Dunkelbrauner Gürtelfuß

Art der Gattung Schleierlinge (Cortinarius)
(Weitergeleitet von Cortinarius brunneus)

Der Dunkelbraune Gürtelfuß (Cortinarius brunneus) ist ein Blätterpilz aus der Familie der Schleierlingsverwandten (Cortinariaceae) dessen gesamter Fruchtkörper mehr oder weniger dunkelbraun gefärbt ist. Sein hygrophaner Hut ist recht fleischig und stumpf gebuckelt. Der Universalschleier bleibt als weißlicher Gürtel am Stiel zurück. Auch das Fleisch ist dunkelbraun bis schwärzlich braun. Die Art wird oft unterschiedlich interpretiert und mal enger und mal weiter gefasst, sodass sich die Beschreibungen bei unterschiedlichen Autoren oft widersprechen. Der Schwarzbraune oder Eichelbraune Gürtelfuß (C. glandicolor) wird heute (Stand 2018) als Varietät von C. brunneus angesehen. Wie alle Schleierlinge ist der Dunkelbraune Gürtelfuß ein Mykorrhizapilz, der mit Nadelbäumen (überwiegend mit Fichten, seltener mit Kiefern) vergesellschaftet ist. Die Art ist nahezu in ganz Europa verbreitet. In Nordeuropa ist die Art häufig, in Süd- und Mitteleuropa findet man ihn meist nur im Gebirge.

Dunkelbrauner Gürtelfuß

Dunkelbrauner Gürtelfuß (Cortinarius brunneus)

Systematik
Unterklasse: Agaricomycetidae
Ordnung: Champignonartige (Agaricales)
Familie: Schleierlingsverwandte (Cortinariaceae)
Gattung: Schleierlinge (Cortinarius)
Untergattung: Gürtelfüße (Telamonia)
Art: Dunkelbrauner Gürtelfuß
Wissenschaftlicher Name
Cortinarius brunneus
(Pers.) Fr.

Merkmale Bearbeiten

Makroskopische Merkmale Bearbeiten

Der anfangs glockig-kegelige, doch schon bald ausgebreitete Hut misst 3–8 cm und besitzt meist einen deutlich abgesetztem, fleischigen Buckel. Er ist dunkelbraun gefärbt und hat bisweilen einen schwärzlichen oder violetten Einschlag. Die feinfaserig-rissige Huthaut ist mehr oder weniger trocken und färbt sich wie bei allen Gürtelfüßen mit einem Tropfen Kalilauge schwarz bis schwarzbraun. Der etwas hygrophane Hut blasst beim Trocknen ledergelblich aus. Der Hutrand ist oft von schmutzig weißlichem Schleierresten überzogen.

Die dunkelbraunen, mehr oder weniger gleichfarbenen, dicklichen und sehr breiten Lamellen stehen ziemlich entfernt. Die Lamellenflächen sind mehr oder weniger senkrecht geädert. Sie sind gebuchtet angewachsen und am Grunde oft queraderig. Das Sporenpulver ist zimt- bis rostbraun.

Der schlanke, keulige Stiel misst (4)7–11 × 0,5–1(2) cm. Er ist wie der Hut dunkelbraun gefärbt und grob längsfaserig und besitzt eine oder zwei undeutliche, weißliche, später blass bräunliche Gürtelzonen.

Das Fleisch ist durchgehend dunkelbraun, nur in der Stielbasis kann es etwas heller sein. Laut M. Bon hat es einen schwachen, angenehmen Geruch, der etwas an den Wohlriechenden Gürtelfuß (C. torvus) erinnert. Andere beschreiben ihn als nahezu geruchlos bis schwach erdig-rettichartig. Das Fleisch schmeckt mild oder bisweilen leicht rettichartig.[1][2][3]

Mikroskopische Merkmale Bearbeiten

Die elliptischen Sporen sind fein warzig ornamentiert oder punktiert und messen 8–11 (13) × 6–7,5(8) µm.[2]

Artabgrenzung Bearbeiten

Der Dunkelbraune Gürtelfuß ist ein typischer Vertreter der artenreichen Gruppe der Gürtelfüße (Telamonia). Innerhalb der Untergattung gehört der Fichtenbegleiter zu den größeren und häufigeren Arten. Seine typischen Merkmale sind: schwärzendes Fleisch, ein mehr oder weniger ausgeprägter Buckel, das anfangs weiße, später dunkle werdende Velum und die breiten, entfernt stehenden Lamellen. Ein wichtiges, mikroskopisches Merkmal ist eine dichte Palisade aus sterilen Zellen auf der Lamellenschneide.

Sehr ähnlich ist der Schwarzbraune Gürtelfuß (C. glandicolor), der heute nur noch als Varietät des Dunkelbraunen Gürtelfußes angesehen wird. Er ist seltener und unterscheidet sich durch die dichter stehenden Lamellen, den zierlicheren Habitus und die etwas kleineren Sporen. Weitere ähnliche Arten sind der Schwärzende Wasserkopf (C. rubricosus) und der Breitblättrige Wasserkopf (C. crassifolius). Beide können an ihrem schwärzenden Fleisch erkannt werden. Im Gegensatz zum Dunkelbraunen Gürtelfuß hat ihr Stiel keine Gürtelzone. Eine weitere ähnliche Art mit schwärzendem Fleisch ist der Olivbraune Wasserkopf (C. uraceus). Er hat aber gewöhnlich einen deutlich dünneren Stiel.[2][3]

Ökologie und Verbreitung Bearbeiten

 
Europäische Länder mit Fundnachweisen des Dunkelbraunen Gürtelfußs.[4][5][6][7][8][9][10][11]
Legende:
  • Länder mit Fundmeldungen
  • Länder ohne Nachweise
  • keine Daten
  • außereuropäische Länder
  • Der Dunkelbraune Gürtelfuß wurde in Nordamerika und Europa nachgewiesen. In Europa ist der Schleierling weit verbreitet und insgesamt recht häufig. Im Süden findet man ihn von Spanien über Italien bis Bulgarien (westliches Balkangebirge, Witoscharegion, westliche Rhodopen). Auch in ganz Großbritannien wurde er nachgewiesen. In Nordeuropa ist der Pilz häufig. In Norwegen findet man ihn bis zum 69., in Schweden bis zum 68. Breitengrad, in Finnland ist er bis in das nördliche Lappland verbreitet. In Österreich und der Schweiz steigt die Art in den Alpen auf über 2000 m auf. Innerhalb der Gruppe der Gürtelfüße/Wasserköpfe gehört er zu den häufigeren Arten.

    Als typischen Fichtenbegleiter findet man den Dunkelbraunen Gürtelfuß besonders häufig in Berg-Nadelwäldern, im Flachland ist er eher selten. Neben seinem wichtigsten Mykorrhizapartner, der Fichte, kann der Schleierling auch mit Kiefern eine Partnerschaft eingehen. Der Pilz bevorzugt eher saure und feuchte Böden, die Varietät glandicolor soll auch auf trockeneren Standorten wachsen.[1][2][3]

    Systematik Bearbeiten

    1801 wurde der Dunkelbraune Gürtelfuß durch den Mykologen Christiaan H. Persoon wissenschaftlich beschrieben. Er gab ihm den wissenschaftlichen Namen Agaricus brunneus,[12] dieser Name wurde durch Elias Fries Erwähnung in seinem Werk Systema Mycologicum sanktioniert.[13] Ohne diese Sanktionierung wäre das Persoon’sche Basionym heute ungültig, da es mit Agaricus brunneus Schaeff. (1774) ein älteres Homonym gibt. 1838 stellte Elias Fries das Taxon in die Gattung Cortinarius, sodass es seinen heute gültigen Artnamen erhielt.[14] Seitdem versuchten Botaniker und Mykologen immer wieder die artenreiche Gattung Cortinarius in mehrere Gattungen aufzuspalten. Das führte zu zahlreichen homotypischen Synonymen. 1866 stufte Otto Wünsche in seinem Buch Die Pilze. Eine Anleitung zur Kenntniss derselben Fries Untergattung Telamonia zu Gattung herauf und gab dem Taxon den Namen Telamonia brunnea.[15] Im Jahre 1891 stellte dann der deutsche Botaniker Carl Kuntze in seiner Revisio generum plantarum (einer Überarbeitung des Pflanzenreiches) das Taxon in seine neu geschaffene Gattung Gomphos.[16] und schließlich stellte M.M. Moser in seiner Kleine Kryptogamenflora von Mitteleuropa (1953) (einen wichtigen Bestimmungswerk der europäischen Pilzflora) den Schleierling als Hydrocybe brunnea in die Gattung Hydrocybe (Fr. ex Rabenh.) Wünsche.

    Weitere Synonyme steuert das ursprünglich von Fries als eigenständige Art beschriebene Taxon Cortinarius glandicolor (Fr.) Fr. bei, das 1992 durch Håkan Lindström und Jacques Melot zur Varietät von C. brunneus herabgestuft wurde.

    2008 untersuchte eine finnische Arbeitsgruppe um Tuula Niskanen die Section Brunnei. Für die Untersuchung der phylogenetischen Beziehungen verwendeten sie rDNA-ITS-Sequenzen und verglichen die Ergebnisse mit den morphologischen Daten. Sie kamen zu dem Schluss, das C. glandicolor und C. brunneus getrennte Arten sind und neotypisierten C. glandicolor, für den bisher kein Typus definiert war. Zudem beschrieben sie mit Cortinarius caesiobrunneus und Cortinarius clarobrunneus zwei neue Arten, die ebenfalls nahe mit dem Dunkelbraunen Gürtelfuß verwandt sind. Laut ihrer Untersuchung unterscheidet sich C. glandicolor von C. brunneus durch den schlankeren Fruchtkörper und einen meist weniger ausgeprägten Universalschleier (Velum universale), der selten einen ausgeprägten Gürtel am Stiel bildet. C. glandicolor kann trockenere Standorte besiedeln, scheint weniger strikt an Fichten gebunden zu sein und ist stattdessen häufiger bei Kiefern anzutreffen. C. clarobrunneus hat den gleichen Habitus wie C. brunneus, hat jedoch einen blasseren Stiel, kleinere Sporen, keinen ausgeprägten Schleiergürtel und wächst bei Kiefern (Pinus sylvestris). C. caesiobrunneus hingegen ist viel schlanker, hat keinen Schleiergürtel und schmälere Sporen.[17]

    Bedeutung Bearbeiten

    Grundsätzlich werden alle Gürtelfüße als giftverdächtig eingestuft, daher ist auch der Dunkelbraune Gürtelfuß kein Speisepilz. Wie viele dieser Arten wirklich giftig sind, ist nicht bekannt.

    Weblinks Bearbeiten

    Commons: Cortinarius brunneus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Quellen

    Einzelnachweise Bearbeiten

    1. a b Marcel Bon: Pareys Buch der Pilze. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-09970-9, S. 218 (englisch: The mushrooms and toadstools of Britain and Northwestern Europe. Übersetzt von Till R. Lohmeyer).
    2. a b c d Ewald Gerhardt: Pilze (= Spektrum der Natur / BLV Intensivführer. Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen). BLV, München / Wien / Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 120.
    3. a b c Karin Montag: Dunkelbrauner Gürtelfuß Cortinarius brunneus Im virtuellen Pilzbuch. Tintling.com, abgerufen am 5. Oktober 2015.
    4. Basidiomycota Checklist-Online – Cortinarius brunneus. In: basidiochecklist.info. Abgerufen am 9. Oktober 2015.
    5. Cvetomir M. Denchev, Boris Assyov: Checklist of the larger basidiomycetes in Bulgaria. In: Mycotaxon. Band 111, 2010, ISSN 0093-4666, S. 279–282 (mycotaxon.com [PDF]).
    6. Estonian eBiodiversity Species description Cortinarius brunneus. In: elurikkus.ut.ee. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. Oktober 2015 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/elurikkus.ut.ee (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
    7. Weltweite Verbreitung von Cortinarius brunneus. In: GBIF Portal / data.gbif.org. Abgerufen am 9. Oktober 2015.
    8. Jean-Pierre Prongué, Rudolf Wiederin, Brigitte Wolf: Die Pilze des Fürstentums Liechtenstein. In: Naturkundliche Forschung im Fürstentum Liechtenstein. Band 21. Vaduz 2004 (llv.li [PDF]). llv.li (Memento des Originals vom 15. November 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.llv.li
    9. Svetozar Petkovski: National Catalogue (Check List) of Species of the Republic of Macedonia. In: Acta Botanica Croatica. 2009 (englisch, protectedareas.mk (Memento vom 15. Februar 2010 im Internet Archive) [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 9. Oktober 2015]). National Catalogue (Check List) of Species of the Republic of Macedonia (Memento des Originals vom 15. Februar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.protectedareas.mk
    10. Nahuby.sk – Atlas húb – Cortinarius brunneus. In: nahuby.sk. Abgerufen am 9. Oktober 2015.
    11. Cortinarius brunneus. Pilzoek-Datenbank, abgerufen am 9. Oktober 2015.
    12. Christiaan Henrik Persoon: Synopsis methodica fungorum. Sistens enumerationem omnium huc usque detectarum specierum, cum brevibus descriptionibus nec non synonymis et observationibus selectis. Henricum Dieterich, 1801 (Latein, Cybertruffle.org).
    13. Elias Magnus Fries: Systema Mycologicum. Band I. Ex Officina Berlingiana., Lund & Greifswald 1821, S. 211 (Latein, cybertruffle.org.uk).
    14. Elias Magnus Fries: Epicrisis systematis mycologici. Seu synopsis hymenomycetum. Typographia Academica, Upsala 1838, S. 298 (Latein, cybertruffle.org.uk).
    15. F.O. Wünsche: Die Pilze. Eine Anleitung zur Kenntniss derselben. 1877 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    16. Otto Kuntze: Revisio generum plantarum. Secundum leges nomenclaturae internationales cum enumeratione plantarum exoticarum. Pars 2. Leipzig 7 London / Paris 1891, S. 856 (botanicus.org).
    17. Tuula Niskanen, Ilkka Kytövuori und Kare Liimatainen: Cortinarius sect. Brunnei (Basidiomycota, Agaricales) in North Europe. In: Mycological Research. Band 113, Nr. 2, 2009, S. 182–206, doi:10.1016/j.mycres.2008.10.006.