Integration durch Substitution

Möglichkeit zur Berechnung bestimmter Integrale

Die Integration durch Substitution oder Substitutionsregel ist eine wichtige Methode in der Integralrechnung, um Stammfunktionen und bestimmte Integrale zu finden. Die Substitutionsmethode erlaubt es unter gewissen Umständen, einen „komplizierte“ Integranden durch einen „einfachen“ Integranden zu ersetzen, wodurch die Berechnung letztlich auf ein bekanntes oder einfacher handhabbares Integral zurückgeführt wird. Neben dieser praktischen Bedeutung stellt sie einen zentralen Baustein der Analysis dar, mit dessen Hilfe sich wesentliche theoretische Resultate beweisen oder herleiten lassen.

Die Substitutionsregel bildet das Gegenstück zur Kettenregel der Differentialrechnung. Ihr Äquivalent für Integrale über multivariaten Funktionen ist der Transformationssatz, der allerdings eine bijektive Substitutionsfunktion voraussetzt.

Aussage der Substitutionsregel Bearbeiten

Ist   eine stetige Funktion auf einem reellen Intervall   und   eine stetig differenzierbare Funktion, so gilt

 

Heuristische Herleitung Bearbeiten

Die Substitutionsregel lässt sich mithilfe des Differentialkalküls herleiten: Dazu substituiert man   und schreibt die Ableitung als  . Die linke Seite dieser Gleichung fasst man als Quotient von zwei Differentialen auf, wodurch man nach Multiplikation mit   die Gleichung   erhält. Durch Einsetzen in das Integral erhält man hiermit

 

Im linken Integral ist   die Integrationsvariable, im rechten Integral hingegen  . Der Wechsel der Integrationsvariable von   zu   erfordert noch eine Anpassung der Integrationsgrenzen: Für   ist   und für   ist  . Damit erhält man schließlich

 

Beweis Bearbeiten

Ist   eine Stammfunktion von  , so gilt für die Ableitung der zusammengesetzten Funktion   nach der Kettenregel

 

Also ist   eine Stammfunktion von  . Durch zweimaliges Anwenden des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung erhält man die Substitutionsregel:

 

Transformationssatz Bearbeiten

Die Substitutionsmethode lässt sich unter etwas engeren Voraussetzungen auch „rückwärts“ durchführen. Ausgangspunkt ist das Integral

 

über einer stetigen Funktion   mit  . Ist   eine injektive Funktion, so existiert die Umkehrfunktion   und somit auch   und  . Setzt man noch voraus, dass   stetig differenzierbar ist, so kann man die Substitutionsregel von rechts nach links lesen, wodurch man die Formel

 

erhält. Sie lässt sich wie folgt interpretieren: Transformiert man die Variable   mittel  , so ändert sich der Wert des Integrals nicht, wenn man die neue Funktion   mit der Ableitung von   multipliziert und die Integralgrenzen wie oben anpasst. In dieser Fassung nennt man die Substitutionsregel deshalb auch Transformationsformel.

Bei geschickter Wahl der Funktion   kann entgegen dem ersten Anschein der Integrand vereinfacht werden.

Substitution eines bestimmten Integrals Bearbeiten

Beispiel 1 Bearbeiten

Berechnung des Integrals

 

für eine beliebige reelle Zahl  : Durch die Substitution   erhält man  , also  , und damit:

 
 .

Beispiel 2 Bearbeiten

Berechnung des Integrals

 :

Durch die Substitution   erhält man  , also  , und damit

 .

Es wird also   durch   ersetzt und   durch  . Die untere Grenze des Integrals   wird dabei in   umgewandelt und die obere Grenze   in  .

Beispiel 3 Bearbeiten

Das ist ein Beispiel für die Substitution rückwärts.

Für die Berechnung des Integrals

 

kann man   substituieren. Daraus ergibt sich  . Um die Integrationsgrenzen umzurechnen, benutzt man die umgekehrte Beziehung  . Die obere Grenze   wird zu  , weil  . Aus   ergibt sich die neue untere Grenze  . Mit   für   rechnet man

 .

Das Ergebnis kann mit partieller Integration oder mit der trigonometrischen Formel

 

und einer weiteren Substitution berechnet werden. Es ergibt sich

 .

(Damit haben wir die Fläche eines Viertelkreises berechnet.)

Substitution eines unbestimmten Integrals Bearbeiten

Voraussetzungen und Vorgehen Bearbeiten

Unter den obigen Voraussetzungen gilt

 

wobei   eine Stammfunktion von   ist.

Beispiel 1 Bearbeiten

Durch quadratische Ergänzung und anschließende Substitution  ,   erhält man

 

Beispiel 2 Bearbeiten

Mit der Substitution   erhält man

 

Man beachte, dass die Substitution nur für   bzw. nur für   streng monoton ist.

Spezialfälle der Substitution Bearbeiten

Lineare Substitution Bearbeiten

Integrale mit linearen Verkettungen können wie folgt berechnet werden: Ist   eine Stammfunktion von  , dann gilt

 , falls  .

Zum Beispiel gilt

 ,

da   und  .

Logarithmische Integration Bearbeiten

Integrale, bei denen der Integrand ein Bruch ist, dessen Zähler die Ableitung des Nenners ist, können sehr einfach mit Hilfe der logarithmischen Integration gelöst werden:

 .

Das entspricht einem Spezialfall der Substitutionsmethode mit  .

Zum Beispiel gilt

 ,

da   die Ableitung   hat.

Eulersche Substitution Bearbeiten

Nach einem Satz von Bernoulli lassen sich alle Integrale des Typs

 

und

 

elementar integrieren.

Beispiel:

 

Durch die Substitution   also  ,  ,   und   ergibt sich

 .

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 1, 5. Auflage, B. G. Teubner, Stuttgart 1988, ISBN 3-519-42221-2, S. 464
  • Konrad Königsberger: Analysis 1, Springer, Berlin 1992, ISBN 3-540-55116-6, S. 200–201
  • Richard Courant: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung 1, 4. Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg/ New York 1971, ISBN 3-540-05466-9, S. 182–191

Weblinks Bearbeiten