, noch rund 5 km weiter nach Westen, wobei hier die Neigung nur noch sehr flach ist. Das Eis ist mit dem Geröll der zahlreichen Mittelmoränen bedeckt. Die Gletscherzunge befand sich im Jahr 2007 auf einer Höhe von 2140 m.[3] Hier tritt der Gornerbach aus, der in die Furggbach mündet. Letzterer mündet bei Furi in die Gornera, diese vereinigt sich in Zermatt mit weiteren Seitenbächen zur Matter Vispa, die durchs Mattertal zur Rhone fliesst.

Im Gegensatz zu den meisten Alpengletschern, bei denen es sich um temperierte Gletscher handelt, ist der untere Teil des Gornergletschers ein polythermaler Gletscher, er ist zudem der grösste dieser Art in den Alpen. Bei einem solchen Gletscher liegt die Temperatur teilweise unter dem Druckschmelzpunkt, dies trifft insbesondere für den Grenzgletscher zu, da dessen Nährgebiet teilweise über 4000 m Höhe liegt.[7]

Seinen letzten Hochstand erreichte der Gletscher im Jahr 1859. In einer Zeitspanne von 60 Jahren war der Gletscher zuvor 600 Meter in Kulturland vorgedrungen und hatte dabei neben zahlreichen Almhütten auch einzelne Wohnhäuser zerstört.[8]

Auf dem Felskamm oberhalb des früheren Zusammenflusses der beiden Hauptarme des Gletschers steht die Monte-Rosa-Hütte auf 2883 m ü. M. Sie ist vom Gornergrat her mittels Überquerung des Gornergletschers erreichbar und einer der Ausgangspunkte für die Besteigung der Gipfel des Monte Rosa.

Quellgletscher

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Luftbild des Monte-Rosa-Massivs im Sommer 1994 – links der Gornergletscher, rechts der Grenzgletscher, noch verbunden
 
Grenzgletscher im Februar 2023
 
Gornergletscher im September 2020 vom Breithorn aus gesehen – deutlich erkennbar die Lücke zwischen eigentlichem Gornergletscher (im Hintergrund, Bildmitte) und Grenzgletscher

Hauptgletscher des Gornersystems ist der Grenzgletscher, der seinen Ausgangspunkt auf der Signalkuppe (4554 m ü. M.) südlich der Dufourspitze nimmt. Insbesondere im Akkumulationsgebiet am Colle Gnifetti (4452 m) liegen die Temperaturen im Inneren des Gletschers mit −13 °C deutlich unter dem Druckschmelzpunkt, so dass sich der Gletscher in dieser Höhe wie ein kalter Gletscher verhält und durch Lufteinschlüsse die historischen Bedingungen der Erdatmosphäre konserviert werden.[9] Der Grenzgletscher fliesst nach Nordwesten dem Nordfuss des Liskamms entlang.

Der Ursprung des namensgebenden, aber kleineren Gornergletschers liegt nördlich des Monte Rosa-Gebietes am Weissgrat (bis 3700 m). Der Gletscher fliesst mit einer ziemlich gleichmässigen Neigung von 18 % entlang des Stockhorn-Südfusses nach Westen. Nach rund 7 km vereinigt er sich mit dem längeren Grenzgletscher auf einer Höhe von 2550 m, behält aber seinen Namen bei. Zwischen diesen beiden Gletschern am Westhang der Dufourspitze erstreckt sich der 4 km lange Monte Rosa-Gletscher, der seitlich sowohl mit dem Grenz- als auch mit dem Gornergletscher verbunden ist. Der Gornergletscher ist in seinem oberen Teil über einen breiten eisbedeckten Kamm mit dem Findelgletscher verbunden.[10]

Zwei wichtige Seitengletscher sind die jeweils etwa 3 km langen, von Süden zufliessenden Zwillingsgletscher (Entstehung am Castor, 4228 m ü. M.) und Schwärzegletscher (Entstehung am Pollux, 4092 m ü. M.). Der Breithorn- und der Triftjigletscher (beide am Nordhang des Breithorns) sowie der Untere Theodulgletscher (vom Gobba di Rollin und Klein Matterhorn kommend) erreichen nach starkem Rückzug nicht mehr den Gornergletscher.

Zehrgebiet

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Am Zusammenfluss von Grenz- und Gornergletscher bildet sich im Frühling der Gornersee, ein Schmelzwassersee, der durch das Gletschereis gestaut wird. In der Zeit zwischen Juni und September kommt es innerhalb von wenigen Tagen zur Entleerung des Sees. Diese Entleerung verursacht Hochwasserspitzen im Gornerbach von bis zu 150 Kubikmetern pro Sekunde, weitere Begleiterscheinungen sind eine erhöhte Fliessgeschwindigkeit des Gletschers und eine Hebung des Gletschers von bis zu einem halben Meter.[11]

Durch die durch den Grenzgletscher geprägte polythermale Natur des Gornergletschers sind im unteren, flachen Zehrgebiet für alpine Eisströme besondere Erscheinungen zu beobachten. Bekannt ist der Gletscher insbesondere für die blauen Gletscherseen, die sich an der Oberfläche bilden. Zudem gibt es ein dauerhaftes Netzwerk aus tief eingeschnittenen Schmelzwasserströmen, das es in dieser Art nirgendwo sonst in den Alpen gibt. Auffällig ist auch die helle, weiße Farbe des Gletschereises. Diese Besonderheiten gibt es nur im Bereich des Gletschers, dessen Ursprung im Grenzgletscher liegt. Ursache hierfür ist Eis, dessen Temperatur dauerhaft unterhalb des Druckschmelzpunkts liegt.[7]

Bodengletscher

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Bodengletscher, ehemaliger schweifförmiger unterer Abschnitt des Gornergletschers im Jahr 1855

Als der Gornergletscher noch über die Engstelle zwischen Lichenbretter und den Felshängen von Riffelhorn und -berg herabreichte, wurde dieser untere Abschnitt Bodengletscher genannt.[12][13] Dieser Name ist vermutlich auf die damalige Alpsiedlung „Im Boden“ zurückzuführen.[8]

In kälteren Perioden war der Gornergletscher bis zu den Schweigmatten bei Furi vorgestossen, der letzte Höchststand wurde dabei 1859 erreicht. Diese schweifförmige, von zahlreichen Spalten durchsetzte Zunge war von Zermatt aus gut sichtbar. Zu dieser Zeit nährte auch der Breithorngletscher und die gemeinsame Zunge des Triftji- und des Unteren Theodulgletschers den Gornergletscher. Mittlerweile hat sich das Zungenende des Gornergletschers gut 2,65 km talaufwärts verlagert und der Bodengletscher existiert nicht mehr.[8]

 
Kugelpanorama Grenzgletscher aus 2900 m Höhe
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Entwicklung

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Entwicklung des Gletschers[1]
Jahr 1850 1973 1999/2000 2013
Fläche (km²) 66 59,7 55,5 41,24 (2015)[2]
Länge (km) 15,9 13,5 12,9 12,4
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Flächenentwicklung des Gornergletschers[1][2]
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Commons: Gornergletscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Die grössten Gletscher. (xlsx) Bundesamt für Statistik, Raum und Umwelt, 12. Dezember 2014, abgerufen am 1. November 2020.
  2. a b c d Factsheet Gornergletscher. In: GLAMOS – Glacier Monitoring in Switzerland. Abgerufen am 8. September 2021.
  3. a b Hanspeter Holzhauser: Dendrochronologische Auswertung fossiler Hölzer zur Rekonstruktion der nacheiszeitlichen Gletschergeschichte. In: Bulletin für angewandte Geologie. 13/2: 23–41, 2008 (online (Memento vom 2. Juli 2010 im Internet Archive); PDF; 1,9 MB)
  4. Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH Zürich: Gornergletscher. In: Naturgefahren Gletscher. Archiv der ETH, 2018 (online, auch als PDF).
  5. Daniel Farinotti, Matthias Huss, Andreas Bauder, Martin Funk: An estimate of the glacier ice volume in the Swiss Alps. In: Global and Planetary Change. 68: 225–231, 2009 (online; PDF; 756 kB).
  6. Foto vom 21. Juli 2019
  7. a b Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), ETH Zürich: The Polythermal Structure of Gornergletscher (Valais). In: High Altitude Research Stations Jungfraujoch and Gornergrat (HFSJG): Activity Report 2010. Seite 165ff (online; PDF; 406 kB)
  8. a b c Hanspeter Holzhauser: Der Vorstoss des Gornergletschers von 1791 bis zum Hochstand um 1859 im Spiegel historischer Bild- und Schriftquellen. In: Bulletin für angewandte Geologie. 13/2: 43–58, 2008 (online (Memento vom 2. Juli 2010 im Internet Archive); PDF; 1,4 MB)
  9. Martin Lüthi, Martin Funk: Temperatures in glaciers and ice sheets. In: Physics of Glaciers I. Skript zur Vorlesung zum Herbstsemester 2012 (online (Memento vom 10. März 2013 im Internet Archive); PDF; 806 kB)
  10. swisstopo.ch: Swisstopo-Geodatenviewer, Stand November 2012
  11. Valentin Gischig: Tiefenabhängigkeit der seismischen Geschwindigkeit auf dem Gornergletscher. 2005 (online; PDF; 2,0 MB)
  12. Charles Knapp, Maurice Borel, Victor Attinger, Heinrich Brunner, Société neuchâteloise de géographie (Hrsg.): Geographisches Lexikon der Schweiz. Band 2: Emmenholz – Kraialppass. Verlag Gebrüder Attinger, Neuenburg 1904, S. 374, Stichwort Gornergletscher  (Scan der Lexikon-Seite).
  13. Charles Knapp, Maurice Borel, Victor Attinger, Heinrich Brunner, Société neuchâteloise de géographie (Hrsg.): Geographisches Lexikon der Schweiz. Band 1: Aa – Emmengruppe. Verlag Gebrüder Attinger, Neuenburg 1902, S. 286, Stichwort Bodengletscher  (Scan der Lexikon-Seite).
Panorama von Gornergletscher, Monte Rosa und Matterhorn im Sommer 2012