Wiesen-Schwingel

Art der Gattung Schwingel (Festuca)
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Der Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis [feˈstuːka praːˈteːnsɪs], Syn.: Lolium pratense (Huds.) Darbysh.) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schwingel (Festuca) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae) gehörendes. dieses formenreiche Wiesengras und Obergras ist im Wirtschaftsgrünland ein weit verbreitetes, weidefestes und vom Vieh gerne gefressenes Futtergras.

Wiesen-Schwingel

Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis)

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Gattung: Schwingel (Festuca)
Art: Wiesen-Schwingel
Wissenschaftlicher Name
Festuca pratensis
Huds.

Beschreibung Bearbeiten

 
Blütenstand von Festuca pratensis subsp. pratensis
 
Ährchen von Festuca pratensis subsp. pratensis

Vegetative Merkmale Bearbeiten

Der Wiesen-Schwingel ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 120 Zentimetern erreicht. Mit kurzen Rhizomen bildet er lockere Horste und neigt kaum zu geschlossener Rasenbildung. Seine Halme wachsen aufrecht bis bogig aufsteigend.

Die kahlen Blattscheiden sind bis zur Basis offen und auf dem Rücken gerundet. Jene der Grundblätter sind braun und zerfasernd. Die dunkelgrünen Laubblätter werden 20 Zentimeter lang und bis 5 Millimeter breit. Sie sind schlaff und in eine feine Spitze verschmälert. Die Blattunterseite ist glänzend. Die Spreitenbasis trägt spitze Blattöhrchen. Die Blatthäutchen sind mit weniger als 1 Millimeter vergleichsweise kurz.

Generative Merkmale Bearbeiten

Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli. Der rispige Blütenstand ist einseitswendig, aufrecht oder zuweilen etwas überhängend, bis zu 15 Zentimeter lang und erscheint mehr oder weniger zusammengezogen. Der kleinere der unteren Rispenäste trägt ein bis drei Ährchen. Die Ährchen enthalten sieben oder acht Blütchen, sind schmal-elliptisch, hell-grün manchmal purpurfarben überlaufen. Die Hüllspelzen sind lanzettlich und gestutzt. Die Deckspelzen sind breit-lanzettlich mit zugespitztem oberen Ende und ungekielt.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.[1]

Hybride Bearbeiten

Der Wiesen-Schwingel hybridisiert mit dem Deutschen Weidelgras (Lolium perenne) zum Gattungsbastard Gewöhnlicher Schwingel-Lolch, auch Schweidel genannt (x Festulolium loliaceum (Huds.) P.Fournier). Der Name 'Schweidel' ist eine Bildung aus Schwingel (Festuca) und Weidelgras (Lolium).

Vorkommen Bearbeiten

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Wiesen-Schwingel umfasst Europa und das gemäßigte Asien bis Sibirien und zum Himalaja. Auch auf den Azoren kommt es vor. Es wurde nach Südwestasien, in die Neue Welt, Australien und Neuseeland eingeführt und ist seither fast weltweit verbreitet.[2]

Der Wiesen-Schwingel kommt in Mitteleuropa allgemein sehr häufig vor. Er gedeiht in Mitteleuropa meist in luftfeuchten, nebel- und taureichen Lagen in Küstennähe oder in Tallagen. Er kommt bis in die montane Höhenstufe vor und dringt mit der Düngung durch die Landwirtschaft auch in die Hochalpen ein. Man findet ihn auf Wiesen und Weiden, selten unter Bäumen. Er gehört den frischen bis wechselfeuchten Pflanzengesellschaften des Grünlandes (Molinio-Arrhenatheretea) an.

