Wolf D. Prix

österreichischer Architekt

Wolf Dieter Prix, seit 2021 Wolf dPrix[1] (* 13. Dezember 1942 in Wien), ist ein österreichischer Architekt. Er war 1968 Mitbegründer der Architektenkooperative Coop Himmelb(l)au, die international eine wichtige Vertreterin des Dekonstruktivismus ist.

Interview mit Prix im Rahmen der Serie What is architecture? (November 2012)
Neubau der Europäischen Zentralbank nach dem Entwurf von Prix (2014)

Werdegang Bearbeiten

Prix’ Vater war Architekt[2] und er schaute ihm als Kind im Büro über die Schulter. Als 16-Jähriger ging er mit ihm ins Museum. Vor Brueghels Turmbau-Bild fragte er: „Warum bauen wir den Turmbau zu Babel nicht fertig?“[3] Der Besuch von La Tourette, einem Benediktinerkloster in der Nähe von Lyon, von Le Corbusier entworfen, war seine Inspiration Architektur zu studieren. Zitat Prix’: „Da gibt es eine Kapelle, die wie ein Ohr aussieht. Vor einer Betonwand steht ein frei geformter Körper. Da drin sind Röhren, die das Licht von außen in den Innenraum führen. Das war mein Erweckungserlebnis.“[4][5] Prix studierte an der Technischen Universität Wien, der Architectural Association in London und dem Southern California Institute of Architecture in Los Angeles.

1968 gründete er zusammen mit Helmut Swiczinsky und Michael Holzer die Wiener Architektengruppe Coop Himmelb(l)au. Seit dem Ausscheiden von Holzer (1971) und Swiczinsky (2001) ist Prix der einzig verbliebene Gründungspartner des Büros, dem er derzeit als Design Principal und Geschäftsführer vorsteht.[6]

2006 war er Kommissär für den österreichischen Pavillon der 10. Architekturbiennale von Venedig.[7]

Lehrtätigkeit Bearbeiten

Als Gastprofessor lehrte er 1984 bei der Architectural Association in London[8] und 1990 an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts.[8] Von 1985 bis 1995 war Prix als Adjunct Professor am Southern California Institute of Architecture in Los Angeles tätig. 1993 wurde er als ordentlicher Professor für Architekturentwurf an die Universität für angewandte Kunst Wien berufen; dort war er von 2003 bis 2012 Vorstand am Institut für Architektur, Leiter des Studio Prix und Vizerektor der Hochschule. Außerdem erhielt er den Ehrenring dieser Universität.[9] Seit 1998 ist er Fakultätsmitglied der Columbia University in New York.[10] An der University of California in Los Angeles (UCLA) übernahm er 1999 den Harvey S. Perloff-Lehrstuhl und 2001 eine Gastprofessur.[8]

Mitgliedschaften Bearbeiten

Von 1995 bis 1997 war Prix Mitglied des Architekturbeirates im österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung. Er ist Mitglied des Österreichischen Kunstsenats, der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste sowie des Beirats für Baukultur. Des Weiteren gehört er der Architektenkammer Österreichs an sowie der Architektenkammer Santa Clara in Kuba, dem Royal Institute of British Architects (RIBA), dem American Institute of Architects (AIA) und der Architektenkammer Italiens. Er ist Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Architekten BDA.

Auszeichnungen und Kritik Bearbeiten

Prix erhielt zahlreiche Auszeichnungen, etwa 1988 den Preis der Stadt Wien für Architektur, 1989–91 dreimal den New Yorker Progressive Architecture Award und 1999 den Großen Österreichischen Staatspreis für Architektur.[11] 2001 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universidad de Palermo in Buenos Aires, 2002 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. 2002 wurde er Offizier des französischen Ordre des Arts et des Lettres. 2004 erhielt er den Annie Spink Award for Excellence in Architectural Education für sein Engagement in Bildung und Lehre,[12] 2008 den Jencks Award[13] für seinen besonderen Beitrag zur Architektur in Theorie und Praxis. Im Mai 2009 verlieh ihm der Bundespräsident Heinz Fischer das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst als Anerkennung für seine hochstehenden schöpferischen Leistungen. 2011 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der südkoreanischen Stadt Busan[14] verliehen. 2013 erhielt er den Hessischen Kulturpreis (Baumeister von Träumen).[15][16][17]

Im Januar 2022 wurde Prix vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Sanktionen belegt, da sein Büro im Rahmen eines Projekts für Kulturbauten in Russland unter anderem am Bau eines Opernhauses auf der Krim beteiligt ist.[18] Trotz des Kriegs in der Ukraine setzt das Büro Coop Himmelb(l)au seine Arbeiten am Opernhaus[19] am Eishockeystadion in St. Petersburg[20][21] sowie dem Museum und Theater in Kemerovo (Sibirien)[22] fort. Als Finalist des städtebaulichen Wettbewerbs Gorskaya[23] ist das Büro entgegen dem weitreichenden internationalen Boykott weiterhin bemüht, neue Aufträge in Russland zu akquirieren.[24]

Beim Bau des Sitzes der Europäischen Zentralbank wurden sehr erheblichen Mängel festgestellt, zu denen das Büro Himmelb(l)au trotz Nachfrage auch mehr als fünf Jahre nach Feststellung keine öffentliche Stellung bezieht, obwohl es sich um ein öffentliches Gebäude handelt.[25]

Ausstellungen Bearbeiten

Literatur (Auswahl) Bearbeiten

  • Gert Winkler: Coop Himmelblau (Sie leben in Wien). Eine Ausstellung und ein Buch. Peter Welermair, Galerie im Taxispalais, Innsbruck 1975 Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek
  • Technische Universität Graz; Gallery H: COOP HIMMELB(L)AU. Architektur muss brennen. Graz 1980
  • Coop Himmelblau. Architektur ist jetzt Hatje Cantz Verlag, Stuttgart, 1992, ISBN 3-7757-0183-4
  • Gallery Aedes: COOP HIMMELB(L)AU. Skyline. Projekt für das Hamburger Bauforum 1985. Berlin 1984
  • Gallery Aedes: Offene Architektur. Berlin 1984[26]
  • Architekturgalerie: COOP HIMMELB(L)AU. Offene Architektur. Wohnanlage Wien 2. München 1986
  • Philip Johnson, Mark Wigley: Deconstructivist Architecture. The Museum of Modern Art, New York 1988
  • Architectural Association London: COOP HIMMELB(L)AU. Blaubox. Folio XXIII, London 1988
  • COOP HIMMELB(L)AU. 6 Projects for 4 Cities. Catalog Recent Work. Jürgen Häusser Verlag, Darmstadt 1990
  • Aedes Galerie und Architekturforum: Hans Hollein - COOP HIMMELB(L)AU. Leitbild Expo '95 Wien. Berlin 1990
  • Oliver Gruenberg, Robert Hahn, Doris Knecht: COOP HIMMELBLAU. Die Faszination der Stadt. 2. Auflage, Jürgen Häusser Verlag, Darmstadt 1992
  • Centre Georges Pompidou: COOP HIMMELB(L)AU. Construire le ciel. Paris 1992
  • Museum of Contemporary Art: Paradise Cage. Los Angeles 1996.
  • Gudrun Hausegger, Martina Kandeler-Fritsch: Wolf D. Prix Helmut Swiczinsky. COOP HIMMELB(L)AU Austria. Biennale di Venezia 1996, Sixth International Exhibition of Architecture. Ritter Verlag, Klagenfurt 1996
  • Kristin Feireiss; Jürgen Commerell: COOP HIMMELB(L)AU. The Vienna Trilogy + One Cinema. Three Residential Buildings in Vienna and a Cinema in Dresden. Berlin 1999
  • Peter Noever: Gerald Zugmann - Blue Universe. Transforming Models into Pictures. Architectural Projects by COOP HIMMELB(L)AU. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2002
  • Martina Kandeler-Fritsch, Thomas Kramer: Get Off of My Cloud. Wolf D. Prix. Coop Himmelb(l)au. Texte 1968–2005. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2005, ISBN 978-3-7757-1648-2.
  • Kristin Feireiss: Dynamic Forces. COOP HIMMELB(L)AU. BMW Welt München. Prestel Verlag, München, Berlin, London, New York 2007, ISBN 978-3-7913-3875-0.
  • Peter Noever: COOP HIMMELB(L)AU. Beyond the Blue. Prestel, München / Berlin / London / New York 2007, ISBN 978-3-7913-3962-7.
  • Sylvia Lavin: Central Los Angeles Area High school #9 for the visual and performing arts, HS#9 / CoopHimmelb(l)au. Essay. (Text: Karolin Schmidbaur); Prestel, München / Berlin / London / New York 2010, ISBN 978-3-7913-4433-1.
  • Wolf D. Prix, Coop Himmelb(l)au, Kristin Feireiss, Günther Feuerstein, Thom Mayne: Out of the Clouds. Wolf dPrix: Sketches 1967–2020. Birkhäuser Verlag, Basel 2022, ISBN 978-3-03562-532-5.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Explosionen an der Schmerzgrenze. Zum 80. Geburtstag von Wolf dPrix. In: baunetz.de. 13. Dezember 2022, abgerufen am 20. Februar 2023.
  2. Prix, Wolf D. In: austria-forum.org. Abgerufen am 11. November 2021.
  3. Margaretha Kopeinig: Das neue EU-Wahrzeichen. Europäische Zentralbank: Der Wiener Stararchitekt Wolf D. Prix baut das spektakuläre Geldhaus in Frankfurt am Main. In: kurier.at. 3. August 2012, abgerufen am 11. November 2021.
  4. Thomas Bärnthaler, Wolf Prix: "Ein gleichmäßig beleuchteter Raum ist nicht nur langweilig, er stresst". Unser Licht bestimmt unser Leben: ein Gespräch mit dem Architekten Wolf D. Prix über Science-Fiction, narzisstische Stararchitektur und Oscar Niemeyers Gespür fürs Licht. In: sz-magazin.sueddeutsche.de. 24. September 2009, abgerufen am 11. November 2021.
  5. Gerald Matt: Wolf D. Prix – der Himmelsstürmer. In: ooom.com. 23. März 2017, abgerufen am 11. November 2021.
  6. Website Coop Himmelb(l)au
  7. Katharina Stourzh: Morak beruft Wolf D. Prix zum Kommissär des Österreich-Beitrags der Architekturbiennale Venedig 2006. In: ots.at. Abgerufen am 11. November 2021.
  8. a b c Wolf D. Prix. In: whoswho.de. Abgerufen am 6. November 2021.
  9. Ehrenring der Universität für angewandte Kunst Wien für Wolf D. Prix anlässlich seines 75. Geburtstages. Angewandte ehrt Ausnahme-Architekten und ehemaligen Professor. Abgerufen am 6. November 2021.
  10. Faymann: Coop Himmelb(l)au entwickelt den Wohnbau Wiens weiter. Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien verliehen. In: ots.at. Abgerufen am 6. November 2021.
  11. Großer Österreichischer Staatspreis. Preisträgerinnen und Preisträger Architektur. In: bmkoes.gv.at. Abgerufen am 6. November 2021.
  12. Bildende Kunst. Wolf D. Prix erhält Annie Spink Award. In: derstandard.a. 14. Dezember 2004, abgerufen am 6. November 2021.
  13. Bildende Kunst. Wolf D. Prix erhält Jencks Award. In: derstandard.at. 7. Oktober 2008, abgerufen am 6. November 2021.
  14. Architektur Festival. Dalian International Conference Center. In: turn-on.at. Abgerufen am 6. November 2021.
  15. „Baumeister von Träumen“. Hessischer Kulturpreis 2013 an Wiener Architekt Wolf D. Prix verliehen. In: regiomelder-offenbach.de/. 1. Oktober 2013, abgerufen am 6. November 2021.
  16. Frankfurter Rundschau Frankfurt/Rhein-Main vom 30. September 2013: Hessischer Kulturpreis für EZB: Architekt Wolf Prix erhält Hessischen Kulturpreis (dpa), abgerufen am 1. Oktober 2013
  17. Hessischer Kulturpreis 2013 für Wolf D. Prix. 21. Oktober 2013, abgerufen am 6. November 2021.
  18. Ukrainische Wirtschaftssanktionen gegen Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au. Der Standard, 22. Jänner 2022.
  19. Gerhard Matzig: Ukraine-Krieg: Baut Architekt Wolf Prix seine Oper auf der Krim weiter. Abgerufen am 20. März 2022.
  20. ORF at/Agenturen red: Coop Himmelb(l)au: Eishockeystadion in St. Petersburg. 7. April 2021, abgerufen am 20. März 2022.
  21. Coop Himmelb(l)au: SCA Arena Sports and Concert Complex. Abgerufen am 20. März 2022 (englisch).
  22. Coop Himmelb(l)au: Kemerovo Museum and Theater Complex. Abgerufen am 20. März 2022 (englisch).
  23. Open international competition for the development of architectural and urban solutions for Gorskaya territory in St. Petersburg. Abgerufen am 20. März 2022.
  24. Финалисты архитектурно-градостроительного конкурса посетили территорию «Горская». Abgerufen am 20. März 2022 (russisch).
  25. Tagesschau: Pfusch im EZB-Tower? 25. November 2023, abgerufen am 23. November 2023.
  26. Coop Himmelblau, Wien. Offene Architektur. In: aedes-arc.de. 1984, abgerufen am 6. November 2021.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Wolf D. Prix – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien