Walther von Klingen (urkundlich seit 1240 in Klingnau; † 1. März 1286[1] in Basel) war ein Minnesänger in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Die Walther-Miniatur des Codex Manesse, fol. 52r, um 1300.
Wappen des Walther von Klingen

Leben und Werk Bearbeiten

Walther von Klingen war der Sohn von Ulrich II. von Klingen (belegt 1227–1248) aus einem Thurgauer Adelsgeschlecht mit Stammsitz auf Burg Altenklingen und seiner Gemahlin Ita von Tegerfelden, der Erbin umfangreicher Besitzungen beiderseits des Hochrheins im Aargau und in Südbaden. Die Eltern hatten dort 1239 Schloss Klingnau und das aargauische Städtchen Klingnau gegründet.[2] Um 1251 teilten sich zwei Söhne das Erbe auf: Walther erhielt die Besitzungen am Hochrhein mit Klingnau und Burg Werrach in Wehr, sein Bruder Ulrich die Herrschaft Altenklingen, ein jüngerer Bruder trat in die Johanniterkommende Leuggern ein.

Im Jahr 1256 ist Walther als Gründungsstifter des Dominikanerinnenklosters Klingental bezeugt, das zunächst noch in Wehr angesiedelt war, 1274 an das Kleinbasler Rheinufer umsiedelte und das sich dort zu einem der wohlhabendsten und bedeutendsten Klöster Basels entwickelte. Anders als sein Vater, der den Kyburgern nahestand, lehnte sich Walther während des Interregnums an Graf Rudolf von Habsburg an[3], der 1273 zum König gewählt wurde.

Die drei Söhne Walthers waren bereits vor 1260 verstorben. Walther und seine Frau Sophie von Frohburg tätigten daraufhin verschiedene geistliche Stiftungen, darunter Grund- und Geldschenkungen an Klöster und Konvente (Kloster St. Blasien, Predigerkloster Basel, Kloster Klingental). Des Weiteren waren sie Gründer des Klosters Sion. In einem Stiftungsbrief vom 27. Mai 1269 übergab er mit seiner Gattin ein am Fusse des Achenbergs gelegenes Oratorium mit dem Namen Sion, qui locus vocabulo Syon dictur. Zwei Monate später, am 26. Juli, bestätigte Walther von Klingen die Vergabung.

1269 verkaufte Walther die Stadt und Burg Klingnau an das Hochstift Konstanz, blieb jedoch noch bis in die 1280er Jahre im Nordtrakt der Burg wohnen, bevor er nach Straßburg und schließlich nach Basel zog.[4]

In einem Kaufvertrag vom 20. Mai 1269 mit dem Stift St. Blasien werden vier Töchter Walters aufgeführt: Verena, Hazelaud, Katharina und Klara. Im Jahre 1267 heiratete seine Tochter Verena († 1314) den Grafen Heinrich von Veringen (erwähnt 1267–1282). Verenas Tochter Anna heiratete den Grafen Hugo von Montfort. Die Tochter Sophie heiratete Konrad von Lichtenberg und eine weitere Tochter heiratete in das Geschlecht von Bucheck.[5]

1272 verkaufte Walther das Städtchen Wehr und 1273 die dortige Burg Werrach an den späteren König Rudolf I. von Habsburg, dessen Vetter und enger Vertrauter er war. In Rudolfs Gefolge wurde er in zahlreichen Rechtsquellen der Zeit als urkundender Zeuge geführt, insbesondere in den Jahren 1273–76 und 1283. Gleiches gilt für Walthers Ministeriale, die beiden Klingnauer Ritter Conrad und Berthold Steinmar; der letztgenannte wird mit dem Minnedichter Steinmar der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) identifiziert. Mit König Rudolf war Walther 1283 unter anderem in Aarau, wo er in der diesem Ort verliehenen Stadtrechtsurkunde an erster Stelle als Zeuge genannt wird.

Walther ist im Codex Manesse als Autor von acht konventionell zu nennenden Minneliedern vertreten. Sowohl formal als auch thematisch weisen sie ihn als Schüler Gottfrieds von Neifen und Konrads von Würzburg aus. Ein zeitgenössischer Minnesänger aus dem Geschlecht der Freien von Wengen bei Frauenfeld preist denn auch weniger Walthers Sangeskunst als die Vorzüge seines Charakters: triuwe (Treue), milte (Freigebigkeit) und zuht (Ritterlichkeit) (vgl. Bartsch, K: Die schweizerischen Minnesänger).

Letzte Lebenszeichen sind testamentarische Verfügungen aus dem Jahr 1284 in Basel, wo er neben Klingnau seinen Wohnsitz hatte.[6] Seine Grabstätte ist nicht eindeutig zu bestimmen; sowohl das Predigerkloster zu Basel als auch das Kloster Klingental kommen als Grablege in Frage.

Textausgabe Bearbeiten

  • Friedrich Pfaff (Hrsg.): Die große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) In getreuem Textabdruck. Titelausgabe der zweiten, verbesserten und ergänzten Auflage bearbeitet v. Hellmut Salowsky mit einem Verzeichnis der Strophenanfänge und 7 Schrifttafeln. Heidelberg 1995, Sp. 127–133.

Literatur und Quellen Bearbeiten

  • Josef Bader: Das ehemalige sanktblasische Amt Klingenau. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO) 1/1850, S. 452 ff.
  • Karl Bartsch (Hrsg.): Die Schweizer Minnesänger. Huber, Frauenfeld 1964.
  • Moriz Gmelin: Urkundenbuch der Deutschordens-Commende Beuggen. In: ZGO 28/1876, Seite 78; Fortsetzung Seite 1266–1299, ibid. Seite 376–439
  • Johann Huber: Die Regesten der ehemaligen Sanktblasier Propsteien Klingnau und Wislikofen im Aargau. Ein Beitrag zur Kirchen- und Landesgeschichte der alten Grafschaft Baden. Räber, Luzern 1878.
  • Walther Merz (Hrsg.): Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten des Kantons Argau. Sauerländer, Aarau 1904, hier: Abschnitt „Klingnau“, S. 293 ff., mit einer Stammtafel der „Freien von Klingen“
  • Elmar Mittler, Wilfried Werner (Hrsg.): Codex Manesse. Die Große Heidelberger Liederhandschrift. Texte. Bilder. Sachen. Katalog zur Ausstellung 1988, Universitätsbibliothek Heidelberg. Braus, Heidelberg 1988.
  • Otto Mittler: Geschichte der Stadt Klingnau 1239-1939. Sauerländer, Aarau 1947
  • Ursula Peters: Literatur in der Stadt. Studien zu den sozialen Voraussetzungen und kulturellen Organisationsformen städtischer Literatur im 13. und 14. Jahrhundert. Niemeyer, Tübingen 1983; hier: „Der Literaturkreis um Walther von Klingen“, S. 105–114.
  • Max Schiendorfer: Walther von Klingen: Vorsitzender eines Basler Sängerkreises? Eine regionalgeschichtliche Fallstudie. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. 122/2003, S. 203–229.
  • Max Schiendorfer: Walther von Klingen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Max Schiendorfer: Walther. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 27, Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1, S. 349 f. (Digitalisat). (mit abweichendem Todesjahr)
  • Rudolf Wackernagel, Rudolf Thommen (Bearb.): Urkundenbuch der Stadt Basel. Basel 1890–1910.
  • Walther von Klingen und das Kloster Klingental in Wehr, hrsg. von der Stadt Wehr. Ostfildern 2010.
  • Ingo F. Walther (Hrsg.): Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift. Insel, Frankfurt am Main 1988.
  • Wilhelm WilmannsKlingen, Walther von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 189.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Walther von Klingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Walther von Klingen – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Michael Bärmann: Herr Göli: Neidhart-Rezeption in Basel.
  2. Zur Genealogie vgl.: Walther Merz (Hrsg.): Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten des Kantons Argau. Sauerländer, Aarau 1904.
  3. Christopher Schmidberger: Ungleicher Freund oder Vasall? Das persönliche Verhältnis zwischen Walther von Klingen und Rudolf von Habsburg. In: Walther von Klingen, Sammelband, hg. v. d. Stadt Wehr. Ostfildern 2010, S. 23–46.
  4. Erich Beck: Die Burgen Klingnau und Wehr als Sitze des edelfreien Geschlechts derer von Klingen – Überlegungen zu ihrer Rolle für die Herrschaftsausübung. In: Burgen und Schlösser, Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege, hg. vom Europäischen Burgeninstitut der Deutschen Burgenvereinigung, 4/2015, S. 249–258.
  5. Sebastian Locher: Regesten der Grafen von Veringen. 1872. S. 74.
  6. Urkundenbuch Basel, Bd. II., Nr. 445, S. 257 f.; Nrn. 447–449, S. 258–261.