Der Wiesen-Schwingel gedeiht in Mitteleuropa meist an feuchten bis wechselfeuchten, bei starker Wasserbewegung auch mäßig nassen Standorten und ist auf fruchtbaren und schwach verdichteten, humosen Böden wie Auelehmböden, Tonböden oder auch auf melioriertem Moorboden zu finden. Sandböden werden nur besiedelt, wenn sie kalkreich, durchfeuchtet und nährstoffreich sind. Saure, heiße, flachgründige rohhumusreiche Böden werden dagegen gemieden. Er ist winterhart, nicht salzempfindlich und übersteht auch längere Überstauung; längere Dürre oder starke Beschattung verträgt er jedoch nicht. In den Allgäuer Alpen steigt Festuca pratensis subsp. pratensis in Vorarlberg an der Bergstation der Kanzelwandbahn bis etwa 1900 Metern Meereshöhe auf.[3] Festuca pratensissteigt in Graubünden am Puz de Grun bei Mundaun und im Kanton Wallis bei Saas-Fee bis 2000 Meter auf.[4] Die Unterart Festuca pratensis subsp. apennina steigt in den Gurktaler Alpen an der Südwestseite des Gregerlnock bis 2200 Meter auf.[4]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3w (mäßig feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental), Salztoleranz = 1 (tolerant).[5]

Systematik Bearbeiten

Die Erstveröffentlichung von Festuca pratensis erfolgte 1762 durch William Hudson in Flora Anglica, S. 37. Er wird von manchen Autoren auch als Lolium pratense (Huds.) Darbysh. in die Gattung Lolium gestellt.[2]

Je nach Autor gibt es wenige Unterarten:[2]

  • Festuca pratensis subsp. pratensis (Syn.: Lolium pratense subsp. pratense): Sie kommt von Europa bis Sibirien und dem Himalaja vor und auch auf den Azoren.[2]
  • Festuca pratensis subsp. apennina (De Not.) Hackel ex Hegi (Syn.: Lolium pratense subsp. apenninum (De Not.) Banfi, Bracchi & Galasso, Lolium apenninum (De Not.) Ardenghi & Foggi; Festuca apennina De Not.): Bei ihr sind die Deckspelzen begrannt und die Granne wird bis halb so lang wie die Deckspelze.[4]

Sie kommt in Italien und im westlichen Griechenland vor.[2] Nach POWO kommt sie in Frankreich, Deutschland, Italien, in der Schweiz, in Österreich, Polen, Ukraine, Rumänien, Griechenland und im frühere Jugoslawien vor.[2]

Verwendung und Anbau Bearbeiten

Der Wiesen-Schwingel gehört zu den wertvollsten Futtergräsern des Grünlandes, ist weidefest und wird von allen Tieren gerne gefressen. Er bringt nach der Ansaat jedoch erst im zweiten oder dritten Jahr den vollen Ertrag und wird je nach Saatmischung oder Artenzusammensetzung bis dahin leicht von raschwüchsigen Arten (Weidelgras, Knaulgras, Glatthafer) verdrängt. Er eignet sich am besten für nasse Wiesen mit einem langlebigen Klee-Gras-Gemisch mit einem geringen Anteil an Weidelgras (Lolium). Er wird durch Nässe, Beweidung und Mahd gefördert; bei zu hoher Stickstoffdüngung durch schnellwüchsige Arten dagegen verdrängt.

Quellen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S. 663–667.
  • Ernst Klapp: Taschenbuch der Gräser. Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung, Bewertung und Verwendung. Paul Parey, Berlin, 1983, ISBN 3-489-60810-0.
  • Jürke Grau, Bruno P. Kremer, Bodo M. Möseler, Gerhard Rambold, Dagmar Triebel: Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsengewächse und grasähnliche Familien Europas. (= Steinbachs Naturführer 19). Mosaik, München 1990, ISBN 3-570-03695-2.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001, ISBN 3-8001-3131-5. S. 209.
  2. a b c d e f Datenblatt Lolium pratense (Huds.) Darbysh. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  3. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 199.
  4. a b c Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. S. 549–551. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1994, ISBN 3-489-52020-3.
  5. Festuca pratensis L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 2. August 2023.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Festuca pratensis – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien