Hohegeiß ist ein Erholungsort im Harz und ein Stadtteil von Braunlage im Landkreis Goslar in Niedersachsen. Das Dorf hat etwa 900 Einwohner.

Hohegeiß
Stadt Braunlage
Wappen von Hohegeiß
Koordinaten: 51° 40′ N, 10° 40′ OKoordinaten: 51° 39′ 50″ N, 10° 40′ 8″ O
Höhe: 623 (570–642) m ü. NHN
Einwohner: 909 (31. Dez. 2018)[1]
Eingemeindung: 1. Juli 1972
Postleitzahl: 38700
Vorwahl: 05583
Hohegeiß (Niedersachsen)
Hohegeiß (Niedersachsen)

Lage von Hohegeiß in Niedersachsen

Hohegeiß um 1900
Hohegeiß um 1900

Geographische Lage Bearbeiten

 
Drei-Länder-Stein, niedersächsische Seite (Hohegeiß)

Das Bergdorf Hohegeiß liegt im Naturpark Harz. Es befindet sich zwischen Sorge im Nordnordosten und Benneckenstein im Osten (beide in Sachsen-Anhalt), Rothesütte im Südosten (Thüringen), Zorge im Süden und Braunlage im Nordnordwesten (beide in Niedersachsen). Durch das auf etwa 570 bis 642 m ü. NN[2] gelegene Dorf führt im Abschnitt zwischen Braunlage und Rothesütte die den Harz querende Bundesstraße 4. Die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt (früher innerdeutsche Grenze) führt am nordöstlichen Ortsrand vorbei; an dieser Grenze liegt etwa 3,3 km südöstlich des Dorfs das Dreiländereck Niedersachsen–Sachsen-Anhalt–Thüringen, wo der Drei-Länder-Stein steht. Nahe dem Dorf breitet sich das Naturdenkmal Dicke Tannen aus.

Geschichte Bearbeiten

 
Landesgrenze Niedersachsen–Thüringen beim Drei-Länder-Stein nahe Hohegeiß

Der Ortsname erscheint erstmals 1268 als Hogeyz; allerdings noch nicht als Siedlung, sondern als Forstgebiet. 1444 wurde hier auf Veranlassung des Klosters Walkenried eine Kapelle errichtet (am 8. September geweiht), um die sich bis 1528 eine Siedlung gebildet hatte, die 1573 erstmals als „Dorf Hohegeist“ bezeichnet wird. Von 1701 bis 1704 wurde die evangelische Kirche „Zur Himmelspforte“ errichtet und am 9. Dezember 1704 geweiht. Ab 1720 wurden in den Tälern um Hohegeiß Bergwerke eingerichtet, die bis 1770 in Betrieb waren.

Im Jahre 1731 wurde das Stiftsamt Walkenried, zu dem Hohegeiß gehörte, der Grafschaft Blankenburg angegliedert, die ebenfalls seit 1731 dauernd mit dem Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel in Personalunion verbunden war. Von 1807 bis 1813 gehörte Hohegeiß zum Königreich Westphalen. Der Ort lag im Kanton Benneckenstein, welcher zum Distrikt Nordhausen des Departements des Harzes gehörte. Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft wurde im Jahr 1814 das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel unter dem Namen Herzogtum Braunschweig wiedererrichtet. Hohegeiß gehörte seitdem zum Distrikt Blankenburg, welcher am 1. Januar 1833 in Kreisdirektion Blankenburg und am 1. Januar 1939 in Landkreis Blankenburg umbenannt wurde. Am 1749/1750 aufgestellten Drei-Länder-Stein am Großen Ehrenberg ist auf der Seite von Hohegeiß die Zugehörigkeit zum Herzogtum Braunschweig mit "HB" gekennzeichnet.

Zum ersten Mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar war Hohegeiß 1842, als die Postroute Braunschweig-Blankenburg einige Oberharz-Orte versorgte und auch Postkutschen von Blankenburg über Hohegeiß nach Walkenried fahren ließ. In diesem Jahr wurden die Straße nach Braunlage (die heutige Bundesstraße 4) und die Straße nach Zorge (heutige Landesstraße 602) fertiggestellt. Bemühungen um Bahnanschluss blieben jedoch erfolglos, weder wurde die Harzquerbahn über Hohegeiß geführt noch der angedachte Weiterbau der Bahnstrecke Ellrich–Zorge bis Hohegeiß verwirklicht. 1911 bekam der Ort eine zentrale Trinkwasserversorgung, 1920 eine Stromversorgung über eine eigene Gesellschaft. Ab 1921 bestand Busverkehr nach Braunlage und Benneckenstein, später auch nach Walkenried und Bad Sachsa.

Ab 1943 während des Zweiten Weltkrieges erlebte Hohegeiß ein Bevölkerungswachstum. Aus dem von alliierten Bombardements bedrohten Braunschweig und dessen Umfeld wurden Kinder mit einer Auswahl an Lehrern und Betreuern im Rahmen der erweiterten Kinderlandverschickung evakuiert. Kleine Hotels und Privatpensionen nahmen sie bei rationierter Versorgung auf. Um den Unwägbarkeiten des 1945 anrückenden sowjetischen Militär zu entgehen, wurden die Kinder per Bahn wieder zurück zu ihren Familien in das teils ausgebombte Braunschweig verbracht. Im weiteren trafen zahlreiche Flüchtlinge ein, sodass die Bevölkerungszahl zeitweilig über 2.200 stieg.

Bei der Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen 1945 wurde der Landkreis Blankenburg zwar nach dem Londoner Protokoll von 1944 zunächst der Britischen Besatzungszone zugeordnet, da der größere Ostteil des Kreises aber nur durch eine Straße (die heutige B 242) und eine Bahnstrecke der Südharz-Eisenbahn mit dem Rest der Britischen Zone verbunden war, wurde im Juli 1945 die Grenzziehung korrigiert und der Kreis an seiner schmalsten Stelle westlich von Sorge geteilt: Der größere Ostteil des Kreises mit der Kreisstadt Blankenburg wurde der Sowjetischen Besatzungszone, später der DDR und dem Land Sachsen-Anhalt zugeordnet, der kleinere Westteil mit der nunmehrigen Kreisstadt Braunlage und den Gemeinden Hohegeiß, Neuhof, Walkenried, Wieda und Zorge kam zur Britischen Zone und damit zu Niedersachsen.

Am 1. August 1963 versuchte nahe dem nördlichen Ortsausgang der 23-jährige Helmut Kleinert aus Quedlinburg gemeinsam mit seiner Frau Marlit, die DDR zu verlassen, und kam durch Schüsse von Grenztruppen der DDR ums Leben. Seine Frau wurde schon vor dem Überschreiten der Grenze verhaftet. Zum Gedenken an Kleinerts gewaltsamen Tod wurde an der westlichen Seite der Grenze zunächst ein Holzkreuz aufgestellt, das 1971 durch einen Gedenkstein ersetzt wurde.

1968 wurde ein Kurpark errichtet und 1971 die katholische Kirche „Heilig Geist“ (geweiht am 31. Juli; 2008 wieder entweiht und verkauft).

Im Zuge des Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden im Bereich des Harzes wurde Hohegeiß am 1. Juli 1972 in die Stadt Braunlage eingegliedert.[3] Diese wiederum kam durch Auflösung des Landkreises Blankenburg an den Landkreis Goslar. 1978 wurde Hohegeiß als „Heilklimatischer Kurort“ staatlich anerkannt, nachdem sich das Dorf schon seit 1960 inoffiziell so bezeichnet hatte. Zum 1. Januar 2011 wurde die Anerkennung als Kurort nicht verlängert, seitdem besitzt Hohegeiß den touristischen Status Erholungsort.[4]

Die Öffnung der innerdeutschen Grenze 1989 wurde in Hohegeiß intensiv erlebt, da die Grenze nicht weit von der Ortsmitte den östlichen Ortsrand darstellte; etliche Privatgrundstücke endeten an ihr.[5] Ab dem 12. November war die Bundesstraße 4 nach Rothesütte stundenweise benutzbar, ab 18. November die Benneckensteiner Straße, zunächst nur für Fußgänger.

Politik Bearbeiten

Stadtrat und Bürgermeister Bearbeiten

Auf kommunaler Ebene wird das eingegliederte Hohegeiß vom Rat der Stadt Braunlage vertreten.

