Christiane Henriette Sophie von Laßberg

deutsche Adelige
(Weitergeleitet von Christel von Laßberg)

Christiane Henriette Sophie von Laßberg, von Goethe genannt Christel von Laßberg (geb. 1761 in Kleinkromsdorf; gest. 16. Januar 1778 in Weimar), war eine deutsche Adelige. Die Tochter des Obersten Johann Maximilian Albrecht von Laßberg beging im Alter von 17 Jahren nahe der Floßbrücke im Park an der Ilm aus unerfüllter Liebe zu dem livländischen Baron und Kammerherrn von Wrangel Suizid.[1] Angeblich soll sie ein Exemplar von Goethes Die Leiden des jungen Werther bei sich gehabt haben, als sie tot aufgefunden wurde.[2] Nahe der Floßbrücke wurde das sogenannte Nadelöhr bzw. das Felsentor mit der Felsentreppe[3] ihr zur Erinnerung angelegt. Ohne das persönliche Engagement Goethes wäre sie wohl heute vergessen.

Felsentreppe oder Nadelöhr

Christiane Henriette Sophie von Laßberg war Hofdame und Tänzerin am Hoftheater unter Goethes und Karl Siegmund von Seckendorffs Direktorium. Der damalige Hofpage Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lyncker hielt es in seinen Erinnerungen[4][5] fest wie auch Goethe.[6] Lynckers Schilderungen des Hergangs sind aber detaillierter als die von Goethe. Nach Lynckers Aufzeichnungen war die Gesellschaft der Hofschauspielerinnen und Hofschauspieler im Haus der Charlotte von Stein beinahe täglich mit Proben für das Theater beschäftigt. Bei einer solchen Probe zu Goethes Der Triumph der Empfindsamkeit wurde sie vermisst. Da war sie vermutlich bereits tot. Gefunden wurde sie Lynckers Aufzeichnungen zufolge am 17. Januar 1778 durch Goethes Diener Philipp Seidel, Christoph Sutor und Paul Götze.[7] Sonst ist von ihrem Leben so gut wie nichts bekannt.

Der Tod der Christiane Henriette Sophie von Laßberg und seine Nachwirkungen bei Goethe

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Der Tod der Tochter des Obersten Johann Maximilian Albrecht von Laßberg, des Besitzers von Kleinkromsdorf und Stadtkommandanten von Weimar, hatte Goethe derart beschäftigt, dass er ihr ein Denkmal setzen wollte. Mit der Anlegung der Felsentreppe und dem Nadelöhr am Abend nach dem Tod der Christiane begann Goethe zusammen mit einer Gruppe von Arbeitern und dem Gartenarchitekten und Hofgärtner Carl Heinrich Gentzsch und schuf damit die erste Gartenszene im Ilmtal nach dem Vorbild des Wörlitzer Parks. Gewissermaßen ist das die Geburtsstunde des Parks an der Ilm.[8] Ein eigentliches Denkmal für Christiane von Laßberg kam nicht zustande. Das Vorhaben geriet vermutlich in Vergessenheit.[9] Das sogenannte Nadelöhr kann dennoch als ein solches gelten. Es gibt auch eine Zeichnung des unteren Teils der Felsentreppe mit seitlich aufgeschichteten Travertinbrocken, die den ausgehöhlten Felsen zum schmalen Durchgang zum Felsentor machen. Goethe selbst hatte diese nach 1778 angefertigt. Der Travertinblock, der auf den seitlich aufgeschichteten Blöcken aufliegt, durch den das Nadelöhr entstand, ist auf der Zeichnung Goethes noch nicht vorhanden.[10] Goethe erfand einem Brief an Charlotte von Stein vom 19. Januar 1778 zufolge ein seltsam Plätzgen, wo das Andenken der armen Christel verborgen stehen wird… Ich hab mit Jentschen ein gut Stück Felsen ausgehölt, man übersieht da in höchster Abgeschiedenheit, ihre lezten Pfade und den Ort ihres Tods.[11] Goethe war nicht der Einzige, welcher diese Felsentreppe zeichnete. Georg Melchior Kraus zeichnete diese mindestens zweimal.[12] Das Motiv für dieses Felsentor sieht Susanne Müller-Wolff in einer Inspiration Goethes, die dieser im Mai 1778 bei einem Besuch in Wörlitz empfing.[13]

Goethe ließ dieses Ereignis außerdem in den Gedichten Der Fischer[14] und An den Mond in der ersten Fassung von 1778[15] anklingen. In der Belletristik hingegen wurde ihr Freitod zum Stoff einer fiktionalen Handlung.[16] Der Tod der Christiane Henriette Sophie von Laßberg war in Weimar ein Ereignis. Weimar selbst gewissermaßen war ein Klatschnest, in dem nichts zu verbergen war. Das galt auch hier.[17]

 
Johann Wolfgang von Goethe, vor einem Grabmal mit weiblicher Büste (Christel von Laßberg?) und Urne, Scherenschnitt um 1780

Es gibt einen Scherenschnitt um 1780, bei dem Goethe vor einem Grabmal mit der Büste einer jungen Frau steht. Diese Büste wiederum wurde mit Christel von Laßberg in Verbindung gebracht, jedoch ohne dass sie ihr sicher zuzuweisen gewesen wäre.[18][19][20] Das Original dieses Scherenschnittes wiederum befindet sich im Schloss Tiefurt. Hans Wahl und Anton Kippenberg bezeichnen sie als Eine der schönsten Silhouetten dieser Kunst.[21] Dass die Herausgeber das auch wirklich meinten, beweist gewiss auch die Tatsache, dass sie die Vorderseite des Schutzumschlages dieses Bandes mit eben dieser Silhouette versehen hatten.

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Einzelnachweise

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  1. Florian Kühnel: Kranke Ehre?: Adelige Selbsttötung im Übergang zur Moderne. Oldenbourg Verlag, München 2013, S. 30 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Damit reiht sie sich fast ganz vorn in die Folgesuizide ein, die als Werther-Effekt bezeichnet werden. https://www.berner-buendnis-depression.ch/wp-content/uploads/2017/06/werther-effekt.pdf
  3. Dem gegenüber am Ausgang der Parkhöhle befindet sich der Felsenbrunnen.
  4. Karl Frhr. von Lyncker: Am weimarischen Hofe unter Amalien und Karl August, hrsg. von Marie Scheller, Berlin 1912, S. 65 f.
  5. Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lyncker: Ich diente am Weimarer Hof: Aufzeichnungen aus der Goethezeit, hrsg. von Jürgen Lauchner, Böhlau Verlag Köln-Weimar Wien 1997, S. 53 u. 186. ISBN 3-412-05297-3. Wrangel verließ Weimar im April 1778. Lyncker hatte fälschlicherweise den Vornamen Albertine angegeben, was wohl eine Verwechslung mit der Schwester der Toten war.
  6. Jochen Golz (Hrsg.): Johann Wolfgang Goethe: Tagebücher, Historisch-kritische Ausgabe, Bd. I/1: Text 1775–1781, Stuttgart-Weimar, S. 60.
  7. Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lyncker: Ich diente am Weimarer Hof: Aufzeichnungen aus der Goethezeit, hrsg. von Jürgen Lauchner, Böhlau Verlag Köln-Weimar Wien 1997, S. 186.
  8. Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmpark: Die Geschichte des herzoglichen Gartens in Weimar, Köln-Weimar-Wien 2007, S. 40 ff. ISBN 978-3-412-20057-2
  9. Effi Biedrzynski: Goethes Weimar: Das Lexikon der Personen und Schauplätze, Artemis&Winkler Verlag, Mannheim 2010, S. 267.
  10. Hans Wahl: Goethe als Zeichner der Deutschen Landschaft 1775–1786, S. 2 und S. 49.
  11. Johann Wolfgang Goethe Briefe, Bd. 3 I: 8. November 1775 - Ende 1779 Text, hrsg. von Georg Kurscheidt und Elke Richter, Berlin-Boston 2014, S. 191 Nr. 324. ISBN 978-3-05-006504-5
  12. Birgit Knorr: Georg Melchior Kraus (1737–1806). Maler – Pädagoge – Unternehmer. Biographie und Werkverzeichnis. Dissertation, Universität Jena 2003 (Volltext), S. 42 und S. 131.
  13. Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmpark: Die Geschichte des herzoglichen Gartens in Weimar, Köln-Weimar-Wien 2007, S. 42. ISBN 978-3-412-20057-2 Allerdings nennt sie vom Wörlitzer Park kein konkretes Vergleichsbeispiel. Vielleicht meint sie hier die Insel Stein oder Grotte der Egeria.
  14. Nicholas Boyle: Goethe: der Dichter in seiner Zeit, Bd. 1: 1749–1790. Aus dem Englischen übersetzt von Holger Fliessbach, 3. unveränderte Aufl., Ch. Beck, München 2000, S. 345 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Nicholas Boyle: Goethe: der Dichter in seiner Zeit, Bd. 1: 1749–1790. Aus dem Englischen übersetzt von Holger Fliessbach, 3. unveränderte Aufl., Ch. Beck, München 2000, S. 305 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. Andreas Merke: Christianes letzte Pfade : ein Kriminalroman aus dem klassischen Weimar, Verlag Berlin : Rütten und Loening 1999. ISBN 978-3-352-00521-3
  17. Konrad Kratzsch: Klatschnest Weimar: Ernstes und Heiteres, Menschlich-Allzumenschliches aus dem Alltag der Klassiker, 3. erweiterte Aufl., Würzburg 2009, S. 58 f. Kratzsch zitiert aus den Erinnerungen Carl Wilhelm Heinrich Freiherr von Lynckers.
  18. http://www.goethezeitportal.de/wissen/illustrationen/johann-wolfgang-von-goethe/goethe-silhouetten.html
  19. August Ohage: Über Silhouetten, die Fotos der Goethezeit, in: ,Elmar Mittler (Hrsg.): „Göthe ist schon mehrere Tage hier, warum weiß Gott und Göthe“. Vorträge zur Ausstellung „Der Gute Kopf Leuchtet Überall hervor“ – Goethe, Göttingen und die Wissenschaft (= Göttinger Bibliotheksschriften. Bd. 13). Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Göttingen 2000, ISBN 3-930457-14-8, S. 55–90. Hier S. 85 Abb. 20. Digital
  20. Ohage stützt sich auf eine Reproduktion aus: Hans Timotheus Kroeber (Hrsg.): Die Goethezeit in Silhouetten, Weimar 1911, Taf. 27.
  21. Hans Wahl und Anton Kippenberg (Hrsg.): Goethe und seine Welt. Unter Mitwirkung von Ernst Beutler, Insel Verlag Leipzig 1932, S. 92 und S. 259.