Ortsvorsteher Bearbeiten

Der Ortsvorsteher von Hohegeiß ist Sebastian Hansmann (Bürgerliste).[6]

Wappen Bearbeiten

Der Entwurf des Wappens von Hohegeiß stammt von dem Autor und Maler Karl Helbing[7] aus Walkenried. Gezeichnet hat ihn der in Isernhagen geborene und später in Hannover lebende Heraldiker und Wappenmaler Gustav Völker, der auch die Wappen von Großburgwedel, Mellendorf, Wunstorf und vielen anderen Ortschaften in der Region Hannover entworfen hat.[8] Die Genehmigung des Wappens wurde am 12. Mai 1953 durch den Niedersächsischen Minister des Innern erteilt.[9]

 
Wappen von Hohegeiß
Blasonierung: „In Blau ein golden bewehrter silberner Bock, der über einen grünen Dreiberg springt; in der oberen hinteren Ecke des Schildes schwebt ein goldenes Tatzenkreuz.“[9]
Wappenbegründung: Das redende Wappen weist in volksetymologischer Deutung auf den am 1. Juli 1972 eingemeindeten Braunlager Stadtteil Hohegeiß hin. Das Wappen gibt also eine „hohe Geiß“ wieder, die über den Harz springt. Das abgebildete Tatzenkreuz symbolisiert ein Steinkreuz, welches sich in der Nähe der ursprünglichen Kapelle befindet.

Religionen Bearbeiten

 
Ev.-luth. Kirche „Zur Himmelspforte“
 
Kyriakon

In Hohegeiß befindet sich die evangelisch-lutherische Kirche „Zur Himmelspforte“ aus dem 18. Jahrhundert (Kirchstraße 7), zur Propstei Bad Harzburg gehörend.

1971 wurde die katholische Kirche „Heilig Geist“ erbaut, sie gehörte zur Pfarrgemeinde „Heilige Familie“ in Braunlage und war die höchstgelegene Kirche des Bistums Hildesheim. 2008 wurde die Kirche profaniert und verkauft, heute wird sie als „Kyriakon“ von der benachbarten Herberge „Hogeyz“ genutzt. Die nächstgelegene katholische Kirche befindet sich heute 10 km entfernt in Walkenried.

Regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

  • Der Ort ist einer der acht Orte, in denen das seit 2014 als Immaterielles Weltkulturerbe anerkannte Brauchtum des Finkenmanöver im Harz noch gepflegt wird.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter des Ortes Bearbeiten

Persönlichkeiten, die vor Ort lebten oder wirkten Bearbeiten

  • Fred Denger (1920–1983), Schriftsteller, starb in Hohegeiß und wurde dort beerdigt. Das Grab ist nicht erhalten.[10]
  • Karlheinz Schreiber (* 1934), Waffenhändler, wuchs in Hohegeiß auf

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Hohegeiß – Sammlung von Bildern
Wikivoyage: Hohegeiß – Reiseführer

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Die Stadt Braunlage in Zahlen. In: Internetseite der Stadt Braunlage. 31. Dezember 2018, abgerufen am 16. März 2019.
  2. NiedersachsenNAVIGATOR
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 266.
  4. Kleine Anfrage von Dieter Möhrmann (SPD) und Antwort der Landesregierung. (PDF; 100 KB) In: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. 21. Januar 2011, abgerufen am 16. Dezember 2017.
  5. Der langjährige Dorflehrer und Ortschroniker Friedemann Schwarz pflegte bei Führungen zu sagen: „Wenn ich hinten über unseren Zaun spucke, liegt die Spucke in der DDR.“
  6. Stadtrat und Ortsvorsteher. In: Internetseite der Stadt Braunlage. 10. November 2016, abgerufen am 16. Dezember 2017.
  7. Wappenentwürfe von Karl Helbing. In: Wikimedia Commons. Abgerufen am 19. November 2017.
  8. Landkreis Hannover (Hrsg.): Wappenbuch Landkreis Hannover. Selbstverlag, Hannover 1985.
  9. a b Arnold Rabbow: Braunschweigisches Wappenbuch. Die Wappen der Gemeinden und Ortsteile in den Stadt- und Landkreisen Braunschweig, Gandersheim, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg. Hrsg.: Braunschweiger Zeitung, Salzgitter Zeitung und Wolfsburger Nachrichten. Eckensberger & Co Verlag, Braunschweig 1977, DNB 780686667, S. 50.
  10. Hannelore Hippe: „Sei selber die Laterne“. Das schillernde, konsequente Leben des Widerstandskünstlers Fred Denger. Radiobeitrag für den SWR vom 21. Dezember 2014. Manuskript zur Sendung.